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machen und widersprach ihm nicht, er hatte ja für seine Person alle Ursache, mit der neuen Verkehrs- einrichtung unzufrieden zu sein. Des Alten Ab neigung gegen die Bahn ging so weit, daß er nicht eher seine Trompete ertönen ließ, bis er von dem Bahndamme, welcher eine Strecke neben der Land straße herlief, nichts mehr sah. Und wenn er unter wegs einmal einen Reisenden traf, der das Reisen nnt der Post lobte und der bedauerte, daß mau schon bald nicht mehr das anmnthende Posthorn erklingen hören würde, dann erglänzten des Alten Ange» nnd ein dankbarer Blick belohnte den Mann für solche, das Herz des alten Beamten erfreuende Worte. Eines Abends ließ der Postmeister den alten Bormann zu sich rufen. ES war im Oktober, der Alte war eben mit der Post znrückgekehrt und draußen strömte der Regen hernieder, trotzdem machte sich Bormann sofort wieder ans den Weg, da er wußte, daß sein Vorgesetzter ihn nur in wichtigen Fälle» außerhalb der Dicnststunden zu sich beschied. Als er triefend von Regen bei Röder cintrat, ging dieser mit langen Schritten in seinem Bureau auf und ab; in seiner Hand hielt er ein amtliches Schreiben seiner Behörde, das er nach dem Eintritt Bormanns mit blitzenden Augen und den Worten hoch hob: „Bormann, können Sie ahnen, was dieses Schreiben enthält?" Der Alte schüttelte den Kopf und meinte: „Nun, wahrscheinlich meine Versetzung in de» Ruhestand und den Betrag, der mir als Pension ausgezahlt werden soll." „Nein, davon steht nichts d'rin, der Inhalt betrifft uns Beide, Bormann, und ist für uns tief beschämend," sagte Röder ernst. „Aber ich wüßte nicht, daß ich mir hätte 'was zu Schulden kommen lassen, Herr Postmeister," entgeg nete der Alte gespannt. „Auch davon steht nichts d'rin, Bormann. Dies Schreiben beweist uns nur, daß wir kurzsichtige Menschen waren, daß wir einen Unschuldigen ver- urtheilten, Bormann. Ihr Sohn Fritz hat vor acht Jahren die Wahrheit gesprochen, seine Hände waren rein, als Sie und ich ihn von uns stießen." Mit wcitaufgcrissenen Augen starrte der Alte seinen Vorgesetzten sprachlos an und sein wetterhartes Antlitz färbte sich dnnkelroth. „Nicht wahr, wir haben uns in tiefster Seele zu schämen," fuhr Röder erregt fort. „Und wenn der Aermste sich ein Leid angethan hat, so sind wir daran Schuld." Bei diesen Worten konnte der Alte nicht mehr an sich halten. Heiße Thränen stürzten ihm aus den Augen und mit den Worten „Fritz, Fritz, o Kott, was habe ich gcthan!" stürzte er ans die Kniee nieder nnd rang die Hände. Tief erschüttert trat Röder zu dem unglücklichen Alten und nöthigte ihn zum Anfstehcn. Als Bor- manu sich nach einer Weile aus den ihm hingc- schobcncn Stuhl sinken ließ, hatte Röder seine eigene tiefe Bewegung bereits soweit überwunden, daß er ihm den Sachverhalt über die auf dem Postamte iu X. gemachte Entdeckung wegen der vor acht Jahren von Bormanns Sohn angeblich begangenen Unter schlagung eines Gcldbriefcs mittheilcn konnte. Röder erzählte dem wie gebrochen dasitzenden Alten Folgendes: „Vor Kurzem erging aus Anlaß eines Falles, in dem ein Brief aus einem Fache des Bricfpostschrankes an der Rückwand hinabgeglittcn und in ein Schubfach gefallen war, in dem er erst nach Wochen zufällig aufgefunden wurde, an alle Aemtcr die Aufforderung, die Geld- und Briefpostschränke genau darauf hin zu untersuchen, ob die Rückwände derselben mit den Fachwerken noch fest miteinander verbunden seien und wenn nicht, ob auch Briefe wie in dem be schriebenen Falle zwischen Wand nnd Fachwerk in die unteren Gelasse hinabgeglitten sein könnten. Dank der Gewissenhaftigkeit, mit welcher der Vor steher des Amts, bei dem Ihr Fritz derzeit beschäftigt war, die Schränke untersuchte, wurde festgestcllt, daß die Rückwand des Gcldpostschrankcs sich langst von dem Fachwerk abgetrennt hatte, und daß zur gründlichen Beseitigung dieses Uebelstandes die ganze Rückwand loSgetrenut werden mußte. Was nun eintrat, ist mit wenigen Worten erklärt, der von Ihrem Sohn unterschlagen sein sollende Brief sand sich beim LoS- brcchcn der Wand nnverschrt hinter einer Schublade eingeklemmt, wo ihn keine Menschcnseelc jemals gesucht haben würde. So liegt die Sache, Bormann. Die Behörde beauftragt mich, Ihnen die Entdeckung mit dem Ausdruck des Bedauerns mitzuthcilen, daß wegen eine« mangelhaften DicnstschrankcS Ihr Sohn in den Verdacht der Untreue gerathen und aus dem Dienst entlassen worden sei. Sie können sich denken, welchen Eindruck diese Enthüllung auch auf meine Frau gemacht hat. Wie wird jetzt Nora aufjnbcln, sie, die stets an die Unschuld Ihres Sohnes glaubte als Alle sich von ihm wandte». Wahrlich, Bormann, dieser Fall lehrt wieder einmal deutlich, wie vor sichtig wir Menschen in der Beurthcilung des Nächsten sein sollen. Wollte Gott, daß die Kunde von der Entdeckung recht bald zu Fritz dringen möchte, gern wollte ich einen Monatsgehalt für einige Telegramme nach dem fremden Welttheil opfern. Jetzt preisen Sie den Schöpfer, Bormann, daß es so gekommen. Der Fleck ist von seinem 'Namen, der ja auch der Ihrige ist, abgewaschen, frei und stolz darf er nnd Sie vaS Haupt erheben, und mein sehnlichster Wunsch ist, ihm das Unrecht, daß ich ihm zugefügt, abbittcn zu können." Der Alte athmcte schwer auf und schüttelte sein greises Haupt. „Es ist zu spät, er ist ja verschollen, gestorben, verdorben in der Fremde. O, ich möchte mir eine Kugel durch den Kopf schießen!" jammerte der alte Mann, starr und entsetzt vor sich hiublickend. „Geben Sic doch solche furchtbare Gedanken auf, Bormann. Es verdirbt nur der Schuldbeladene in der Fremde, Ihr Sohn aber war unschuldig. Trotz und Stolz haben ihn bislang davon zurück gehalten, sich denjenigen wieder zu nähern, die ihn rauh hinauSstießen in die Welt." „Aber er hat ja meines Wissens auch Ihrer Tochter, die an seine Unschuld glaubte, keiu Lebens zeichen gegeben." „Auch das ist leicht erklärlich. Er wußte, daß Nora nie seine Frau werden würde, daß wir — meine Frau und ich — das nicht zugeben würden, so lange der entehrende Makel an seiner Person haftete. Es hatte absolut keinen Zweck, mit 'Nora heimlich einen Briefwechsel zu unterhalten, da er sich sagen mußte, daß dadurch Noras ohnehin schon schwer bedrücktes Herz nur noch mehr Oualen er dulden würde. Also vorläufig Kopf hoch, Bormann, vertrauen Sie auf Gott, dessen Allmacht und weises Fügen sich ja bei dieser Entdeckung wieder einmal uns irrenden Menschen in Erinnerung brachte." „Und wenn Sie nun recht hätten mit Ihrer Ansicht, Herr Postmeister, wie soll der arme Junge es erfahren, daß seine Unschuld an den Tag kam?" fragte Bormann mit bekümmerter Miene. „Darüber werde ich nachdenken und dann sogleich handeln. Vorläufig werde ich sofort Nora Alles mit theilen nnd sic auffordern, bei der Polizei in New- Uork nach Ihrem Sohn zu forschen. Ich glaube damals von ihr gehört zu haben, daß Fritz sich nach New-?)ork gewandt habe. Bormann erhob sich. „Ja thnn Sic daS, Herr Postmeister, und wenn unser Herrgott mir auch noch das Glück erleben lassen sollte, meinem armen verstoßenen Jungen meine Schuld abbitten zu können, o dann wollte ich gern sterben. O, Fritz, Fritz, könnte ich dich nur »och einmal sehen! O, wie blind war ich doch, als ich dich verstieß. Gott im Himmel droben erhöre mein Gebet nnd laß ihn nicht verderben in der weiten Welt, ohne daß ich ihn vorher gesehen und an mein Herz gedrückt habe," schluchzte der Alte, indem er hinauswankte. Noch in derselben Stunde theilte der Postmeister seiner Tochter in New-Uork ausführlich den Vorsall nut dem Geldbricfe auf der Post in X. mit. Er schloß das Schreiben mit der Bitte, sie möge ihm und der Mutter verzeihen, daß sie Beide sic um ihr Lebcnsglück gebracht. Wenn Fritzens Auffindung wirklich noch gelingen sollte nnd er, gleichviel in welcher Stellung, sic noch zur Fran begehrte, so sollte ihnen von ihrer Seite nichts in den Weg ge legt werden. In dem Falle, daß die Polizei in New- Aork über Fritz Bormanns Aufenthalt irgend welche Auskunft zu geben vermöchte, so solle sie sofort telc- graphiren, damit er sich mit ihm in Verbindung setzen könne. Sie möge nur ja keine Kosten scheue». Die Gerechtigkeit fordere von ihm, daß er kein Mittel unversucht lasse, den an seiner Ehre.Gekränkten volle Genugthuung zu verschaffen. (Fortsetzung folgt.) Postdienst in China. Viele Ausländer in China haben von dein Vor handensein einer chinesischen Post keine Ahnung, und die wenigen, welche von einem solchen Institute gehört haben, wissen nichts von der vcrhältnißmäßigen Sicher heit und Schnelligkeit, mit der selbst ein werthvoller Brief von einem Ende des Reichs zum andern ge schickt werden kann. Die Depeschen der Regierung werden nach ihren Bestimmungsorten durch besonders zu diesem Zweck angestelltc Leute befördert, welche unter der Aufsicht des KricgSministeriums in Peking stehen. Sic reiten von einer Station zur andern trotz ihrer traurigen abgemagerte» Mähren mit ziemlicher Schnelligkeit, nnd wichtige Dokumente werden so auf große Entfernungen täglich fünfund vierzig deutsche Meilen weit gefördert. Das Publikum ist von der Benutzung dieses Verkehrsmittels aus geschlossen, hat aber, durch die Bedürfnisse des Handels dazu geführt, für sich einen eigenen Postdicnst ein gerichtet. In jeder chinesischen Stadt von einiger Größe befinden sich sicherlich einige Postämter, von denen jedes einer oder mehreren Provinzen vorsteht, nach und von denen es Briefe und kleine Packcte befördert. Die Sicherheit aller ihnen anvertrautcn Gegenstände wird garantirt und der Werth ersetzt,^ wenn sie ver loren gehen; gleichzeitig muß der Inhalt aller Packele bei der Ausgabestelle deklarirt werden, damit ein entsprechendes Porto für ihrcIBeförderung erhoben werden kann. Die Briefträger gehen hauptsächlich zu Fuß, benutzen aber auch manchmal Esel, welche man überall auf den großen Vcrkehrsstraßen Chinas findet, und welche mit unfehlbarer Sicherheit von einer Station zur andern laufen. Trotzdem diese Esel nur von dem Miether begleitet sind, braucht man doch nicht zu fürchten, daß sic gestohlen würden, denn ein Reisender, der sic von ihrem gewohnten Wege abbringen oder zwei Stationen ohne Aufent halt zurücklegen wollte, müßte sie mit Gewalt fort schleppen. Mit achtzig Pfund Postgepäck trotten diese Männer eine Meile in der Stunde, bis sie an ihrem Bestimmungsort aiiaelangt sind, händigen hier den Pack einem frischen Mann ein, welcher, gleich viel ob Tag, ob Nacht, ob schlechtes oder gutes 'Wetter, aufbricht, bis auch er sich seiner Verantwort lichkeit entledigt und den Pack einem dritten Mann eingehändigt hat. Um sich vor früher Arbeitsun fähigkeit zu schützen, machen sie sich zur Regel, nie eine volle Mahlzeit cinzunehmcn; sie essen sich, wie der Chinese sagt, zu sechs bis sieben Zehnteln voll und nehmen so oft Speise zu sich, als sic Hunger verspüren. Sie rekrutiren sich ans den stärksten und gesundesten Männern der arbeitenden Klasse, und es ist für einen chinesischen Briefträger vor allem un erläßlich, daß er sich nicht durch irgend einen ge spenstigen Feind, wie Hexen oder Teufel, in Furcht jagen läßt. In dieser Hinsicht muß die Festigkeit seiner 'Nerven erprobt sein, ehe man ihm ein Post- packet anvertrauen kann, denn ein ordentlicher Chinese hat eine so instinktive Furcht vor 'Nacht und Dunkel heit, daß das geringste Geräusch am Wege ihn ver anlassen würde, den Sack abzuwerfcn nnd davon- zulaufcn, als ob alle Geister der Finstcrniß zusammen und in demselben Augenblick auf ihn losgelassen würden. Der Portosatz ist sehr gering. Ein Brief von Peking nach Hankau — etwa hundcrtundfünfzig Meilen Luftlinie — kostet nur acht Zents oder vierzig Pfennig. Etwa dreißig Prozent des Portos trägt der Absender, um die Post vor Betrug und Verlust zu sichern; der Ueberschuß kann von dein Adressaten wieder erhoben werden. Diese Postämter werden von den Kaufleuten bei ihren Handelsgeschäften viel gebraucht, und Wechsel werden stets so verschickt. Solche Dokumente sowie kleine Packen chinesischen Feinsilbers bilden eine ziemlich werthvolle Last und würden oft den Wegelagerern zur Beute fallen, welche viele Provinzen unsicher machen, wenn nicht die Militärbehörden Reisende, welche die Gasthäuser vor Tagesanbruch verlassen, von Soldaten würden be gleiten lassen, bis der Tag sie vor den Gefahren eines plötzlichen Angriffes sichcrstellt. An andern Orten hat man ivieder Trupps gut eingeübter Männer, welche sich in Gesellschaften von drei bis fünf ver- miethcn, um einen Wagcnzug mit seinem Dutzend Passagiere über solche gefährliche Stellen der Gegend zu fuhren, wo Straßenränder nach unachtsamen Reisenden auf der Lauer liegen. Die Eskorte besteht nur aus dieser geringen Zahl, denn jeder dieser Männer soll fünf bis sechs Räubern nicht nur an Stärke, sonder» auch an Gewandtheit, Uebung und Gebrauch des Schwerts gleichkommen. Um sich an den Kampf mit einer großen Anzahl zu gewöhnen und sich die nöthige Geschicklichkeit im Fechten gegen gleichzeitige Angriffe von mehreren zu verschaffen, verfahren diese Leute auf folgende merkwürdige Weise. In einer hohen Scheuer hängen an langen Tauen von dem Dache herab schwere Säcke mit Sand, in deren Mitte sich der Uebendc aufstellt. Er giebt dem ersten Sack mit der Faust einen tüchtigen Schlag und treibt ihn eine Strecke weit von sich, dann dem zweiten, dritten, und so fort, bis alle in allen mög lichen Richtungen um ihn her schwingen. Hat er zwei oder drei fortgestoßcn, so muß er auf die Rück kehr des erste» achten und manchmal werden von entgegengesetzten Seiten zwei zugleich auf ihn fallen. Seine Aufgabe besteht deshalb darin, die ganze Schaar in Schwingung zu erhalten, ohne sich jemals von einen« berühren zu lassen; mißlingt ihm dies, so kann er sich noch nicht erbiete», einen Reisenden über eine einsame Ebene zu geleiten, und nebenbei wird ihn der nnbarmherzige Sandsack Hals über Kopf zn Boden werfen. Setdenstoffe (schwarze, weiße u. farbige) v. ko H^sge. bis I8.KL p. Biet. — glatt, gestreift, karrirt u. gemustert (ca. i>80 versch. Qual. u. 2S00 versch. Farben) Vers, roben- u. stückweise Porto- u. zollfrei das Fabrik-Döpvt ü. llsüns- derz (K. u. K. Hoflies.) 2üriod. Muster unigehend. Dop peltes Briefporto nach der Schweiz. Seidene Fahnen- und Steppdeckenftoffe, 125 cm. breit. Kanarienvogel, Amsel, Drossel, Fink und Staar und die ganze Vogelschaar singt am Besten, lebt am längsten bei Fütterung mit Voh'schem Vogelsutter. Anleitung, wie man seine Stubenvögel pflegen und süttern soll, erhält man in der hiesigen Niederlage bei Hrn. Kfm. Hermann Pöhland, Bergstraße, umsonst. Druck und Berlag von E. Hannebohn in Eibenstock.