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Das Gebet. Ein Familiengemälde in Worten. Von Magda Hoffmann-Hardenberg. Von zwei blühenden Kindern war Lotti das jüngste, etwa 2'/, Jahre alt. ES war ein herziges, lebens frohes Kind, das den lieben langen Tag nur tanzte und sang und sprang. Bald, wenn die Kleine sich allein fühlte, ließ sie auf dem Klavier Herz- und ohrenzerreißende Töne erklingen, bald sang sie lieb liche Weisen, die sie ihrer Mutter abgelauscht hatte, oder den im gleichen Hause wohnende«, größer« Vettern und Basen, bald drehte sie sich lustig im Kreise herum, ihr Kleid mit den niedlichen Fingerchen so graziös in die Höhe haltend, als die geschickteste „dkileriim." Sobald sie mit anderen Spielgefährten zusammenkam, bewegte und bemühte sich alles nur nm sie; jeder hatte sie lieb, jeder spielte mit ihr gern ; sie war mit einem Wort die „peisonu Ai-utu." „Wir wollen Paß machen!" das war Lottis ge wöhnliche Redensart, schon des Morgens in aller Frühe, wenn sie sich in ihrer gewohnten, schelmisch kindlichen Art in MamaS Bett hinüberbettelte, nach dem sie ihr herziges „Guten Morsen!" mit dem lieblichsten Sümmchen geflötet und Mamachen den üblichen Morgenkuß verabreicht hatte. „Mama, nur Paß machen!" init diesen Worten weckte sie die Ihrigen aus dem Schlummer, wenn ihr Morgengruß etwa noch nicht den richtigen Weck ruf abgegeben, d. h. seine ganze Biacht ausgeübt haben sollte, lind dann fing sic zu tollen an, daß es eine Lust war, die Kleine in ihrer drolligen Aus gelassenheit zu sehen, wobei natürlich stets die größten Zärtlichkeiten an die Mutter abficleu, so daß da« etwa zwei Jahre ältere Brüderchen Robert, ein voll ständiger Gegensatz zu Lotti, oft sehr eifersüchtig wurde. Während jener ernst und schweigsam sich verhielt, war diese ein lustiger Kobold, der das kleine Plapper mäulchen nicht schließen, aber dem man auch trotzdem nicht böse sein konnte, am wenigsten die Mutter, der dieses Kind ganz besonders aus Herz gewachsen war. Frau Regina, das beste und sorgsamste Haus mütterchen, lebte nur für ihre Kinder, für ihre HäuS lichkeit und ging ganz in der Pflege uud Sorge für diese auf. Vor Allem wollte sie dieselben nicht in der modernen freien Richtung erzogen wissen, sondern in echt deutscher Zucht und Sitte, und doch hatte sie an ihrem Gatten, der meist durch seinen Beruf in Anspruch genommen, aber anderntheils auch schwach genug war, seine freie Zeit vom Hause fern, beim Biere, an sogenannten Stammtischen zu verbringen, leider wenig Stütze. So fühlte das Weib die ganze Last und Verantwortung einer gewissenhaften Er ziehung und bereitete ihr Eines wehen Kummer: ihr Lottche«, das sonst so weiche, gutherzige, brave Kind wollte nicht beten, absolut nicht beten! Während der Knabe, sobald die Mutter ihre Kleinen zur Ruhe gebettet und geliebkost und gestreichelt hatte, sein Gcbetchen mechanisch hersagte, legte sich die kleine Lotti auf die andere Seite und blickte, verschmitzt uud schelmisch lächelnd, zur Mutter oder zum Bruder. Keine Bitten, keine Versprechungen, kein Drohen, keine Strafe — nichts half! Das Kind blieb störrisch, so daß die Mutter in ihrem religiösen Sinn darüber unendlich verstimmt und unglücklich wurde. Was konnte ihr Liebling, gerade dieses weiche, kluge Kind, das sonst lange Gedichtchen aufsagte, nur da gegen haben? DaS war ihrem zartbesaiteten Frauen- gemllth unfaßbar! Eine Kinder-Erziehung ohne Gebet, ohne die erste Religion, die zu lehren eine jede Mutter, ein jedes sittlich reines tugendhaftes Weib berufe» ist, das war für Frau Regina undenkbar und es war natürlich, daß die gekränkte Mutter auf alle mögliche» Mittel sann, in Güte auf die Kleine einzuwirken, ohne das unverständige Kind hart zu strafen. Da versuchte sic es mit dem kommenden Weih nachtsmann und bedeutete, „daß dieser nun keine schönen Spielsachen >>. s. w. bringen und das liebe Christkindchen ihm keinen Christbaum bescheren würde" — und mehr dergleichen. Dann wurden Lotti die Puppen fortgenommen, da sagte das Kind: „Weihnachtsmann andere bringen!" uud ließ alles willig geschehen, nur das Brüderchen durfte man ihr nicht nehmen, das hatte sie sehr, sehr lieb! Da kam die Mutter eines Tages auf folgenden Gedanken: „Du weißt doch, lieb Herzchen, wo der liebe Gott wohnt? Das hat Dir doch Mama gesagt, nicht wahr?" „Im Himm!" war des Kindes präzise Antwort. Und dabei schaute es mit seinen großen, schönen Aeuglcin zum blauen, azurreincn Himmel, der soeben von der untergehenden Sonne magisch beleuchtet wurde und zeigte mit den erhobenen Händen dahin. „Nicht wahr, mein Lottchen," sagte die Mutter darauf, „der Himmel ist weit, sehr weit, wer da ist, kann nicht wiederkommeu." „NiS wiederkommen!" sagte das Kindchen sogleich dazu. „Siehst Du nun, Lotti, wenn Du nicht betest, dann wird der liebe Gott böse und nimmt Dir Dein Brüderchen fort und bringt cS in den Himmel uud Papa und Mama und alle weinen! Dann hat Lotti kein Bertchen mehr!" Da wurde das Kindcheu Plötzlich nachdenklich! Man hatte längst seiner Drohung vergessen; eS mochte ungefähr ein halbes Jahr darüber verstrichen sein. Der kleine Robert war plötzlich schwer krank. Nun wurde Lotti, um sie vor Ansteckung zu schützen, schon einige Tage in einem entlegenen Zimmer von ihrem Brnder fern gehalten, und das mußte das sonst so frohe Kind augenscheinlich kränken, den» Lottchen wnrde jetzt sehr ernst. Auch war Frau Regina durch die Pflege und Sorgfalt des kranken Kindes so sehr in Anspruch genommen, daß sie nur wenig sich Lotti widmen konnte und diese häufig allein war. Nun schien es, daß das vereinsamte Kind plötzlich die ganze Schwere des Verlustes seines Brüderchens fühlte, den» es ward still nnd verhielt sich meist nachdenklich, ruhig. Als aber die Base Cläre zu Lotte sagte: „Dein Berti ist sehr kraul nnd wird in den Himmel kommen," da fing die Kleine heftig zn weinen an. Es war inzwischen die Krise eingetrcten: Berti lag still und bleich wie ein Engelchen in seinem Bettcheu, das der TodeSengel schon bereits mit seinem Kusse berührt hat; — die Eltern waren ganz verzweifelt. Der Arzt wich kaum vom Kranken zimmer. „Fassen Sie sich, liebe Frau," hatte er gesagt, „Sie haben das Schlimmste zu fürchten!" Tag und Nacht hatte die Mutter bei ihrem Kinde gewacht und jetzt schien sie auf wenige Minute» sich der Ruhe hinzugeben, während der Arzt noch bei dem Gatten in dessen Amtsstube verweilte. Die kleine Lotti war immer ruhiger geworden, als sie die Mutter oft in Thräne» und sogar auch den Vater in Aufregung weinen gesehen; sie hatte Alles scharf beobachtet. Der Vater mußte vergessen haben, als er de» Arzt hinausgeleitet hatte, die Thür des Krankeu- zimmers zu schließen; der kranke Knabe lag im Fieberschlafe und vor ihm standen duftende Blumen, die das sinnige Mütterlein, znm Strauße gewunden, aufgestellt hatte. Die ersten frischen Frühlingskinder, die Boten des Frühlings! Da hatte sich die kleine Lotti unbemerkt ein Fuß bänkchen genommen nnd sich der Großmutter uralt Gebetbüchlein von einem Schränkchen heruntergeholt, dann war sie mit diesem ins Krankenzimmer zu Brüderchen geeilt, hatte das Bänkchen ans Bett und sich darauf gestellt, das vergilbte Büchlein aufge schlagen und die kleinen Händchen zusammengefaltet darauf gelegt. Als das kleine, fromme Schwesterchen eben zu stammeln begann: „Lieber Gott, iS bitte Diö," da drang ein blitzen der Sonnenstrahl hell in das düstere, dunkel ver hängte Zimmer nnd beleuchtete ein unsagbar liebliches Bild: Die kleine Lotti betend an dem Krankenbette ihres sterbenden Brüderchens, das große, herrliche, wunderbar schöne Kinderauge bittend gen Himmel gerichtet, in heiliger, unschuldsvoller Andacht! Wem hätte sich da nicht ein Paradies erschlossen? — Vater und Mutter waren eben eingetrcten, und blieben wie gebannt auf der Thürschwelle stehen. Dann stürzte die Blutter auf ihr Kind zu und preßte es in stürmischer Freude au sich und sank schluchzend in die Knie. Der Vater aber hob Lottchen jauchzend in die Höhe und küßte das Kind immer und immer wieder, jubelnd: „Wir haben ja Dich noch, unser Kleinod!" Die bangsten Stunden waren überstanden; der kranke Berti war gerettet! Das Gesicht fing an, sich plötzlich zu färben, der kleine Busen hob sich leichter, der Atem wnrde ruhiger, die Angen klarer. In ihrer kindlichen Einfalt hatte Lotti den rich tigen Zeitpunkt erfaßt und gebetet, wie eS ihr ums Herz war, ohne Zwang, ohne Bitten. — „Wenn D» aber betest, so gehe in Dein Kämmer lein, schließe die Thür nach Dir zu, und bete im Verborgenen, und Dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird Dir's vergelten hundertfach!" Was Wunder, daß diese wahrhaft unschuldige, kindliche Bitte von nnserm allgütigen Vater erhört worden war? Die größeren, etwa sieben bis neun Jahre zählen den Vettern und Basen, die Lottchens Spielgefährten waren, obwohl sie schon die Schule besuchten, hatten später Frau Regina Aufklärung gegeben nnd sich da hin geäußert: „Tante Regina, Lotti hat schon öfter gebetet, aber immer, wenn sie allein war und nicht wußte, daß wir sie belauschten. "Nein, es war zu komisch, wenn sie so für sich hinplappcrte, wir haben dann immer gradcnaus gelacht!" Die Kinder hatten durch dieses Gestäudniß sich nicht nur eine Rüge, sondern auch eine wohlverdiente Strafe zugezogen. DaS also war der Grund, — nun war eS der Mutter erklärlich: Die Andern hatten das Kind beim Beten aus gelacht! Wieviel Wahrheit liegt nicht in dem Charakter der kleinen Lotti? DaS lustige, lebensfrohe Kind zog sich beim Beten scheu zurück, um sich vor den „Spöttern" zu schützen! — Alle Liebkosungen und Zärtlichkeiten uud Versprechungen der Mutter hatten eS nicht vermocht, diesen Kindcrsinn zn ändern, bis sich sein innerstes, lauterstes Gefühl selbst wieder Bahn brach. — — Und die Erwachsene», die so oft unter den Ver lockungen nnd Versuchungen einer „gottlosen" Menge zn leiden haben? Was führt die wieder auf den rechten Pfad zurück, wenn der Grundstein zu einem festen Glauben nicht in ihre Erziehung gelegt wurde, in solch liebevoller, aufopfernder Weise, wie es Frau Regina so meisterhaft verstand? Wenn der göttliche Funke im Innern fast verlöscht nnd durch nichts mehr angefacht wird? — Es sind oft wunderbare Vor gänge, aber doch keine Zufälle, — wie z. B. der soeben erzählte, die eine große Wandlung hervorzu rufen vermögen nnd selbst dann, wenn wir cs ver lernt, — uns wieder zu beten lehren! Dies hatte auch Lottis Vater erkannt. Der Knabe war bald gesund geworden und die volle», warmen Strahlen der FrühlingSsonnc drangen durch die geöffneten Fenster in das ehemalige Kranken gemach; Heller aber in der Mutter, iu des Vaters Herz hinein, — der wieder selbst beten nnd eine göttliche Größe und Allmacht verehren und bewun dern gelernt hatte, — durch seines Kindes Gebet! pr.Hsot. tlLbllcL. ä 90 I'f. 105 Ilm. Vino äs. Dasto 1 . L Dl. 1.05 „ ISO „ Vivo än kasbo 3 . „ „ 1.30 „ 135 „ Vino ä» Dasto 4 . „ „ 1.55 „ 150 „ 8si Abnskims von 12 plssoken sinsr Loris 5 Pf. Ksbntt psi- PIsselis. Die Preise verstehen sich ohne Ekas nnd Nässer, welche berechnet und zum berechneten Preise zurückge- nonunen werden. Diese durch Aönlgl. Italienische Siaatscontrosse garantirt reinen, angenehm schmeckenden nnd wohlbekömmlichen, rotben, italienischen Äniurweinc der Deutsch - Platten. Wein - Import - Gesellschaft Daube, Donner, Ainen L tzo. (Central-Verwaltung: Frankfurt a. 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