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Götzendiener der Materie herabsinkt! — Cs gicbt nichts Elendere» auf Erben, als ein Geschöpf, das glauben möchte und doch nicht glauben kann!" Doktor Warren setzte sich gedankenvoll auf seine» Sessel und winkte dem Andern, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Dieser betrachtete ebenso erstaunt, wie der Andere ihn zuvor, den strengen, cynischen Mann, der sich jetzt als trauernder Philantrop entpuppte. Sech« Wochen hatte dasselbe Dach die zwei Menschen beherbergt, und doch waren sie sich äußerlich, wie innerlich, so fremd wie Antipoden. So wenig erkennt man ost die wahre Natur desjenigen, der uns nahe steht, — bis ein barmherziger Zufall uns sehen lehrt, oder das Verhängniß uns trennt!" Warren begriff mit seiner Menschenkcnntniß sehr gut, was im Anderen vorging. „Gelt!" rief er lächelnd aus. „Sie hielten mich auch, wie die Welt es im allgemein thut, für einen kalten, herzlose», zugeknöpften Egoisten, weil meine Art schroff, meine Rede kurz und mein Mund wahr ist, weil mir die Beglückung dcS Menschengeschlecht« nicht wie Honigseim um die Lippen lagert und da« beständige Lächeln erlogenen Wohlwollen« nicht alle Schäden zu heilen verspricht, wie bei vielen der Herren Doktoren, die Glück haben bei den Weibern, so verschreit man mich als ein Mühlrad der Noth- wcndigkeit, das einzig Geld bewegt, dem jedes Gefühl abgehl und der kalt ist wie Eis." Dann reichte er dem Anderen seine Hand und sagte mit wirklicher Herzenswärme: „Nein! nein! — ich bin nicht im Stande, den gebildeten Hausknecht in dasselbe Spülfaß menschlichen Schunds zu werfen, wie den armen Abguß niedrig geborener und niedrig empfindender Gemeinheit! Ich habe wohl in Ihnen den Kutscher entlassen — aber dem Kollegen biete ich hiermit die Hand zur Forlhilfe." Zernowitz — das war der Name des Jüngeren — wurde aufs freudigste überrascht durch die gütigen Worte des berühmten Arztes. Seine düsteren Züge klärten sich wunderbar schnell auf, und die dargereichte Hand mit Dankbarkeit umschließend, sprach er bewegten Tones, während das schöne, melancholische Auge in feuchtem Glanze schimmerte: „Hätte ich in all den Jahren verzweifelten Kampfes mit dem Mißgeschick nur ein einziges Mal solche er-- muthigende Worte gehört, Doktor Warren, so stände ich schwerlich in diesem Aufzuge vor Ihnen, der von vorn herein die Ebenbürtigkeit ausschließt: Deshalb er lauben Sie", setzte er scherzend, mit Gewalt seine Rührung bemeisternd, hinzu, „daß ich ihn zuerst ab streife, damit ich, des drückenden Gefühles unserer verschiedenen Stellungen bar, als freier Mensch Ihnen eine Geschichte erzählen kann, die so wechselvoll ist, daß sie selbst mir interessant wäre, wenn ich nur ver gessen könnte, daß ich sie erlebt hätte." Und dem Worte die That anfügend, nahm er den Mantel ab und stand dann, sich unwillkürlich reckend und dehnend, als gewinne der innere Mensch an Ausdehnung, im einfachen, wenn auch abgeschabten Rocke vor Doktor Warren. „Beim Olhmp!" rief dieser ihn unaufhörlich auf merksam betrachtend, „bin ich denn blind gewesen? Ich Narr brüste mich mit meiner Menschenkenntniß, und doch überzeuge ich mich jetzt, daß sie Anmaßung vom reinsten Wasser ist. Wie konnte ich nur wagen, einen Mann, wie Sie, in jene Livree zu stecken!" „Unser Wille ist unser Schicksal! Wird er jedoch gezwungen, abzudanken, dann bleibt der Zufall Allein beherrscher und ich danke es heiß und innig dem Zufall, daß er mir nur gestattete, in diesen Rock hineinfahren zu dürfen", erwiderte Zernowitz bitter lächelnd. „Doch hören Sie, wie sich das zutrug. * * * „Ich bin ein Achtundvierziger — d. h. ein Mensch, dessen Illusionen grausam zermalmt wurden — denn das, was wir anstrebten, war nicht lebensfähig, weil daS Vollkommene, sei es in sozialer, politischer, mo ralischer oder physischer Gestalt, nicht von dieser Welt ist. Trotzdem suchten wir es mit der ganzen Gluth der begeisterten Jugend, mit dem schrankenlosen Muth einer unversuchten und deshalb überschätzten Kraft, mit der vollen heiligen Ueberzeugung, baß keine ir dische Gewalt je da« Recht wird ersticken können! „Die Welt kennt ja die Geschichte dieser sonder baren und doch so unheilschwangeren Tage, wo da edle Blut von Deutschlands besten Söhnen auf den Zteinen seiner Pflaster eine Runenschrift einätzte, die ein redende» Denkmal jener Zeit bleiben wird für alle Ewigkeit. „Ich will darüber hinweg eilen — genug, ich ver lor mit dem Verluste der vertretenen Sache Alle«. Seit wenigen Jahren in einem Landstädtchen Badens al« Arzt angestellt, hatte ich mir eine sehr bedeutende Praxis erworben, eine reizende Häuslichkeit eingerichtet, die Geliebte meiner Jugend heimgeführt und mit ihr und einem kaum sechs Monate alten Kinde ein wahres Paradies gefunden. „Allein das Höchste des Menschen, da« Vaterland, rief seine Kämpfer zum Schutz und Trutz, und ich war einer der ersten, die ihm folgten, um wenige Wochen später, dem Gesetze verfallen, bei Nacht und Nebel über seine Grenzen zu fliehen, ein zum Tode Verurtheilter. „Nur der wunderbaren Kühnheit, List und Klug heit, sowie dem Opfermuth meine» Weibes, gelang es, meine Flucht überhaupt zu ermöglichen. Sie batte Alles, Alles daran gesetzt, um mich mit Mitteln zu versehen, rasch nach Amerika zu entkommen — unbe kümmert um sich selbst und da« unmündige Kind, das ich zurückließ. „Um Sie, Doktor Warren, die folgenden That- sacben richtig erfassen zu lassen", unterbrach der Er zähler hier seine Mittheilungen, „muß ich Ihnen zuerst eine Schilderung Ottiliens geben. „Einer weit über mir liegenden gesellschaftlichen Sphäre angehörend, war sie in den engherzigen Vor- urtheilen altacliger Kaste erzogen. Allein ihr Herz und ihr Verstand hatten, genau wie die Eichel, welcde Wurzel schlägt in enger Base und wachsend dieselbe bricht — diese verrotteten Ideen zersprengt, indem sie mir, dem Bürgerlichen, dem Geliebten ihrer Jugend, die Hand reichte — trotz Ahnenstolz und Unversöhn lichkeit der ganzen Familie. „So stand sie vereinsamt — mit Herz und Leben, mit Gut und Blut auf mich angewiesen — auf mich allein ihr ganzes Dasein bauend; weich, fügsam, keinem Widerstand gewachsen bei denen, die sie liebte, beherrschte ihre Umgebung sie, statt daß sie selbst die Verhältnisse sich unterkhan gemacht hätte! Nur die Liebe halte dieser Taube einmal Adlcrflügel geliehen. «Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Hhacinthenzwiebeln gut zu erhalten. Die abgeblüthen Blumen werken auSgetopft und so ausgeputzt, daß kein Blatt abbricht. Hierauf nimmt man ein mit Wasser gefülltes Gefäß, legt darüber kreuzweise Stäbchen und bringt die Zwiebeln darauf, so daß die Wurzeln das Wasser aufsaugen können. Ebenso verfährt man mit den Glashyacinthen. Haben die Zwiebeln das Wasser aufgesogen, so werden sie weggenommcn und in einer trockenen Kammer oder auf dem Boden bis zum August aufbewahrt, dann geputzt und trocken gelegt. So behandelte Zwiebeln vertrocknen nicht und können, da sie sich zum zweiten Male zur Topfkultur nicht eignen, im Herbste zur Cnltur aufs Land benutzt werden. Was die letzteren betrifft, so werden die Zwiebeln im Spätherbst etwa 5 — 8 Ltm. tief in die Erde gesteckt und, um sie vor Frost zu schützen, mit Laub bedeckt. Wenn diese Zwiebeln im späten Frühjahr abgeblüht haben, werden sie ebenso behandelt wie die verwelkten Topfhyacintben, um im nächsten Herbst wieder in die Erde gebracht zu werden. Haben sich dieselben 3 Jahre im freien Lande gekräftigt, so können sie wiederum zur Zimmer kultur benutzt werden. — Große und kleine Diebe. In einem Dorfe des russischen Kreises Melitopol hatten mehrere Bauern aus den Getreideniererlagen örtlicher Händler Korn zu stehlen beschlossen. Sie begaben sich zu diesem Zwecke mit mehreren Säcken zu den Speichern, die auf ziemlich hohen Pfählen erbaut waren, krochen unter die Diele und bohrten von unten mehrere Löcher in die Getreidekammer. Das Korn floß in die Säcke und letztere waren bald bis oben gefüllt. Nun traten die Diebe den Rückweg an, wurden dabei jedoch er tappt und sammt den Säcken dem Gemeindezericht vorgestellt. Wie groß war nun Aller Erstaunen, als in den Säcken nur Abfälle, Sand, Kornrade und dergleichen gesunden wurde, daß die Händler zur Absendung nach Odessa aufgekauft hatten. In Odessa sollte damit da« gute Korn gefälscht werden. Die kleinen Diebe hatten somit die großen Diebe an's Licht gebracht. Hoffentlich werden diesmal die großen Diebe — gehängt werden. — Noch etwas leiser. Ein Musikdirektor, der die Extreme liebte, und dem daher da« Forte nicht stark, das Piano nicht leise genug gespielt wer den konnte, dirigirte einst eine Symphonie, in wel cher die Hörner in einer Stelle pianissimo hatten; die Hornbläser, beide sehr geschickt, befolgten genau die Vorschrift, doch dies war dem Direktor noch nicht genug; er rief ihnen zu: „Noch mehr piano, meine Herren!" Die Herren, welche nicht leiser blasen konnten, behielten zwar die Instrumente am Munde, bliesen aber nicht. Zufrieden wendete sich der Direk tor zu ihnen und sprach: „So ist'« brav, sehr gut! aber — womöglich noch etwas leiser. — Die kleine Unschuld. Gretchens Eltern haben Besuch von einer nicht mit lauter echten Rei zen ausgestatteten Tante, bei der die Kleine gern schlafen möchte. Ihr Wunsch wird erfüllt. Am näch sten Morgen aber kommt sie ganz entsetzt zur Mut ter: „Ach, Mama, ich will doch lieber bei Dir schlafen, daS ist ja eine Tante zum AuSeinander- nehmen!" Verfälschte schwarze Seide. Man ver brenne ein Rllsterchen des Stoffe», von dem man kaufen will, und die etwaige Verfälschung tritt sofort zu Tage: Aechte, rein gefärbte Seide kräuselt sofort zusammen, ver löscht bald und hinterläßt wenig Asche von ganz hellbräun licher Farbe. — Verfälschte Seide (die leicht speckig wird und bricht) brennt langsam fort, namentlich glimmen die „Schußfäden" weiter (wenn sehr mit Farbstoff erschwert), und hinterläßt eine dunkelbraune Asche, die sich im Gegen satz zur ächten Seide nicht kräuselt sondern krümmt. Zer drückt man die Asche der ächten Seide, so zerstäubt sie, die der verfälschten nicht. Das Seidenfabrik - Döpüt von <». ZK. u. K. Hoflief) Lttrick versendet gern Muster von seinen ächten Seidenstoffen an Jedermann und liefert einzelne Roben und ganze Stücke Porto- und zollfrei in's Haus. Doppeltes Briefporto nach der Schweiz. Das rationellste und zugleich billigste Verfahren, einen quälenden, oft Wochen und Monate an dauernden Katarrh in verhältnißinäßig kurzer Zeit (in vielen Fällen schon in einigen Stunden) los zu werden, ist der Ge brauch der Apotheker W. Voß'schen Katarrhvillen. Dieses Mittel, welches vornehmlich aus Chinin besteht, beseitigt als bald die tznlzündunq der Schkeimhäule der Luftwege — nach dem heutigen Stand der Wissenschaft die Arfachc der Katarrhs — und stillt damit das liebel selbst. Wenn man berechnet, wie viel man für Linderungsmittel ostmals ausgibt und doch wochenlang dem quälenden Husten und den vielen schlaflosen Rächten ausgesetzt ist, so spielt die Mark, welche man für den Ankauf der Apotheker W. Voß'schen Katarrh- pillcn ausgibt und damit sein Uebel los wird, gewiß keine Rolle. Die meisten Apotheken führen die Apotheker W. Voß- schcn Katarrhpillen. Preis Mk. I per Dose. Zu haben in Eibenstock bei Apotheker Fischer. ätaiiLrsamtiichc Nachrichten von LchöicheiSe vom ri. bis 27. Februar 1892. Geboren: 45) Dem Fabrikschlosser Julius Hermann Unger hier Nr. 35 I S. 43) Dem Eisenhüttenwerks-Feuermann Carl Anton Werner hier Nr. 4K 1 S. 47) Dem Geschirrführer Friedrich August Pctzold hier Nr. 270 l T. Aufgeboten: vuoat. Ghc,chließungen: rucut. Gestorben: 34) Des Bürstensabrikarbeiters Hermann Richard Schlesiger in Neuheide Nr. 8K T., Auguste Louise, 4 M. 35) De» Bürstensabrikarbeiters Ernst Robert Krauß hier Nr. 142 k S„ Paul Emil, 4 M. Chemnitzer Marktpreis« vom 27. Februar 1892. Weizen russ. Sorten Il Mk. — Pf. bis 11 Mk. 70Pf. pr. 50 Kilo» - sächs. gelb, lO , 90 - N - 20 - < - Weizen II - 40 r s 11 . 40 - - Roggen, preußischer IO - 90 r s 11 - 10 - - - sächsischer lO - 20 r s 10 . 60 - . - russischer 11 - 40 r s 11 - 60 - « Braugerste 8 - 30 - - 9 . 8«) - - Futtergerste 7 . 80 s s 8 - 70 < > Hafer, sächsischer. 7 - 35 s r 7 - 60 » - Kocherbsen 10 . 75 - s 11 - 75 - - Mahl-u. Futtererbsen 9 . 25 r r 9 , 50 - - Heu 3 > 20 s s 3 - 60 - » Stroh 2 - 80 s » 3 . 10 - - Kartoffeln 3 - 60 r » 4 . 10 - . Butter 2 . 20 s « 2 < 80 - - I Wichtig für jeden Staatsbürger. Die neuen deutschen Reichsgesetze find jetzt vollständig erschienen und sind in 3 Bänden n 3 Mark oder in 62 Heften ü 10 Pf. zu beziehen durch V. ». ÄLüttvr s Buchhandlung, Eibenstock. Gleichzeitig empfehle große Auswahl von Krfangbllchern in allen Gattungen. Her-lichen Dank allen Verwandten und Freunden, welche un« bei dem betroffenen Brandunglück sc hilfreich zur Seite standen. Familie Lmt! »««-k. Kräuter-GeMbe-Cröffillmg. Im Hause des Herrn in Schönheide, Haupistr. 4O8U, nächst d. Buchbinderei d. Hrn. Rödger, habe ich heute ein Ailllttt-AllMt, Wen-». MlMl»MWHesW eröffnet. Um gütige Berücksichtigung bittend, zeichne Hochachtungsvoll «ss. L. Einen ordentlichen Sticker -MP sucht Doeniet«»-. Irachtvriese empfiehlt L. llannabokn. 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