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Luthers Melodie zu „Gin" feste Burg". Man hat mehrfach versucht, diese Melodie Johann Walther zuzusprechen. Zwar findet sie sich in der handschriftlichen Sammlung geistlicher Lieder vom Jahre 1530, die Walther seinem Freunde Luther zucignete. (Siehe die untenstehende Hand schrift Luthers.) In der Melodie deshalb aber eine Schöpfung Walthers zu erblicken, bleibt Hypothese. Auch die Ausführungen B. Ziehns, der in der Weise des allen Reformationsljedes Anklängc an Walthcrsche Melodien wahrzimehmen meint und deshalb Walther als ihren Vater hinstellt, entbehren einer sicheren Begründung. Die Behauptung Baumkers endlich, daß Luther jene Melodie aus mehrere» Stücken der altrömischen Liturgie „zusammcngeschweißl" habe, ist zu erkünstelt, als daß sie Anspruch aus Glaub würdigkeit erheben dürste. Daß die Melodie an die Motive des Orackrurls Ronnrnum nn- klingt, kann uns nicht wundernehmcn. Ein Mann, der von Jugend aus tagtäglich die römischen Weisen hörte oder selbst saug. wird unbewußt und unwillkürlich manches hiervon in sein Gedächtnis ausgenommen haben. Das Erhabene und Schöne der alten Wersen lebte fort in seiner Seele und feierte seine Auferstehung in neuer verklärter Gestalt. Erwähnt sei auch, daß Zeilen dieser Melodie als loci communen bereits im Minnc- und Meistergesang sich finden. — Wie ans all dem Gesagten erhellt, haben wir keine Berechtigung, Luther die Melodie zu „Ein' feste Burg" abzusprechen, und haben uns, so lange nicht urkundliches Beweismaterial unS zu einer anderen Annahme zwingt, mit der Behauptung Slcidans, eines Zeitgenossen Luthers, zu bescheiden, daß Luther nicht nur der Dichter von „Ein' feste Burg", sondern auch der Erfinder seiner Melodie sei. Johannes Rau tcnstr auch in: „Luther und die Pflege der kirchlichen Mugk in Sachsen bis zum 2. Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Ge schichte der lachstichcn Kantoreien" usw. Leipzig, Brcitkopf L Härtel. / / / 0 lunritir LUiners „och dem vierten «!att des vo» Ott-, ,, „ , ' '""de veroffentl. Luther-Coder. Verlag Heinr. .»lenim (G. Lehmann), Dresden.