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und Soldaten der Garnison und Polizeibc- amten zn einem Streit, wobei die Soldaten die Säbel zogen nnd die Polizeimannschaften bedrohten. Letztere verhafteten hieraus 6 Soldaten, die Kameraden der letzteren suchten die Verhafteten zu befreien. Bei dem entstandenen Handgemenge wurde ein Polizei beamter verwundet. Der Vorfall ist dem Militär gericht zur Anzeige gebracht. — Süd-Amerika. Die Nachrichten, welche der frühere Kaiser von Brasilien, Dom Pedro, welcher zur Zeit in Frankreich weilt, über die Lage in seinem ehemaligen gleiche erhalten hat, müssen doch derartig sein, daß der alte Herr an eine Wieder herstellung der Monarchie zu glauben ansängt. Ein den Pariser Sonntagsblältern zugegangeueS Comliin- niguü besagt, hervorragenden Persönlichkeiten der brasilianischen Kolonie in Paris wäre eine Erklärung Dom PedroS zugcgangen, nach welcher derselbe in seinem tiefe» Schmerze über die Ereignisse in Bra silien, die eine Zerstückelung des Landes unabwendbar herbeiführen, bereit sei, nach Brasilien zurückzukehren, wenn die Nation cS verlange, nm derselben in seinen alten Tage» den letzten Dienst für die Einigkeit, Integrität nnd Größe des Vaterlandes zu erweisen. Locale und sächsische Nachrichten. — Dresden. Das Starkevcrhältniß der Par teien i» der Zweiten Kammer des Sächsischen Land tages ist gegenwärtig das folgende: Von den 80 Mitgliedern der Kammer gehören 4b, nämlich Acker mann, Berger, Breitfeld, Breischneider, Buchwald, Däbritz, Eulitz, Fritzsche, Fritzsching, Gelbke, Haber korn, Hähnel, Härtwig, Heymann, Horst, Klemm, Kockel, Kökert, Kühlmorgen, Kurtz, Leithold, MattheS, Mehnert, Müller-Colditz, von Oelschlägel, Oehmig, Opitz, v. Potenz, Reißmann, Richter, Rößner, Schickert, Schubart, Seydcl, Speck, Steiger, Steher-Naundorf, und Steher-Reinholdshain, Strauch, von Trebra, Uhlemann, Uhlig, Wehner, Wetzlich und Zeidler, der konservativen Fraktionen. Die Fortschrittspartei zählt l3 Mitglieder, nämlich BöhnS, Bönisch, Esche, Fähr mann, Frenzcl, Gruhl, May, Minckwitz, Philipp, Schreck, Starke, Streit und Uhlmann. Je I I Mit glieder gehören der nationalliberalen und der sozial demokratischen Fraktion an, der ersteren Ahnert, Bassenge, Crüwell, Georgi, Kästner, Kellner, Müller- Freiberg, Niethammer, Preibisch, Schill und Werner, und der letzteren, nämlich die Sozialdemokraten Colditz, Gdyer, Goldstein, Horn, Kaden, Liebknecht, Otto, Postelt, Schulze und die beiden Stolle. Dem Be rufe nach befinden sich in der Kammer ein Ober bürgermeister und 6 Bürgermeister, je ein Amtsge richtsrath und Amtsrichter, b Rechtsanwälte, 2 Ge- heimräthe und l Amlshauptmann, sodann 26 Guts und Rittergutsbesitzer oder Pächter, ferner 17 Kaufleute und Fabrikanten, 2 Baumeister, außerdem noch 5 Handwerksmeister, nämlich je ein Bäcker, Buchbinder, Glaser, Tischler und Uhrmacher, 1 Arzt re. Als Vertreter der »arbeitenden Bevölkerung" im Beson deren wollen angesehen sein 1 Schank- und 1 Gast- wirth, 1 Musikdirektor u. 1 Schriftsteller; 2 Cigarren fabrikanten, 1 Buchhändler, I Produktenhändler und 1 Prokurist, aber nur 2 dem Handwerkerstand ange hörige Personen, nämlich 1 Bäcker und 1 Tischler. 77 Mitglieder der Kammer sind bürgerlichen, nur 3 adeligen Standes. — Chemnitz. Am Montag Nachmittag ereignete sich in einem Chemnitzer Waarenhause ein bcklagens- werther Unfall. Ein auswärtiger Einkäufer, ein Straßcnwärter, war mit seinem vierjährigen Knaben auf der im Innern des Verkaufsraumes befindlichen Treppe in das zweite Stockwerk gestiegen, um dort in ein Nebeugelaß einzutreten, kam jedoch an eine falsche Thüre, die zu dem Aufzugskanal führte. In diesem kleinen dunklen Raum stürzte plötzlich vor den Augen des Vaters der Knabe in die Tiefe. Dem Kinde wurde durch den Sturz die Schädeldecke zer trümmert, wodurch das Gehirn bloßgclegt wurde. DaS schwerverletzte Kind wurde nach dem Stadt krankenhause gebracht. — Zwickau, 14. Novbr. Zweite Strafkammer. Dem Dienstknechte Franz Louis Seidel von hier, einem rückfälligen Diebe, wies man nach, daß er im Sommer dieses Jahres ganze Wagenladungen Stämme au« dem Hartmannsdorfer Staatsforstreviere ent wendet und dieselben mittelst Pferden und Wagen bei Nacht und Nebel »ach Zwickau tranSportirt hatte. Der Genosse desselben, der Fabrikarbeiter Robert William Markus von hier, war ihm hierbei etwas behilflich. Während nun Letzterer deshalb zu einer Gesängnißstrase von 3 Wochen zu verurtheilen war, belegte man Ersteren mit einer Zuchthausstrafe von 3 Jahren, erklärte denselben auch der bürgerlichen Ehrenrechte auf 6 Jahre für verlustig und der Poli zeiaufsicht unterstellbar. — Dem Handarbeiter Fried rich Ernst Günnel aus Eibenstock, dem Maurer Alban Gustav Schönsclder daher und dem Hand arbeiter Carl Richard Qu eck ebendaher fiel das Vergehen der gefährlichen und bez. gemeinscha'tlich verübten Körperverletzung zur Last. Die Ursache hierzu war an und für sich eine geringfügige, die Wuth der Angeklagten aber eine große. Schlugen doch Günnel uns Schönfelder wie unsinnig mit Beilen aus einander los. Schönselver allein erhielt von Günnel'n mehrere wuchtige Beilhiebe auf den Kopf, so daß öS Wunder nimmt, daß die Schlägerei nicht weit schlimmere Folgen hatte. Günnel wurde zu 9, Schönselver zu 4 und Oueck zu 3 Monaten Gcfängnißstrafe verurtheilt. — Zwickau, 17. November. Zur heutigen Ver sammlung sächsischer Textilindustrieller wegen Kollek- tivbethciligung an der Chicagoer Weltausstellung war der deutsche Reichskommissar Geheimer RegierungS- ralh Wermuth-Berlin erschienen. Auch da« Königl. sächsische Ministerium des Innern hatte einen Wer treter gesandt. Konsul Offermann-Leipzig, Vor sitzender der sächsischen TextilberufSgenossenschaft, eröffnete die Versammlung und begrüßte die Vertreter der Reichs und der Königl. sächsischen Regierung. Alsdann sprach er für vaS von der sächsischen TcxtilberusS- gcnossenschaft eingelcitete Unternehmen im Sinne seiner Ausführungen in der Chemnitzer Versammlung vom .6. November. Es folgte Aussprache des Reichs kommissars zu Gunsten einer sächsischen Kollekliv- tcxtilausstellung. Der Vertreter der sächsischen Re gierung konstatirte das Interesse der Regierung nnd beglückwünschte die Textilberufsgenossenschaft zn ihrem Unternehme». Die einmükhige Annahme deS Plans und der genossenschaftlichen Organisation erfolgte nach mehrfachen Aussprachen unter freudigem Zuruf der zahlreichen Versammlung. Zusagen für die Aus stellung gingen ein aus Plauen, Glauchau, Annaberg, Mylau, Falkenstcin, Schneeberg, Lengenfeld nnd an deren Orten. Die Kammgarnspinnereien stellen eben falls aus. DaS Unternehmen ist gesichert. — Kirchberg, 17. November. Gestern Abend in der 8. Stunde brach im benachbarten Hart mannsdorf in der Scheune des Gutsbesitzers Carl Gottlieb Rudolph Feuer aus, wodurch dieselbe nebst dem dicht angebauten Wohn- und Stallgedäude in kurzer Zeit bis auf die Umfassungsmauern nieder brannte. — Im Gasthofe zum goldnen Hirsch in Bram bach versuchte am Sonntag ein Gast, aus einer ge fundenen leeren Messingkapsel, welche man für die Hülse einer Teschinpatroue hielt, ein am Boden der selben befindliches weißes Plättchen mittels eines Streichholzes zu entfernen. Kaum hatte er jedoch begonnen, als ein Knall erfolgte. Dem Unvorsichtigen waren durch das Dynamitzündhütchen, denn ein solches war es, ein Daumen- und ein Zeigcfingerglied der linken Hand abgerissen worden, während der Mittel finger der linken Hand nnd Daumen und Zeigefinger der rechten stark beschädigt waren. Außerdem erlitt derselbe glücklicherweise nur leichte Verletzungen am Kopf. -- Aus der Statistik der Sparkassen im König reich Sachsen läßt sich kein Schluß auf eine günstige wirthschastliche Lage ziehen. In den ersten neun Monaten des Jahres sind in 228 Sparkassen des Landes in 1,109,542 Posten 98,624,564 Mark ein- und in 736,830 Posten 96,027,963 Mk. zurück gezahlt worden, gegen die gleiche Zeit des Vorjahres 34,323 Einzahlungen mit 1,318,614 Mk. weniger und 71,792 Rückzahlungen mit 6,473,834 Mk. mehr. Ämtlichr Mitthnimuzkn ans brr 12. öffentiichrn Sitz ung der Stadtverordneten am 12. Novbr. 1891. Anwesend: 20 Stadtverordnete, entschuldigt kehlt Herr Stadt». Kicß. Seiten des Stadtraths anwesend Herr Bürger meister ttr. Körner. Die Sitzung wird V-8 Uhr von Herrn Vorsteher Hertel eröffnet und geht man sofort zur Tagesordnung über: 1) wählt das Collegium durch Zuruf Herrn Stadtrath Rechtsanwalt Landrock als stellv. Bürgermeister, 2) werden vom Collegium als Bezirksvorsteher vorge schlagen und zwar für Bezirk t die Herren Herman» Blech- schm i d t, Hermann Unger und Theodor Siegel, für Bezirk 2 die Herren Bernhard Löscher, Hugo Gnüchtel und C. Friede. Dörsfel, für Bezirk 3 die Herren C. W. Lorenz, Klempnermeister Horbach und Schornsteinscgermstr. Müller, für Bezirk 4 die Herren Ludwig Glüh so»., Hans Seidel und Friedrich Gl aß mann, 3) werden durch Zuruf die Herren Ernst Flach, Albrecht Gnüchtel und Gustav Nötzli als Wahlgehilsen beider dies jährigen Stadtverordneten-Ergänzungswahl gewählt. Hierbei liegt dem Collegium die Wahlliste vor, 4) wird der Ankauf von 20 Stück Gasanstaltsaktien be schlossen, 5) tritt das Collegium dem RathSbeschlusse bei und be schließt einstimmig, vom Sparkaffenreingewinn für I8S0 25"-g einem Verlustreservefond bei der Sparkaffe, 25"/° der Schul kaffe zur Verzinsung des wegen des vorzunehmenden Schul baues aufzunehmenden Darlehns und 50"/„ städtischen Zwecken zu überweisen. Ein Antrag des Herrn Stadtv. Glaß auf Ucberweisung dieser Angelegenheit an eine Commission wird mit l t Stimmen abgelehnt, 8) hat das Collegium gegen das Regulativ, den Verkauf von Brod betr., Bedenken nicht zu erheben, 7) wird dem Lohgerber Schmidt für abzutretende« Areal zur Straße eine Entschädigung von 2 M. per s^i Meter ge währt, 8) werden die Rechnungen der Stadtanlagen und der Sparkasse für 1890 dem Rechnungsausschuß überwiesen. 8) erklärt das Collegium mit der Einsendung einer Peti tion an den Landtag wegen Erbauung einer Eisenbahn von Bahnhos nach der Stadt Eibenstock sein Einverständniß, 10) nimmt das Collegium Kenntniß von der Mittheilung über das Revisionsergebniß ». der Stadtkasse, b. der Sparkasse, c. der Meldeamtskaffe, <1. der Schulgelderkaffe, e. der Rathsvollzieherkaffe, 11) genehmigt das Collegium den wegen Einführung ge- sperrt»! Sparkassenbücher ausgestellten Nachtrag zum Spar kassenstatut und wird der Borsteher zur Mitvollziehung beauftragt. 12) beschließt das Collegium, sich der von Glauchau aus angeregten Huldigung mehrerer erzgeb. Städte zur Vermählung Se. kgl. Hoheit des Prinzen Friedrich August anzuschlitßen und die Mittel hierzu von 70 bis höchstens 10K Mark zu verwilligen, 13) lehnt das Collegium den Rathsbeschluß ab, erklärt sich aber damit einverstanden, daß Zeichnungen und Kosten anschläge über den Schul- und Turnhallenbau, der für nächstes Jahr in Aussicht genommen wird, von der Firma Ludwig u. Hülßner in Leipzig angesertigt werden und verwilligt hierzu 1K00 Mark. Das Collegium behält sich aber ausdrücklich feiste Entschließung wegen Verwilligung der Mittel zum Bau vor. Schluß der Sitzung V,io Uhr. 13. Ziehung 5. Klaffe 12V. Kgl. Sachs. Landes-Lotterie gezogen am 16. November 189>. 50,000 Mark auf Nr. 37947. 15,000 Mark auf Nr. 8875«. 5000 Mark auf Nr. 4089 28788 48198 70384. 3000 Mark aus Nr. 513 748 3921 503« I3I80 14233 I65I8 18533 >7741 17945 2O3«4 20490 23107 2955« 31888 32584 38992 39822 40339 48883 49474 50318 52509 55298 5804« 59SI3 59320 58397 «2512 82870 86-,10 «8883 72888 74831 7553879157 80242 82214 87428 8895« 90234 92083 9548«. 1000 Mark aus Nr. 1449 1124 2445 3889 3390 38«0 4359 7325 7189 9547 9583 9500 9702 10337 15575 17338 17953 19239 21587 28195 3III8 33388 33504 34958 44398 45718 45883 48335 52823 57383 5824« 59123 «1851 «IIIO 85«84 87397 «8584 89184 «9991 70002 73485 73001 79829 8427« 88818 8798« 88835 84823 94871 98948 98919 99654 500 Mark auf Nr. 2558 2306 5023 5369 9578 11758 12223 14833 15000 15047 19912 19214 22270 25941 27254 30004 30007 31878 32223 3804« 36719 36336 36345 36093 37493 40391 41443 45188 48799 49779 50173 53114 54514 56097 57485 59028 60610 60898 80795 «0057 87082 «9786 69558 70071 70918 74805 77488 78376 79002 81844 84145 84996 86762 89652 91732 95394 95880 88970 96978 89051. 300 Mark aus Nr. 527 422 1885 4520 4073 4482 5603 5794 8184 6807 7315 72«3 8986 8389 9045 10698 10484 1267« 13387 13447 I3I75 13091 15945 15640 15957 18535 18098 19527 21373 21618 21068 26560 26093 26663 27524 27710 28608 28483 29515 28200 29520 30715 32938 32974 32003 32433 33735 41979 44225 45029 46599 47274 48331 48593 49274 49688 50140 52717 53805 53746 54144 55976 55114 58852 80978 «1559 83835 «3838 65257 67903 «7894 67242 67358 69923 69886 70519 70041 71656 71299 75577 77635 77089 79618 7855« 81424 81113 8I««3 82211 83122 84798 84250 84638 86792 88085 89361 89187 82047 93607 94«47 95874 9528« 97643 98228 98578 98335. 14. Ziehung, gezogen am 17. November 1891. 15,000 Mark aus Nr. 76988 95207. 5000 Mark auf Nr. 32537 62704 «6912 73915 75771. 3000 Mark aus Nr. 2642 7662 13779 I522I 20824 20374 31065 31857 32571 37550 41I5I 41604 46162 47423 50850 58535 62546 «4001 67133 «8846 «8555 «9133 «9235 «9265 76730 84950 8582« 85801 94I0I 95595 99259. 1000 Mark aus Sir. 224 573 1435 5543 6128 7680 13197 19939 23202 24878 24262 24782 29112 33268 40724 43726 48868 49841 50348 53488 54302 56001 57458 59789 61637 68017 73234 74397 76294 78445 79558 79203 81898 83661 86229 86152 89743 89119 92534 93869 97623 97686. 500 Mark aus Nr. 2699 4851 5945 7136 8832 10883 10914 15468 1662« 1891« 19320 1978« 22434 23574 25590 26095 27963 29960 31712 31«35 33541 33972 34250 36331 36977 3686« 37119 3795« 37212 40278 43998 50579 50980 52525 53502 55718 57«66 57828 57971 59282 6093« 6278« «338« «4870 64184 «9888 74515 81949 84275 84925 86845 88359 98669 95658 96388 99594. 300 Mark aus Nr. 1292 1787 2810 3832 4901 583« «787 756« 7897 8865 8822 8800 8941 8569 9357 9229 10410 10855 II994 13299 14825 15626 16455 18554 21193 22777 22522 23186 23232 23209 25842 2680« 27565 29800 32242 33762 33475 35742 37173 38303 38241 43118 44815 44887 44067 45783 45424 46524 48273 46667 47902 47063 4705« 47328 48795 48717 48033 49018 50514 50885 51749 52025 52058 53775 53555 53927 54963 55748 «0122 «1146 62II7 «4517 «4403 «4764 «4577 «5927 65304 «8133 69658 «9600 70459 70097 71757 73941 73161 73148 749«« 74460 74991 73613 76N4 76343 77688 78168 79322 79199 79137 79827 8020« 80394 81455 81507 84839 85944 86030 87132 88261 88973 89363 93342 93010 94580 95675 97775 97831 98552 98990 98938 98777 99821 99880. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 19. November. o«a4drua o-rd-m,). Die bereits früher einmal gekennzeichnete Unfähigkeit Ludwig XVIII., sich in die neue Zeit zu finden, machte sich namentlich dadurch bemerkbar, daß dieser nur durch fremde Heere auf den Thron gekommene Fürst der bourbonischen Rachsucht und Bosheit die Zügel schießen ließ gegen alle die Personen, die Napoleon I. treu geblieben waren. Natürlich: denn einem Bourbonen konnte die Treue nur ein leerer Wahn sein, der mit dem Tode zu bestrafen war. So wurde den» auch von den Leuten, die den Mantel gut nach dem Winde zu drehen wußten und dann „Gerichtshof" wurden, der Gras von Lavalette, Staatsrath und Gencralpostdirektor des fran zösischen Kaiserreichs, am 19. November I8l5 zum Tode ver urtheilt. Warum? Nun, der Gras hatte einen Napoleon immer noch für besser und Frankreich zuträglicher gehalten, als einen Ludwig, und so hatte er nach Napoleons Rückkehr auS Elba dessen Partei ergriffen. Sollte dies Verbrechen an allen Franzosen gesühnt werden, wahrlich es wären außer dem König und seinem Hofstaat recht wenig Menschen in Frankreich ge blieben. Lavalette entkam einen Tag vor seiner Hinrichtung aus dem Gesängniß mit Hilfe seiner treuen Gattin, die bei ihrem Besuche mit ihm die Kleider wechselte. Lavalette erreichte die Grenze, seine Gattin wurde aber für ihn im Kerker zurück behalten und starb daselbst im Irrsinn. Für Aufopferung und Heldengröße konnte ein Bourbone natürlich kein Verständniß haben. 20. November. Seit dem 20. November 1815 ist die Schweiz für ganz Europa ein neutrales Land, d. h. sie darf weder mit Truppen überzogen werden, noch darf sie im Kriegsfälle irgend einer europäischen Macht direkt oder indirekt beistehen. Diese Neu tralität ist nun bereits von langer, oder auch erst von kurzer Dauer, je nachdem man die europäischen Verhältnisse betrachtet. Da« muß man aber sagen, daß die Schweiz ihre besondere Stellung bisher recht geschickt zu wahren gewußt hat und daß bisher auch in Folge dessen keine Macht diese Nentralität ernsthaft anzutasten versuchte. Vielfach hat die schweizerische Regierung gerade in neuerer Zeit Gelegenheit gehabt, zu zeigen daß sie gefährliche Klippen recht gut zu umschiffen weiß. Im Ganzen stehen die Großmächte der Neutralität der Schweiz sympathisch gegenüber.