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Arme tauchten vor ihm auf — aber er begehrte sic nicht mehr — das Grauen jener Nacht hatte seiner Leidenschaft ein Ende gemacht, er wußte, daß sie seine unversöhnliche Feindin war, und er vergalt ihr reich lich Haß nm Haß. Wehe ihr, wenn sie jemals zu tödtlichem Haß überging — er würde sie vernichte», so schonungslos — wie sie selbst gegen ihn gewesen war. Nichts gleicht dem Haß, der aus verschmähter Liebe entstanden. „Wie geht es Herrn Percy?" fragte er artig kon ventionell, als sie zurückkehrte. Da gewahrte er in ihren Augen einen solchen Zauberglanz, wie ihn nur das höchste Glück verleiht. „Es geht Papa sehr gut", entgegnete sie trium- phirend, „Vetter Sidney ist soeben angckommcn. — Gehen wir." „Ja, gehen wir." Die Zofe legte ihr den Shawl und dann den Pelz um und zog ihr die Pclzgaloschen über die seidenen Schuhe. Im Wagen nahm er das Gespräch aus. „Also Ihr Bräutigam war beim Papa?" fragte er mit schneidender Ironie. „Ganz recht, mein Bräutigam war bei meinem Papa —" „Seien Sie versichert, Frau Braut, daß Ihr Sid ney eher Hochzeit mit des Seilers Tochter machen wird, als mit Ihnen." „Glücklicherweise ist er so rein und so hoch über Sie erhaben, daß Sie ihn nicht erreichen können." „Mein Haß ist himmelhoch und höllentief, — ich werde ihn erreichen, ihn und Sie." Dann lehnten beide sich wortlos zurück und ver harrten in diesem finsteren Schweigen, bis das licht strahlende Vestibül des Central-Hotels in ihre Equi page hinein seine Helle warf — sie sahen sich an, ein Blick wie zwei Gegner auf der Mensur, dann hob er sie artig angesichts fremder Zeugen aus dem Wagen und folgte ihr in die Bel-Etage zur Garderobe der Ballgäste. Nach vorn hinaus lag der Tanzsaal, das Buffet und einige Nebenräume, nach hinten hin aus kleinere Eabincts, die theilweise für Garderobe, Separat-, Spiel- und Trinkzimmer eingerichtet waren — sie mündeten sämmtlich auf den breiten, langen Corridor, der wie eine Promenade sich zwischen Vor- und Rückseite des Gebäudes erstreckte. Und sämmt- lichc Cabinets hatten Rollthürcn. „Ich habe mir ein Cabinct rcservirt, damit wir nachher nicht so lange auf unsere Garderobe zu warten brauchen," sagte O'Neill und führte seine Frau in eine kleine, zcllcnartige Eabine, die vollständig leer war und nur große Haken an den Wänden hatte, welche zur Aufnahme der Garderobe dienten. „Das ist sehr praktisch," entgegnete sie, da Lieute nant Brown zugegen war, der sie bereits oben er wartet hatte. Zwei Minuten später machte Herr Polizeichef O'Neill, seine zauberschöne Frau am Arm, die Runde durch den Saal. — Bewundernde Blicke nud Ge flüster folgten ihnen. „Wie schön sie ist." „Welch' herrliches Paar — wie für einander geschaffen." „Sie sollen sich abgöttisch lieben — ja das begreift man," „die Golvfee ist doch das glücklichste Weib auf Erden, so schön, so reich, die Gattin eines so schönen Mannes." Es lag in der That auf Adahs Gesicht der Ab glanz entzückenden Liebesglücks — sie sah nichts unter dieser vielhundertköpfigen Menge als den Geliebte», wie er freudig erschrak, als sie vorhin so plötzlich i» ihrer siegreichen Schönheit zu ihm hereintrat. „Adah." „Sidney." Als ob in ihren Namen allein alles das ausge sprochen läge, was sie sich zu sage» hatten, Liebe, Treue, Freude des Wiedersehens und Schmerz der Entsagung — sie fanden nichts anderes sich zu sagen. Sic standen vor einander, aber sie faßten sich nicht einmal an den Händen — doch ihre Blicke küßten sich. Eine endlose Minute verging, in der sie die Ewig keiten der Seligkeiten durchkosteten, dann riß sic sich von seinen Blicken los, aber alle Küsse, die ihm ihre Lippen verweigern mußten, übcrschauerten nun des Vaters geliebtes Gesicht — dann unfähig zu sprechen, wandte sie sich fast fliehend zum Gehen. — Und als schon lange die Thür sich hinter ihr ge schlossen, sah er ihr noch mit verklärten Blicken nach, während sein geliebtes Bild sie nicht verließ. Sie lächelte jetzt immerwährend, sie lächelte sogar, als der ihr so antipathische Or. Martigny sic um einen Tanz bat, sic tanzte Ivie ini seligen Traum und Hörle, ohne zu hören, die gewählten Komplimente, die er in seiner süßen, galanten Weise machte. „Wissen Sie wohl, gnädige Frau, als ich Sie zum ersten Male sah, vor zwei Jahre» etwa, auf dem Ge sellschaftsball, da erging cs mir wie Demjenigen, der zu lange die Sonne gesehen. Ob man auch die Augen schließt, man sieht immer noch drinnen den goldenen Glanz, wohin man auch blickt, Alles wird von dem Sonnenlicht des Glanzes verklärt," sagte er zuletzt. Das hatte sie gehört, das gab ihrem Gefühl am heutigen Abend genauen Ausdruck. „O, das ist hübsch gesagt," entgegnete sie freund lich, „ich selbst fühle, daß es außerdem wahr ist — meine Äugen sind heute Abend so mit dem Reflex des Sternenlichtes gefüllt." Ein anderer Cavalier engagirte sie als Partnerin, sic erhob sich, Dr. Martigny blieb ganz entzückt zurück, cs Ivar das erste Mal, daß sie freundlich gegen ihn gewesen war. O'Neill war in einer entsetzlichen Stimmung, die er zwar meisterhaft zu verbergen verstand, die ihn aber dennoch nicht verließ. Er brütete Tod und Ver derben! Aber Adah hatte recht, wie sollte er Sidney bcikommen. Das war kein Verschwörer und Intrigant, er ging still und bescheiden seinen Lebensweg, — und doch — O'Neill hoffte mit dem fanatischen Glauben eines Fatalisten: „ES muß sein, also wird cs sein." Er beobachtete Adah, er ließ sie keinen Moment aus den Augen. Das war eine Andere, als das Weib, welches jetzt ei» gaiizeS Jahr lang wie eine Eisjmigfrau neben ihm durch'ö Leben ging. Das Helle Lächeln, das sanfte Benzen des Hauptes, die glänzenden Blicke, die mehr nach innen als nach außen schauten, dies Alles hatte die eine karge Minute des Wiedersehens mit dem Geliebtxn hervorgezaubert — aber anstatt vor der Allmacht solcher unendlichen und unwandelbaren Liebe edeimüthig zu entsagen, wuchs sein Rachedurst iu's Unendliche. Es mochte zwei Stunden nach Eröffnung des Balles sein, da bemerkte O'Neill, daß Advokat Torn- hill, der intimste Freund und Vertrante von Advokat Percy, den Ballsaal betrat. Langsam und unauffällig lavirend näherte er sich Adah, die mit ein paar Bekannte plauderte. Dann verbeugte er sich vor der Tochter seines alten Freundes, bot ihr seinen Arm und führte sie langsam mit sich dem Ansgange zu. O'Neill ließ Beide nicht ans den Angen, er sah, wie Adah plötzlich zusammenschrak, sich erschrocken umsah, er affektirte Nichibemerken — dann verschwand sie mit Tornhill im Corridor. Wie der Blitz folgte O'Neill durch eine zweite Thür und sah noch, wie Tornhill mit der schönen Goldfce eines der Separat-Cabinets der Rückseite be trat. Leise eilte er hin, hörte auch drinnen flüstern des Sprechen, da er aber unmöglich auf dein Corridor lauschen konnte, wo man ihn alle Augenblicke entdecken konnte, sah er sich nach einem sicheren Zufluchtsorte nm. Die Cabinets waren numerirt, dies Ivar Nr. 12, wenn er nicht irrte, hatte er Nr. 13 zur Garderobe; richtig, Brown hatte ja lachend gesagt, als Adah nach der Nummer sah, „die Unglückszahl >3". Rasch schloß er nut seinem Schlüssel auf — eine Gelegenheit wie bestellt! Die trennenden Wände waren nur von dünnem Holz, er verstand jede Silbe, die gesprochen wurde. „Ich bin ja zum Tode erschrocken, daß Du mich in später Nacht hier aufsuchst, Sidney," sagte Adah, „es muß etwas Schreckliches sein, was Dich herführt. — Du schweigst, Du weinst! Sivney, Papa ist todl!" „Muth, Muth, mein armes Kind," bat Herr Tornhill, obgleich der Schmerz ihm selbst die Stimme erstickte. „Meine Ahnung, o meine Ahnung," schrie Adah in wilder Verzweiflung, „komm schnell, führe mich nach Hause, zu meinem armen Vater, den ich Pflicht vergessene verlassen konnte." „Es ist zu spät dazu, Adah, an Vaters Schicksal ändert kein Golt mehr einen Punkt. Er ist in meinen Armen gestorben, ich bringe Dir seinen Segen und seinen letzten Befehl." Es wurde still, todtenstill iu dem Cabiuet nebenan, dann sprach Herr Tornhill: „Ich gehe, was Ihr einander zu sagen habt, bleibt besser zu zweien gesagt. Gott schütze Euch, meine armen Kinder!" Er ging zur Thür, zur Etage, zum Hause hinaus. Die beiden Waisen blieben allein. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Beschneidet die Stachelbeersträucher! Mancher Besitzer von Stachelbeersträuchern muß sehen, wie die Beeren, welche dieselben tragen, von Jahr zu Jahr kleiner und kümmerlicher werden, so daß sie zuletzt höchstens noch unreif zu Kompott benutzt werden können. Obgleich es kaum schwer ist, die Ursache zu erkennen, ist dieselbe doch wenig bekannt, wird Ab hülfe deshalb auch nicht geschaffen. Betrachtet man die Sträucher, so sieht man, wie sie sich zu einem für Licht und Luft undurchdringbaren Dickicht aus gebildet haben, oft dicht mit MooS besetzt sind und WurzelauSlänfer in nicht geringer Zahl aufweisen können. Selbst die beste Sorte muß in einem solchen Zustande zurückgehen. Man nehme Gartenschere und Baumsäge zur Hand und säge ohne Zagen zunächst alle alten bemoosten Stämme, die nur wenig ober keine ordentlichen Triebe aufweisen, heran«. Von den jüngeren, kräftigen und gut verzweigten Stämmen lasse man nur drei bis vier stehen und schneide an diesen auch noch die untersten Zweige ab, weil hier die Früchte wegen mangelnden Lichtes nicht ordent lich süß und außerdem bei Regenwcttcr leicht beschmutzt werden. Die WurzelauSlänfer werden möglichst nahe dem Boden abgeschnitten. Ist der Strauch auf diefe Weise gelichtet, so müssen die etwa an der Spitze vor handenen kräftigen JahreStriebe gestutzt werden, um einen genügenden Holztrieb hervorzurufen. Wird letz terer hier nicht genügend angeregt, so treibt der Strauch eine große Zahl der unnütze» WurzelauS- läuser. Die Behandlungsweise wird sich alle 3 bis 4 Jahre wiederholen müssen. — Elberfeld. Ein gewissenhafter Spitzbube stand dieser Tage vor der hiesigen Strafkammer. Es war der Uhrmacher Karl Kluß aus Remscheid, der früher damit betraut war, die Uhr der dortigen lutherischen Kirche aufzuziehen, und der seinen Aufent halt in der Kirche nebenbei dazu benutzt hatte, mittels eines Nachschlüssels den Opferkasten zu öffnen und Geld daraus zu stehlen. Er hatte in b7 Fällen Be träge von inSgesammt 1088 Mk. entwendet. Daß sich dies so genau feststellen ließ, war einzig dem Umstande zu danken, daß der Spitzbube in gewissen haftester Weise über diese „Einnahmen" Buch geführt haue; in dem bei ihm beschlagnahmten Notizbuch war daS Datum jedes Diebstahls und die dabei ge stohlene Summe genau vermerkt. Kluß wurde zu drei Jahren Gesängniß und Ehrverlust auf fünf Jahre verurtheilt. — Rohe Kartoffeln auf ihre Güte zu prüfen! Um sich zu überzeugen, ob Kartoffeln, die man kanfen will, sich gut und mehlig kochen, beobachtet man in England folgende« Verfahren: Man zer schneide eine Knolle und reibe beide Theile aufein ander; wenn dieselbe gut und mehlig ist, kleben die beiden Stücke zusammen, und es zeigt sich an den Rändern und an der Oherfläche ein leichter Schaum. Wasser darf selbst beim Druck kein Tropfen ausfließen. Wo dies der Fall ist, kochen sie sich wässerig und sind von schlechtem Geschmack. In der Farbe soll bas Fleisch weiß sein oder etwas in's Gelbliche spielen. Von ganz gelbem Fleisch behauptet man, daß sich die Knollen nicht gut kochen; die« ist jedoch nicht immer begründet; denn cs giebt Sorten mit gelbem Fleisch, die in Bezug ans ihre Güte nichts zu wün schen übrig lassen. — Eine für daS Ziegelgcwerbe wichtige Erfindung ist von einem Ingenieur C. Walter in Berlin gemacht worden, nämlich unmittelbar auö naturfeuchtem Thon die Ziegel zu pressen. Bisher mußte der Thon erst reichlich mit Wasser versetzt weroen, ehe sich brauchbare Patzen Herstellen ließen. Dadurch wurde ein umständliches Trockenverfahren in umständlichen Trockenanlagen nothwendig, denn die Lehmstcine geben nur langsam ihr Wasser ab. Die ganze Ziegelfabrikation umfaßt in Folge dessen einen recht langen Zeitraum, da« Betriebs-Kapital setzt sich nur langsam um und man braucht auch cine Menge Brennmaterial. Das neue Verfahren hilft diesen Uebelständen ab. Außerdem hat es noch den Vorzug, daß die aus naturfeuchtem Lehm gepreßten Ziegel in ihrem Aussehen nicht das geringste zu wünsch,« übrig lassen und ihre Haltbarkeit nach den amtlichen Proben die der heute gebräuchlichen Ziegel steine um 23 pCt. übertreffen soll. äaennig'r Tageskichl-Aekeuchlungsapparate. Es ist an sich kein »euer Gedanke, Räume, in die das Tageslicht nur sehr spärlich gelangen kann, durch Spiegel zu erhellen, welche die vom Himmel kommenden Lichtstrahlen in den Raum hinein werfen. Bereits seit Jahrzehnten werden in dem Hauptge- schäftsviertel Londons und auch in Paris die nach engen Licht schachten zu gelegene» Schreibstuben zahlreicher Geschäfte den größten Theil des Tages hindurch aus cine solche Weise be leuchtet. Bei uns hat diese ebenso zweckmäßige wie ökono mische Bcleuchtungsart erst seit Kurzem Eingang gefunden, und zwar ist es die Firma W. Hennig in Berlin VV., Kronen straße 42 I., welcher das Verdienst zugesprochcn werden muß, die früher nur im Auslande benutzten Apparate vervollkommnet und bei uns eiugeführt zu haben. Hennig's Tageslicht-Be leuchtungsapparat ist eine m eiserne», Rahmen mit Rücken platte aus Zink eingelassene Krystallglasplatte, deren Belag aber Wesen»,ch dauerhafter ist als der gewöhnliche Quecksilber belag. Die spiegelnde Krystallglasfläche ist nicht eben, sondern schwach wellensörmig; infolgedessen lvirft der Apparat, in ge eigneter Schräge vor dem Fenster des zu erhellenden Raumes befestigt, die von oben auf ihn fallenden Lichtstrahlen aus eine größere Fläche als eine ganz ebene glatte Glasplatte. Die Hennig'schen Apparate werden in sechs Größen von 4N mal «tz cm zu 3t> M.. bis zu 80 mal I2ö cm zu llö M. hcrgestellt, und was Ausführung, Haltbarkeit anlangcn, sind sie alle» ähnlichen, dem Referenten bekannten Apparaten überlegen. Die Aufmerksamkeit der Leser sei auch an dieser Stelle aus die neuesten Erzeugnisse, „Kola-Eacao" und „KolaOhoco- lade", aus der Chocoladensabrik von Wilhelm Felsche in Leipzig-GohliS hingelenkt. Da sich diese Fabrik schon seit vielen Jahren infolge ihrer vorzüglichen Fabrikate eines ausgezeich neten RuseS ersreut, so werden diese Erzeugnisse gewiß auch bald allseitig eine gute Ausnahme finde». Dies läßt sich um so eher erwarten, als die zu den Fabrikaten mit verwandten Kola- Nüsse nach sachverständigen Urtheilen wirklich vorzügliche Eigenschaften besitzen. So soll der Genuß von Kolanüssen be lebend aus die Körperkräfte und gleichzeit,g beruhigend auf die Nerven wirken, sodaß man beim Essen oder Trinken von Kola- Cacao und Kola-Chocolade außerdem Wohlgeschmack des Cacaos auch noch das Stärkende und Belebende der Kolanüsse genießt. Narnnng!!! Immer von neuem tauchen weitere Nach ahmungen der ächten Apotheker Richard Brandts Schweizer pillen auf und kann nicht dringend genug anempsohlen werden, stets beim Ankauf darauf zu bestehen, daß die Schachtel als Etikette ein weißes Kreuz in rothcm Felde und den Namens zug Richard Brandt trägt, alle anders verpackten Schachteln sind falsch und unbedingt zurückzuweisen. Man lasse sich die 4 0» amtlich beglaubigten Anerkennungsschreiben schicken, welch« im Monat Juli und August I89l eingelausen sind. Druck und Verlag von E. Hannebohn in Eibenstock.