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Dresdner Nachrichten : 05.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189604055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18960405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18960405
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 21-22 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-05
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 05.04.1896
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IchiffeS stehe und dasselbe durch die brausenden Wogen alS erprob ter Führer glücklich hilidurch geleite In einem begeistert auf- genoinrnenen Hoch auf den Reichskanzler klang drr Trintspruch auS. Minister v. Berleplch erklärt, daß gar nicht daran zu denken sei, dak die stiegierung oder der BundeSratb icmals ihre Zustimmung lür die Wiedereinsülirung des Befähigungsnachweises slir das Hnndlverk geben könnten. Die Zwanasinnungen in Berbindnng ,»It genossenschaftlicher Selbsthilfe unter Gewährung von staat lichen Zuschüssen iei daö Aenßerste. was die Negiemng skr das Handwerk thun könne. Der Befähigungsnachweis sei bei den heutigen Zeitverhältnissen nicht mehr duichsührbar: er sei bei Durchführung der Zwangsorganisation nicht nur überflüssig, son dern geradezu schädlich. Die Vertreter des Handwerks sollen sich bereit erklärt haben, sich mit der in Aussicht gestellten Zwangs- arganlsativn zutrieden zu geben. Eine Eisenbahnvorlage, worin zugleich die Errichtung einer Anzahl von Kornhäusern a» Eisenbahnstationen vorgesehen ist, dürste dem preußischen Landtage unmittelbar nach Ostern zugehen. Ans Hamburg wird gemeldet, das Präsidium des Reichstages habe es abgelkhut. die Petition der Versammlung von Hamburger Kmislcnten gegen das Vorlengeletz und die BcgründnnArede des Vorsitzenden. welche als Drucksache dem Reichstage zngesendct wurde, nnter die Abgeordneten verthcilen zu lassen. Die „Kons Kon." schreibt: „Die Feier des 70. Geburtstages Lieblnecht's, die von Seiten der .Genossen" mit einer Reklame i»'S Werk gesetzt worden ist. wie sie in den Kreisen der „Bour geois" höchstens seitens freisinniger Parteihelden üblich zu sein pflegt, zeigt den unmäßigen Größenwahn, der innerhalb der Sozialdemokratie herrscht. Der „Vorwärts" bringt Spalte auf Spalte über die Bedeutung seines Chefredakteurs und Kladdera- dalschpropheten, er bringt auch eine Anzahl von Depeschen, die Herm Liebknecht zugegangen sind. Wir verzeichnen davon zwei, die wir für besonders charakteristisch halten. AuS Paris telcgravhirt der „Deutsche sozialdemokratische Lcseklnb": „Dem wackeren Soldaten der Revolution zum siebzigsten Geburtstage herzliches Glückauf! Durch Kampf zum Sieg!" Ans Krakau telegraphirt Jemand „im Rainen der polnischen Arbeiterschaft Westgoliziens niid Schlesiens" n. A. das folgende: „Wir danken Dir für Deinen edlen Mnth. de» Du in der Verthcidiaung des unglücklichen Polens so oft gezeigt hast. Wen» unser Vaterland frei und rur- nbbängig sein wird, wird Drin Name unter den edelsten genannt werden im ganzen polnischen Volke." .Genosse" Liebknecht, der Internationale, als Protektor eines .freien und unabhängigen" Polenreichs! In dieser Vorstellung liegt ein gewisser .Humor: allein die Polen wissen ganz gut, weshalb sie, ebenso gut wie die Franzoien, Liebknecht feiern: als Schutzpatron aller derienigen Elemente, denen die deutsche Einigkeit, die Macht und Stärke des Deutschen Reichs ei» Dorn im Auge ist. Wie der „Vorwärts" »lillheilt. sind an den „Genossen" Liebknecht „ans allen Provinzen Preußens und ans allen Bundesstaaten wie ans dem NeichSlandc" „:»sammkn über 300". aus dem Auslände „weit mehr als !«1>" Depeschen angckomnien: ferner hat der Gefeierte „über !0> Glückwunschschreiben, darunter allein aus den Vereinigten Staaten mehr als 250" erhalten. Man sieht daraus, wie stark iuncibalb der Sozialrevolutionäre der Personenkiiltus blüht. Schreibt doch der „Vorwäris" selber: „Co konnte man sagen, eö war ein Fest, das die <!) Arbeiter der nanzen Welt milfcierlcn. Dir deutsche Sozialdemokratie kann stolz (!) sein, daß einer der Ihrigen den Anlaß zu dieser internationale» Kundgebung gegeben hat." — Wir denken bei diesen Worten an die Geburtstagskniid- gcliungc». mit denen der „eiserne Kanzler" Fürst Bismarck lahrans. mlnein bedacht wild. Wie winzig nehmen sich diese» gegenüber die „großartigen" sozinldcmokratilchcn Ziffern ans. und wie albern klingt die größenwahnsinnige llebertrcibniig der Bedeutung des Lieblnrcht'icben Geburtstages im Munde derienigen Leute, die die Bicmarck'schcn Ehrungen hcrabzusctzen und zu verkleinern trachte»!" Der Fabrikarbeiter Keßler in Mülhausen i. E„ welcher gelegent lich des Streikes in der Fabrik von Rnsaöl Trevfnß auf die Anf- sviücrnng des Direktors, die Arbcit auszunehmen, gerufen hatte: „Es wäre besser, wenn man dem Direktor den Kops abbanle!" wurde wegen Aufreizung zum Aufruhr zu 9 Monaten Gesängniß verurtheilt. lieber' den Schluß der Ladengeschäfte äußern sich auch „Hamb. Rachr.". Das Blatt meint, die Neichskommiisivn Statistik habe sich mik der Zeit nuSgebildet zu einem Organ für Eismiilliig von sozialpolitischen Geietzesprojekten. „Man fchandert vor dcni Gedanken a» die Polizeiwirlhsckiast, zu welcher wir unter der Anleitung der Koniiniision nvthwcndig gelangen würden." Tie Frage des Ladenschlusses läßt sich nur individnairsirend losen, nicht gleichmäßig für größere Gebiete und selbst sür dieselbe Stadt nur nnter Individnalisirung der einzelnen Branchen. In einer Groß stadt die Bevölkerung außer Stand fetzen wollen, nach 8 Uhr Abends sich mit den unentbehrlichen Lebensmitteln zu berschen, das sei einfach Unsinn. Es grenze „geradezu an Hochnliirhswahn- sniii, alle Verhältnisse auf solche Weise in eine Geietzesschablone ein zwängen zu wollen. Man versuche nur einmal die Durchführ ung einer solchen Gesetzgebung! Sir würde gar bald von dem allgemeinen Unwillen lnnwcggefegt sein, und die Sonntagsriihe bicll.i r t noch obendrein." Aus dem Nachlasse des Rentiers Simon Blad den der Stadt Berlin zugedachten Antheil arizniiehnie», hat der Magistrat von Berlin beschlossen. Slädiiich-osfizivs wird dies folgendermaßen zu woiiviren gesucht: „In hiesige» maßgebenden Vcuwaltungskrcise» liegt keine Veranlassung vor, die angcbolcnc Erbschaft zurück znwciseii. Wenn auch der Trstaior mit der Staatsgewalt in Kon- 'liki geraihen ist. so geschah dies, wie aklriimäßig Hüstelst, weder galanter Neigungen »och ehrenrühriger Vergehen des Verstorbenen halber. Des Weitere» handelt es sich in Bezug ans das erwähnte Denkmal um rin Monnment, wie solche in München re. und in Italien allgemein üblich sind. Ter Erblasser war auch Ehren bürger von KV singen, und im Verfolg vieler Thrstsachen hat der Magistrat beschlossen, die Erbschaft aiizunehme»." Diese Motivir- nng, schreibt die „Post", ist geradezu klaisisch. Gerichrliche Be strafungen dcS Testators wegen Widerstandes gegen die Staats gewalt. Vernichter Bestechung und Mißhandlungen unter recht eigenartigen Begleitumständen stehen aklenniäßig fest: das bildet al,o — »ach Ansicht des Magistrats Von Berlin — kein Hinder nis!, dem generösen Erblasser ein „Tenkinal aus Erz in ganzer Figur" zu setzen. Interessant wäre es uns übrigens, zu wisse», heißt es weiter, welche Stellung in dieser Frage Herr Bürger meister Kirsch»» eingenommen hat. Ihm wenigstens dürfte doch ans seiner Thätigkcit in Breslau noch die Geschichte der dortigen Thomasstraßc in Erinnerung gewesen sein, die seinerzeit in den weitesten Kreisen das größte Aussehen erregt hat. Der Geh. Regierimgöralh Professor Heinrich v. Treitschke ist seit Woche» an einem Nierenleiden ernstlich erkrankt. Er hatte schon bieizcl». Tage vor Schluß des Winterhalbjahres seine Vor lesungen kittslellcn müssen, und inzwischen ist leider eine Ver schlimmerung cingetreten. Prof. v. Treitschke steht letzt im 62. Lrbcnsiahre. Ter sozialdemokratische Volksvcrein in M.-Gladbach hat sich aufgelöst, da er kein Lokal zu Versammlungen mehr finden konnte. Das kleine Vcrcinsbcmiögcn wurde der Parteikassc überwiesen. Durch die Zeitungen ging dieser Tage die Nachricht, daß ein zelne preußische Eiicnbahndirektioncn Erhebungen wegen Beschränk ung der Anzahl der Wagen-Ablherle 1. Klasse veranstalten. Die Nachricht ist iinzntrcsscnd und augenscheinlich darauf znrnckziisühren, daß vor längerer Zeit eine wirkliche Beschränkung dieser Kategorie von Wagcnälstheiicn ans einzelnen Nebenbahnen stattgefniiden hak. Eine Beschränkung der Alstheile 1. Klasse aus den Vollbahnen ist nicht beabsichtigt. I» Karlsruhe wurde der „Heildoktor" Maieroski, der seit An fang dieses Jahres nnter ungeheurem Znlanf durch „Anwendung von thicriichcm Magnetismus" Heilkuren machte, wegen Betrugs verhallet. Er will fünf Jahre in Berlin „praktizirt" haben und durch Professor Cchwcniiigcr selbst fürstlichen Familien empfohlen sein, i?) Ob die Verballung niit seinen „Kuren" zusammeiihängt, entzieht sich der Beurlheiinng. Das Belasinngsmrstcrial gegen den verhafteten Bankier Bchrend in Berlin hat sich nicht unerheblich vermehrt. Tic Ver haftung erfolgte wegen Unterschlagung eines Depots italienischer Werlhpapicie ln Höhe von 18,000 Mk. Außerdem soll der Ver haftete noch viele kleine Leute geschädigt und auch noch mehrere größere llnterlrhlagnngen verübt haben. So ist ein Polizeileutnant um 40,000 Mk. geschädigt. W stehen ferner noch weitere Ver haftungen in der Angelegenhere bevor. Der Standesbeamte Martin in Weimar erhängte sich in der Nacht in einer benachbarten Schlucht. Der Beweggrund zu dem Selbstmord ist noch nicht bekannt. Oesterreich. Ueber den Streik der Wiener Feuerwehrmann- schast meldet die „N. Fr. Pr.": Das Ergebniß der Nachtversamm lung der Streikenden bewies, daß die im Laufe des Tage- ringe tretene Geneigtheit eines großen Theiles der streikenden Feuer wrbrmannschast, den Dienst wieder aufzunehme». tn das Gegen- theil umschlug, als Ihnen die Bedingungen des Bezirtsbauptmannö Dr. v. Jrlcbclö und deS Feuerwehr-Kommandanten Müller bekannt gemacht wurden, und als sie erfuhren, daß die acht Mitglieder der Deputation und die sieben Kommandanten der Filialen nicht niehr ausgenommen würden. In der Dhat bat sich keiner der Streikenden zur Wiederaufnahme des Dienstes gemeldet. Aufregung hat tn den Kreisen der Streikenden die Ankündigung des BezirkShaupt- mannS Dr. v. Friebcis hcrvorgerusen, daß er gegen die Komman danten der Filialen, welche eigenmächtig ihre Posten verließen, die Strafanzeige erstatten werde. Dr. v. Frieders geht von der An schauung aus. daß das Verlassen des Postens von Seite der Feuerwehr, durch welches Leben und Eigenthnm der Bewohner Wiens einer nicht zu ermessenden Gefahr ausgesetzt wurden, ein Delikt begründe. Von Seite der Kommune betrachtet man die Sache nun als abgeschlossen. Tie Wiederaufnahme von Feuer wehrmännern ist keine allgemeine mehr, die Reaktivirung gänzlich ausgcichlvssen. Jeder der Streikenden, der den Dienst wieder ausnehiiikn will, wird als neu Eintreleuder behandelt, und die Wiederaufnahme hängt nun lediglich von feinem bisherigen Be tragen ab. Trotz der beschlossene» Solidarität hört man doch aus den Reihen der Streikenden, daß viele derselben das bisherige Vorgehen mißbilligen und geneigt wären, i» den Dienst zuruckzu- kehren. wenn nicht der Strcikzwang. der von Seiten des Komitees misgeübt werde, sie noch zurnckhalten würde. Im Ceremoniensaale der Wiener Hofburg fand am Charfreitag Vorniittags die Jußwaschnng durch den Kaiser nach dem Herkömm liche» Eeremoniell statt. An derselben nahmen der Großherzog Ferdinand von Toscana und die Erzherzöge Ludwig Victor, Leo pold Ferdinand, Joseph Ferdinand, Franz Salvator, Friedrich und Eugen Theil. Oberststallmeistce Prinz Rudolph Liechtenstein stmgirte bei der Eeremonie als Overslhofmeister - Stellvertreter. Der Feier wohnten die Hoswürdcnträger, die Minister, Geheimen Räthr. Kämmerer, der deutsche, der französische und der spanische Botschafter mit ihren Gemahlinnen, mehrere Gesandten und andere Mitglieder des diplomatischen Korps bei. Die Tribünen für das Publikum waren dicht gefüllt, zumeist von Damen. Zweihundert streikende Feuerwehrmänner in Wien erklärten gestern Vormittag, den Dienst wieder aufnehmcn zu wollen. l7o derselben sind wieder eingestellt worden; der Streik ist somit als beendet anzusehen. Ungarn. Aus Budapest wird wieder von einer Faljchspielei- Assairc berichtet, die sich gleichfalls im sogenannten Gentrn-Klilb zn- gelragen habe und sogar alteren Datums sein soll, als die viel erörterte Afsaire Daniel. Der Held der neuesten Assaire ist ein der Oppo sition angehvriges Mitglied des Abgeordnetenhauses: er soll beim „Färbelkprel" von seinen Partnern dabei ertappt worden sein, als er sich die Karten zu seinem Vorthcile znrechkgelegt hatte. Der Entlarvte verlegte sich anl's Bitten. Unter der Bedingung, daß er iosort aus dem Gentrh-Klnb aiistretc. wurde ihm Stillschweigen rugesichert. Ter betreffende Abgeordnete erfüllte diese Bedingung sofort, hielt aber Tags daraus eine lange Rede im Abgeordneten haus» Auch während der Eampagnc gegen den Honvev-Minisler ließ er sich in die Liste der Redner eintragen, »in über den Mini ster als Hüter der Moral zn Gericht zu sitzen. Er scheint aber von einem Mitwisser seines Geheimnisses einen Wink bekommen zu haben nnd stand von seinem Vorhaben ab. 2» Nemes-Magassah wnthete eine furchtbare Fenersbrunsl, welcher IM Hauier znnr Opfer sielen. Der Gcnieindelehrer, der 40 Gulden aus einem brennenden Hause retten wollte, verbrannte. Außerdem sind zwei Personen todt. vier schwer verletzt. In der Nacht vonr I. zum 2. April war gegen den Zng des Königs von Rumänien bei Orsowa ein Attentat geplant. Die Attentäter glaubten, der König reise im Schnellzug, doch befand er sich in dem nachsahrendcn Crtrazug- Vor den Eilzng waren große Steine gelegt, durch welche oie Maschine arg beschädigt worden ist. Der Köiiigszng ist nnbeschävigt gebcieben. Eine strenge Untcrsnchnng ist eingeieltet. Frankreich. Tic Blätter stellen einstimmig fest, daß das Votum des Senats eine außerordentlich gewannte Situation geschaffen habe. Die republikanischen nnd konservativen Blätter, welche das Kabinet als revolutionär nnd aufrührerisch kennzeichnen, führen aus. da) Kabinet könne nicht weiter Frankreich unter den gegenwärtig so schwierigen äußeren Verhältnissen vertreten. Die radikalen Blätter sage», diese durchaus lächerliche Haltung des Senats mache eine Revision unvermeidlich, nnd sind überzeugt, daß daS Land einen Senat tadeln werde, der die Aufgabe des Kabiners zu einer so schwierigen mache. Ter „Figaro" hat eine neue „Prophetin" entdeckt. Fräulein Coiiädon, Doch!» eines Advokaten aus der Bretagne, die sich zeitweise in Paris ausgehalten hak, giebt an. mit dem Erzengel Gabriel Unterredungen zu haben. Sie prophezeit einen neuen Netter Frankreichs, der aber (wie Charles Ehincholle, Mitaibeitcr des „Figaro" berichtet) weder aus einer legitimisliichen, »och bona- pnrtislischen Familie hervorgelien. sondern tm Anstande leben soll. Sie vcrlündet ferner den Sturz des jetzigen Kabinets. das Scheitern der Reise des Präsidenten, einen großen europäischen Krieg, eine neue Karte Europas, eine Revolution, mit blutiger Kommune beginnend, und die Vernichtung der Hälfte Frankreichs. Sie fügt! hinzu: „Paris in Flammen! Die Seine ln Blut! Was weiß ich?" Diese Dame soll, wenn sie nicht inspirirt ist, heiler, graziös nnd, da sie erst 28 Jahre zählt, froher Laune sein. Sie hat starken Znlans, doch hat der Erzbischof von Paris den Geistlichen seines Bezirks vernünsligerweffc den Besuch bei der „Prophetin" untersagt. Italien- Crispi hatte in Rom, wie bereits kurz gemeldet, eine vreiviertelslünbige Unterredung mit dem König. Ter König soll Erispi mit ganz besonderer Auszeichnung behandelt nnd nach der Unterredung zur Königin geleitet haben. Einem anderen Ge rüchte zufolge hätte sich der König in Betreff seiner bevorstehenden Znsammcnlunst mit dem deutschen Kaiser üdec einige hierbei zu »örternde Fragen Erispi's Ansichten erbeten. Kaiser Wilhelm hat der Gräfin Dabormida den Erlaß über die Verleihung des Konithurkrenzes des Kronenordcns an ihren ge fallenen Galten zugehen lassen nnd ihr sein Beileid nnd die Be wunderung für den tapferen General und seine heldeiimüthigeii Truppen allsdrücken lallen. (singlnnd. Ter Staatssekretär sür die Kolonien Chambcrlain hat eine beruhigende Erklärung in Betreff des Matadele-AusstandeS veröffentlicht! man nimmt an, daß eine Streitlraft von 500 Mann, welche in Mascking gebildet wird, üi Verbindung mit den Truppen in Matabele-Lcmd genüge» wird, den Aufstand zu unterdrücken: indessen sei der Gouverneur der Kapkolonic Sir Robinson er mächtigt, im Nothsalle weitere Streikträste zu organisiren. Das Koloninlamt erhielt eine weitere Depesche ans Buiownvo mit der Nachricht, daß die dortige Trnppenmacht stark genug zur Offensive, aber nicht stark genug zur Unterdrückung des Auftrandes ist. weicher allgemein werden dürste, wenn die Eingeborene» erst organisirt sind. Amerika. Ein Gasthaus in Brookstm, welches hauptsächlich von Italienern besucht wurde, brannte gänzlich nieder. Zwanzig Gäste sind in den Flammen umgetommeil. Australien. Tie „Times" veröffentlichen einen Bericht dcS Bergrathes Echmcißcr über die Goldfelder m Wcstanstralien und sagen, der Bericht stelle de» unzweifelhaften Werth des neuen Feldes als eines reines Gold Produzirenden Gebietes fest. Asien. In Yokohama ist die schwarze Pest ausgebrochcn. Zwei Japaner sind daran erkrankt und einer davon bereits gestorben. Knust und Wissenschaft. f Seitdem am 12. März 1829 der >unge Mendelsiohn mit der Berliner Singakademie Bach's Matthäus-Passion durch eine allgemeinstes Aufsehen erregende Aufführung ans den, säst hunderliähriarn Schlummer z» neuem Dasein erweckte, gehört das gewaltige Meisterwerk des großm Johann Sebastian in allen deutschen Mnsikstädten zum stä » gen Repertoir der Passionszeit. In Dresden, wo man gelegentlich der Palmionntaasanssührnng vom Jahre 1833 über das Werk noch ziemlich kühl lotheilte: „Bach'S Paisioiismnsik kann neben jeder neueren Tondichtung be leben" — kehrt dieselbe satt mit zu stereothper Regelmäßigkeit all- lährl'ch wieder, so daß man heute versucht ist, nmgekchrl z» sage»: „Neben Bach's MalthänS-Passion kann in Dresden leine neuere Tondichtung ähncichen Charakters bestehen." Soviel scheint wenig stens sicher: hätten wir nicht der gesunden Initiative Kantor Röm- hild'L nnd sglnes wohlgcschultcn freiwilligen Kirchenchores manch^Muttcr eindrucksvolle Aufführung neuerer kirchlicher Werke z» danken ge- ' ' ' habt, wir würde» uns wohl noch jahrelang mit dem ausschließ lichen Mendelssohn- und Bachkultus haben begnügen müssen, Es bedarf wohl keiner ausdrücklichen Hervorhebung, daß mit dieser Bemerkung von der erhabenen, einzigen Größe dieser ewigen Meister der Kirchenmusik auch nicht ein Iota wegdlsputirt werden soll: ab» gleichwie man im Schauspielhaus nicht blos von Schiller und Goethe lebt, wie in der Oper neben Beethoven. Mozart und Gluck auch die Tondichter unserer Tage ein Anrecht aus Berücksichtigung haben, so erheischt auch eine pflichtbewußte Kirchenmusitpslege die Aufnahme des Neuen »eben dem Allen, sei eS auch nur deshalb, !ui» uns aus Grund des dadurch gebotenen Vergleichs das Alte doppelt lieb und werth zu machen. — Was nun die vorgestrige Ausfuhr ung der MatthänS-Passio» in der Kreuzkirche unter Leitung des König!. Musikdirektors Herrn Pros O Wermann betrifft, so ln derselben mit hoher Befriedigung als einer allseitig würdig und löblich verlausen», zu gedenken. Der durch die Mitwirkung von musiktreundlichcn Damen nnd Herren verstärkte Krcuzkirchenchor er freute wie immer durch Klangschönbeit und musikalische Zuverlässig keit: auch IN den schwierigen Doppelchören gingen alle Einsätze glatt und ».alt von statte», und namentlich die eingestreutcil Choralsätze verfehlten durch die warme Innigkeit der Vortragsweise eine tielere Wirkung nicht. Viel des Guten ist aber auch über di mitwirkenden Solisten zu berichten Die Palme unter ihnen ci rang sich die Altistin Frau Louise Ge'lcr aus Magdeburg Sowohl in den großen geschlossenen Nummern cdas Violinsolo der bekannten Arie: „Erbarme Dich, mein Gott" ward von Herr» ConcertmeistecProf.Rappoldi meisterlich zur Geltung gebracht), atz auch im Duett und in den vom Chore unterstützten Gesängen erwi»- die hier bereits mehrfach miss Vortheilhafteste bekannt gewordene Sängerin so pastose, ausdrncksiähige und künstlerisch gebildete Mittel und eine solch' hochentwickelte, echt kirchlich weihevolle Vor tragskunst, daß man die Künstlerin als eine der allerersten Ver lreterinne» des Oratoricngelanges der Gegenwart zu betrachten hat. Nicht ganz to mächtig, aber eindringlich nnd angenehm wirkte das kleinere, belcheidenerc Organ der Spora,isolistin. Frl. Mein Geyer (Berlin!. Nein und sicher, wohllautend und niit gutem Ausdruck sang die Künstlerin ihren Part, der diesmal mich die sonst meist gestrichene Arie „Ich will Dir mein Herze schenken" umfaßte. Einen warmblütigen, cinpsindungsvoNcn Interpreten hatte die ChristuSpartie in Herrn Kammersänger Büttner (Kodiirg! gesunde»: nimmt man von einigen Momenten unrein» Tongebung Abstand, lo darf man dem stimmbegabtcn, kunst verständigen Sänger volle Anerkennung zollen. Das Letztere gilt auch in weitestem Umfange von-Herrn Hofopernsänger Wächter der die Partien des Judas, Petrus und des .Hohenpriesters höchst wirksam nnd tonkräslig dnrchlührte. Wenn Herr Eoncertsäng» Mann erst an letzter Stelle genannt wird, jo soll diem Anordnung keine wcrthbemessende Rangordnung bedeuten ^ mit der ganz ausgezeichneten Wiedergabe der Evangelisten Recitative hat sich Derselbe vorgestern als ein oußerorocnttich zuverlässiger, tonsichcrec nnd gewandter Sänger erwiesen. Die von allen „Evangelisten" wegen ihrer heiklen Fortschrcitungen ge fürchtete Stelle „und (Petrus) weinte bitterlich" gelang tadellos hier nnd an anderen Stellen zeigte Herr Mann, wie vortrefflich er sein Falsett auSgebildet hat. während das mit Brustslimmc ge nominelle hohe I> („er soll sür fremden Raub bezahlen") allerdings mißglückte. Begleitet wurden die von Herrn Mann gesungenen Recitative vorschnstsgemäß durch ein Cello und einen Baß: die Herren Eoneertmkistcr Goldmacher und Kammermnsikus Rudig» entledigten sich dieser Ausgabe mit vollendetstem Gelingen. Schließ lich sei noch der Mitwirkung des Herrn Organisten und König! MusikdirlktorS E- -Höpncr (Orgel) und des Kapcllknabeiichoces der evangelischen Hofkirche lobend Erwähnung getlian: der letztere fügte sich mit seinem O'aiitu» tirmus „O Lamm Gottes, unschuldig" wacker nnd fest in das kombllcirte Tongebände des Eingangs- Doppelchores ein. Das Orchester, über dessen Herkunft und Zu sammensetzung daS Programm keinen Ausschluß gab (es dürfte wohl aus Mitgliedern des Allgemeinen Musikcrveceins gebildet worden sein) thot seine volle Schuldiglcit. Die Kirche war in allen Räumen dicht gefüllt: die Wärme im Gotteshause hatte sich dadurch während der beinahe dreistündigen Aufführung säst bis zur Un erträglichkeit gesteigert. Einige Kürzungen im ersten Theile der Passion, — etwa in demselben Umfange, wie solche innerhalb des zweiten Theilcs vorgcnommen worden waren — hätten dem Ge- saiiilntcindruckc der Aufführung ledensalls zum Vortyeil gereicht. —<It. s- In der Martin-Lutberkirche fand die Eharsreitags Stimmung ihren künstlerischen Ausdruck in Ludwig Svohr's Ora torium : „DeS Heilands letzte Stunde n". .Herr Kantor Römhild hat in der Wahl dieses seit Langem hier nicht gehörten Werkes einen glücklichen Griff gethan. Von den vier Oratorien Svohr's kennt unsere Generation außer dem genannten nur noch: „Die letzten Dinge", und selbst diele beiden Schöpfungen erscheinen unserem veränderten Geschmack und unseren gesteigert», Ansprüchen in mancher Hinsicht etwas verblaßt, so daß sie jetzt nicht mehr wie in der Blüthczeit der Romantik zu den bevorzugten Werken ihrer Gattung gehören. Und doch verdienen „Des Heilands letzte Stunden" auch heute noch Würdigung und Beachtung. Der un vergängliche Werth des Werkes beruht ans seiner echt deutschen Empfilidlmgsart, auf der Allen verständlichen Sprache eines weichen, naiven Gemüths. Reicht es auch nicht entfernt an die gigantische Größe und Erhabenheit einer Vach'schen Passion heran und steht es insofern seiner rein musikalischen Bedeutung nach zurück, so wird es dafür den Vorzug volkSthümlichen Empfindens genießen, so lange im Volke noch der Sinn für einfach schöne, sinnig-gemüth- volle Musik sortlebt. Tic Dichtung, von dem seinerzeit namhaften Schriftsteller Friedrich Rochlitz, eine freie, in der Handlung knapp, in der Sprache edel gehaltene Umgestaltung der evangelischen Berichte, ist aus dem gleichen Geiste hcrvorgegangen wie die weichc Musik Spohr's, mehr lyrisch als dramatisch, mehr zart nnd im besten Sonic sentimental als mystisch oder leidenschaftlich-fort reißend. Dieser einheitliche Charakter von Buch und Komposition gereicht dem Werke zum besonderen Vorzug. In den meist korrekt deklamirten Recitatwen und in den Äjörcn ist immerhin so viel dramatische Anschaulichkeit und Wahrheit vorhanden, alS zur Cha- ralterisirung der Handlung unentbehrlich ist. Die schönste und ergreifenbstc Musik aber hat Spohr in die Ensembles der „Freunde nnd Freundinnen Jesu" und in die Chöre gelegt. Die Scene nnter'm Kreuze bildet den natürlichen Höhepunkt und enthält in gediegener musikalischer Fassung unvergängliche Perlen deutscher Kunst. Mit gleicher Hingebung wie der vokale lst der instrumentale Theil empfunden und dncchgelührt: die Ouvertüre ist ein kleines Meisterwerk für sich. Bei aller verhältnismäßigen Einfachheit i» Form und Charakter der musikalischen Konzeption stellt das Wert doch zn voller Realisirung seiner Schönheiten nicht geringe An- aiissntirenden Krnlte Herr Kantnr Römtnld bat es sprüchc an die aufführenden Kräfte. Herr Kantor Römhild hat cs sich offenbar in den Vorbereitungen recht angelegen sein lassen, diesen Ansprüche» zu genügen, und lcilete auch die Anffübrimg mit anerkanntem Geschick und liebevollem Vcrständniß. Die Chöre, in allen Stimmen stark besetzt, standen tm Allgemeinen in Rein heit nnd Zarlheit der Tongebung aus Achtung gebietender Hohe. Nur vermißte man in den Chören der Priester und des Volkes meist einen entschiedeneren Ausdruck von Bosheit und wilder Leidenschaft <z. B. ln dem Satz: „Schmach. Schmach!"). Ei» so gut besetzter Chor muß bet richtiger Tongebung und voller Sicherheit mehr Kraft und Wucht entwickeln können. Die Solo Partien waren bis ans die des „Judas" »nd „Nikodemus" glücklich besetzt. Frl. Marg. Knotbe sang die „Maria" niit sympathischer Stimme und gutem Verständniß. Herr Herms von der König!. Losoper seinen Johannes mit gleich günstigem Erfolge. Kleinere Partien brachten Herr Osw. Hache (Petrus. Philo, Kniphas > stimmlich hervorragend und Herr Seiler (Jesu Worte am Kreuz > zart cnipfnndeii zu wirksamem Ausdruck. Auch die Ensembles der Solisten trugen bis auf verfehlte Einsätze des Soprans im Frauen terzett des zweiten Theiles wesentlich dazu bei, die Aufführung z» einer genußreichen zn gestalten. Den orchestralen Theil des torimiiS bestritt die Trenkler'sche Gcwerbchauskapelle in altbe währter vorzüglicher Weise: von den obligat begleitenden Jnstrn menten zeichnete sich besonders die Solo-Violine des-Herrn Concert- meistcrs Schmidt durch Glanz und Warme des Tones ans. —o. -!' In den Räumen der Secession ist gestern die angekündlgte BildnißausstcIlnng eröffnet worden. ES fehlt noch eine ganze Anzahl bemcrkeiiSwerthcr Bilder, die übrigens irden Tag eiutrefsen können, gleichwohl ist schon viel Interessantes da. interessant nicht nur in Bezug aus die künstlerischen Leistungen, sondern auch ans die Dargestcllten. Ta begegnen wir miß» verschiedenen Fürstlichkeiten Wilh. Nabe, Sudermann. L»dw. Fulda, G. Hauptmann, Ibsen, Eaprivi. Joachim, der Düse. Emin Pascha nnd Anderen, von denen wir gern wiffen wie sie anssehen. Die mannigfaltig verichicdene Art der Auffassung und Wiedergabe der Gemalten erfordert einige einleitende Worte. Mit Recht schätzen wir an einem Bidniß, daß es uns den Freund oder die Mutter nicht nur dem äußeren zufälligen Anschein nach giebt. wie's eine Photographie auch könnte, sondern HiitIVetonuna der inneren Eigenschaften, welche den Targestellte» von anderen Menschen niitericheidcir nnd ihm uns lieb machen: wir wollen sein Wesen in der Erscheinung wiedererkcnnen; oder wie man bei L r» D*e»öire* Nachrichten. . »s. Sette 3. IM» Lormtaa. 6. Avril 18»«
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