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Kein Aug' hat je gespürt, Kern Ghr hat je gehört Solche Zreuöel Des jauchzen wir Unö singen öir Das Halleluja für und fürl PH. Nikolai, f 1608. Der heutigen Kantate liegt Las Kirchenlied Phil. Nikolai's „Wachet aus, ruft uns Sie Stirn nie" nach Wort und Weise zugrunde. Der Dichtung dient das Schrift wort Matth. 25» l—l3 (vergl. die heutige Despervorlesung) als stofflicher Hintergrund. Gedanken aus dem allegorisch gedeuteten Hohenliede Salomonis und der Offenbarung Johannis (Kap. 2l) sind hineinverwebt: der Heiland -er erwartete Bräutigam, die gläubige Seele die harrende Braut. Die l. Strophe „Wachet auf" ist eine Lhoralfantasie, wobei der Sopran den ein fachen (Äntus ÜI NNI8 singt, während die anderen Stimmen Len poetischen Gehalt der Melodie Lurch Tonreihen von außerordentlicher Plastik ausdeuten: Geheimnisvolle Mitternacht — majestätischer Weckruf — andächtige und freudige Erwartung künftigen großen Glückes. Don besonderer Schönheit ist das kolorierte „Halleluja" sin Moll). Die Dor- und Zwischenspiele des Orchesters rahmen die einzelnen Verszeilen wunderbar ein. Die Gruppen der Streicher und sdoppelt besetzten) Bläser werfen sich gegenseitig ein ritter liches, rhythmisch markiertes Thema zu. Erst Oboe und erste Dioline singen ein weiches Duo zwischen hinein, das von heimlichem Glück zu reden scheint; eine Fülle von Pracht und Anmut ist über diesen Sah ausgebreitet. Nach einem kurzen, die Situation er klärenden Tenor-Rezitativ: „Er kommt! Der Bräutigam kommt!" folgt ein Zwie- gesang zwischen der Seele und Jesus: „Wann kommst du, mein Heil?", in dem bräutliches Sehnen und Hoffen einen rührenden musikalischen, keusch-innigen Ausdruck findet. Die Solo-Dioline singt mit hinein und breitet in wogenden 32.-Figuren gewisser maßen einen duftigen Schleier um das Paar. 2n der sich nun anschließenden 2. Strophe des Lhorals, einem Trio für Solo-Tenor, Diolinen und Lembalo: „Zion hört die Wächter singen" klingt der mystische Ton besonders voll aus. Es ist wie ein Reigen seliger Geister, was sich hier in den tieferen Lagen sämtlicher Geigen und Diolen mit seltsamem, unerhörtem Ausdruck hin- und herwiegt (PH. Spitta). Nachdem Jesus der Seele in einem von verklärendem Schimmer hoher Geigenklänge umflossenen Re zitativ die Erfüllung ihres Sehnens zugesichert hat, vereinigen sich die beiden wieder zum Duett und besingen Las tiefe, reiche, ewige Glück, Las in dem Glauben und der Gewißheit liegt: „Du bist mein und ich bin dein!" Die Oboe begleitet diesen innigen, gegen das Ende sich mächtig steigernden Gesang, welcher in den glanz vollen und majestätischen Schlußchoral „Gloria sei öir gesungen" einmündet. MitwirkenLe: Der Kreuzchor. Soli: Fräulein Doris Walde, Konzertsängerin (Sopran), Herr Hans Rüdiger, Königl. Hofopernsänger (Tenor), Herr Paul Ludikar, Königl. Hofopernsänger (Baß), Herr Rudolf Bärtich, Königl. Hofkonzertmeister (Dioline), Herr Ritter Schmidt, Königl. Kammervirtuos (Oboe). Orgel: Herr Alfred Sittarü, Organist der Kreuzkirche. Lembalo: Herr Or. Schnorr von Larolsfeld. Orchester: Mitglieder des Allgemeinen Nusikervereins. Leitung: Herr Kantor Otto Richter, Kgl. Musikdirektor.