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Feierabend ilnterholtiiligs-Krilügk der Sachs. Bolkszeitung 47 Sonntag den 21. November ivor, Letzter Sonntag nach Pfingsten. Ev.: Matth. 24, 15—85. Zerstörung Jerusalems und Weltgericht. Mit einer Wüste vergleicht der heilige ('leist in der hei ligen Schrift das Herz eines Menschen, der nur so in den Tag hincinlebt, der nicht nachdcnkt über die ewigen Wahr heiten und über das Ende. Unsere heilige Kirche aber will im Aufträge und durch die Gnade Gottes unser Herz um gestalten zu einer Vorhalle des Paradieses, in eine würdige Wohnung Gottes-: darum lenkt sie unser Sehnen und Trachten im Laufe des Jahres immer dorthin, wohin cs für uns am angemessensten ist: heute, am letzten Sonntage des Kirchenjahres, richtet sie unser Denken und Sinnen auf das Ende der Welt. Das Ende der Welt und das gros;e Ge richt, es wird so gewiß kommen, wie das Strafgericht über Jerusalem: beide Ereignisse sind ja von Gott selbst vorher gesagt, der die Geschicke der Welt in seiner Hand trägt. Wie oft war das stolze Jerusalem gewarnt worden, es bat aber die Stimmen der Warner überhört, ja in ihrem Blute er stickt und auch die Wunden und die Tränen und die Drohungen unseres Heilandes ließen es verstockt und un gerührt. Darum war dann auch das Strafgericht Gottes so furchtbar. In wenig Monaten kamen bei der Belage rung und Zerstörung Jerusalems über Millionen Menschen um und die Not und das Elend waren so gräß lich. daß cs uns schaudert, davon zu hören. Am schlimmsten war der Greuel der Verwüstung gerade im Tempel. Ebc er verbrannte, gab es dort ein furchtbares Morden. Leichen und Menschenblut bedeckten den Boden, wo früher die An dächtigen gekniet und wo früher die Erbarmung Gottes so wunderbar gewaltet, da waltete jetzt so furchtbar menschliche Grausamkeit. Das war die unselige Folge der Verblen dung und Verstocktheit. Darum webe dem Anfänge im Bösen. Er kann der Anfang einer ähnlichen Verstockung sein. So sei doch um deines Seclenbeiles willen ein strenger Hüter vor dem Paradiese deines Herzens-, insbesondere nach der heiligen Kommunion, daß es sei und bleibe ein Tempel Gottes, in welchem nimmer eintritt der Greuel der Ver wüstung. Jetzt laß uns in frommer, ernster Stimmung daran geben, in kurzem zu betrachten den Vorgang deS letzten Gerichtes. Zuerst wird am Himmel erscheinen das Zeichen des Mcnscken'obncs, das Zeichen des heiligen Kreuzes. Am Kreuze hat uns ja Jesus mit Schmerzen wicdergeborcn, am Kreuze ''prach er: „Es ist vollbracht!" und viele Menschen haben nicht in Glauben hinaufgeschaut zum Kreuze, sic hätten cs am liebsten aus der Welt geschasst. Siebe, wie cs dann prangen wird als Siegeszeichen über den Häuptern aller Sterblichen. Nun kommt Jesus Christus selbst nicht im Gewände der Niedrigkeit, sondern im Glanze seiner Herrlichkeit, nicht bittend und mahnend, sondern als Richter. Das Gericht wird eröffnet. Tie Völker werden geweckt aus ihrem Todesschlafe durch die Posaunen der Engel. Nun folgt die große Scheidung und Trennung. Nicht mehr vermengt, wie auf der Erde Weizen und Unkraut vermengt ist, auch nicht geschieden nach Stand und Alter und Geschlecht werden sie aufgestellt. Es kommt nicht Fürst zu Fürst und Knecht zu Knecht, nicht vornehm zu vornehm und arm zu arm. Nur ein Kleid gibt den Ausschlag, das Kleid der heiligmachenden Gnade, nur ein Edelstein behält seinen leuchtenden Glanz, das ist das un schuldige redliclie Gewissen, und nur nach diesen Kenn- und Wertzeichen werden die Gerechten zur Rechten, die Sünder zur Linken des Richters ausgestellt. Es treten die Kläger auf. Der erste ist Jesus Christus selbst. „Ihr Undank- baren! Äas hätte ich in meinem Weinberge noch tun sollen? Habe ich euer unklares Wissen nicht aufgchellt und euer schwaches Wissen nicht gestärkt mit den Strahlen himm lischer Erleuchtung? Habe ich euer Herz nicht gerührt durch Tränen und Wunder? Habe ich cs nicht fruchtbar machen wollen durch daS Blut meines Herzens?" Es werden als Kläger auftreten die heiligen Engel, besonders die Schutz engel. „Siebe, ich habe treuer über dir gewacht als das Muttcrauge: ich habe dich behütet und retten wollen bis zum letzten Atemzuge. Tu aber hast nicht gewollt." Es tritt als Kläger auf das eigene Gewissen mit der furchtbaren Last seiner Sünden: „O Gott, du hast cs anders gewollt, ich selbst bin der Totengräber meines Heiles, ich selbst bin der Mörder meiner Seele." Erwäge, worüber nun Gericht gesprochen wird, o, nicht bloß über die Worte des Mundes und die Werke des Tages, auch über die Werke der Finster nis und über die geheimsten Gedanken und Wünsche unserer Seele, nicht bloß über das, was du Böses vollbracht hast, londern auch über das viele Gute, das durch deine Schuld unterlassen worden ist. O hilf mir, mein Herr und mein Gott, daß recht .klein, verschwindend klein sei die Zahl meiner Vergehungen, hilf mir durch deine Barmherzigkeit, hilf mir durch deine »och auf der Erde mich ereilende Ge rechtigkeit. 'Nur so kann ich der Strenge deines Gerichtes entgehen. Siebe, dann ist keine Zeit zu anderer besserer Ent schließung mebr. Tie Gnadcnuhr der Zeit ist abgelaufen, es beginnt die unabänderlickie Ewigkeit. Nun sieht man die Gerechten jubelnd einziebcn in das ewige Paradies, begleitet von den Chören der Engel, die sie beglückwünschen. Dorthin, wo Nacht und Tod und ewiges Verderben wohnt, dorthin lenken sich unter dem Hohngelächter der Hölle die Schritte derer, die Gott nicht dienen wollten. O Gott, sei uns gnädig und barmherzig, daß wir fürchten dein Gericht und hören die Einladung deiner Liebe! Ja, ich will innig lich beten, daß ich ein recht gutes Gewissen bekomme, welches sich scheut auch vor der kleinsten Sünde. Ich will ergreifen die Gnadenband der göttlichen Hilfe, jetzt, wo cs noch Zeit ist. Ich will recht oft mein eigener Richter fern, gerecht und streng, damit für das unerbittliche strenge Ge richt am Wellende nichts übrig bleibe, was den gerechten Richter erzürne. Ich will am Ende jedes Kirchenjahres, am Ende einer jeden Woche, ja am Ende eines jeden Tages eifrig nach dem Guten suchen, was da aufgegangen ist in meinem Herzen, was nicht stirbt, sondern mit hinübcrgcht ! als Anwalt und Fürsprecher beim Weltgericht. Wenn ich j so ernstlich will und tue. was ich kann, und um das bete, was ich nicht kann, dann bringt mir einst der Gerichtstag nicht Furcht und Schrecken, sondern Freude, Wonne und Seligkeit. Gottesgericht. Gott kommt leise, aber scharf; Mag' sich jeder dar besinnen! - lvo er die karpune warf, Ist »nm-glich ein Entrinnen. z. »«,«««