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Vesper in -er KreilMrche. Dresden, Sonnabend, den 23. Mürz 1895, Nachm. 2 Uhr. 1. Hrgetvorspiel. 2. „Ihr Augen weint", Passionsgesang von G. Vierling. Ihr Augen weint! Der Menschenfreund, der Heil'ge, der Gerechte wird verachtet, verschmähet, stirbt den Tod der Knechte. Ihr Augen weint! Der Menschenfreund trägt unerhörte Plagen! Ach, für unsre Missethat wird er so geschlagen. Ihr Augen weint! Der Menschenfreund beschließt sein theures Leben. Wer wird nun den Leidenden Trost und Hilfe geben? O weint nicht mehr! Kann wohl der Herr je die Ver wesung sehn? Nein, er wird nach kurzer Ruh' siegreich auf- ersteh'n. 3. Akt-Solo aus „Elias" von Mendelssohn, gesungen von Fräulein Dora Köhler, Concertsängerin hier. Weh' ihnen, daß sie"von mir weichen! Sie müssen ver- störet werden, denn sie sind abtrünnig von mir geworden. Ich wollte sie wohl erlösen, wenn sie nicht Lügen wider mich lehrten. Ich wollte sie wohl erlöse», aber sie hören es nicht. Weh' ihnen! ck. Gemeinde: Gesangbuch Nr. 503, I. Meine Seel ist stille zu Gott, dessen Wille mir zu helfen steht. Mein Herz ist vergnüget mit dem, wie's Gott füget, nimmt's an, wie es geht. Geht die Bahn nur himmelan, und bleibt Jesus ungeschicden, so bin ich zufrieden. Vorlesung. 5. Arie aus „Samson" von G. Fr. Händel, gesungen von Fräulein Dora Köhler. O hör' mein Flehen, allmächt'ger Gott, blick' an den Treuen tief gebeugt! Der Leiden Last nimm weg, daß nicht die Bösen sich erfreuen. 6. Motette für zwei Chöre (op. 99 Nr. 5: z. I. M.) von Oskar Wermann. O Liebe, die die blut'gen Hände vom Kreuz ausbreitet aller Welt, daß sie ihr Heil und Rettung spende, gequält, gelästert und entstellt; o Liebe, die sich selbst geboten für diese Welt, die sie erwürgt, zum Tode schritt, ach für die Todten und sterbend Leben noch verbürgt. O Liebe, die auf reinem Herzen die ganze Last der Sünde trägt, und deren Herz in Todesschmerzen noch für die eignen Mörder schlägt, o Liebe, ich sinke überwunden vor deinem hohen Throne hin! Ich neige mich auf deine Wunden und fleh', o Liebe, nimm mich hin! Zu deinen Füßen laß mich weilen; durch deiner Liebes- thaten Macht laß meiner Seele Wunden heilen, bis du mir sagst: Es ist vollbracht! Mit deinem Geist vom Kreuzes stamme schwing auch den meinen himmelwärts; mit Feuer- gluth, mit Gottesflamme belebe dies verarmte Herz. O laß aus den gebrochnen Augen, womit du liebend ans mich siehst, mich Kraft, dir nachzuschreiten saugen, bis du mich gänzlich zu dir ziehst. Halt du mich fest an deiner Seite, ich flehe, Herr, gedenke mein, bis du auch mir sagst: du wirst heute mit mir im Paradiese sein. (Viktor von Strauß).