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im vollen Zollkriege. Schließt doch unter solchen Umständen ein Geschäft auf lange Frist ab, knüpft Verbindungen, entwickelt Unternehmungsgeist! Inder That, unsere Schutzzöllner können stolz sein! ES ist ihnen gelungen, Frankreich in furchtbare Abenteuer zu stürzen. Handel und Industrie bedürfen vor allem der Festigkeit; für Frankreichs Handel und Industrie giebt eS fortan nur Zufall, Ungewißheit, Unbekanntes! . . ." Während Deutschland mit Oesterreich-Ungarn, Italien, Belgien und der Schwei; in auf Jahre hin aus gesicherten zollpolitischen Handelsverbindungen steht und mit mehreren anderen Staaten, besonders mit Spanien, aussichtsvolle Verhandlungen angeknüpft hat, steht Frankreich mit seinem neuen Zolltarif da und kann ihn nicht verwerthen. Frankreichs Unter handlungen mit Spanien haben sich zerschlagen. Mit Portugal, Italien und Rumänien werden eS also vier Länder sein, auf deren Einfuhren Frank reich den vollen Zollsatz anwendet. Der Bruch mit Italien ist schon seit vier Jahren eine vollendete Thatsache und hat nachweislich die Ausfuhr Frank reichs dorthin um 120 Millionen vermindert. Eine gleiche Minderung hat auch die Ausfuhr Italiens nach Frankreich erfahren. Für Frankreich bedeutet diese Minderung nur ein Dreißigstel seiner Gcsammt- AuSfuhr, sogar noch weniger. Italien hat dagegen etwa ein Zwölftel seiner Ausfuhr dadurch verloren, was um so empfindlicher ist, als seine ohnedies noth- leidende Landwirthschaft und besonders der Weinbau dadurch betroffen werden. Aehnlich steht es mit Spanien, das 1800 für 353 Millionen Maaren nach Frankreich aussührte und nur für 152 Millionen von dort einführte. Der Ueberschuß von 200 Millionen ist vollständig auf den Wein zu setzen, wovon Spanien 10—11 Millionen Hektoliter zu 20 — 25 Frank nach Frankreich ausführte. Es ist also auch dort die Landwirthschaft, die den Verlust tragen muß. In dessen liegt jetzt die Sache doch etwas anders. Frankreich behandelt durch den vollen Zollsatz Italien, -Spanien und Portugal aus gleichem Fuße. Ader es kann die 11—14 Millionen Hektoliter Wein, die es aus diesen Ländern bezog, doch nicht ganz ent behren, wird also immerhin mehrere Millionen Hekto liter von dort cinführcn. Es wird sie gleichmäßig aus diesen drei Ländern beziehen, wahrend seit 1887 Italien säst gar keinen Wein mehr nach Frankreich verkaufte. Da zweifellos infolge der hohen französischen Zölle auch die Preise der nothwenvigen Lebensmittel, besonders des Weizens und des in Frankreich sehr beliebten Hammelfleisches, erheblich steigen werden, so wird Frankreich seinen neuen Zolltarif nicht lange aufrecht erhalten können. Hagesgeschichte. — Deutschland. Die Budgetkommission des Reichstages beschäftigte sich am Freitag eingehend mit dem Erlasse des Prinz Georg von Sachsen, betr. Soldatenmißhandlung. Der sächsische Mili- tärbevollinächligte v. Schlicben bestätigte, daß der Erlaß ergangen sei. Se. Königl. Hoheit Prinz Georg ver- urtheilte die Fälle von Rohheit, wie sie sich gezeigt, auf das Entschiedenste. Man müsse aber berücksich tigen, daß sich die Ereignisse auf mehrere Jahre er strecken und daß es ein Armeekorps von sehr bedeu tender Stärke sei, um das eS sich handele. — Abg. Fritzen (Centr). widmete dem Erlasse die höchste An erkennung und forderte größere Oefsentlichkeit für das Militärstrafverfahren. — Abg. Singer (sez.) macht für die Mißstände die Offiziere verantwortlich. Die Unteroffiziere kämen erst in zweiter Linie. Wenn die Dinge so auswachsen könnten, wie in Sachsen, so sei vor Allem das mangelhafte Beschwerecverfahren daran schuld. — Abg. v. Frege (kons.) konstatirt, daß alle Parteien einig sind in der Anerkennung des Er lasses und in der Verwerfung seiner Ursachen. Man müsse derartige Vorkommnisse ganz energisch bekämpfen, das sei Ehrenpflicht aller Parteien. Freilich die Gründe der Erscheinung liegen tiefer. Die Rohheit und Ver wilderung der Jugend, die in das Heer eintritt, ist nur zu stark. Ueberall nehmen die Verbrechen zu. Die mangelnde Gewissenhaftigkeit und die geringe Religiosität weiter Kreise zeitigten Zustände, die zwar allen Kulturstaaten gemein, aber trotzdem zur ernste sten Remedur aufforderten. — Abg. Richter (freis.): Eine Aenderung der Verhältnisse werde nur einlreten, wenn man die Erziehung der Unterosfiziere ändere, das Beschwervcverfahrcn anders gestalte und das Militärstrafverfahren auf moderner Grundlage auf taue. — Auch Abg. 1>r. Buhl (nl.) verlangt eine Aenderung des Militärstrasgesetzes im Sinne der Oefsentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens. — Der Vertreter der Militärverwaltung, General v. GoSler, tritt sehr energisch gegen die Mißbräuche auf. Dieser Abgrund müsse unter allen Umständen und mit allen Mitteln geschlossen werden. Im gleichen SiNne äußerle sich der bayrische Militärbevollmächtigte Generalmajor v. Haugk. — Eine von Richter und Buhl gemeinsam cuigebrachte Resolution lautet: Die Einführung der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit dcs HauptversahrenS unv die Grundsätze der Ständigkeit der Gerichte erscheine bei der in Aussicht genommenen Reform der Militärgericht-Verfassung und der Mili- tä.strafprozcßorruung insbesondere dringend erforder lich im Interesse der größeren Sicherstellung einer angemessenen Behandlung der Soldaten durch die Vorgesetzten. Abg. Richter beantragt weiter, die Be stimmungen über das Beschwerderecht namentlich in der Richtung der Erleichterung des Beschwerdeweges einer Revision zu unterziehen. Dagegen beantragen Konservative und Centrum folgende Resolution: Den Reichskanzler zu ersuchen, l) die Militärstrafprozeß- ordnung baldigst einer Reform namentlich in der Richtung einer größeren Oefsentlichkeit deS Verfahrens zu unterwerfen und 2) die Bestimmungen über das Beschwerderecht der Militärpersonen, namentlich in der Richtung einer Erleichterung diese« Beschwerde rechts, einer Revision z» unterziehen, 3) auf die Pflege des religiösen Sinnes unter den Angehörigen des Heere«, sowie im gesammten Volksleben und be sonders bei der Erziehung der Jugend thunlichst hin zuwirken. Der Antrag Richter Buhl ward mit 16 gegen 10 Stimmen abgelehnt, der Antrag der Kon servativen und deS CenlrumS mit 16 gegen 10 Stimmen angenommen. — Der königl. sächsische Kriegsminister v. d. Planitz hat den Berichterstatter eines Berliner Blattes em pfangen und sich über den Erlaß des Prinzen Georg von Sachsen betreffend die Soldat en miß Hand lung en u. A. folgendermaßen ausgesprochen: „Sie wünschen Auskunft über den Erlaß des Prinzen Georg ; ich will Ihnen gern mittheilen, was darüber zu sagen ist. Es ist wahr: die darin aufgcführten Mißhand lungen sind vorgekommen.' Der Erlaß ist in der Presse richtig wiedergegeben. Für die Oefsentlichkeit mar derselbe allerdings nicht bestimmt. Ich will Ihnen die Veranlassung dazu schildern. So lange ich denken kann, sind in der sächsischen Armee Sol- datenmißhandlnngen streng verfolgt und bestraft worden. Bald nachdem ich das Ministerium über nommen hatte — die im Erlaß aufgezählten Miß handlungen fallen in eine frühere Zeit — beschloß der König im Einverständniß mit dem Kriegsministerium ein schärferes Vorgehen bezüglich solcher Offiziere und Unteroffiziere, die sich Soldatenmißhandlungen zu Schulden kommen ließen, anzuregen. Daraufhin verfaßte der Prinz Georg in seiner Eigenschaft als Korpskommandant die Verfügung. Wie dieselbe in die Presse gekommen ist, weiß ich noch nicht. Der Erlaß wurde denjenigen Militärbehörden, für die er bestimmt war, metallographirt zugestellt. Uebrigens bedauere ich die Veröffentlichung durchaus nicht. Daß die Mißhandlungen vorgekommen sind, ist bedauerlich, daß sie -bekannt geworden sind, ist durchaus nicht schlimm. Bedenken Sie, daß wir jährlich 12,000 Rekruten einzuexerziren haben, und daß dazu 1200 Instrukteure nöthig sind. Es wird sich Jeder sagen missen, daß unter solchen Umständen Uebergriffe nicht auSbleiben können. Unser ganzes Staatsleben huldigt dem Prinzip der Oeffentlichkeit; es ist kein Grund vorhanden, sie in diesem Falle zu scheuen. Man erwartet vielfach von der Oeffentlichkeit im Militärstrafprozeß eine Verminderung der Soldaten mißhandlungen. Diese Hoffnung habe ich nicht. Es handelt sich hier um eine Sünde, eine schwere Sünde, und ich glaube nicht, daß die Oeffentlichkeit der Ver handlungen einen Einfluß ausüben wird. Eine be schränkte Oefsentlichkeit existirt übrigens; in mili tärischen Kreisen sind alle Straffälle bekannt, und jeder Offizier, unter dessen Führung Soldatenmiß handlungen vorkommen, verliert nicht nur au Ansehen bei seinen Kameraden, sondern bleibt auch im Avance ment zurück." — Die königliche Eisenbahndirektion in Berlin hat an das Eisenbahnministerium das Ersuchen ge richtet, daß die mitteleuropäische (Zonen) Zeit, die bereits in Oesterreich-Ungarn und Süddcutschland eingesührt ist, auch für die preußischen Staatsbahnen eingeführt werde. Es wird darauf hinzewiesen, daß alSdanu auch alle übrigen norddeutschen Eisenbahnver waltungen dem preußischen Beispiel nachfolgen müßten. Es liegt auf der Hand, daß eine gleichmäßige Zeit für ein so großes Eisenbahngebiet zur Erhöhung der Betriebssicherheit wesentlich beitragen würde, ganz abgesehen von den strategischen Gründen, die der verewigte Feldmarschall Graf Moltke vor einem Jahr im Reichstag geltend gemacht hat. — Bochum. Redakteur FuSangel erhielt, wie das Depeschenbureau „Herold" mittheilt, vom Ersten Staatsanwalt in Essen die Mittheilung, daß die Mit wissenschaft des Geh. KommerzienrathS Baare an den Stempelfälschungen nach den Aussagen der Zeugen als erwiesen erscheine, daß jedoch die betreffen den Fälle verjährt seien und deshalb die Anklage nicht erfolgen könne. — Zeitz. Das hiesige Theater ist durch die Sozialdemokraten angekauft worden. Mit dieser merk würdigen Sache verhält e« sich folgendermaßen: Die Sozialdemokraten bekamen in der Stadt, die etwa 21,000 Einwohner zählt, keine Säle zu Versammlungen. Sie veranlaßten daher eine Brauerei durch das Versprechen, sie allein zu unterstützen, zur Hergabe eines Kapitals zum Ankauf de» Theaters. Da- Ge bäude ist für einen Kaufpreis, der nahezu 150,000 Mark beträgt, angekauft worden und am 1. Februar formell in den Besitz eine- „Genossen" übergegangen. Nächsten- werden Versammlungen darin abgehalten, nur bis April soll noch gespielt werden. voeale und sLchstsche Nachrichten. — Eibenstock. Die Bestrebungen deS jüngst in hiesiger Stadt begründeten „Verein» gegen Armen- noth und HauSbeltelci", an dessen Spitze die Herren Amtsr. Kautzsch, Bürgermstr. Di. Körner, Diac. Fischer und Kfm. G. Emil Tittel stehen, sind bisher von recht gutem Erfolge begleitet gewesen, denn es haben sich nicht nur eine große Anzahl Ein wohner in die Liste mit neunenswertheu Beiträgen als Mitglieder eingezeichnet, sondern es war die von dem genannten Verein am letzten Freitag Abend im Saale des .Feldschlößchen" veranstaltete Abend- Unterhaltung auch recht zahlreich besucht. Die von den Darstellern auf gesanglichem, musikalischem und theatralischem Gebiete erfolgten Darbietungen erfreuten sich allgemein des größten Beifalls, und verdienen theilweise sogar künstlerische genannt zu werden. Es ist unstreitig ganz besonders werthvoll, daß man sich aus allen gesellschaftlichen Kreisen der Stadt dem edlen Streben, der vielfachen Roth steuern zu helfen, freudig angeschlossen hat und verdienen Diejenigen, welche in diesem Sinne gewirkt haben, allerseits wohlverdienten Dank! — Dresden. Der Vorstand des konservativen Landesvereins im Königreich Sachsen erläßt in, „Vaterland" folgende Bekanntmachung, das Cartell betr.: „Von dem Vorstand des konservativen Landes vereins sind »ach der letzten Landlagswahl Schritte cingeleitet worden, welche bezweckten, eine Verstän digung mit der nationalliberalen Partei im Königreich Sachsen behufs Schlichtung etwaiger Differenzen bei künftigen Wahlen in de» Reichstag und Landtag durch Einsetzung eines Schiedsgerichtes herbeizuführen. Diese Schritte haben den erstrebten Zweck nicht erreicht. Der Vorstand sieht sich deshalb genöthigt, darauf aufmerksam zu machen, daß das bei der Reichstagswahl im Jahre l 887 abgeschlossene Cartell zwischen der konservativen u. natio nalliberale» Partei im Königreich Sachsen zur Zeit nicht mehr besteht, auch eine andere Abmachung zwischen beiden Parteien an dessen Stelle nicht getreten ist. Bei Wahlen muß es den Wählern selbst, beziehentlich denen, welche die Leitung der Wahl in die Hand ge nommen haben, überlassen bleiben, eine Verständigung mit den Angehörigen der nationallibcralen Partei in dem betreffenden Wahlkreis behufs gemeinsamen Vor gehens van» herbeizuführen, wenn ihnen dies »oth- wendig erscheint. Es erscheint aber hierbei als selbstverständlich, daß derartige in einem Wahlkreis getroffene Abmachungen lediglich für den Wahlkreis, beziehentlich die spezielle Wahl Giltigkeit haben, für welche sie abgeschlossen worden sind, sich aus ihnen aber keine Folgerungen für das Verhalten der Ge sinnungsgenossen außerhalb des Wahlkreises ziehen lassen." — Chemnitz, 4. Februar. Eine eigenartige Gerichtsverhandlung, bei welcher als corpus (iviieti ein lebendes Krokodil auf dem Gerichtstisch ausge stellt war, fand vor dem hiesigen Landgericht statt. Der Fleischer nnd Handarbeiter Findeisen aus Olbern hau hatte zum letzten Jahrmarkt einem hiesigen Menageriebesitzer ein Krokodil und eine gegerbte Schlangenhaul gestohlen und wurde zu 4 Monaten Gefängniß verurtheilt. — Zwick au. Die Tagesordnung für die Sitzung des Kreisausschusses Sonnabend, den 13. Fcbr. 1892, Vormittags '/^12Uhr besagt Folgende«: 1) Be schwerde deS Kaufmanns C. A. I. Höbet in Ane wegen Abgabenentrichkung in Schwarzenberg. 2) Recurs des Kaufmanns Baßler in Glauchau gegen die Ab schätzung zu den dortigen Cominunanlagen. 3) Rekurs des Rentier H. Pätzmann in Dresden wegen der Ab schätzung zu den Gcmeindeanlagen in Waldenburg. 4) Gesuch deS vr. most. Teufsel in Chemnitz um Genehmigung zur Verlegung seiner Privaiheilanstalt. 5) Recurs des Brunnenbaumstrs. L. Höfer in Plauen gegen seine Abschätzung zu den Gemeindeabgabcn da selbst. 6) Recurs des Prokurist H. E. Wagner in Crimmitschau gegen die Abschätzung zu den dortigen Communanlagen. 7) Recurs des Chemikers Or. piui. H. LllddenS in Arnis wegen Entrichtung von Ge meindeabgaben in Meerane. 8) Uebernahme bleibender Verbindlichkeiten auf die Stadtgemeiude Zschopau durch Uebernahme und Unterhaltung einiger Strecken der alten fiskalischen Chemnitz-Reitzenhainer Straße. 9) Abänderung deS Centralsteuer-Regulativ« für Falkenstein. 10) Recurs des SpinnereibcsitzerS G. Schumann in Crimmitschau gegen die Abschätzung zu den Gemeindeabgaben daselbst. II) RecurS de« Kaufmanns H. Birkicht, >2) Recurs de« Kaufmann« O. Schönfelder, 13) RecurS des Kaufmann« Edg. Schönfelder nnd 14) RecurS der Inhaber der Firma C. H. Lange in Auerbach gegen die Abschätzung zu den dortigen Communanlagen. 15) Recurs des Bankiers M. Sarfert in Zwickau gegen die Ab schätzung zu den Communanlagen. 16) RecurS deS Kaufmann- V. Spranger in Oederan wegen geforderter Wasserleitungskosten. 17) Recur« dc« FabrikbesitzerS H. Ortlepp in Greiz, 18) Recur- de- Privatier E. Wagner in Lößnitz gegen die Abschätzung zu den Gemeindeanlagen in Auerbach. IS) Differenzen zwischen den OrtSarmenverbänden von u. Dittersdorf