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selben, damit er besser schmecke» sollte, durch einen andern Rekruten vorher mit Salz bestreuen. Nachdem Kujan schließ lich doch zur Meldung gebracht worden war, bedrohte er seine Mannschaften, sie würden ihr eigenes TodeSurtheil unter schreiben, wenn sie über die vorgekommene» Mißhandlungen etwa« aussagten, ES versieht sich, daß derartige Mißhand lungen von de» empfindlichsten Folge» sür die betreffenden Unterosfizicre begleitet sein müssen. Obwohl die Richter der zur Aburlheilung derartiger Bergehen berusenen Spruchgerichte ost nur zu sehr geneigt sind, strasmindernde Rücksichten zuzu lasse!!, so sind doch beispielsweise bestraft worden: Unter offizier Weise mit 2 Jahren Gesängniß und Degradation, Obergesreiter Liebing mit 2 Jahren Gesängniß, Obergesreiter Hoffmann mit 2 Jahren und 3 Monaten Gesängniß, Unter offizier Zehme mit 3 Jahren Gesängniß und Degradation, Unteroffizier Geilsdorf mit 4'/, Jahren Gesängniß und De gradation, Sergeant Pflug mit 3 Jahren Gesängniß. Hagesgeschichle. — Deutschland. In parlamentarischen Kreisen, so schreibt das „B. T." verbreitet sich die Kunde, daß Fürst Bismarck doch noch im Laufe der Session nach Berlin kommen werde, allerdings nicht, um im Reichstag „gegen den neuen Kurs" zu steuern, sondern nm im Herrenhause Stellung zu dem neuen Volksschulgesetzenlwurf zu nehmen. Die Nachricht trägt eine gewisse innerliche Glaubwürdig keit in sich. Fürst Bismarck wendet sich, wie man aus den „Hamb. Nachr." säst täglich ersehen kann, mehr und mehr dem gemäßigten politischen Liberalis mus zu; er spricht sich gegen die Lankrathswahlen, für die Ministerveramwortlichkeit, neuerdings sogar für die Oefsentlichkeit im Militärstrasversahren aus. Man kann daher die Bermulhung auszusprcchen wagen, daß sich Fürst Bismarck auch gegen das Kon- fessionalitäts-Prinzip des neuen Volksschulgesetz- entwurfs erklären dürfte. — Die Kundgebungen sür und wider den preußischen Volksschulgesetzentwurf mehren sich. So wird ans Halle a. S. berichtet, daß der ganze Lehrkörper der dortigen Universität eine Eingabe an das Abgeordnetenhaus beschlossen hat, in der die Ablehnung des Bolksschulgesetzes gefordert werden soll. — Eine Reihe Soldaten Mißhandlungen veröffentlicht die „Nene Badische Landeszkg." unter Nennung der betreffenden militärischen Vorgesetzten. Unter Anderem soll einem Manne, der eine falsche Wendung machte, ans Befehl eines Vizefeldwebels in's Gesicht gespicen worden sein. — Apen bade, 8. Februar. In allen deutschen Kreisen ruft die 'Nachricht, daß das Kaiscrbild in der Schule zu Rangstrnp, zwischen Apenrade und Lügumkloster, in einer der letzten Nächte in schänd lichster Weise verstümmelt worden ist, Entrüstung hervor. Der Verdacht der Täterschaft lenkt sich auf fanatische Dänen. Dieselben drangen in das Schullokal ein, wo sie zunächst Rahmen und GlaS entfernten. Dann schnitten sie dem Bilde den Kopf ab. Das entstellte Bild wurde später auf dem Schulwege gefunden. Bisher sind die Thäter noch nicht entdeckt. — Frankreich. Henri Rochefort, der Laternen mann, sagt in seinem „Jntransigeant" bezüglich des Erlasses des Prinzen Georg über Soldaten-Miß- handlungen: „Ich wünschte nur, auch in der franzö sischen Armee erstände einmal ein solcher Ritter G'vrg, wie ihn die deutsche besitzt! In der französischen Armee kommen tagtäglich dieselben Geschichten vor, aber sie werden vertuscht und zugedcckt. In der deutschen zieht man sie ans Licht und droht den Pei nigern mit Strafe. Da« ist doch immer etwas Gutes, was mit Hoffnungen auf die Zukunft erfüllt. Auch vom Feinde kann man lernen und soll man lernen, und ich möchte wünschen, in dieser Beziehung lernten wir noch von ihm." — Rußland. Berliner Blätter machten kürzlich Mittheilung von einem Fall schwerer Gehorsam verweigerung im russischen Heere, welcher dadurch zu einer radikalen Erledigung gelangte, daß der be treffende Offizier die der Insubordination sich Schul digmachenden einfach niederschoß. Die „Köln. Ztg." läßt sich aus Warschau den Vorfall jetzt in folgender Weise melden: Ein Artillerie-Oberst bot seiner Truppe Guten Morgen, worauf alles stumm blieb. Der Oberst bot sodann dem ältesten Unteroffizierseldwebel persönlich seinen Morgengruß und erschoß diesen, als er den Gruß unerwidert ließ. Au« dem gleichen Grunde erschoß der Oberst einen zweiten Avancirlen, woraus sein vor der Frontmitte wiederholter Gruß einstimmig erwidert wurde. Locale unv sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 10. Febr. Am Montag Abend starb an übergroßem Morphiumgenuß der in hiesiger Apotheke angestellte, in den hohen Zwanziger Jahren stehende Gehülse Julius Gie« au« Marburg. Ob der Genuß de« Morphiums ein absichtlicher oder un absichtlicher gewesen ist, entzieht sich der Beurtheilung. — Eibenstock. Der Anschluß der hiesigen Fern sprecheinrichtung an da» Fernsprechnetz des Sächsischen Jndustriebezirk» ist für da« EtatS- jahr 1802/03 in Aussicht genommen. Da» Reichs postamt Berlin schreibt hierüber an den Stadtrath zu Eibenstock: Berlin, am 30. Januar 1882. Aus die Eingabe vom 18. Dezember vorigen Jahres wird dem Sladlrath ergebens! erwidert, daß da» Reichspostamt be ¬ reit ist, die Herstellung einer Fernsprechverbindung von Eidenstock nach Zwickau (Sachsen) sür da» Etatsjahr 1882/93 in Aus sicht zu nehmen, sofern die Theilnehmer in Eibenstock sich dazu verstehen, au» dem Betriebe der BerbindungSanlage »in« JahrcS- einnahme von 2288 Mark aus die Dauer von sünf Jahren sicher ,u stellen. Diese Sicherstellung würde in rechtsverbind licher Form dergestalt zu geschehen haben, daß derjenige Betrag, um welchen die aus den einzelnen Gesprächen auskommenden Gebühren hinter dem gewährleisteten JahreSertrage etwa Zu rückbleiben sollten, am Schluffe jeden BelriebSjahrcS zur Post kaffe nachgezahlt wird. Dem Anträge de» StadtrathS, von der Gewährleistung einer jährlichen Einnahme abzusehen, vermag das ReichSpostamt aus grundsätzlichen Rücksichten nicht Folge zu geben. Die Theilnehmer in Eibenstock würden zum Sprechverkehr mit denjenigen in Zwickau, Meerane, Reichenbach, Plauen, Crimmitschau, Leipzig, Glauchau und Chemnitz zugelaffen werden, wobei sür das gewöhnliche Gespräch bis zur Dauer von 3 Minuten eine Gebühr von > Mark zu entrichten wäre. Dem Stadtrath wird ergebens! anheimgestcllt, die Kaiser liche Ober-Postdirektion in Leipzig, welche nach Vorstehendem verständigt worden ist, von der Entschließung der Bctheiligten in Kenntniß zu setzen. — Eibenstock. Ans Ersuche» seilen des Vor standes deS hiesigen „Reichslreucn Vereins" sprach am vergangenen Sonnabend in öffentlicher Versamm lung Herr Reichslagsabgeordneter Holtzmann im Saale veS Feldschlößcheu. Redner drückte zunächst seine Freude darüber aus, daß er vor den Wählern in ruhiger Zeit, ohne die Wahlaufregung mit ihrer Verbitterung sprechen könne, und kam dann auf die Haupt-Agitationsmittel der letzten Wahlbewegung zurück. Drei besonders belastende Fehler seien dem früheren Cartell-Reichstag vorge- worfeu worden, die fortwährende Steigerung der militärischen Lasten, die Verkürzung der Wahlfrciheit durch Einführung der bjährigen Gesetzgebungsperioden und die Vertheuerung der Lebensmittel durch Erhöhung der Getreidezölle. Was habe nun der neue Reichstag, der die frühere Cartellmajorität nicht mehr hat, auf diese« Gebieten geleistet? Gleich die erste That war eine Erhöhung der Friedensstärke um etwa 20,000 Mann, wodurch die Haltung des früheren Reichstags glänzend gerechtfertigt sei. Die neue Majorität habe sich den zwingenden Gründen, welche durch die ganze Weltlage Deutschland nölhigen, seine Armee den feind lichen Armeen ebenbürtig zu halten, eben auch nicht verschließen können, woiür sie zu loben sei. Ein Antrag auf Wiederherstellung der 3jährigen Gesctzgebungsperioden sei bis jetzt von der neuen Ma jorität noch nicht gestellt, wahrscheinlich, weil sie lieber 5 Jahre als 3 an der Macht blieben. Ein Antrag auf Herabsetzung der Getreidezölle sei mit 210 gegen 106 Stimmen abgclehnt worden; der neue Reichstag, der unter dem Feldgeschrei „fort mit den LebenSmittelvertheurern" gewählt wurde, habe also eine festere Majorität für die Getreidezölle als irgend ein früherer. Das sei im Wesentlichen der freisinnigen Agitation zu danken, welche in ihrem Be streben unter allen Umständen die Natioualliberalen zu beseitigen, überall für Ultramontane, Welfen und Polen, die fast alle Getreidezöllner sind, eingetreten seien. Um diese Thaten zu erreichen, sei also die Beseitigung der Cartellmehrheit nicht nöthig gewesen. Eingehend verbreitete sich Herr Holtzmann über den schweren Mißgriff, welcher durch die Angriffe auf die Getreidezölle während der Verhandlungen über die Handelsverträge begangen worden sei. Die Vermin derung der Getreidczölle sei das einzige gewesen, was man Oesterreich als Gegenleistung sür Ermäßigung seiner hohen Zudustriezölle habe anbieten können, und da sei c« doch unklug und unpraktisch, diese Eoncession als etwas Werihloses hinzustellcn. Der Redner bekannte sich aufs Neue als ein entschiedener Gegner der Getreidezölle. Er habe in seiner ganzen parlamentarischen Laufbahn noch niemals für einen Getrcidezoll gestimmt. Die Angriffe auf diese falschen Zölle müsse man aber zu einer Zeit machen, wo man Aussicht auf Erfolg habe und nicht politische Ver handlungen dadurch schädige. Es sei falsch, den Freunden der Getreidezölle nur selbstsüchtige Beweg gründe nnterzuschieben. Sie hätten ihrerseits auch manchen guten Grund in« Feld zu führen, am an sprechendsten seien ihm immer die Sorge für einen gesunden Bauernstand und die Rücksichten auf die Landesvertheidigung gewesen. Wenn er gleichwohl ein so entschiedener Gegner der Getreidezölle sei, so führe ihn dazu die Erwägung, daß in den Zeiten, da der Bauer den Zoll brauchen könne, er ihm nichts nütze, und wenn er ihm nütze, seien ohnehin schon hohe Getreidcpreise vorhanden, dann sei eine weitere Vertheuerung unnöthig und schädlich. Hat das Aus land Ueberfluß an Brodkorn, so schreiben wir ihm die Preise vor und e« muß den ganzen Zoll tragen, wenn es zu uns verkaufen will. Haben wir aber, wie in diesem Augenblick, Mangel an Getreide, so schreibt das Ausland un» die Preise vor, und wir zahlen den ganzen Zoll aus unserer Tasche. Auch hier regelt sich der Preis nach Angebot und Nachfrage. Außerdem komme selbst in den Zeiten, wo der Zoll wirkt, der Nutzen nach Professor Conrad nur etwa dem fünften Theil der deutschen Landwirthe zu gut; ein weitere» Fünftel sei ganz unbetheiligt, weil sie genau so viel Brodkorn bauen, al» sie selbst ver brauchen; drei Fünftel aber müssen noch Brod kaufen, hätten also ebenso unter der Thenerung zu leiden, wie der industrielle Arbeiter. Daß sich aber der hohe GetreidepreiS im Brodprei» ausdrücke, ergebe schon die un» Grenzbewohnern wohl bekannte Thatsache, vaß das Brod in Böhmen wesentlich billiger sei als bei uns. Wir hätten die Pflicht, für unsere Be völkerung möglichst gute und billige Lebenshaltung zu sorgen, er wünsche, unseren Arbeitern reichliche Arbeit mit hohen Löhnen und billige Lebensmittel zu beschaffen. Dazu seien die Handelsverträge nothwendig. Früher, als Frankreich mit allen Staaten Tarifver träge hatte und wir durch unsere Meistbegünstigungs verträge an jeder Zollherabsetzung, weiche irgend ein Culturstaat eintreten ließ, Theil nahmen, konnte» wir uns in Zollsachen ganz freie Hand halten. Nachdem aber alle Staaten ihren Zollschutz wesentlich erhöht haben und alle Tarifverträge gefallen sind, droht sür unseren Export eine schwele Schädigung. Es sei ein dankcnswerthes Vorgehen unserer deutschen Regierung, daß sie jetzt mit dem Abschluß von Tarifverträgen vorgegangen sei, dadurch wisse unsere deutsche In dustrie, mit welchen fremden Zolltarifen sie in den nächsten 12 Jahren zu rechnen habe. Nichts sei chädlicher für unsere auswärtigen Geschäfte, al« wenn eben Augenblick an den Zöllen geändert werde. Ohne Export können wir aber überhaupt nicht leben. Deutschland kann sich mit rem, was sein Boden an Lebensmitteln erzeugt, nicht ernähren. E« muß fremde Lebensmittel kaufen, und dieselben mit den industriellen Erzeugnissen unserer fleißigen Hände bezahlen. Von 1870 bis 1891 sei unsere Bevölkerung von 44 aus 50 Millionen gestiegen, es sei selbstverständlich, daß die inländische Getreideerzeugung nicht in gleicher Weise steigen konnte. Also hieße es, fremdes Getreide kaufen und bezahlen. Thalsächlich exportirt Deutsch land jährlich für weit über 3000 Millionen Mark, hauptsächlich fertige Maaren. Die Handelsverträge seien deshalb auch mit großer Majorität angenommen worden, dabei hätten viele Abgeordnete gegen ihr persönliches Interesse gestimmt, weil sie es für ihre Pflicht gehalten hätten. Er er wähnte dies, weil cs neuerdings von gewisser L>eite zur Gewohnheit geworden sei, den Abgeordneten des Reichstags schnöden Eigennutz vorzuwerfen. Habe Redner doch selbst bei der letzten Wahl die Verdäch tigung erfahren müssen, daß er die Befreiung des Holzzolls im Grenzverkeyr lediglich im eigenen Interesse vorgeschlagen und durchgesctzt habe. Schleifholz könne als Brennholz eingehen und sei dann ohnehin ebne Zoll. Für die Holzstofffabrikantcn habe also die Be freiung im Grenzverkehr keinen oder sehr geringen Werth, man brauche das Holz nur jenseits der Grenze in Meterstücke zu zerschneiden. Aber für die kleineren Sagemühlen, die hart an der Grenze liegen und auf den Bezug böhmischen Holzes angewiesen sind, sei ein Zoll gleichbedeutend mit dem vollständigen Ruin, um diesen Schaden abzuwenden, sei die Befreiung im Grenzverkehr in den Zolltarif ausgenommen worden. Zum Schluffe mahnte der Herr Redner zu Einig keit und Abmindernng der politischen Gegensätze. Wir sollten uns vor Allem erinnern, daß wir Söhne eines Vaterlandes sind, und daß wir einig fast die Welt regieren können. Zwietracht und Hader aber schwächt uns, und wer weiß, ob wir nicht bald unsere ganze Kraft brauchen, um unser theures Vaterland zu schützen und zu erhalten. Hierauf wurde folgende Erklärung: „Die Ver sammlung dankt Herrn Holtzmann für seinen Vortrag und hauptsächlich auch dafür, daß er, wie wir wissen, seine Pflicht als Abgeordneter deS deutschen Volkes in so hervorragender Weise erfüllt und dabei im Be sonderen die Interessen unseres Kreises mit so vor züglichem Erfolg zu vertreten verstanden hat", ein stimmig angenommen. — Leipzig, 9. Februar. In der vergangenen Nacht stürzte von dem Hause de« Stellmacher« Pflug in der Langenstraße zu Connewitz die Rück- und die Giebclwand ein. DaS Haus war von drei Fami lien bewohnt, die aber noch rechtzeitig aus dem Schlafe geweckt und dadurch vor schwerem Unheil bewahrt werden konnten. Der Zusammensturz des Hauses ist darauf zurückzuführen, daß das Gebäude übersetzt worden ist und infolge der in den letzten Tagen herrschenden Nässe, die in das neue Stockwerk einge drungen ist, den Halt verlor und dadurch zusammen gebrochen ist. — Schneeberg. Durch den neuen Handels vertrag ist der Zoll auf rohen Tüll nicht herabgesetzt worden ; er hat seinen Satz von 80 Mk. behauptet. E« ist dies von wesentlicher Bedeutung für die erst seit einigen Jahren in Schneeberg errichtete Tüllsabrik der Firma Gebrüder Lehm. Dieselbe war die erste derartige Fabrik in Deutschland und ist auch gegen wärtig noch die einzige, da ein gleiches Etablissement in Schönheide abbrannte, aber nicht wieder aufgebaut worden ist. Die hiesige Tüllsabrik arbeitet mit einem Arbeiterbestand von rund 100 in und außer dem Hause. Der Betrieb geht Tag und Nacht, so daß die Fabrik sehr leistungsfähig ist. ES kann daher ein sehr erheblicher Theil unsere» Bedarf» an baum wollenem Tüll im Jnlande hergestellt werden. — Wilkau bei Zwickau, 9. Febr. Dem Beispiele eine» kleinen Kohlenwerkes, die Belegschaften nicht ansahren zu lassen, sind gestern zahlreiche, darunter auch große Werke gefolgt. Mau erzählt, daß die Lagerbestände auf den einzelnen Schächten so groß