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mit all' seinem Weh so fern, wie eS den Paradiek - Lewohnern vor ihrem Falle gelegen. Was dann folgte? Wir wollen es nicht schildern — sondern es, wie da« Schicksal, mit silberumsäumter Wolke umhüllen. Ottilie zwar ahnte nicht, wie groß das Glück war; wußte sie doch nichts von dem Herabsteigen ihre« Gatten bi» zum Bedienten, und sie erfuhr es auch nie, allein sie begriff doch au- seinen Andeutungen, daß seine ganze Stellung mit einem Schlage eine ganz andere geworden und er durch diese Veränder ung endlich wieder in jene gesellschaftliche Sphäre zurückgetreten sei, der er ursprünglich angehörte. Und sie, die Selbstlose, deren ganzes Sein sich in seiner Wohlfahrt zusammenzog, erblickte darin die einzige Brücke, die zu ihrem eigenen Glück und Frieden führte. Doktor Warren, getreu seinem Wort, stand am anderen Vormittag vor der Blinden, im öden, arm seligen Gemach, dessen einziger Luxus in einigen Zim merpflanzen bestand, die diese mit sorgfältiger Pflege stet» abwechselnd im Blühen behielt. Das Aroma der Blumen war der einzige Genuß, dem sie mit Leidenschaft ergeben war. DeS alten Mannes Blick glitt schweigend, mit leidsvoll an den kahlen Wänden, dem armseligen Meublement entlang, die Zeugen einer so bitteren Armuth waren und zugleich einer Ertragungsfähig keit, welche er, der weltersahrene Arzt für unmöglich gehalten hätte bei Leuten, die bessere Verhältnisse ge kannt. Diese Verwunderung steigerte sich bei näherer Prüfung und unwillkürlich unterbrach er seine Unter haltung mit der blassen Frau, die in ihrer vornehmen, hohen Erscheinung trotz des fadenscheinigen Kleides so wenig in diese Umgebung paßte, mit den unbe dachten Worten, die ihm auf die Lippen stiegen: .Mein Gott, mein Gott! wie konnten Sie nur leben, athmen, Tag für Tag in diesen kleinen Räumen — in diesem Käfig?" .Dieser Käfig", erwiderte wehmuthsvoll lächelnd die Blinde, .umschloß mein ganzes Erdenglück, Herr Doktor. Und könnte ich durch Wiedererlebung aller Sorge, aller Noth, aller bitteren Armuth, statt aller Paläste der fünften Avenue mir den Theil meiner Seele zurückerkaufen, den ich hier für immer verlor, — so dürften Sie es heute und jederzeit unmöglich finden, mich zu bewegen, ihn mit einer glänzenderen Wohnung zu vertauschen." .Armes Kind!" sagte tief bewegt der alte Mann, indem er die Hand des kinderlosen Weibes mit väter licher Liebe streichelte — und sein Blick maß die zarte vergeistigte Schönheit ehrfurchtsvoll, die mit dem Licht auch alle irdischen Leidenschaften, alle Schatten unedler Empfindungen entfernt zu haben schien. Dann setzte er innigen Tones hinzu: „Aber eine andere Aufgabe liegt jetzt vor Ihnen, meine Liebe, eine Aufgabe, die nicht nur den Wohnungswechsel, sondern auch den Entschluß bedingt, ein trübes, ein sames, alterndes Leben zu verschönern!" .Und diese Mission — ist?" fragte sie fast schelmisch lächelnd zurück. „Die Ausgabe der Nächstenliebe — das Gefühl, die Aufopferung, die Sie bis dahin Jenem allein er wiesen", er deutele auf Zernowitz hin, „auch auf einen verkümmerten und verbitterten Greis zu erstrecken! Wollen Sie cs übernehmen, für ihn zu sorgen, ihn zu pflegen an seinem Lebensabend?" Ohne Bitterlichkeit, aber doch mit dem ganzen Ausdruck des erschütternden Gefühls ihrer eigenen Abhängigkeit, entgegnete sie leise: „Und glauben Sie wohl selbst, Doktor Warren, daß die Blinde Ihnen diese Pflegerin sein könne?" Er erhob sich, drückte einen väterlichen Kuß auf die marmorbleiche Stirn der Frau und sagte mit tiefer Rührung: .Wenn sie will, kann sie mir selbst mehr noch wie dieses — sie kann mir eine Tochter werden!" Und eine Tochter wurde sie ihm für viele Jahre — eine Tochter, wie sie nie von einem Vater wärmer geliebt, aufrichtiger bewundert und höher gehalten wurde. Zwar blieb sie blind bis auf die heutige Stunde, trotzdem Doktor Warren zuerst gemeint hatte, eine ganz neue Behandlungsweise, die eben zu jener Zeit erfunden wurde, könne auch ihr einen Theil des verlorenen Licht« zurückgeben. Da» einzige Glück, da« ihr da- Leben unerbitt lich versagte, wurde in anderer Beziehung doppelt er setzt. Denn später, als schon ihr Haar weniger vom Alter, al» von schweren Prüfungen ihrer Jugend ge bleicht war, krönte das Leben der drei guten glück lichen Menschen noch die Geburt eine» zweiten Sohnes, den sie Warren tauften und der seinen alten Tauf- pathen gehörig durch Tyrannei büßen ließ, wa« dieser, der ihn vergötterte, durch Verziehen an ihm sündigte. Doktor Zernowitz wurde aus dem Gehülsen bald der Kompagnon de« anerkannt ersten Arzte» von Neu- Dork, den er beständig durch seine medizinische Schärfe und Tüchtigkeit in Erstaunen setzt. Heute ist er, nach dem Warren längst gestorben, einer der angesehensten Repräsentanten der medizinischen Fakultät und ob schon natürlich hier sein Name verändert ist, so wer den seine nächsten Freunde, die mit seiner früheren Geschichte vertraut sind, ihn doch aus dieser flüchtig hingeworfenen Skizze alsbald erkennen. Vermischte Nachrichten. — Schweidnitz. In den Brunnen einer Ziegelei sollte ein neues Rohr eingesetzt werden. Als der Monteur Schwabe und der Maurer Hofsmann Mon tag früh wieder hinabgestiegen waren, lösten sich plötz lich oben Steinmassen in solcher Menge, daß beide Arbeiter vollständig verschüttet wurden. Nach nahezu achtstündigen Rettungsarbeiten wurde der Kopf des Schwabe freigelegt und nach weiteren 4 Stunden war der Mann gerettet und ohne wesentliche Verletzung. Dienstag früh gegen 2 Uhr war auch die Rettung des Hoffmann beendet, der volle 19 Stunden ver schüttet gewesen war. Wie sich herausstellke, waren beide zwischen Leiter und Mauer eingepreßt und da durch merkwürdigerweise nicht nur am Leben, sondern auch fast ohne Verletzung geblieben. — Das Gespensterschiff. Die letzte Post aus Montevideo, die vor einigen Tagen eingetroffen ist, bringt folgende traurige Schiffsgeschichte: Ein englischer Dampfer, der von Europa nach Brasilien fuhr, fand einige Tagesreisen von Rio Janeiro ent fernt auf offner See eine Brigantine, die vollständig verlassen zu sein schien, da sie von den Wogen wie ein Fangball hin und her geworfen wurde. Der Kapitän des englischen Dampfer« nährte sich dem Schiffe auf Sehweite und entdeckte, daß er die italie nische Brigg „Fortunata ^1." vor sich hatte, die mit guter Fracht von Rio Janeiro nach Nord-Amerika unterwegs war. Die Seltsamkeit des Vorfalles ver anlaßte den Kapitän, einen mit acht Matrosen und einem SchiffSlieutenat ausgerüsteten Bretterkahn in See stechen zu lassen; die Bemannung sollte versuchen, an Bord des Schiffes zu gelangen. Das Schauspiel, das sich den Matrosen bei ihrer Ankunft darbot, war grau sig genug: Aus Deck lagen 18 Leichen, die sich bereits im vorgeschrittenen Stadium der Verwesung befanden. Der Arzt des englischen Dampfers stellte fest, daß das gesammte Schiffsvolk der „Fortunata )l." dem gelben Fieber erlegen sei. Die Brigantine war bei ihrer Abfahrt von Rio mit 29 Seeleuten ausgerückt und stand unter dem Kommando des Kapitäns An- tolo. 15 Personen müssen also von der schrecklichen Epidemie schon vorher hingerafft worden sein und sind jedenfalls in's Meer geworfen worden; den Uebriggebliebenen, die wohl zu gleicher Zeit erkrank ten, konnte Niemand diesen letzten Liebesdienst er weisen. Der englische Dampfer nahm die .Fortu nata lil." ins Schlepptau und brachte sie nach Rio zurück. — Vor dem Berliner Schöffengericht er scheint ein Arbeiter, des groben Unfugs angeklagt. Der Vorsitzende fragt ihn: Sind Sie schon vorbestraft? — Angekl.: Ja, zweemal. Wejen Preßverjehen. — Bors.: Was? Prcßvergehen? Mann, was fällt Ihnen ein? Sie sind ja einmal wegen versuchter Erpressung mit 14 Tagen Gefängniß und einmal wegen Dieb stahls von Preßkohlen mit 3 Tagen bestraft. Und das nennen Sie Preßvergehcn? — Angekl.: Ick wollte mir nur kurz zusammenfassen, een Bekannter von mir hat mir den Rath jejeben. — Verblümte Frage. „Herr Feldwebel, mein Vater läßt grüßen und schickt dem Herrn Feldwebel hier einen Schinken, wir haben zu Hause Schweine schlachten gehabt." — .Na, sage mal, mein Sohn, haben denn bei euch die Schweine nur einen Schinken?' — Ueberraschende Wendung. Volksredner: .Meine Herren, ich sehe schon, ich bin hier gleichsam der Prediger in der Wüste" — Publikum (joblend): „Bravo!" — Redner: .und darf mich deshalb nicht wundern, von Kameelen umringt zu sein." Seidenstoffe (schwarze, weiße u. farbige) v. 65 Afge. > bis 18.65 p. Met. — glatt, gestreift, karrirt u. gemustert (ca. 880 versch. Qual. u. 2500 versch. Farben) Vers, roben- u. stückweise Porto- u. zollfrei ll. Usnnsdorg, Soläonka- drikant (K. u. K. Hoflief.) Lllrtod. Muster umgehend. Dop peltes Briefporto nach der Schweiz. Seidene Fahnen- und Steppdeckcnstoffe, 125 cm. breit. Die Germania, Lebens Verstcherungs-Actien-Siesellschast zu Stettin hat nach ihrem 34. Rechnungsabschlüsse auch für das Jahr >891 einen großen Zuwachs an neuen Versicher ungen. günstige Gewinnergebnisse für ihre mit Dividen denanspruch Versicherten sowie eine bedeutende Ver mehrung ihrer Reservefonds und Gesammt-Aktiva zu verzeichnen. Durch den Zugang von 40 Millionen M. neu abgeschlossener Versicherungen hob sich das versicherte Ka pital, abzüglich der Abgänge durch Tod und bei Lebzeiten der Versicherten, auf 440,253,433 M., mithin Reinzuwachs des versicherten Kapitals im Jahre 1891 gegen das Vorjahr 22,739,77t M. Von dem Gesammt-Versichcrungsbestand ent fallen auf die Abtheilung der mit Gewinnantheil Versicher ten 73,542 Policen mit 315,132,828 M. Kapital und der Reinzuwachs dieser wichtigsten Abtheilung des Geschäftes betrug allein 5338 Policen mit 23,258,358 M. Gegen Kriegs gefahr nach den Bestimmungen vom 15. Juni 1888 waren Ende 18911 4944 Personen mit 21,929,290 M. Kapital ver sichert. Bei Ausbruch eines Krieges würden der „Germania" an Deckungsmitteln für Kriegsschäden 5 Millionen M. oder 23"/o des lausenden Kriegsrisikos zur Verfügung stehen. An Prämien und Zinsen vereinnahmte die Gesellschast 23,962,831 M., d. i. 1,816,647 M. mehr als im Vorjahre. Die Sterb lichkeit unter den Versicherten verlief günstig, trotz der zahl reichen Influenza-Todesfälle. Vonder Jahreseinnahme wurden verwendet 37„"/„ mit 8,918,920 M. für Auszahlungen an die Versicherten. Dem Prämien-Reservefonds wurden 40"/„ der Jahreseinnahme mit 9,585,413 M. überwiesen und dessen Gesammtsumme hierdurch auf 112,423,894 M. erhöht. Von dem Jahrcsüberschusse erhalten die mit Gewinnantheil Versicherten 2,598,701 M. Durch Ueberweisung dieser Summe, abzüglich der Zurückstellungen im Kriegs-Reservefonds, an den Dividendenfonds der mit Gewinnantheil Ver sicherten hat sich die Gewinnreserve dieser Versicherten, »ach Vergütung von 1,616,041 M. Dividende auf die 1891 gezahlten Prämien, aus 8,087,910 M. erhöht. Aus diesem Fonds erhalten die »ach Plan -4 Versicherten 21"/„ ihrer 1891 gezahlten Jahrcsprämie und die nach Plan » Versicherten 3"/, von der Selammlsumme aller seit Beginn ihrer Versicherung gezahlten Dividenden - Jahresprämien durch Anrechnung auf die im Jahre 1893 fälligen Prämien. Hiernach beziehen z. B. die nach Plan It Versicherten aus 1880 im Jahre 1892: 36°„ und 1893 : 39°/„ der für 1890 bezw. 1891 gezahlten Jahresprämie als Dividende. Seit 1871 wurden den mit Gewinnantheil Versicherten 23,529,159 M. als Dividende überwiesen, wovon Zweidritttheile ihnen bereits zuge flossen sind. Die Gewährleistungsfonds der Germania, umfassend: Prämienreserve 112,423,894 M., Kapital- und Extra-Reserven 2,072,686 M., Grundkapital 9,000,000 M., Dividenden-Reserve der Versicherten 8,087,910 M., Schäden-Reserve 823,296 M-, im Ganzen 132,407,786 M. oder 30"/o des versicherten Kapitals, sind gegen das Vorjahr um 11,102,283 M. gestiegen. Die Ge sammt-Aktiva der „Germania", von welchen 78"/„ mit 106,712,643 M. in pupillarisch sicheren Hypotheken angelegt sind, erreichten Ende 1891 die Höhe von 137,358,162 M., gegen 123,349,906 M. Ende 1890.' Standesamtliche Nachrichten von Lidenftock vom 27. April bis mit 3. Mai 1892. Geboren: 96) Dem Handelsmann Ernst Otto Bauer hier l S. 97) Dem Tuchmacher Heinrich Herrmann hier 1 T. 98) Dem Maschinensticker Karl Ernst Ott hier 1 T. 99) Dem Hausmann Karl Hermann Unger hier I S. 100) Dem Fabrik arbeiter Erdmann Karl Weidlich in Spitzleithe bei Blauenthal I S. 101) Dem Zimmermann Gustav Louis Huster hier 1 S. 102) Dem Handschuhdresseur Hermann Adolf Kober hier 1 T. 103) Dem Sattler Wilhelm Bartsch hier 1 T. 104)- Dem Streckenarbeiter Karl Gottlieb Arnold hier I T. Aufgeboten: 16) Der Maschinensticker Louis Paul Gläß hier nut der Maschinengehilfin Anna Marie Seidel hier. 17) Der Kaufmann Paul Gotthelf Meyer hier mit der Haustochter Johanna Marie Diersch hier. Eheschließungen: vacat. Gestorben: 74) Die frühere Leichenwäscherin und Hand- arbeiterswittwe Johanne Christiane Spitzner geb. Stemmlcr hier, 85 I. 4 M. 25 T. 75) Die Corsett-Stepperin Ida Olga Flemming hier, ledigen Standes, 17 I. 4 M. 10 T. 76) Des Tuchmachers Heinrich Herrmann hier Tochter, Emma, II T. 77) Des Schuhmachers Ernst Emil Schönfelder hier Tochter, Martha Louise, 8 T. 78) Des Maschinenstickers Gustav Friedrich Unger hier Tochter, Meta Johanne, 2 M. 22 T. 79) Der Handarbeiter Karl Wilhelm Zettel hier, ein Ehemann, 48 I. 7 M. 18 T. von Viüiitkvr L in OdemultL mit der Schutzmarke ist bekanntlich die vorthcil- hafteste und billigste Seife für jeden Haushalt. Von heute an verkaufe ich sehr gute Epeise-Aartosseln, n Cir. 4 Mark, Viertel I Mk. 60 Pf., 5 Liter 35 Pf. Leibbinden, Suspensorien u. Bruchbandagen dki »oiidol. Die Bogtländische Geldschrankfabrik Mauen i. 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