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Amts- und Anzeigeblatt für den «»scheint . e „ . « e I Abonnement «-L-- «W» des Amtsgerichts Tibenjlmti UWZ sertionSpreis: die kleinst. ten, sowie bei allen ReichS- Zeile 10 Pf und dessen Amgevung. Postanstalten Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. —— .18. Aa-r,»-,. L4S Donnerstag, den 10. Dezember L8SL. Montag, den 14. Dezember 18S1, von Vormittags 1-11 Uhr an im Rathhause zu Schönheide. Schwarzenberg, den 7. Dezember- 1891. Die Königliche Amtshauptmannschast. Frhr. v. Wirsing. Hagesgeschichle. — Deutschland. Laut amtlicher Mittheilung sind am Sonntag, den 6. dS, folgende Handels- und Zolloerträge vollzogen worden: Zu Rom die Verträge zwischen Deutschland und Italien und zwischen Oester reich-Ungarn und Italien, in Wien die Verträge zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn und zwischen Oesterreich-Ungarn und Belgien, in Berlin der Vertrag zwischen Deutschland und Belgien. Die erste Bcrathung der Handelsverträge im Reichstage beginnt Donnerstag und nimmt voraussichtlich drei Tage in Anspruch. — Die „Weser-Ztg." schreibt in einem Artikel über die neuliche Rede des Herrn v. Caprivi: „Der Haupttrnmpf, den man gegen das neue Regi ment ausspielt, ist, wie man sich denken kann, die auswärtige Politik. Hier können die Ankläger auf allgemeine Zustimmung rechnen, wenn sie ausmalen, wie wenig beruhigend und befriedigend unsere Lage zwischen zwei mächtigen, mit dem 8tatus lzuo unzu friedenen Nationen ist und wie wenig dieser Zustand dem Zustande im ersten Jahrzehnt nach dem Kriege gleicht, während dessen wir uns sicher an der Spitze Europas fühlten. Da« Gemälde entspricht der Wirk lichkeit, und alle beruhigenden Ausführungen der letzten Kanzlerrekc können darüber keinen verständigen Men schen täuschen. Eine ganz andere Frage aber ist es, ob diese Verschlechterung unserer Lage von der deut schen Regierung, insbesondere von Herrn v. Caprivi verschuldet ist, ob sie nicht auch dann eingelrcten wäre, wenn Fürst Bismarck noch am Steuer säße. Hätte Fürst Bismarck den russischen Ehrgeiz nnd die französische Revanchclust aus der Welt geschasst? Hätte er die gegenseitige Annäherung der beiden „natürlichen Bundesgenossen verhindert?" — Hierzu bemerken die „Hamb. N.": „Wir lassen die Frage, die hier gestellt wird, unbeantwortet; jedenfalls würde der frühere Kanzler schwerlich zu einer Politik ge- rathen haben, deren Ergebniß darin bestand, daß der Zar die Marseillaise stehend anhörte." — Die Mitglieder der Jmmediat-Komwission zur Berathung de« Befähigungsnachweises beab sichtigen, wie im JnnungsauSschusse zu BreSlau mit- getheilt wurde, bei dem Kaiser Einspruch gegen die Fassung der Protokolle und des Bericht« über die Verhandlungen zu erheben. Die Berichte seien der art abgesaßt, daß der Kaiser kein richtige« Bild über die Meinungen und Wünsche des Handwerkerstandes erhalten habe. Die Angelegenheit soll in einer nach Berlin berufenen Versammlung von Fachverbands vorständen weiter verfolgt werden. — Mit recht trefflichen Worten hat sich der Reichstagsabgeordnete Herr Oberstaatsanwalt I)r. Hartmann im Reichstage an den Debatten über den Handwerkerstand betheiligt. Er schilderte die Lage des Handwerker« wie folgt: „Es ist sehr an der Zeit, daß gegenwärtig an denjenigen Stand ge dacht wird, an welchen in den 10 Jahren gerade am allerwenigsten gedacht worden ist, d. h. man hat schon an ihn gedacht, als eS galt, ihm wesentlich zu Gunsten ve« Arbeiterslandes Lasten aufzuerlegen. Wir haben in diesen zehn Jahren auf den breiten Rücken des Handwerkerstandes Last auf Last geladen, und e« sah so aus, al« ob da« in alle Ewigkeit so fortgehen sollte, und wir haben un« wahrlich nicht genügend bemüht, ihn zu stützen, daß er die schweren Lasten auch tragen kann. Der deutsche Handwerkerstand ist heute zwar immer noch einer der tragsähigsten Pfeiler de« Staate«, aber e« kann auch dazu kommen, daß man seine Kräfte überspannt und ihn schließlich da« Rückgrat bricht. Dahin soll man es nicht kommen lassen." DaS sind goldene Worte; mögen au« ihnen andere und weitergehende Folgerungen gezogen werden, und mögen den Worten nun alsbald energische Thaten folgen. — Von der Sozialdemokratie wird bekannt lich hartnäckig geleugnet, daß dieselbe mit dem Buch druckerstreik etwas zu thun habe, und im Landtag wurde der Streik von sozialdemokratischer Seite sogar als eine „kolossale Dummheit" bezeichnet, was man indessen dann recht gern wieder unausgesprochen ge macht hätte. Wie die Angelegenheit thatsäcblich steht, zeigen am deutlichsten die Worte, welche der Führer der Buchdruckerbewogung in Leipzig, Riedel, der sich zur Zeit auf einer Agitationsreise durch die deutschen Druckstäbte befindet, nach einem Bericht des „Fränk. Kur." in Nürnberg gesprochen hat. Riedel sagte u. A.: „Die Buchdruckerbcwegung ist ein Klassenkampf in schärfster Form. . . In dem entfesselten Sturme inuß und soll die Unternehmerschaft zu Grunde gehen. Der geforderte Neunstundentag leitet nur auf den Achtstundentag hin, denn alle Arbeiter der graphischen Gewerbe stehen nicht nur auf dem Boden der allge meinen Arbeiterbewegung, sondern auch auf dem Boden der Sozialdemokratie." — Es ist gut, daß dies öffentlich ausgesprochen worden ist; die zum Theil nur bethörte Gehilfenschaft weiß jetzt, bei wem sie sich zu bedanken haben wird für all das Elend, welches in nicht mehr ferner Zeit mit dem Fiasko des großen Streiks über sie hereinbrechen wird. — Zeitz. In einer der verkehrsreichsten Straßen unserer Stavt, der Wendischenstraße, wurde am 6. Dezember Mittag« zwischen l l und 12 Uhr ein über aus frecher Rau bau fall verübt. Kur; nach 11 Uhr drang in die im dritten Stocke gelegene Wohnung des Klempners Helbig, welcher mit seinen beiden Kindern einen Spaziergang unternommen hatte, ein Mann ein, schlug die allein anwesende Frau Helbig auf den Kopf, daß sie zusammenstürzte, stopfte ihr den Mund zu und band ihr Hande und Füße zusammen. Der Räuber durchsuchte dann die Kommode und nahm da« darin befindliche Geld an sich (Helbig hatte Zahl tag gehabt), ebenso hielt er Musterung im Kleider schrank und eignete sich einen Rock an, den er aber bei der Flucht auf dem Korridore wegwarf. In der oben bezeichneten Lage fand der um 12 Uhr heim kehrende Helbig seine Frau und seine Wohnung. Nach Aussage der Frau hat der freche Eindringling am Sonnabend bei ihr vorgesprochen, um zu betteln; sie schildert ihn als einen großen, struppig aussehen den Mann mit Schlapphut und dnnklem Anzüge. Bis jetzt ist cS nicht gelungen, daS Individuum aus findig zu machen. Man nimmt an, daß es nur eine mit der Lage der Wohnung und den Verhältnissen der Familie genau vertraute Persönlichkeit sein könne. Locale und sächsische Rachrichten. — Dresden. Am Sonnabend früh nach 3 Uhr stürzte ein 27 Jahre alter Schlosser, nachdem er mit anderen Genossen aus einer Schankwirthschaft ge kommen und dann allein am Terrassenufer entlang gegangen war, unterhalb der Brühl'schen Terrasse in die Elbe. Er wurde von der Strömung mit fort gerissen und bis zur AugustuSbrücke getrieben, wo er fortgesetzt nach Hilst schrie. Ein Zuwerfen des Rettungsringes erwies sich nicht möglich. Da erschien im kritischsten Moment ein Offizier an der Unglücks stätte, e» war dies der Premierlieutenant v. Hol leben vom hiesigen Leibgrenadier-Regiment. Der selbe entledigte sich sofort seiner Uniformstücke, sprang in den L-trom, schwamm dem Verunglückten nach, erreichte ihn am 2. Brückenjoche und brachte ihn, trotz der starken Strömung, zurück ans Ufer. Hier wurde der leblose Mann so lange gerieben, bis er Lebenszeichen von sich gab, und dann dem Stadt- krankenhause zugeführt. Das Gelingen des Rettungs werkes war nur einem außerordentlichen Kraftauf wande und besonderer Geschicklichkeit, wie Besonnen heit möglich, und der Mann wäre ohne diese Hilfe sicherlich ertrunken. — Leipzig, 8. Dezbr. Einen lebendigen Fund bat am gestrigen Vormittag das Dienstmäd chen einer in der Centralstraße wohnenden Herrschaft gemacht. Als es nämlich die Haustreppe passirte, fand es ein etwa 3 Monate altes Kind weiblichen Geschlechts, das mit einer rothen Barchentjacke beklei det und in ein Wickelbettchen mit hellbraun- und schwarzgetupftem Inlett, sowie in einen braunen Flanell lappen eingewickelt war. Ueber die unnatürliche Mutter, die auf einem beschriebenen Zettel versicherte, daß sie die Aussetzung lediglich aus Verzweiflung und Noch begangen habe, ist bislang noch nichts zu er mitteln gewesen. Das bedauernswerthe Kind wurde dem hiesigen Waisenhaus übergeben. In Verdacht, dasselbe ausgesetzt zu haben, kommt eine etwa 30 Jahre alte unbekannte Frauensperson. — Zwickau, 5 Dezbr. In der heutigen Sitzung der zweiten Strafkammer befanden sich auf der An klagebank der Steinbrecher Friedrich Eduard Unger aus Schönheide, Bürstenbohrer Reinhold Beruh. Schädlich daher und Bürstenpolirer Friedrich Ewald Gehrisch ebendaher. Letztere wurden überführt, innerhalb der Monate September und Oktober dieses Jahres im Eibenstocker Staatsforstreviere, mithin in Wäldern, in denen zu jagen sie nicht berechtigt waren, die Jagd ausgeübt zu haben. Gehrisch, welcher nur einmal mikgegangcn ist, hat hierbei nur Wache ge standen. Das erlegte Wild, insbesondere 'ein am 30. September dieses Jahres geschossener Hirsch, ist allem Anscheine nach nach Auerbach verkauft worden. Wider Unger, welcher seine Gewehre wohlversteckt im Walde ausbewahrte, erkannte man auf eine Gefäng- nißstrafe von 1 Jahr, 3 Jahre Ehrenrechtsverlust und Zulässigkeit von Polizeiaufsicht, wider Schädlich auf eme Gefängnißstrafe von 9 Monaten und Zu lässigkeit von Polizeiaufsicht und wider Gehrisch auf eine Gefängnißstrafe von 4 Wochen, erachtete aber letztere Strafe als durch die erlittene Untersuchungs hast für verbüßt. Unger ist übrigens wegen Jagd vergehens bereits vorbestraft. — Werdau. In welch' unverschämter u. frecher Weise zuweilen vie Mildthätigkeit unserer Ein wohnerschaft mißbraucht und ausgebeutet wird, zeigt folgender Fall. Ein Polizei-Beamter traf gestern Nachmittag am Markte ein l I jähriges Mädchen, von welchem er wußte, daß es öfters in besseren Familien bettelt. Bei Durchsicht seines Handkorbes fand sich in demselben ein von der Mutter des Mädchens an eine Dame gerichteter Zettel, in welchem sie diese bat, ihr doch ein Paar Pfennige zu schicken, damit sie sich ein halbes Viertel Kohlen kaufen könnten. Dabei ist der Vater des betreffenden Mädchens bei einer der größten hiesigen Firmen als Wollsortirer schon seit Jahren in fester Arbeit und gutem Lohn uns besitzt in der BauvereinSstraßc ein eigene« Haus. Der Zettel war obendrein noch mit-einem falschen Namen unterzeichnet. Da« zeigt doch wohl von großer Unverschämtheit, zumal die Schreiberin des Zettels erst kürzlich mit der Polizei-Behörde in Berührung gekommen ist. — Der aus Meißen mit drei unterschlagenen Geldbriefen mit annähernd 13,000 Mk. Inhalt flüchtig gewordene ehemalige Postgehilfe Sch ick tanz ist noch nicht erlangt. Auf seine Habhaftmachung ist eine