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Vesper in der Breuskirche. ^ Dresden, Sonnabend den 3. Februar 1894, Nachm. 2 Uhr. 1. Kantaste und Auge für Orgel (P-moII) von Volkmar Schurig. 2. Aünfltimmige Motette von P.G.Sante da Palestrina. Doxtora Domini kooit virtutom, ckoxtorn Domini oxaltavit mo non moriar, sock vivam ol narrado opora Domini. (Die Rechte des Herrn hat ein Wunder vollbracht, die Rechte des Herrn hat mich erhöht; ich werde nicht sterben, sondern leben und die Werke des Herrn erzählen.) 3. Arie für Sopran mit Violinsolo (gespielt von dem Königl. Kammermusikus Herrn Walther Drechsler) von Alb. Becker, gesungen von Fräulein Olga Gasteyer. Des Christen Herz auf Rosen geht, wenn's mitten unter'm Kreuze steht; drum Christenherz, verzage nicht, es geht dein Weg durch Nacht zum Licht. 4. Gemeinde: Gesangbuch Nr. 443, 5. Der Vater ist die Liebe, der Sohn ist Lieb' allein, des heil'- gen Geistes Triebe sind Liebe heiß und rein. Das ist die Lebens quelle vom Vater und vom Sohn! Mach' unsre Seelen Helle, du Strom von Gottes Thron. Vorlesung.' 5. Sologesang für Sopran (Preis der Liebe, l. Cor. l3, 1—8) von Osk. Wermann, vorgetragen von Fräul. Olga Gasteyer. 6. „8tabat mater" für Doppelchor von Giov. Pierl. Sante, gen. Palestrina (geb. I5l4, gest. am 3. Febr. 1594), neu ein gerichtet von Dr. Franz Wüllner. Stand die Mutter voller Schmerzen an dem Kreuze, weint von Herzen, da ihr Sohn von Qual verzehrt. Durch die Seele, angsterfüllet, grambeladen, wehumhüllet, schneidet tief des Jam mers Schwert. O wie traurig, da dem Tod nah' sie den einge- bornen Sohn sah, war die Mutter, benedeit! Wie sie zaget schmerzzernaget, angeplaget, laut aufklaget ob des Sohnes Schmach und Leid. Wessen Auge sollt' nicht weinen, da die reinste aller Reinen beugt so herber Qual Gewicht? Wer kann ohne Gram wohl schauen, schau'n die Krone aller Frauen, da das Mutterherz ihr bricht? Unsre Schuld sah sie ihn tragen, sah von Geißeln ihn zerschlagen, daß sein Blut zum Himmel raucht, sah den theuren Sohn erblassen, da er trostlos, gottverlassen, seine Seele von sich haucht. Heiland, Quell der reinsten Minne, deiner Schmerzen mach' mich inne, daß ich wein' ob deiner Plag'! Laß mein Herze so entbrennen, Christ, dich lieben und erkennen, daß ich dir gefallen mag! O mein Heiland, alle Wunden, so am Kreuz du hast empfunden, präge meiner Seele ein! Alle Plagen laß mich tragen ohne Zagen, ohne Klagen, deine Qual sei meine Pein. Mach mein Leiden gleich dem deinen, theurer Heiland! Dich be weinen will ich all' mein Leben lang. An dem Kreuz mit dir zu weilen, allen Schmerz mit dir zu theilenHst der Seele heißer Drang. Heiland, hochverklärt vor Allen, laß mein Flehen dir gefallen, gieb mir Theil an deiner Qual! Laß mich erben, Christ, dein Sterben, deine Todespein erwerben, deiner Wunden große Zahl! Laß an deinen theuren Wunden, laß am Kreuze mich gesunden, wo dich Schmach traf, Gottes Sohn; so entbrannt in Liebesflammen, laß mich, Heiland, nicht verdammen vor des Weltenrichters Thron! Herr, laß auf dein Kreuz mich stützen, laß dein'n Opfertod mich schützen, mich zu Gottes Gnaden weih'n! Wenn der Körper einst muß sterben, meine Seele laß erwerben, Paradieses klaren Schein. !/ Druck von Acvich u. Rcickiard! in Dresden.