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eine» eleganten Logirhause» befand. Wie groß war sein Erstaunen, al» der Wagen, dem er auSzuweichen dachte, just vor der Gitterthür anhielt, in deren Nähe er sich zurückgezogen hatte. Er mußte somit, um nicht den Ankommenden den Weg zu versperren, au« seinem Versteck hervortreten. Er war eben im Be griff, mit halb geschlossenen Augen quer über den Fußsteig durch die dicke, weißliche Staubwolke hindurch nach der gegenüberliegenden Seite der Straße zu eilen, al» er mit einem unterdrückten Ruf de« Erstaunen« rvic angewurzelt auf seinem Platze stehen blieb. War e» eine Täuschung seiner Sinne, daß er in der soeben -au» dem Wagen steigenden, tief in Trauer gekleideten schlanken Frauengestalt jene Gräfin wiederzusehen glaubte, deren Gedächtniß noch immer mit so zwingen der Macht in seinem Innern fortlebte, deren Bild er noch heute mit einer frischem Blume geschmückt? — Nein, nein, e» war kein Jrrthum möglich. Jetzt, nachdem sie der zuvor auf dem Rücksitz neben ihr sitzenden älteren Begleiterin ihr Handgepäck au» dem Wagen gereicht und nun hinüber nach dem Gitter- Ihor schritt, konnte Walther ihr mit einem dichten schwarzen Schleier verhülltes Antlitz genauer betrach ten — e» war die Gräfin. — Siedend heiß drang es Walther zum Herzen, al» er der kaum Aufblicken- den aus dem Wege trat. Man mußte die Ankommenden erwartet haben, denn beim Nahen des Wagens war cs in dem Flur des mitten in einem Garten liegenden LogirhauseS lebendig geworden. Eine ältere Dame, gefolgt von einem sauber gekleideten Dienstmädchen, kam über den mit gelbem KieS bestreuten Weg zum Gitlerthor geschritten, um die Gräfin mit großer Ehrerbietung willkommen zu heißen. Noch ehe Walther recht zur Besinnung gekommen und sich von seinem Erstaunen erholt hatte, war die Gartenpforte wieder ins Schloß gefallen und die Gräfin mit ihrer Begleiterin in Gesellschaft der Dame und der das Gepäck tragenden Dienstboten in dem Logirhause verschwunden. Auch der Wagen war schon wieder davongerollt, und noch immer stand Walther aus dem Platze, den er inne gehabt, als die schöne Fremde an ibm vorübergekommen. Er überlegte un willkürlich, ob sie ihn gesehen oder gar erkannt habe? Gewiß nicht — hatte sie doch kaum um sich geblickt, auch verdeckte ihn das Boskett halb, al» er zur Seite "trat. Zudem kannte sie ihn ohne Boübart, auch mußte sein breitkrämpiger Hut — er trug zufälliger weise heute Zivilkleider — sein Gesicht völlig beschattet haben. ES kostete Walther eine Art von Entschluß, um sich zum Weggehen anzuschicken. Doch entfernte er sich nicht, ohne noch einen Blick auf das Haus zu werfen und sich die mit großen goldenen Ziffern an einem der Pfeiler de» Gitterthores angebrachte Hausnummer fest einzuprägen. In seiner Behaus ung angekommen, eilte Walther sogleich an sein Schreib pult, auf dem die Photographie der Gräfin stand. Ja, er hatte recht gesehen — eS waren dieselben Augen, dasselbe silbern glänzende Haar. Eine Art Fieber überkam ihn, da er sie in seiner Nähe wußte. Er mußte sie Wiedersehen, sie sprechen, da» stand schon im nächsten Augenblicke bei ihm fest, wenn er auch über die Wege, um zu diesem Ziele zu gelangen, sich selbst keinen Aufschluß geben konnte. Aber er mußte jenem Verhängniß, da» sie an den Grafen gefesselt, mußte ihrem tiefen Leid, da» sich noch immer in ihren Zügen ausprägte, auf die Spur kommen. Glaubte er doch ein Recht zu seiner Theilnahme für sie zu haben, hatte er ihr doch das Leben erhalten, wenn e« ihr auch noch immer al» eine Bürde zu gelten schjen. Wem galt ihre Trauer? Ihrem Gatten, dem sie im Leben geflohen, dessen Tod ihr als Erlösung gelten konnte? Wußte sie überhaupt schon von seinem Ende? — Ein Wall von Vermuthungen, Deutungen thürmte sich vor Walther« Blicken auf, einen ganzen Sagen kreis hatte seine Phantasie schon um die Lichtgestalt der Gräfin gewoben. Ob eS gerathen schien, ihr offen gegenüberzutreten, gestützt auf jene« Begebniß in dem Hotel, ihr Ver trauen erzwingend? Aber war nicht jener Vorfall gerade dazu ange- than, einen Zeugen desselben nicht willkommen zu heißen? Unschlüssig, welchen Weg er einzuschlagen habe, um sich der Gräfin zu nähern, ging Walther in seinem Zimmer auf und ab. Endlich schien er den Entschluß zu fasten, e» der Zukunft anheimzustellen, wie er sich ihr gegenüber zu verhalten habe; zunächst handelte e« sich darum, eine Begegnung mit ihr herbeizuführen. Daß er, wenn e« ihm gerathen schien, nicht sogleich von ihr wiedererkannt würde, glaubte er bestimmt annehmen zu können, — hatte er doch nur flüchtig ihren Lebensweg gekreuzt. Vielleicht konnte er zu nächst mittel« diese» Unerkanntsein» erproben, ob ihr «ine Begegnung mit ihrem damaligen Arzt wünschenS- werth sei; wenn er dann ein günstige» Resultat er warten durste, konnte er ja jeden Augenblick sein bi» dahin beobachtete« Inkognito fallen lasten. Um auch in seinem Aeußern ihrem Auge keinen Anhalt an seine frühere Erscheinung zu geben, ver tauschte Walther seine bequemen Zivilkleider wieder mit der knappen, glänzenden Uniform Dann beschloß er, da» an demselben Nachmittag in der Kurallee statifindende Concert zu besuchen, setzte er doch Vor au», daß die Gräfin auch dort sein würde, um den Brunnen zu trinken. Wohl nie in seinem Leben hatte er sich mit so viel Sorgfalt gekleidet, wie an diesem Tage. Zum ersten Male schien er darüber nachzusinnen, wie man e« möglich mache, die Aufmerk samkeit eine« weiblichen Wesen» zu erringen. Walther, ein echter Sohn de« Rheinthale», der die frohe, offene Natur der Bewohner desselben er erbt, hatte nur die eine Charaktereigenschaft mit ihnen nicht gemein: den leichten, unternehmungslustigen Sinn den Frauen gegenüber. Trotz seiner dreißig Jahre war er bi« heute von einer fast klösterlichen Scheu gegen sie beherrscht worden, und auch seine fröhlichen Studienjahre hatten ihn gegen sie nicht leichtlebiger gemacht. Als endlich die Stunde herangekommen war, wo sich die wenigen Kurgäste, die noch in dem Badeorte zurückgeblieben waren, an der Trinkhalle und in der daranstoßenden Haupt-Alle zusammenzufinden pflegten, um während der Concertmusik die ihnen vom Arzt verordnete Anzahl von Gläsern Brunnen zu trinken, eilte auch Walther hinüber zum Kurhause. Aber trotz dem er zu verschiedenen Malen die Wandelbahn auf- und abschritt, und sich schließlich in unmittelbarer Nähe der Trinkhalle auf eine Bank niederließ, von wo er jede herannahende Person bemerken mußte, ge lang eS ihm nicht, die Gesuchte ausfindig zu machen. Er verharrte dennoch mit der größten Ausdauer auf seinem Beobachtungsposten und trat erst seinen Heim weg wieder an, als die letzten Kurgäste aus der Allee verschwanden und die Trinkquelle geschlossen wurde. Nur die eine Vermuthung für ihr Nichterscheinen am Brunnen gab eS — sie mußte sich von der Reise noch zu sehr angegriffen fühlen, um sogleich ihre Kur zu beginnen. Der nächste Morgen mußte sie dann sicher mit Walther zusammenführen. Doch, als dieser auch am kommenden Tage zweimal vergeb lich das Erscheinen der Gräfin erwartet, ward e» zur Gewißheit in ihm, daß sie nicht der Kur wegen hier her gekommen sei, und er demnach ihre Bekanntschaft auch nicht an der Trinkquelle zu machen erhoffen durfte. Es galt somit, auszukundschaften, ob sie an anderer Stelle zu finden sei. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Die silbernen Zwanzigpfennig-Stücke, von deren Einziehung vielfach die Rede gewesen ist, und welchen man jetzt seltener begegnet, werden bi» auf Jahre hinaus noch im Verkehr bleiben. Es sind freilich nach und nach für 13,003,714 Mark solcher Geldstücke eingezogen und zur Prägung von Mark stücken umgeschmolzen worden; aber e» befanden sich nach der statistischen Uebersicht de« Reichsschatzamtes zu Ende de» Monats Mai d. noch für 22,714,208,so Mark im Umlauf. — Karlsbad. Der hiesige Bürgermeister hat verfügt, daß da» Uederreichen von Blumen an Personen auf der Bühne vom Orchester au» nicht mehr statt finden darf. Veranlassung zu dieser Verordnung gab die Tbatsache, daß einer Sängerin — ein Kinderbett mit einer darin liegenden Puppe überreicht worden war, welcher Fall im Publikum große Sensation hervorrief und eine Beschwerde beim Bürgermeister veranlaßte. — Im 16. Jahrhundert lebte auf dem Schlosse Seeburg bei Eisleben ein Graf v. Mansfeld, der ein sehr lustiger Herr war. Einst lud er, nach patriarcha lischer Sitte, am Martinstage 12 seiner Pächter und Bauern mit ihren Weibern in» Schloß zur Verspeisung der MartinSgan». An einem Tische saßen die Männer mit dem Grafen, am andern die Weiber mit des Grafen Ehegemahlin, Frau Luitgarden. Al« nun der Gänse braten erschien und die Humpen und Krüge gefüllt wurden, gebot der Graf, eS dürfte keiner der Männer trinken, bevor einer au« ihrer Mitte ein Jubellied gesungen habe, und da» müsse der thun, der Herr im Hause und seiner Frau Meister sei. Nach einigem Räuspern und Erwägen ermannte sich der Dorfrich ter zu einem Gesang, der aber schüchtern und ge dämpft ausfiel wie ein Trauerlied. Da lachte der Graf, daß ihm der Bauch wackelte. Hierauf befahl er dem Frauentische, daß diejenige, die Herrin im Hause sei, ein lustig Liedlein singen sollte. Da schmetterten plötzlich gleich den Lerchen sämmtliche Frauen lo«, daß die Wände zitterten, am meisten aber schrie die Gräfin Luitgarde. Jetzt lachten auch die Bauern, und der Graf rief einstimmend: »Walt'« Gott, auch mein Luitgardlein — da seht, so sind die Weibchen alle!" — Von der .Findigkeit" eine» Winkelkon sulenten in Berlin wird da« folgende charakter istische Stückchen mitgetheilt: Besagter Linksanwalt war von einer Engro»schlächterwittwe beauftragt worden, die »»«stehenden Schuldforderungen de« verstorbenen Meister» einzuziehen. Bei der Durchsicht der Bücher fand er u. A. einen mehrere Tausend Mark betragen den Schuldposten eine» Berliner Schlächtermeister». Die Wittwe wußte nicht, ob die Forderung noch zu Recht bestand und ob schon Abzahlungen darauf ge macht seien. Der Winkelkonsulent begab sich nun zu dem Schuldner und fragte an, ob er bereit sei, durch Die von Apotheker Jallmann be ¬ seitigen Migräne und jeden, selbst den heftigste«» Hopfschmerz augenblicklich (auch den durch Wein- und Biergenuß ent standenen). Schachtel 1 Mk. in der Avotheke zu Eibenstock. A«»r radikalen Beseitigung von Hühneraugen. Ein Mittel zu finden, welches direkt auf die Hühneraugen wirkt, sie vollständig zerstört, ohne der Haut zu schaden und ohne Schmerz zu erregen, war bis heute eines der gesuchtesten Bedürfnisse und der größte Wunsch aller an Hühneraugen oder an verdickter Haut Leidenden. Ein solches Mittel ist nun gesunden in dem S. Radlauer- schen Hühneraugenmittel (d. i. Salichlcollodium) aus derKronen- Apotheke in Berlin, welches in vollkommenster Weise die Hühner augen schmerzlos entfernt, jede Hautverdickung gründlich zer stört, bei der Anwendung keinerlei Beschädigung zur Folge hat und keines lästigen Verbandes bedarf. Flasche und Pin sel -- 60 Pf. Wegen ganz wirkungsloser Nachahmungen verlange man ausdrücklich das echte Nadlauer sche Hühneraugenmittel. De- pht in Eibenstock bei Apotheker Fischer. Zahlung von 10 Proz. be» Schuldbeträge» da« Konto au»zugleichen. Der Meister war damit zufrieden und stellte auf Wunsch de« Winkelkonsulenten einen Schein au», indem er seine Bereitwilligkeit erklärte, von seinem Schuldbeträge in Höhe von so und so viel Tausend Mark 10 Proz. zu zahlen. Nun hatte der Winkel konsulent, wa» er wollte: eine Anerkennung de» ganzen Schuldbeträge«. Er klagte diesen voll ein und erhielt den ganzen Betrag für sich, denn der Wittwe hatte er die Schuldforderung al- eine unsichere für ein Spottgeld abgekauft. — Bleib draußen, Karo! Mit diesem laut gerufenen Befehl hatte am Sonntag Abend in Berlin ein .Gast" da» Lokal betreten und indem er beim Wirth sein Abendbrot bestellte, hinzugefügt, daß er eS nicht mit ansehen könne, wenn sein Hund ihm mit so bittender Miene zuschaue. Wie nun der gute Mann seine Portion Gänsebraten und einige Gla» Bier verzehrt hatte, nahm er den mit Knochen ge füllten Teller, denselben seinem draußen harrenden Karo vorzusetzen. Als man jedoch mit Verwunderung bemerkt hatte, daß da» Vorsetzen der Knochen so lange dauerte, und der Wirth draußen nach Hund und Herrn Umschau hielt, entdeckte er nicht» weiter als den leeren Teller. — Agrariers Liebeserklärung. Gutsbe sitzer (der eine von ihm verehrte Dame auf seinem Gut umhergeführt hat): .... und nun, mein Fräulein, nachdem ich Ihnen alles gezeigt, wa« mein ist, meine Pferde, mein Rindvieh und meine Merinoschafe, frage ich Sie, wollen auch Sie die Meine werden?" — Schlechte Erziehung. „Nein, so ein Durst, wie ihn dieser dicke Krcmpelhuber hat! Der muß wirklich als kleines Kind mit — Heringsmilch aufgezogen worden sein!" Meönis- und Mrostsprllch. Wenn ein Leid dich schwer bedrängt. Tritt entgegen ihm mit Waffen! Wenn es dir den Raum beengt, Suche selbst dir Raum zu schaffen! Zeige dich zu jeder Zeit Stärker als dein Herzensjammer, Sei nicht Amboß deinem Leid, Nein, sei deines Lebens Hammer! Wenn die Qual nicht heut von dir Ueberwunden und gebannt ist. Wisse, daß du dann von ihr Morgen dreifach übermannt bist! Standesamtliche Nachrichten von Schönheide vom 3. bis 9. Juli 1892. Geboren: 176) Der unverehel. Schneiderin Emma Unger hier Nr. 177 I T. 176) Dem Wollwaaren-Drucker Karl Richard Unger hier Nr. 328 IS. 177) Dein Handarbeiter Christian August Bieweg hier Nr. 238 I S. 178) Dem Papierfabrik arbeiter Franz Ludwig Schädlich hier Nr. 22 ü 1 S. 179) Dem Schuhmacher Friedrich Alwin Gnüchtel hier Nr. 151 I T. 180) Dem Eisenhüttenwerksschlosser Ernst Emil Meichsner hier Nr. 441 1 S. 181) Dem Eisengießer Karl August Reißmann hier Nr. 3036 I T. 182) Dem Bürstensabrikarbeiter Fried rich Julius Fickel hier Nr. 432 1 T. 183) Dem Stations- Assistent August Heinrich Eduard Friedrich Wetzel in Schön- heiderhammer Nr. 2 öl I T. Aufgeboten: 24) Der Hilfsweichensteller Friedrich August Clauß in Bobersen bei Riesa mit der Bürsteneinzieherin Anna Alma Wohlrabe hier. 2b) Der Bürstensabrikarbeiter Ernst Emil Heins in Neuheide mit der Tambourirerin Auguste Anna Männel hier. Eheschließungen: vaoat. Gestorben: 153) Des Handelsmanns Gustav Hermann Fuchs hier Nr. 12 T., Lina Alwine, 2 I. 7 M. 154) De» Wollwaaren-Druckers Karl Richard Unger hier Nr. 323 S., Richard, '/, St. 155) Marie Louise Lenk geb. Pechmann hier Nr. 453, 41 I. 9 M. 7 » 9 9 » » 2 Chemnitzer Marktpreis« vom 9. Juli 1892. 9 Mk. 30 Pf. bi» 10 Mk. 40 Pf. pr. so Kilo, 9 - — , . 10 Mahl-u. Futtererbsen 8 Heu Stroh Kartoffeln Butter Weizen russ. Sorten - sächs. gelb Weizen Roggen, preußischer . fächsffcher - russischer Braugerste Futtergerste Hafer, sächsischer, Kocherbsen - 55 . - 9 - 85 - - - - 50 . . 9 - 90 M - a a . 25 . . 9 . 60 B » » I . 60 - , 10 , — » » « » . —-E M a , M . 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