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Freunde gegenüber zu geben. Auch die Anerkenn ungen, die mir am 1. April an so vielen Orten Deutschland- und wo Deutsche wohnen, durch öffcnt- liche Feste und Reden zu Theil geworden sind, freuen und ehren mich, mehren aber auch meine ungelöste Dankesschuld sür so viel Liebe. ES macht mich glücklich, am Abende meine» Leben» auf die Arbeiten und Kampfe desselben zurückzublicken, wenn ich mir sagen darf, daß ich mir durch dieselben zwar manchen unversöhnten Gegner, aber in der Heimath doch auch viele Freunde erworben habe, unter denen die warmen wieder zahlreicher sind als die lauen. Ich danke von Herzen Allen, die mich bei meiner Jahreswende durch Kundgebung ihres Wohl wollens in diesem befriedigenden Bewußtsein bestärkt haben. von Bismarck. — Die Gerüchte von der AmtSmüdigkeit bcS Reichskanzlers Grafen v. Caprivi tauchen immer wieder von Neuem aus. Wie e« heißt, würde der Kanzler von seinem Erholungsurlaube nicht mehr auf seinen Posten zurückkehren; Ministerpräsident Graf Eulenburg würde an seine Stelle treten und alSdann beide Aemker weiterführen. Wer vermag zu sagen, was daran Wahres ist? — Zu der Miltheilung, daß die Vorarbeiten für eine HeereSverstärkung bereits im erheblichen Fortschreite» sich befänden und die Einbringung des Gesetzentwurfs im nächsten Herbst sicher bevorstche, schreibt die „Nordv. AUg. Zig.": Es sei in der That richtig, daß die leitenden Kreise mit Erwägung zur Verstärkung der Wehrkraft sich eingehend beschäftigen und eS genüge wohl schon die Thatsache, um die vielfache» anderweiien Kombinationen in der Presse zu entkräften. Die »Freis. Ztg." sieht sür den kom menden Herbst wegen dieser Vorlage einem scharfen Konflikt entgegen. — Egypten. Aus Alexandria erhält die „Kr.-Zlg." unterm 23. März folgenden Bericht: Seit einer Woche befindet sich die Bevölkerung von Port Said im Zustand äußerster Erregung und auch in Alexandria ist die Haltung aller christlichen Ein wohner den Juden gegenüber eine so drohende, daß täglich Ausbrüche der Volkslcidcnschaflen zu befürchten sind. Für das bevorstehende jüdische Osterfest sind daher weitgehende militärische Schutzmaßregeln an geordnet, wie auch nach Port Said bereits mehrere Hundert Mann Militär zum Schutze der dortigen Juden abgesandt wurden. Die Ursache dieser Er bitterung gegen die Juden ist allerdings ernst gen"g. Die durch europäische Gerichlspersonen eingelcitete Untersuchung über die vom 1b. bis 18. März in Port Said staltgehablen Unruhen hat zu dem durch etwa dreißig einwanvssreie Zeugen christlichen und muhamevanischen Bekenntnisses, welche den ver schiedensten Nationalitäten angehörten, erhärteten Er- gebniß geführt, daß am 1b. März, Nachmittags gegen 6 Uhr, in dem Hause des Juden Carmona ein vier jähriges Christenkind geknebelt aufgefunden wurde. Carmona, welcher im Alter von b8 Jahren stand und in dem seinem Hause benachbarten jüdischen Tempel Dienste als Vorbeter verrichtete, hatte das genannte Kind, Helene Vasilios, Tochter des griechi schen Drogisten Andreas Hadschi Vasilios, welches auf der Straße vor der elterlichen Wohnung spielte, durch Verabreichung von Zuckerwerk an sich gelockt und in sein Haus geführt. Der Vater des Kindes war nicht anwesend, die Mutter aber vermißte die Kleine gegen 4 Uhr Nachmittag«, worauf ihr alsbald von den Nachbarn mitgetheilt wurde, daß man den Juden Carmona bei dem Kinde gesehen habe. Auf die Rufe der Mutter hin sammelte sich schnell eine Volksmenge an, welche das Haus des Juden um stellte und es zu stürmen drohte. Carmona kam selbst aus dem Hause und betheuerte unter den hei ligsten Schwüren, daß er das Kind weder gesehen, noch mit sich geführt habe, und da sich die Menge hiermit nicht zufrieden gab, ließ er eine Anzahl Griechen mit der Mutter des Kindes in da» Hau», um e» zu durchsuchen. Lange Zeit sand man nicht», sodaß einige da» HauS schon wieder verließen, bis man endlich ein kleine», nach dem Hof gelegenes dunkles Gelaß entdeckte, welche» der Jude jedoch nicht öffnen wollte. Man schlug daher die Thür mit Gewalt ein und erblickte, nachdem der Raum beleuchtet wurde, in der Ecke kauernd ein alte» Judenweib, welches die Kleine mit verbundenem Munde und Augen »iebcrdrückte! Nun freilich kannte die Wuth der Volksmenge keine Grenzen mehr; die alte Jüdin wurde geschlagen, sodaß sie bewußtlos liegen blieb, der Jude Carmona blutete bald aus mehreren Wunden ; das Innere des Hauses wurde demolirt und nur die herbeieilende Gendarmerie verhinderte die Branl- tegung des Gebäudes. Im Laufe einer Stunde halte der Aufruhr die ganze Stadt ergriffen, und die Christen drohten, das ganze Judcnviertcl zu stürmen. DaS egyptische und englische Militär, welche« bi« auf den letzte» Mann aufgedoten wurde, mußte daher schleunigst alle Zugänge zum Juven- vlcrlel besetzen, doch dehnten sich die Unruhe» mehrere Tage auö. Es trafen inzwischen noch weitere Truppen «in, sowie auch die viceköniglichen Untersuchungs richter, welche jedoch nur den geschilderten Thatbestand als den thatsächlichen konslaiiren konnten. Locale und sLchstsche Nachrichten. — Eibenstock, 11. April. Gestern Abend hielt der hiesige evang.-luth. JünglingS-Verein einen öffentlichen „Familicn-Abcnd" ab. Derselbe war sehr zahlreich besucht und bot des Unterhalten den so Vielerlei, daß die Erschienene» über die Dar bietungen sich höchst befriedigt aussprachen. Neben cinigen Gesängen, welche von allen Anwesenden anS- geführt wurden, gelangten ninsikalische und dekla matorische Vorträge, sowie mehrere humoristisch-theatra lische Scene» zur Aufführung und erfreuten sich die selben lebhaften Beifall«. In der von Hrn. Pastor Böttrich gehaltenen Eröffnungsansprache erwähnte derselbe die Aufgaben der JünglingSvereine, welche dahin streben, da« Heranwachsende Geschlecht durch die Pflege froher Geselligkeit vor sittlichem Schaden und Verrohung de« Gemüths zu bewahren. Den jungen Christen, welche jetzt die Schule verlassen und in daS öffentliche Leben einlreten, sei der Eintritt in diesen Verein daher besonders an'« Herz gelegt. — Schönheide, 10. April. Die im ver gangene» Herbste auf der abgcsteckten Eisenbahnlinie Sanpersdorf-WilzschhanS zum Zwecke der Feststellung der Bodenverhältnisse hergestelkten, meist 1—2 Meter tiefen, mit Umzäumungen versehenen Schächte sind hier gegenwärtig fast alle bis an den Ranv mit Wasser angefüllt. In einem derselben wäre in der vergangenen Woche beinahe ein ZjährigeS, unbeauf sichtigtes Kind ertrunken. Dasselbe hatte in der Nähe eine« solchen Schachtes gespielt, war dann unter der Umzänmung weggekrochen und in den Schacht gefallen, wo cs hätte ertrinken müssen, wenn nicht eine in der Nähe vorübergehende Frau den Vorgang bemerkt und daS Kind noch rechtzeitig herausgezogcn hätte. — Schönheide, 10. April. Zu dem vom 20. d. M. an bei den technischen StaatSlehranstalten in Chemnitz statkfindenden Unterrichtskursus in konstruk tivem Fachzeichnen für Zeichenlehrer an gewerblichen Schulen SachsenS ist vom Königl. Ministerium des Innern auch ein Lehrer der hiesigen gewerblichen Fortbildungsschule zugelassen worden. — HundShübel. Vor einiger Zeit wurde von ruchloser Hand der Versuch gemacht, den hiesigen Möckel'schen Gasthof „zur Linde" in Brand zu setzen. Es wurde jedoch das Feuer, welches in der Scheune zum Ausbruche kommen sollte, noch rechtzeitig bemerkt und mit Hülfe anwesender Gäste gelöscht. Der Ort wurde durch diesen glücklichen Umstand vor einem schweren Brandunglück bewahrt, da ja sowohl die zum Gasthose gehörigen Gebäude als auch die um liegenden von ziemlich leichter Bauart sind. Der Brandstifter ist bis jetzt noch nicht entdeckt. — Leipzig. Post-Erinnerung. Am 6. April deS Jahres 1692 ließ das Kurfürstliche Oberpostamt in Leipzig zu Jedermanns, und sonderlich der löb lichen Kaufmannschaft Wissen ein Patent anschlagen deS Inhalts, daß Selbige«, zu mehrerem Behuf der Reisenden, und auch schleunigster Beförderung der Korrespondenz und Negotien, eine fahrende Post ins Gebirge, wöchentlich zwei Mal, von Leipzig über Lob städt, Altenburg, Gößnitz und Zwickau, und eine ge schwinde fahrende Post, mit untergelegten Pferden, nach Schneeberg ebenso ost anch wieder zurück nach Leipzig, angelegt habe. Die Posten gingen Mittwoch und Sonnabend 9 Uhr von Leipzig ab, und trafen, die Zwickauer um 1 Uhr und die Schneeberger um 6 Uhr nächsten TageS, an ihren Bestimmungsorten ein. Dienstag und Freitag gingen sie, Nachmittag 3 Uhr von Schneeberg und 8 Uhr Abends von Zwickau, ab und mußten nächsten Tages 10 Uhr Vormittag« wieder in Leipzig sein. Schöpfer dieser postalischen Errungenschaft war der Leipziger Rathsherr und Han delsherr Jakob Keese, welcher 1691 das Oberpostamt übernommen hatte und bis zu seinem Tode, der 1704 erfolgte, in Verwaltung behielt. — Anna berg, 8. April. Ueber den hiesigen Landwehrbezirks-Kommandanten ist kürzlich eine Fest- ungsstrase von 2 Monaten verhängt worden. ES handelt sich dabei um Mißhandlung des ihm zu gewiesenen Burschen, der er sich zum Theil in Ge meinschaft mit seiner Frau schuldig gemacht haben soll. Der Bursche lief schließlich davon und kehrte zu seinem anderwärts in Garnison liegenden Regiment (in Annaberz liegt kein Militär) zurück. Der hiesige Posten eines BezirkSkommandanten wird demnächst anderweitig besetzt werden. — In Groitzsch haben am Sonntag Abend in der 7. Stunde zwei in der Umgegend bedienstete Knechte mit den im „Kronprinz" anwesenden Gästen ohne jede Ursache Streit gesucht, leisteten hierauf der Mahnung des Wirths, die« zu unterlassen, nicht Folge, worauf sie vom Wirth mit Hilfe anderer Gäste au« der Gaststube entfernt worden sind. Da für zerwarfen die Unholde mit großen Steinen die Gaststubenfenster und verfolgten einen Gast, der sie von diesem rüpelhaften Beginnen adhalten wollte, die Leipziger Straße entlang, woraus sie mit großen Knüppeln bewaffnet, sich in die Gaststube „zum Kron prinz" wieder gewaltsamen Eintritt verschafften, die hier anwesenden (circa 2b) Gäste mit dem Wirth zur Stube hinaus trieben, Tische und Stühle um warfen, den znrückkehrenden Wirth mit Knüppeln vor den Kops schlugen, daß er einige Zeit besinnungslos liegen blieb — und ihn — al» er vor der HanSthür zu Fall gekommen war — gemeinschaftlich mit Knüp peln bearbeiteten und andere Unthaten mehr verüb ten. Darnach wurden die Kerle festgenommen. — Von Wilddieben erschossen wurde in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag früh gegen '/,2 der im Dienst de» Rittergutsbesitzers von Schön berg-Thammenhain stehende Forstgehülfe Gebel. Das Forstrevier Thammenhain, bei Wurzen ge legen, besteht in ausgedehnten Wäldern, in denen ein reicher Wildbestand gepflegt wird. Die Wälder ziehen sich lang der sächsischen Grenze nach Preußen hin und Haden mehrere preußische Orte zur Nachbar schaft. Wilddiebereien oder Holzdiebstähle kommen in diesem Revier nicht selten vor. Da« Forstperso nal unterhält deshalb scharfe Aufsicht. Auf einem in der besagten Nacht unternommenen Patrouillen gang, den der Erschossene in Gemeinschaft mit einem anderen Forstgehülfcn auSübte, stoßen sie an einer kleinen Lichtung auf Wilddiebe. Sie rufen diese an. Sofort schießen die Wilddiebe, worauf die Forstge- hülfen ebenfalls Feuer geben. Die Wilddiebe wenden sich nun zur Flucht, doch schießt der eine nochmals und von dieser Kugel wird der eine Forstgehilse todt niedergestreckt. Lautlos ist er zusammen gebrochen. Der andere Forstgehütfe hät den fliehenden Wild dieben nachgeschossen und glaubt einen davon ver wundet zu haben. Ueber die Thäter ist noch nichts Bestimmtes bekannt, roch wird sie wohl der Arm der Gerechtigkeit ereilen, umsomehr, als Heller Mond schein den Thatort erhellt haben soll. Der Erschos sene war ein ruhiger, hübscher Mann, ca. 28 Jahre alt, unverheirathel und aus Oberschlesien gebürtig. Die Untersuchung ist selbstredend sofort eingeleitet worden. — In Bärenwalde brannte am Mittwoch Nachts in der >2. Stunde das aus Wohn- und Scheunengebäure bestehence Anwesen deS Gartenhaus besitzers und Maurers Christian Friedr. Herm. Mal; gänzlicb nieder. — ES ist wiederholt vorgekommen, daß Personen den Vorschriften überden Verkehr mit Spreng stoffen, wie sie in dem Reichsgesetze vom 9. Juni 1884 in der dazu gehörigen sächsischen Ausführungs verordnung vom 8. August 1884 und in der Ver ordnung vom 3. November 1879 enthalten sind, lediglich deshalb zuwioergehandelt habe», iveil ihnen diese Vorschriften nicht bekannt waren. Jedem, der mit Sprengstoffen zu verkehren hat, ist daher dringend anzurathen, sich über jene Vorschriften genau zu unterrichten. Insbesondere mag aber auf Folgendes aufmerksam gemacht werden: Mit Gefängniß von 3 Monaten bis zu 2 Jahren, soweit nickt nach Be schaffenheit deS Falles höhere Strafen angedroht sind, ist zu bestrafen, wer ohne polizeiliche Erlaubniß Dyna mit oder ähnliche Sprengstoffe herstellt, vertreibt, oder auch nur ich Besitze bat. Die polizeiliche Er- lanbniß zum Besitze solcher Sprengstoffe enthält nicht zugleich die Erlaubniß zum Vertrieb. Wer daher der gleichen Sprengstoffe, die er mit polizeilicher Erlaub niß sich angeschafft hat, an Andere überlassen will, bedarf dazu, falls er nicht schon im Allgemeinen die Erlaubniß zum Vertriebe hat, einer weiteren polizei lichen Erlaubniß. Bei gleicher Strafe ist den Händ lern mit solchen Sprengstoffen untersagt, dieselben an Personen abzulassen, welche nicht den erforderlichen polizeilichen Erlaubnißschein vorweisen können. Die Nichtbeachtung der über den Transport, die Versend ung und Ausbcwahrung von Dynamit und ähnlichen Sprengstoffen ergangenen Vorschriften ist ebenfalls mit der eingangsbemerklen Strafe bedroht. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 12. April. Machdruck verboten). Bor 280 Jahren, am 12. April 1892, wurde der berühmte Geigen-Virtuose Guiseppe Tartini geboren, heute noch bekannt durch seine „Teuselssonate." In seiner Jugend ein ziemlich wilder Bursche, wurde er, als er älter geworden, ein wirklicher, großer Künstler, der sich namentlich durch seine viel besuchte Schule zu Padua bekannt gemacht hat. 13. April. An, 13. April 1759 starb ein gottbegnadeter Meister der Töne, ein hochgeseierter Componist und Virtuos, der Groß meister des Oratoriums Georg Friedrich Händel. Dieser deutsche Musiker, — aus dessen bewegtes und an Ehren reiches Leben wir hier nicht näher eingehcn können, — hat sonderbarer Weise seine grüßten Triumphe in England gefeiert, wie er denn schließlich tonangebend für den englischen Geschmack wurde und es lange Zeit hindurch blieb. Bei Lebzeiten und auch später noch Ware» es, neben der Kirchenmusik, die Opern Händel s, deren er 43 schrieb, die seinen musikalischen Ruhm kündeten: eine dieser Opern, „Agrippina", in Venedig 1799 in 3 Wochen geschrieben, wurde sogar an 27 Abenden hinter einander aus- aesührt, sür die damalige Zeit ein musikalisches Ereigniß. Jndeß die Nachwelt weiß wenig mehr von Händel'schen Opern und diese dürsten dem veränderten Zeitgeschmack kaum noch gefallen. Dagegen gelten Händel S Oratorien noch heute sür unerreichte Meisterwerke, denen der Hörer mit wahrer Andacht lauscht. Alles in diesen imposanten Werken ist großartig, pe- waltig, zur Bewunderung zwingend. Bon diese» Oratorien sind insbesondere zu nennen der „Messias", das „Alexandersest", „Israel in Egypten", „Samson", „Judas Makkadäus" und „Josua". Noch mehr als bei Lebzeiten wurde Händel s Gröhe nach seinem Tode anerkannt. In England wurde ihm ein prachtvolles Marmordenkmal errichtet und auch seine Geburts stadt Halle setzte ihm I8S9 ein eherne» Denkmal.