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eine- besseren Besuche- erfreut, ist durch zahlreiche bedruckte Stoffe, sowie durch ein prachtvolle-, bunte« Vorlagenwerk bereichert worden; letztere« enthält 200 Blatt und kostet 4!>0 Mark. Da- sich dafür inter- «ssirende Publikum wird daraus aufmerksam gemacht und zum ferneren Besuche der Ausstellung eingeladen. Aus »ergangener Zeit — für «ufere Zeit. 26. April. lNachdru-I >xrb»t-v> Der 26. April 1859 brachte die italienischen Ereignisse, die dem Einigungswerke Italiens voran gingen, in Gang. Nachdem am Tage vorher die ersten französischen Truppen die piemontesische Grenze überschritten hatten, erklärte der sran- zösische Gesandte in Wien, daß Kaiser Napoleon die Ueber- schreitung des Tessin durch österreichische Truppen als Kriegs fall ansehen werde. Das Alles war nur eine Form; denn Jedermann wußte, daß Napoleon ausgezogen sei, um Italien zu „befreien". Zwar war diese Befreiung nicht ganz ohne Eigennutz auch und nicht ganz durchgcführt, wie es Italien wohl wünschen mochte; immerhin war Napoleon« That eine bedeutungsvolle und hochwichtige für ganz Europa. 27. April. Am 27. April 1792 wurde der Mörder König Gustav III. von Schweden, I. von Anckarström, hingerichtet. Er war durch das Loos unter den Verschworenen zu dem Attentat aus dem Maskenball bestimmt worden und er hatte die That um so lieber übernommen, als er den König auch noch persönlich haßte. Anckarström war der Einzige unter den Verschwörern, der seine That mit dem Tode büßte, die Leiter und Haupt schuldigen kamen mit verhältnißmäßig gelinden Strafen, wie Verbannung, davon. Doktor ZernowiH. Ein Lebensbild. Preisgekrönte Arbeit von Frau Sutro-Schücking. (14. Fortsetzung.) „Ich umschlang sie, legte da- trostlose Gesicht dicht an meine Brust und flüsterte: „Wie kannst Du nur so thöricht sein, Ottilie? Wa« liegt denn daran, daß ich auch einmal meine physische Kraft erprobte, nachdem ich so oft meine geistige benutzte? Ehrliche Arbeit ist ja nie Entehr ung und diese Art derselben ermöglichte mir, so viel und oft in den Stunden unserer schweren Prüfung bei Dir sein zu können, wie es bei einer anderen nimmermehr der Fall gewesen sein würde! „Aber mein Zureden half nicht«. Der Stachel der gemachten Erfahrung schmerzte sie so grausam, und wieder schluchzte sie mit krampfhafter Heftigkeit auf. "„Du — Du, Georg! O, da« bricht mir da« zer marterte Herz vollständig." „Kleine Närrin, erwiderte ich ruhigen Tones, um ihr ebenfalls Fassung zu geben. Du bist wirklich komisch. Was liegt denn daran? Natürlich würde ich, wenn ich gewußt hätte, mit welcher Zähigkeit Du an dem Vorurtheil hängst, daß ein vernünftiger Mensch nicht seine Hände, sondern nur seinen Kopf brauchen darf, gar nicht zu dieser Aushülfe gegriffen haben. Da es jedoch in bester Absicht geschehen ist, so ver giß es und erinnere Dich statt dessen nur daran, daß ich gern und unermüdlich nach Besserem strebte, wenn Du nur, Du meine Ottilie, mir ein wenig Muth dazu giebst, wenn Du nur das Vergangene überwin dest und der Zukunft gefaßt entgegenschreitest! „Allein ich bemühte mich nutzlos. Ottilie schien mich nicht zu hören." „Sie machte sich frei von mir und als müsse sie der inneren Aufregung Ausdruck leihen, strich sie heftig mit der gesunden Hand die kranke, wie um sich selbst wehe zu thun. Sie ging dann so hastig, wie ihr immer unsicherer Schritt cs zuließ, im Zimmer auf und ab und fuhr im leisen Selbstgespräch fort mich zu beklagen. „Früher kannte er wohl auch die Arbeit und die Armulh, aber ehe ich kam, mich wie Blei an seine Fersen zu heften, war ihm doch diese Erniedrigung erspart, dieses beständige Herabsinken bis auf die un tersten Stufen des Elends. Mein Gott! mein Gott! Da- ist meine Schuld, meine Schuld allein!" „Und heftiger, lauter, wie im Zorne gegen sich selbst, stieß sie es hervor, „ich kenne seinen stolzen Sinn. Nur für mich, die nutzlose Blinde, that er, was er für sich nie gethan haben würde! Er wäre sicher eher gestorben, al- " „Du irrst, Ottilie! sagte ich tiefernst, als an der Zeit haltend, dieses Selbstgespräch eine» selbstgeschaffe nen Schmerze- zu unterbrechen. Diese Arbeit, die Du für so entehrend hältst, macht mich stolzer als jene medizinische Dissertation, die mir in den ersten Jahren unserer Ehe die Anerkennung eine- Konrad Martin Langenbeck und de« jetzt so berühmt gewordenen Virchow eintrug." „Schneidend scharf lautete ihre Entgegnung: „Und glaubst Du auch, daß Langenbeck und Virchow in dem Kohlenschaufler Neu-DorkS den Ebenbürtigen erkannt und geehrt hätten!" „Enthusiastisch rief ich au»: „Ganz gewiß! Ein geistreicher Mann bietet Zu rücksetzungen nie dem abgeschabten Rock, nur dem hohlen Kopf allein. „Also der Mensch sinkt nicht mit der Lebensstell ung? Der Geist verkümmert nicht wie der Leib, wenn ihm seine Nahrung fehlt und seine Dehnbar keit, seine Kraft nicht beständig erprobt werden, wenn man ihn verdursten läßt in der Wüste de» Leben«? Dann ist er in der That göttlich! erwidert sie voll unbewußter Philosophie mit unsagbarer Bitterkeit. „Ottilie, Sind, Du bist doch ein echte-, rechte- Weib! sagte ich begütigend, indem ich ihre ungestümen Schritte hemmte und sie auf meine Knie niederzog. „Wa- geht e- un» an, ob in den Augen der er bärmlichen Welt, die ihre eigenen, für den Menschen von Geist verachtete Taxe des Werthe« oder des Un- wertheS besitzt, Du oder ich sinken oder steigen Mich dünkt doch, es giebt noch einen höheren Maaß- stab als ihre Ansicht und so lange der Mensch nicht beschämt das Haupt zu verhüllen braucht vor dem eigenen Gewissen, so lange darf er sich mit Recht so stolz dünken al« die ersten auf Erden. „Beschämt ergriff sie meine Hand und küßte sie mit Innigkeit. Es war einen Augenblick, als schenkte sie meiner vernünftigeren Ansicht Gehör. Jedoch schon im nächsten Moment wieder schnellte sie von meinem Knie empor und schritt von Neuem ruhelos auf und ab. Die Rechte fuhr dabei unablässig über das todt- traurige Antlitz, als wollte sie etwas Unerträgliches bannen, während die bleichen Lippen übersprudelten von schnell unverständlich gemurmelten Worten. „Beim Himmel! Es schien wirklich, al« ob der eingebildete Jammer, daß durch sie der Geliebte nur so tief gesunken sei, bewerkstelligt, wa« alle« wirkliche Elend nicht gekonnt hatte, nämlich ihre ErtragungS- fähigkeit zu erschöpfen. „Ich ließ sie längere Zeit gewähren, da ich er wartete, daß ihr ruhige« Unheil nach und nach die Uebergewalt über ihre gedrückte Stimmung erringen werde. Vergebens! Endlich hielt ich eS denn doch für gerathen, einzuschrciten. „Liebe Frau! hob ich mit vernehmbarem Aerger im Ton an. Du bist grenzenlos kindisch und ich muß Dir offen gestehen, daß ich zum ersten Mal im Leben auch nicht das allergeringste Verständniß Deiner über spannten Auffassung der Lage der Dinge habe! Meiner Ansicht nach erniedrigt ein ungemessener Stolz mehr als er erhebt und die Arbeit adelt selbst den Niedriggeborenen, während Müßiggang Jeden herabsetzt. „Kaum hatte ich ausgeredet, da lag sie zu meinen Füßen, drückte ihr Haupt in meinen Schooß und bat: „Vergieb mir, Georg, vergieb mir!" „Und was soll ich meiner kleinen Tbörin denn Alles verzeihen? fragte ich scherzend, als ich sie em porzog und ihr Haupt enge an meine Brust schmiegte, während ich sie mit Liebkosungen überhäufte. „Daß ich wagte, Deinen Lebenspfad zu kreuzen, daß ich existire!" flüsterte sie leise, ganz leise, mehr wie zu sich selbst, al« zu mir, und dann setzte sie bitter hinzu: „daß die Blinde Dich mit Banden umfangen hält, die ein hochherziger edler Mann wie Du, nie zerreißen kann!" „Aus den leidenschaftlichen Worten sah ich nur zu klar, wie e« noch in ihr wogte und wallte und wie ihre nervöse Aufregung der schleunigen Beruhig ung bedurfte. „Dem ersten erlösenden Gedanken, der mir dabei durchs Gehirn kreuzte, lieh ich sofort Ausdruck. In dem ich mich erhob, sagte ich sicheren Tones: „Wenn Du wirklich trotz Allem und Allem noch glaubst, daß Du die Schuld tragest an dem Zufall, daß ich keine passendere Beschäftigung ergriff, so will ich diese unerquickliche Komödie der Irrungen damit enden, daß ich sofort ausgehe, um nach befriedigender Lösung der Existenzfrage auszuschauen. Und ich wette zehn gegen eins, ehe der Abend kommt, gelingt es mir. Dir schon den unumstößlichen Beweis zu liefern, daß Du ein recht muthloses, albernes Kind gewesen bist! Damit rüstete ich mich zum Fortgehen. „Jetzt sollte ich meine Behauptung, daß cS mir leicht sei, zusagenden Erwerb zu ermöglichen, bewahr heiten. Das klang mir selbst wie sündhafte Ironie in die Ohren! „Mir war wahrlich nicht leicht, sondern recht schwer, recht zentnerschwer zu Muthe, als ich die Treppe hinabstieg, um mich von Neuem in das Gewühl zu stürzen, aus dem ich eine festgestaltete Existenz mit nach Hause zu bringen übernommen hatte. „Den „Heralv" in der Hand, trieb ich mich stundenlang in den Straßen umher und beantwortete alle die Gesuche, die nur irgend eine Aussicht auf Erfolg zu bieten schienen. Bald offerirte ich mich als Kopisten, bald als Klavierlehrer, auch als Ver käufer, Bücherageut und Kondukteur — kurz jede Annonce, die einen anständigen Lebensunterhalt bot, fand bei mir Beachtung. Allein — das Glück mied mich heute ebenso, wie so oft schon früher. Ueberall sprach ich vergeben«, überall war ich erfolglos. „Da ergriff mich Verzweiflung. Ich konnte, ich wollte nicht so wieder vor Ottilien hintrcten! Was durfte, wa« konnte ich ihr auch sagen, um den er loschenen Muth wieder anzusachen? Geistig und physisch kampfeSmüde, durchflog ich endlich die Spal ten der Zeitung, um zu sehen, wo man Arbeitskräfte in niedrigen Branchen suchte. Mein Blick blieb an Ihrer Annonce haften, Doktor Warren. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Köln-Ehrenfeld. Ein hiesiger Fabrikant zeigte dieser Tage seiner Gemahlin, mit welcher ihn erst seit Kurzem der Ehe Rosenfesseln verbinden, in einem Schaufenster zu Köln Kiebitzeier, mit dem Bemerken, solche für sein Leben gern zu essen. TagS darauf begab sich die Frau nach Köln und kaufte Kiebitzeier; sie wollte ihren, Manne damit eine be sondere Freude bereiten. Der Herr Gemahl kam eben nach Hause, als die junge Frau die Eier in den Kessel gelegt hatte. Nach wenigen Minuten, als sie die Eier herausnehmen wollte, waren sie verschwunden, obgleich Niemand am Kessel gewesen war. Zuerst herrschte allgemeines Staunen, schließlich zog der praktische Ehe mann aber aus der trüben und süßen Beschaffenheit des dampfenden Wassers den Schluß, daß seine bessere Hälfte die Kiebitzeier von einem — Marzipanhänd ler bezogen hatte. — Der ewige Jude. Zur Osterzeit de« Jahres 1642, wo die Wirren de« Kriege« schwer aus dem Lande lasteten und die Bevölkerung in Sorgen und Aengsten lebte, erschien in Leipzig ein alter Mann mit langem eisgrauen Bart und sprach vor den Thüren um einen Pfennig oder ein Stücklein Brod an. Er wieS aber auch Speise und Trank nicht zurück, und mitleidigen Herzen, die ihn so bewirtheten, theilte er im Vertrauen mit, er sei der ewige Jude. Weil er den Heiland auf seinem Wege zum KreuzeStode, als er vor seinem Hause erschöpft niedergesunken, die Rast versagt und ihn mit Hohnworten fortgetrieben habe, sei er verdammt, zu wandern durch die weite Welt, ohne Ruhe und Ziel bis zum jüngsten Tage. Tausend Mal habe er versucht, diesem gräßlichen Fluche durch Selbstmord zu entrinnen; aber die Ge wässer spieen ihn aus, das Feuer martere, aber tödte ihn nicht, und seinen Körper vermöge keine Gewalt zu verletzen. Dann schilderte er das Leiden und Sterben Jesu, welche« er persönlich mit angesehen, in großer Ausführlichkeit, mahnte zur Buße und ver kündete den andächtig Zuhörenden baldigen Frieden und bessere Zeiten. Die ganze Stadt kam über diesen Besuch in Aufregung. Man riß sich förmlich um „den ewigen Inden", suchte ihm durch Geldge schenke und leibliche Pflege sein Unglück zu erleichtern. Schließlich entstand jedoch der Verdacht, er sei ein böhmischer Federjude, der früher zur Meßzeit im Brühte gewohnt habe. Als der ewige Jude die Gefahr merkte, machte er sich eiligst davon. — Der berühmte Königsberger Philo- soph Kant redete sehr leise, sodaß seine Studenten genöthigt waren, die dem Katheder zunächst gelegenen Sitzplätze cinzunehmen. Wer dann Kant gerade gegenüber saß, den pflegte er während seines Vor trages unausgesetzt anzublicken. Dies Los traf eine Zeit lang einen Studenten, dem ein Knopf an seinem Rocke fehlte, und der diesem Mangel aus Nachlässig keit nicht abhelfen ließ. Kant blickte unverwandt auf die Stelle hin, wo der Knopf abgerissen war, und vortrefflich lief der Fluß seiner Rede. Eines Tags saß der junge Mann wieder an seinem ge wöhnlichen Platze, nun aber war der Knopf ange näht. Nach Schluß der Vorlesung ließ er den Studenten zu sich kommen und sagte zu ihm, er habe seit geraumer Zeit bemerkt, daß ihm ein Knopf am Rocke fehle. Hier unterbrach ihn der Student und begann sich zu entschuldigen. „Nein, nein," entgeg nete Kant, „lassen Sie das gut sein; ich bitte Sie nur, den Knopf wieder wegnehmen zu lassen, denn er stört mich." — Im Wiener Wurstelprater wurde am letzten Sonntag eine ältere, anscheinend gut situirte, jedenfalls überaus lustige Dame bemerkt, die in ihrem Sonntagsstaate und dnrch ihre Gesprächigkeit die Augen wie die Ohren auf sich lenkte. Einer der Beobachter hatte, wie das Extrablatt erzählt, plötzlich Gelegenheit zu sehe», wie ein Mann, der neben der Frau saß, ihr vorsichtig die Geldbörse aus der Tasche zog, um sich gleich darauf zu erheben und sich zu entfernen. Der entrüstete Beobachter war dem Diebe in wenigen Sätzen nach und faßte ihn. „Sie haben eine Geld börse gestohlen, her damit!" Der laute Vorwurf hatte einige Gäste alarmirt, die mit Halloh auf den Er tappten eindrangen. Sprachlos und bleich ließ er sich zu dem Ausgangspunkte der verunglückten Expedition geleiten, wo die Dame über Befragen sofort mit allen Zeichen des Schreckens bestätigte, daß ihr die Geld börse gezogen worden. Das Nächste war, daß man der Bestohlenen den Dieb vorstellte, aber nun zeigte sich die Frau, wenn möglich, noch mehr betreten. „Mein Mann!" entrang es sich ihrem Munde, und gleich darauf befreite ihn die Lustige, indem sie zur Aufklärung des peinlichen Mißverständnisses die amü sante Pantoffel-Pointe der Geschichte zum Besten gab. Der Mann hatte schon seine sechs Krügel hinter die Binde gegossen, und das schien der Gattin gerade genng. Um ihre schwache Ehehälfte keiner weiteren Anfechtung auszusetzen, konfiszirte sie ihm die Geld börse, mit deren Inhalt er sich noch eine stattliche An zahl Krügel hätte kaufen können. Allein der Arme empfand gerade noch für einen siebenten halben Liter Durst, und da er das landgräflich harte Herz seiner Alten kannte, entschloß er sich — zu dem langfinge rigen Experiment, bei dem er betreten wurde, als er auf dem Wege zum Schank war, um das Krügel zu erstehen. Unter kolossalem Gelächter empfahl sich dann das Ehepaar schleunigst. — Feiner Geruch. Assessor: „Nun, Herr Lieute nant, Sie tanzen ja gar nicht mehr mit dem reizen de» HofralhStöchterlein!" Was soll denn diese Zu rückhaltung?" — Husarenlieutenant: „Habe ausspan nen müssen — Myrthe jcrochen!"