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Werks unter die Unfallversicherungspflicht bemerkbar machen, nicht verkannt. Um dieselben zu überwinden, ist eS natürlich, daß die UnfallversicherungS Organi sation sich beim Handwerk anders gestalten muß, als beim Großgewerde. Man wirv namentlich auf eine Verringerung der Ausgaben für die Verwaltung und ferner, wenn angängig, für die Reservefonds Bedacht nehmen müssen, um die Belastung des Handwerks möglichst leicht zn gestalten. — In dem amtlichen „Militär-Wochenblatt" äußert sich ein höherer bayerischer Offizier zu der Frage be treffend die Soldatenmißhandlungen und das öffentliche Gerichtsverfahren u. A. wie folgt: „Da« wirksamste Mittel, Soldatenmißhandlungen zu steuern, ist, sich zu vergegenwärtigen, in welcher Periode des Dienstlebens dieselben am häufigsten vorkommen. Das ist bekanntlich während der ersten Ausbildung. Unsere Rekruten bringen im großen Ganzen Kraft nnd guten Willen mit, viele aber sind in Folge ihres früheren Berufes steif nnd ungelenk. Steifheit und Ungelenkigkeit lassen sich durch rationelle Behandlung beseitigen, eS erfordert dies aber bei dem Einen mehr, bei dem Anderen weniger Zeit. Da aber Alle zu gleicher Zeit fertig ausgebildet sein sollen, kommt eS dann vor, daß die Abrichter bei Ungeschickten in ihrem Eifer zu Gewaltmaßregeln greifen. Besonders wird dieses noch hervorgerusen, wenn höhere Vorgesetzte vor der Zeit aus den Uebungsplätzen erscheinen und da schon Resultate sehen wollen, die noch nicht er reicht werden konnten. Die Abrichter werden dann gescholten und, dadurch mißmuthig gemacht, lassen sie «S nur zu leicht den Rekruten entgelten. Steifheit und Ungelcnkigkcit zu beseitigen, giebt die Gymnastik die besten Hülfsmittel an die Hand, bei gegebener Leit und systematischer Fortbildung lassen sich hier erstaunliche Resultate, wie auch insbesondere jene Körperhaltung erzielen, welche sowohl stehenden Fußes wie auch im Marsche den Anforderungen des Regle ments entspricht und welche keine andere ist als eine ganz natürliche, die jeder durch Gymnastik ausgebil dete Körper so zu sagen von selbst annimmt. Da rum eine rationelle Gymnastik, selbstverständlich alle Gewaltmaßregeln auSjchließenv; dann darf wohl er wartet werden, daß durch deren ausgedehnteste An wendung die Mißhandlungen ferngehallen werden. Vielsack, wird in der ersten Unterrichtszeit noch zu wenig Gymnastik getrieben, desto mehr aber exerzirt. Dadurch zwängt man allerdings den Mann allmäh lich in eine steife gerade Haltung hinein, ohne ihn jedoch gelenkig zu machen; dies tritt besonders zu Tage bei den Griffen durch Verdrehen und einseitiges Heben der Schultern. Wirv der Ausbildung der Re kruten entsprechend Zeit gelassen, werden nur zeitge mäße Resultate verlangt, und der Grund zur Körper haltung weniger durch steifes, einförmiges Detailexer- ziren, als durch Gymnastik gelegt, dann fallen gewiß viele Veranlassungen zu Mißhandlungen fori; und gelingt dieses in der ersten Ausbildungszeit, io ist damit viel gewonnen, ob durch Einführung des öffent lichen Gerichtsverfahrens mehr erreicht wirv, dürfte sehr fraglich sein." — In Schleswig wird demnächst dem Dichter des Liedes „Schleswig-Holstein, meerumschlungen", dem verstorbenen Amtsrichter Chemnitz aus Altona, ein Denkmal errichtet werden. Am 24 Juli 1894 hofft man den Erinnerungsstein setzen zu können. An diesem Tage war eS, wo zum ersten Male vor dl) Jahren das gegen dänische Vergewaltigung ge richtete Lied gelegentlich eines engeren Landes-Sänger festes in der alten Schleistadt vorgetragcn ward. Es ist in Aussicht genommen, mit der DenkmalSein- weihung abermals ein Provinzial-Sängerfest zu ver- Hinden. — Frankreich. Bot eS in Frankreich während res letzten Jahrzehnts schon immer große Schwierig keiten, ein neues Kabinet zu bilden, so scheint es diesmal ganz besonders schwer zu sein. Auch der radikale frühere Unterrichts-Minister Bourgeois hat kein neue« Ministerium zusammengebracht und daher auf den ihm gewordenen Auftrag verzichtet. Präsident Carnot hat sich daber an den bisher politisch nicht besonders hervorgetretencn Senator Loudet gewendet und dieser cs übernommen, sein Glück zu versuchen. Unterdeß berichtet man aus Paris, Freycinet trete immer deutlicher mit dem Plane hervor, Carnot zu stürzen und an dessen Stelle Präsident der Republik zu werden. Als Mithelfer bei den Intrigen und als Mitbewerber hat er den Präsidenten der Kammer Floquet. — Rußland. Die russische inter nationale Geheimpolizei, welche die Uederwachung der Nihilisten zur Hauptaufgabe hat, ist bekanntlich in großartiger Weise organisirt. Es gehen, so schreiben die „B. N. N.", uns über dieses umfangreiche Institut folgende Daten, für welche wir un« allerdings nicht verbürgen können, zu: Der europäische Chef derselben ist der russische General konsul in Berlin, Herr Dimitri Kazarinoff. An ihn Lichten alle russischen Polizei-Agenten de« Kontinent« ähr« Berichte. Ihm zur Seile stehen zwei Ober- agentcn oder stellvertretende Chef«, von denen der «ine in London, der andere in Genf wohnt. Die Agenten, welche die Nihilisten in den verschiedenen europäischen Staaten überwachen, sind den Regierungen der Länder, in denen sie sich aufhalten, wohl bekannt und werden von ihnen ost unterstützt. In Amerika und zwar in New-Jork wohnt der zweite Chef der russischen Geheimpolizei, es ist der russische General konsul Baron Roman Rosen. Wie sein AmtSbrudcr in Europa unterhält auch er überall in den großen Städten des amerikanischen Festlandes Agenten, Inspektoren und Nnteragenten, die ihn von allem in Kennlniß setzen, was die russischen Flüchtlinge treiben. Befindet sich unter den letzteren eine besonders her vorragende nihilistische „Kraft", wie es z. B. Hart mann war, der einst in Gemeinschaft mit seiner Ge nossin Sophia Peroskaja in der Nähe von Moskau den kaiserlichen Hofzug in die Lust sprengen wollte, so heften sich zwei oder selbst drei Geheimagenten an seine Sohlen, lassen ihn nicht mehr außer Acht und erstatten täglich Bericht über all sein Thun und Lassen. Natürlich muß die Uederwachung möglichst unauffällig vor sich gehen. Die beiden Polizcicheis in Berlin und New-Jork stehen in täglichem tele graphischen Verkehr mit dem Chef der Geheimpolizei in Petersburg. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 26. Februar. (Eingesandt.) Gestern wurde unter allgemeinster Theilnadme der Bürgerschaft der König!. Commerzienrakh Moritz Hirsch berg, unser hochverdienter Mitbürger, zur ewigen Ruhe bestattet. Die Trauerfeierlichkeit fand in der Halle des Friedhofes statt. In trefflicher Rede schilderte Herr Diaconus Fischer den Verlust, der die Familie und die ganze Stadt betroffen hat. Warme Worte des Dankes und der Anerkennung widmete Herr Bürgermeister vr. Körner dem ehe maligen langjährigen Mitglied« der städtischen Collezien. Ganz besonders aber schilderte der höchste Vertreter der Regierung unseres Kreises, Herr Kreishauptmann Schmiedel, in anerkennendster Weise die Verdienste, die sich der Verblichene durch sein mehr denn 20- jährigcS Wirken für das Wohl der Stadt Eibenstock und als Mitglied des Kreisausschusses, dem er seit 1876 angehört, erworben Hal und mit welchem Fug und Recht er den ihm durch die Huld seines Königs verliehenen Titel eines Commerzienrath trug, hob auch noch besonders hervor, wie häufig man an höchster Stelle in volkswirthschaftlichen Fragen die Meinung des Verblichenen eingeholt und wieviel Werth man auf seine Ansichten und Erfahrungen gelegt hat. Mit einem „Habe Dank" und „Ruhe sanft" schloß Herr Krcishauptmann seine das Andenken des Heim gegangenen so hoch auszeichnende treffende Rede. — Eibenstock, 29. Febr. In unscrm Bericht über das letzte Schadenfeuer im Stadttheil Crotten- see wurde der Thatsache Erwähnung gethan, daß durch das rechtzeitige Eingreifen der Hüttenfeuerwehr von Schönheiderhammer die drohende Gefahr großer Ausbreitung des Brandes m i t verhindert worden ist. Damit sollte aber nicht etwa gesagt sein, als hätten sich die Mannschaften der hiesigen Freiw. Turner-Feuerwehr oder der städtischen Pflichtfeuer- wehr minder erfolgreich und ausdauernd an den Löscharbeiten betheiligt. Das Verdienst unerschrockener, hingebender Thätigkeit bei Unterdrückung des gefähr lichen Elements gebührt den dabei betheiligten Wehren gleichmäßig, was wir hiermit nachträglich noch gern zum Ausdruck bringen. — Schönheide, 28. Febr. In dem zur Friedrich'schen Papierfabrik in Wilzschhaus gehörigen Wassergraben konnte in der vergangenen Woche leicht ein 11 jähriger Knabe seinen Tod finden. Mehrere Knaben aus Rautenkranz waren in den Wald ge gangen, um dürres Holz zu sammeln. Als sie auf dem Rückwege auf schmalem Stege den Mühlgraben überschritten, glitt einer von ihnen aus und stürzte ins Wasser, das an der Stelle sicher 5—6 Fuß tief ist. Der Knabe wäre höchstwahrscheinlich verloren gewesen, wenn er keinen Korb getragen hätte; doch dieser hielt ihn vollständig über Wasser, sodaß er zwar eine Strecke weit fortschwamm, aber noch rechtzeitig von seinen Kameraden gerettet werden konnte. Auch das unfreiwillig genommene kalte Bad soll für ihn ohne nachtheilige Folgen gewesen sein. — Dresden. Die am 23. d. M. von hier heimlich aus der elterlichen Wohnung weggebliebenen beiden Kinder, die einen Abschiedsbrief zurückgelasscn hatten, sind jetzt wieder zurückgekehrt. Sie wollen wirklich in Lauban bei ihrem Oheim gewesen und von Letzterem auf der Eisenbahn zurllckbefördert worden sein. — Leipzig. Eine Auszeichnung für treube- währtc Dienstmädchen, schlug schon vor länger al« hundert Jahren in Leipzig ein Kaufmann vor, doch fand er an höherer Stelle so wenig Unterstütz ung, daß nichts daraus wurde. Der Kaufmann, Gottlieb Krumbhaar war sein Name, übergab an Rathsstelle ein auch von anderen angesehenen Bür gern unterschriebenes Bittgesuch de« Inhalts, daß, wenn eine Köchin oder ein Dienstmädchen in einer Familie mit voller Zufriedenheit ein Jahr ausgehal- len und sich treu, ehrlich und sittsam verhalten hätte, sie eine grüne Schleife, nach dreijähriger Dienstzeit eine blaue, nach sechsjähriger eine silberdurchwirkte und nach zehnjähriger eine golddurchwirkte Schleife am Arme zu tragen berechtigt sein sollte, die so gut wäre, al« eine Ehrenmedaille. E« würde die- auch für Freier von Nutzen sein, die keine StaatSmamsell und Tanzbodeukuudin, sondern eine tüchtige Hausfrau für Wirthschaft und Geschäft brauchten und unter diesen braven und bewährten Mädchen wählen könnten. Die Petition wurde beiseite gelegt, weil man sie für „phantastisch" hielt. — Chemnitz. Der vormalige Bürgermeister und Postverwalter Preiß aus Grün ha in wurde wegen Unterschlagung von 3030,»? Mk. Postgeldern und 2265 Mk. Gemeindegeldern vom Schwurgericht in Zwickau zu 4 Jahren Zuchthaus und 6 Jahren Ehrenrechtsverlust verurtheilt. — Falkenstein. Um eine kürzlich hier mit 850 Mark ausgeschriebene Schutzmannstelle haben sich 71 Bewerber gemeldet. Ein Zeichen dafür, wie lebhaft das Bestreben nach Stellen ist. — Sachsen hat noch nie eine so starke Zahl der Ausgewanderten auszuweisen gehabt, als im Vorjahre, in welchem 4126 Personen ihrem Heimath- lande dem Rücken kehrten. In den letzten 10 Jahren war die höchste Ziffer 2577 gewesen. Die Auswan derung hat im vergangenen Jahre fast in allen deutschen Staaten zugenommen. Das ist ein ziffern mäßiger Beweiß von der jetzigen Geschäftslage. (Eingesandt.) Wie verlautet, beabsichtigt ver Erzgebirgs- Verein in Eibenstock demnächst einen Familien- Abend zu veranstalten und soll der unterhaltende Theil dieses Abends mit dem Theaterstück: „Alm rausch und Edelweiß" ausgesüllt werden. Dieses Drama, welches sich hauptsächlich in vem Rahmen der Tragödie bewegt, behandelt ein Ereigniß au« dem Volksleben des Bayerscben Hochgebirges, wobei recht lebenswarm zur Veranschaulichung gebracht wird, wie ein Mensch in seiner bis zum Haß ge steigerten Liebesleidcnschast auf Mittel sinnt, das junge Glück eines liebenden Paares zu vernichten. Da nun dem genannten Vereine Dilettanten-Kräfte zur Verfügung stehen, welche das in der Handlung dieses Dramas liegende reiche DarstellungSmaterial vollständig zu beherrschen imstande sind, auch keine Kosten gescheut worden sind, das Stück theilweise mit neuen Dekorationen und Kostüme» auSzustatien, so dürfte außer Zweifel stehen, daß sich die Aufführung desselben zu einer wohlgelungenen, der Abend über haupt aber zu einem recht genußreichen gestalten wird uno glaubt man die Herren Mitglieder und Gönner des obengenannten Vereins hierdurch auf diesen Ge nuß ganz besonders aufmerksam machen zu sollen. ). Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Vor 100 Jahren, am I. März 1792, war ein Wendepunkt nicht nur in der europäischen Politik, nicht nur in dem poli tischen Leben Deutschlands, sondern auch im Leben der Völker. Aeußerlich tritt solch' entscheidender Augenblick nicht sonderlich hervor, wenigstens nicht in der geschichtlichen Thalsache, die aus den genannten Tag sällt. An dem oben bezeichneten Tage ftarb der deutsche Kaiser Leopold II. und ihm solgte sein Sohn Franz 11. als deutscher Kaffer. Leopold hatte — und das mußte man in der Folgezeit noch besser anerkennen, als in jener Zeit selbst — oie Politik sehr Wohl zu übersehen ver mocht und ihm erschien die Lage Europas klarer, als wohl den meisten seiner Zeitgenossen. Er hatte den französischen Emi granten gute Worte gegeben, er hatte sich auch mit Preußen im Vertrage zu Pillnitz gegen die Revolutionäre Frankreichs verbündet, aber das waren Alles Worte und sollten eS bleiben, wenn es nach ihm ging. Ihm war cs anscheinend von vorn herein klar, daß die Folgen eines Krieges mit dein revolutio nären Frankreich ganz unberechenbare waren und er suchte diesen Krieg zu vermeiden. MN seinem Tode hörte diese ab wartende Politik auf und eS kam zu dem „militärischen Spa ziergänge" nach Frankreich, wie man übermüthigerweise diesen Feldzug seitens der preußischen Offiziere nannte und zu Ver wickelungen, die erst mit dein Jahre I81S ihren Abschluß er reichten. 2. März. Mitten unter den Wirren deS Krimkrieges, nachdem er festen Sinnes sein Haus bestellt hatte, verschied Kaiser Niko laus von Rußland am 2. März I8dü. Schlossers Weltge schichte schreibt über den Tod dieses Herrschers folgende charakteristischen Sätze: Sein Tod machte ein ungeheueres Aufsehen in der Welt. Alle Trauerehren wurden an den Hösen von Wien und Berlin aufgeboten und besonders in der letzteren Stadt erschöpfte sich die herrschende Partei, welche ihr Organ in der Kreuzzeilung besaß und außerdem eine genügende Anzahl knechtischer Journalisten und Phrasendrescher in ihrem Solde hatte, in einer Ostentativ» von Trauer und Schmerz, welche selbst, wenn es sich um den Tod des eigenen Landes fürsten gehandelt hätte, da« Maß des Geziemenden, mit welchem man die Tobten ehren soll, weit überschritten haben würde und welche einem fremden Machthaber gegenüber ein Ucdermaß von Knechtsinn verrieth, das der Partei einen dauernden Makel anhestete. Würdiger war daS Wort, das der Sultan der Türkei auf die Nachricht vom Tode seines gewaltigen Feindes geäußert Haden soll: „Gott, der den Fürsten richtet, wie den Bettler, möge dem Verstorbenen seine Sünden vergeben." Doktor Zernowitz. Ein Lebensbild. Preisgekrönte Arbeit von Frau Sutro-Schückiug. (1. Fortsetzung.- Ohne Zögern willigke er jetzt ein unv Doktor Warren ging hinan«, um jede Unterbrechung von vornherein zu verhindern. Nachdem er zurückgekehrt, sagte er ernst: »Da« wilde Chao« auf Erven, von Verdienst und Leiden, von Mißerfolg und Erfolg, läßt den gläubigen Denker zum ungläubigen Zweifler werden und nimmt Jedem den Frieden der Seele, der eben nicht au« Gleichgültigkeit zum erbärmlichen