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Gefecht und Verfolgung insgesamt 54 Tote, 4b Gewehre und diel Munition verloren. Erbeutet wurden 500 Stück Großvieh, 50 Pferde und Esel, etwa 3000 Stück Kleinvieh. — Rußland. Petersburg, 27. Dezember. Der Kaiser hat ein Reform-Manifest herauSgegebcn, da ober der Verfassungsbewegung nicht entgegenkommt. Der Erlaß de« Kaiser« an den Senat betagt: Bei unabänderlicher Wahrung der Unerschütterlichkeit der ReichSgrundgesetze soll an Aenderungen zur Befriedigung der Bedürfnisse de« Volke« herangetretcn wer den. Die erste Sorge de« Kaiser« bildet die allerbeste Ordnung de« Dasein« de« Bauernstände«. Hierüber finden bereu« ein- gehenre Beratungen von au«gewählten höchsten Verwaltungs personen statt. Der Kaiser befiehlt, daß diese Arbeiten und Ge setze für den Bauernstand mit der allgemeinen ReichSgesctzgebung in Einklang gebracht werden, zu dauernder Sicherheit diese« Stande« al« vollberechtigter freier Landbauer. Ferner sind un aufschiebbar: I. Maßnahmen zum Schutze der vollkommenen Kraft de« Gesetze« der Haslbarmachung der Behörden für willkürliche Handlungen. 2. Weiteste Teilnahme der örtlichen und städtischen Institutionen an der Lokalvcrwaitung unter Verleihung der er forderlichen Autonomie und Heranziehung von Vertretern au» Teilen der interessierten Bevölkerung, sowie neben den Semstwo« die Schaffung lokaler Verwaltung«körper für die Grundstücke kleineren Umfange«. 3. Eine Gerichl«reform zur Wahrung der Gleichheit vor Gericht und Unabhängigkeit der Gerichtsverfassung. 4. Staatliche Arbeiterversicherung. b. Durchsicht der während de« Auftreten« verbrecherischer Feinde der öffentlichen Ordnung erlassenen Ausnahmebestimmungen. 6. Durchsicht der Gesetze über die Reckte der Sekten und Personen nichtorthodoxer und nicht christlicher Bekenntnisse zur Festigung der durch die Grundgesetze der Kirche geheiligten Duldsamkeit in Glauben-fachen. 7. Durch sicht der bestehenden Verordnungen, welche die Rechte von Aus ländern und Eingeborenen in besonderen Reichsgebieten beschränken, indem nur tue Rußland« Wohlergehen fördernden Bestimmungen übrig bleiben. 8. Die überflüssigen Einschränkungen und Ver ordnungen über die Presse sollen beseitigt werden zum Nutzen Rußland«. — Der Kaiser ordnet auf diesen Grundlagen baldigste Umgestaltung an und bestimmt die Prüfung aller Fragen durch da« Ministerkomitee, sowie die Einsendung der Berichte u. Beschlüsse. — Spanien. Der König hat den deutschen Kaiser zum Ehren - Generalkapilän der spanischen Armee unter gleich zeitiger Ernennung zum Chef de« Regiment« Numantia ernannt. — Vom russisch-japanischen Krieg. Unter den Kriegs-Vorgängen der letzten Tage steht im Vordergrund ein neuer japanischer Fortschritt bei Port Arthur, über den Reuter meldet: Tokio, 2b. Dezember. Von ter Port Arthur belagernden Armee wird die gestern erfolgte Besetzung von Taliuchiatun und der Fall sämtlicher vor der rechten Flanke der Japaner gelegenen vorgeschobenen russischen Befestigungen gemeldet. — Bei diesem Erfolg handelt e« sich nicht um ein Fort der inneren Kette, sondern um eine Außenstellung. Daß damit der ganze äußere Gürtel in den Händen der Japaner ist, wird auch anderweitig bestätigt. Ein au« Port Arthur in Tientsin eingetroffener Bote erzählt: Die Japaner griffen bei Anbruch der Dunkelheit am 22. d. M. in Stärke von etwa 5600 Mann mit vielen Maschinengewehren die nördlichen Verteidigung-Werke an. Sie nahmen mehrere Schanzen und drangen bi« zum Fuß eine« Berge« vor, von wo die russischen Maschinengewehre zusammen mit den schweren Ge schützen eine furchtbare Verheerung unter ihnen anrichleten. Beim Licht ter Scheinwerfer kam e« um Mitternacht zu einem heftigen Bajonettangriff. Al« eine russische Abteilung den Japanern den Rückzug abzuschneiden drohte, zogen sie sich zurück. Sie verloren verschiedene Maschinengewehre, 300 Gewehre und 80 Gefangene. Ihr Verlust an Toten wird auf 600 Mann geschätzt. Die Japaner machten auf dem nördlichen Hügel bei Jtseschan Hali, wo sic sich unter heftigem Feuer eingruben. Die beiden japanischen Flügel haben dagegen sämtliche Werke, die den äußeren Rahmen der Hauptsort« bilden, genommen. In Dalnij treffen wöchentlich etwa 40 Züge mit Verstärkungen für die Belagerung«armee ein. E« verlautet, General Nogi liege an Armen und Beinen schwer verwundet im Hospital zu Dalnij. Tokio, 24. Dezember. (Meldung de» Reuterschen Bureau«.) Die Belagerungsarmee vor Port Arthur hat gestern die Höhen östlich von Hojangschakao erstürmt und hält sie besetzt. Wie Ge fangene berichten, sollen die russischen Generäle Kondratenko und Jlma getötet, General Fock verwundet worden lein. Tokio, 24. Dezember. (Amtliche Mitteilung.) Von der BelagerungSarmce vor Port Arthur wird berichtet, daß eine Abteilung der rechten Kolonne einen Hügel östlich von Hojang schakao besetzte. Der Feind machte einen energischen Gegenan griff, wurde ober zurückgeschlagen. Unsere Besitzergreifung ist jetzt ziemlich gesichert. Der Hügel liegt ungefähr >'/, Meilen südlich de« 203 Meter - Hügel«. Durch die Beschießung mit unseren schweren Geschützen entstand im Fort Novi - Hsttahanghao eine große Feuersbrunst. Tokio, 24. Dezember. Admiral Togo meldet, die Mehr zahl der Schiffe der japanischen Flotte sei von Port Arthur zurückgezogen worden. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 27. Dezember. Nachdem wir bi« zum heiligen Abend vergeblich auf Frau Holle« weiße Federn gewartet, trat in der Nacht zum 1. Feiertag leichter Schneefall ein. War e« doch al« wollte, gleich den Menschen, auch die Natur ein FesttagSgewand anlegen, uni in un« die Weihnachtsstimmung zu vervollkommnen, und vielen, die da glaubten, auf ihre in Aus sicht genommene Schlittenpartie verzichten zu müssen, war nun eine umso größere Freude bereitet. Freude, — wenn sie blo« nicht so kurz gewesen wäre! Diese Empfindung werden wohl alle gehabt hoben, die nun nach fröhlich verlebten Stunden wieder ihrer Alltag«beschäftigung zueilen. Eibenstock, 28. Dezember. Gestern Mittag in der 2. Stunde verkündete Feueralarm den Ausbruch eine» Schadenfeuer«. Aus telephonischem Wege war von Zimmer sacher Mitteilung hierhergelangt, daß e» daselbst im Wohn gebäude brenne. Ein Au-rücken der Feuerwehr konnte jedoch unterbleiben, da nach kurzer Zeit anderweit milgeteilt wurde, da« Feuer sei gedämpft worden. — Da« Feuer ist au« noch ungeklärter Ursache im Dachboden de« Wohn- und Reftauration«gebäude« Zimmmersacher entstanden und hat da« Sparrenwerk und die Dachverschalung im Innern nicht unerheblich beschädigt. Eine Weiterverbreilung de« Feuer« wurde durch die vereinten Be mühungen der Hausbewohner der Arbeiterschaft der Firma Ehr. F. Ficker und sodann auch der Feuerwehr zu Blauenthal verhütet. Die Schäden an Mobilien sind geringfügig. — Wols«grün, 27. Dezember. In der Nacht zum 2. Feiertag wurde versucht, die Herrn G. Bretschneider gehörige H o l z s ch l e i f er e i in Brand zu sitzen. Von bi» jetzt »och nicht ermittelter Person waren im Schuppen lagernde Hvlzvorräic mit Petroleum getränkt und angezündet worden. Glücklicherweise wurde die Tat von rem Sohne de» Wcrlsührer« Böltger entdeckt, sodaß nach Benachrichtigung der Familie von dieser der Brand unterdrückt werden konnte, ehe er größere Di mensionen annahm. Die im Schuppen befindlichen Holzvorräte sind teil« verbrannt, teil« unbrauchbar geworden. Ebenfalls sind die Wände und die Decke stark beschädigt. — Sosa, 23. Dezember. Vom Landgericht in Zwickau wurde der SleinbruchSarbeiter Angelo Caldarelli, der, wie sr. Zt. berichtet, an der hiesigen Kirmeß am 2b. September dem Berg arbeiter Unger au« Schedewitz ohne allen Grund einen Stich in den Backen versetzte und bei seiner Festnahme Widerstand leistete, zu 4 Monaten und 2 Wochen Gefängni« verurteilt. — Sosa, 23. Dezember. Wegen fahrlässiger Tötung verurteilte da« König!. Landgericht Zwickau den Fabrikarbeiter Oehme au« Obersachsenfeld. Derselbe fuhr auf der Staatsstraße Sosa - Schwarzenberg mit dem Zweirad den Arbeiter Bach an. Dieser stürzte so unglücklich, daß er einen Schädelbruch und dadurch den Tod erlitt. — Dresden, 23. Dezember. Ueber die Anwesenheit der Gräfin Montignojo berichtet da« amtliche .Dresdner Journal": E« ist bekannt, daß Frau Gräfin Moniignoso sich gestern kurze Zeit in Dresden ausgehalten hat. Dieser Besuch hat nach den un- gewordenen zuverlässigen Mitteilungen den ausgesprochenen Zweck gehabt, eine Zusammenkunft mit Sr. Majestät dem König, sowie mit ihren König!. Hoheiten den jugendlichen Prinzen und Prinzessinnen zu erreichen. Nachdem Frau Gräfin Monlignoso durch einen Bevollmächtigten Sr. Majestät de« König« darüber aufgeklärt worden war, daß die gewünschte Zusammenkunft untunlich sei und sie sich dessen selbst bcschieden hatte, hat Frau Gräfin Montignoso in den zeitigen Nachmittag-stunden Dresden in Begleitung ihre« Recht«beistand«, de» Herrn Rechtsanwalt« Ur. Zehme au« Leipzig, wieder verlassen. — Leipzig. Bei den Hauschildschen Schrebergärten in Leipzig-Gohlis fand man am Freitag mit zwei Schußwunden im Kopse und einer längeren Stichwunde die Leiche eine« etwa 23jährigen Mädchens, neben dieser, ebenfalls schwer verletzt, einen etwa 22 Jahre alten Mann, der später im Hospital ver starb. Der letztere wurde später al« der HandlungSgehülse Paul Karl Napoleon Buchholz, da« Mädchen al« die Büffet- rbamsell Wilhelmine Jennke, beide au« Hamburg, erkannt. Wa« die beiden jungen Leute in den Tod getrieben hat, wird wohl für immer unaufgeklärt bleiben. — Döbeln, 26. Dezember. Unterm Christbaum vom Tode ereilt wurde am WcihnachtSmorgen der hiesige Kaufmann und Kolonialwarenhändler Theodor Birkner, dessen Geschäft sich an der Niederdrücke befindet. In der Familie halte eben die Christbescheerung stattgefundcn und da« Familienhaupt spielte auf der Zither einige Weihnachtsstücke. Da wurde dem etwa 40jährigen Manne unwohl, bald darauf verbreitete der Tod seinen Schatten an der Stätte, die eben noch von Jubel und Freude der Kinder erfüllt war. - Oe lSn itz i. V., 24. Dezbr. Ein schrecklicher Unglücks fall ereignete sich am Freitag abend in einem hiesigen Betriebe. Die 18jährige Aufpasserin Bauer kam, al« sie, entgegen den bestehenden Unfallverhütungsvorschriften, während der Arbeitszeit die Maschinen putzen wollte, mit dem Kopfhaar in die Trans mission, wodurch dem Mädchen die Siirnhaul ausgerissen und bi« zum Wirbel abgestreifl wurde. Glücklicherweise gelang cS der ärztlichen Kunst, die Kopfhaut wieder in ihre frühere Lage zu bringen und an der Stirn zusammenzuhesten, so daß das Mädchen voraussichtlich vollständig wieder hergestellt werden wird. — Auerbach i. Erzgcb., 26. Dezember. Eine schwere Bluttat ist hier in der Nacht zum 1. Weihnachtsfeiertag verübt worden: Zwei Nachbarn, die Strumpfwirker Friedrich Drummer und Otto Bruno Kunz, die seit längerer Zeit schon in Streitigkeiten lagen, und sich deshalb arg befeindeten, hatten sich am heiligen Abend im hiesigen Gasthof .Zu den drei Schimmeln" getroffen, wo sie bald wieder in Streit gerieten. Al» nun Kunz gegen 2 Uhr früh den Gasthof verlassen hatte, um sich nach Haute zu begeben, war ihm sein Nachbar Drummer nachgcgangen und hatte den Streit durch Sticheleien wieder an gefangen. Darauf hin, behauptet Drummer, habe Kunz ihn gepackt, und Drummer habe in Notwehr mit dem Messer zu gestoßen; Augenzeugen erklärten aber, daß sich Drummer bereit» mit aufgeklapptem Messer, einem sog. kleinen Fleischermesser dem Kunz genähert habe, und al« dieser ihn gepackt, habe Drummer mit dem Arm um den Kunz herumgelangt und von hinten dem Kunz das Messer in den Hal« gestoßen, wobei die Halsschlag ader zerschnitten wurde. Kunz verblutete sehr rasch und gab kurze Zeit darauf seinen Geist auf. Kunz, der 28 Jahr alt ist, und Drummer sind verheiratet. Drummer ist 1857 geboren und hat 3 erwachsene Kinder; er wird sonst al« ruhiger Mann geschildert, dem eine derartig entsetzliche Tat gar nicht zugetraut wurde. Er wurde am I. Weihnachtöseiertag verhört und in« Stollberger Amtsgericht transportiert. — Pulsnitz. Ein interessante« Wahrzeichen besitzt unsere Stadt im .Schliem". .Der Schliem" ist ein sogen. .Hirschmann", eine Leuchifigur, deren oberer aufgerichteter Teil au« einem männlichen Oberkörper besteht, an dessen Rückseite ein stattliche» Hirschgeweih zum Tragen der Kerzen angebracht ist. Der „Schliem" ist braun, trägt einen wallenden schwarzen Bart und hält vor sich zwei Wappenschilde. Er hängt im Ratskeller an drei eisernen Ketten herab und kein Mensch wird sich wegen ihm von seinem Platz entfernen. Er ist "er Schutzgeist de» Pulsnitzer Rathauses, solange man ihm seinen selbstgewähltcn Platz gönnt, wehe aber, wenn er von verwegener Hand entfernt wird. Dann kommt er de« Nacht« in Bewegung und mit der Ruhe im Hause wird e« für immer vorbei sein. Die Sage erzählt, daß einmal ein Rat«kellerwirt den .Schliem", so genannt nach dem Erbauer de« Rathause«, an einen anderen Platz gehängt hat und dann der nächtliche Spuck tatsächlich eingetrelen ist. Darauf hing man gemäß der Bestimmung de« Raihau«erbauer«, der auch den Leuchter al« Symbol seiner Person stiftele, den .Schliem" wieder an seinen Platz und die Ruhe war hergestellt. Fremde belehrt über da» Wesen de« .Schliem" folgender Wandspruch: Für dieses HauseS Schutz und Trutz Muß dieser Platz mir blerben, Nehmt ihr ihn mir, so werd' ich nacütS Mein Wesen bei euch treiben. Amtliche Mitteilungen ans der 5V. Sitzung »es Stadtrates j» KibeustoL vom 20. Dezember 1904. — Ohne Gewähr für darau- abgeleitete Rechte. — Anwesend 5 RatSmitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. 1) Auf Vorschlag des Feuerlösch- und BeleuchtungSauSschusseS beschließt man: a. den neuen dritten Schlauchwagen der Feuerwehr in einem hierfür ermieteten Raum deS Gasthauses „Englischer Hof" hier unterzu- d. zwei Anträge auf Neuaufstellung von Straßenlaternen bi» auf weitere» auf sich beruhen zu lasten. e. die Aushebung dcr Feuerwehrmannschaften antragsgemäß berge- gestalt vorzubereiten, daß im Jahre 1905 die Jahrgänge 1871 und 1872, sowie 1879—1882 der dienstpflichtigen Mannschaften zum aktiven Dienst eingezoaen werden. 2) Hiernach erfolgt die Regelung verschiedener Personalfragen. 3) Ein Rekur» gegen Abforderung von Kosten für auSgeführtr Kußweg herstellung wird mangels stichhaltiger Begründungen abgelehnt. 4) Auf ein Gesuch de» GabelSberger'schen Stenographenverein» hier wird in Aussicht genommen, bei geeigneter Gelegenheit eine Straße al» „GabelSberger Straße" zu benennen. kf Zur Beschlußfassung gelangten ferner 10 verschiedene andere Angelegen heiten, die allgemeine» Interesse nicht haben. Sitzung des Hemeiuderats Schönheide vom 2l. Dezember 1904. 1) Nachdem Herr Kommerzienrat Fried. Oschatz sein Gesuch um Entbindung vom Amte eine- Gemeindeältesten aufrecbt erhalten hat, auch eine weitere Gemeindeältestenstelle durch daS Ableben deSHerrn SanitätSratS 1)r. Penzel frei geworden ist, wird zur Vornahme der erforderlichen Neuwahlen Freitag, der SO. Dezember d. I. bestimmt. 2) Für die bevorstehende Ergänzungswahl eines Abgeordneten zur Bezirks- Versammlung werden die Herren Baumann, Hieke, Kleinhempel. Schlesinger, Schömburg, Baumeister Unger und Winkelmann einstimmig zu Wahl männern ernannt. 3) Kenntnis genommrn wird von der hier erfolgten Niederlassung eines zweiten ArzteS in der Person deS Herrn Vr. msd Woldemar Wolff aus Elsterberg. Hierbei kommt 4) zur Sprache, ob sich für die Orte Schönheide, Schönheiderhammer und Neuheide mit einer Einwohnerzahl von inSgesammt 9500 die Nieder lassung eine» Rechtsanwalts erreichen laste. Dieser Wunsch wird im Hinblick auf den Sitz des Amtsgerichts als schwer erfüllbar gehalten, dagegen es schon als ein zu begrüßender Fortschritt bezeichnet, wenn von einem auswärtigen Rechtsanwälte im hiesigen Orte regelmäßige Sprech stunden zur Einführung gelangten. IahresVilanzen. Novellistische Skizze zum neuen Jahr. Bon Friedrich Siech. Die Königin tc« WeihnachlSballe« war wieder Julia, die Tochter des Großkausmann» Berger, den man für den größten Geldarisiokratcn der Stadt und Gegend hielt. Alle«, wa« Luxu« und Eleganz der Mode au« dem Menschen zu machen vermögen, da« trug Julia Berger zur Schau, und sie verstand e«, sic zur Schau zu tragen. Wie in ihrer Robe und ihrem Schmuck, so strahlte sie auch in der Sicherheit de« Bewußtsein«, die Königin de« Balle« zu sein. Verehrer und Anbeter umschwärmten sie natürlich. Da» festigte noch mehr ihr vermeintliche« Recht auf die Königinschast de« Abend« und richtete höher auf da« Haupt ihrer Mutter, die mit dem Heer von Anbetern, ihren Stolz, die einzige Tochter, selbst anbetete. Von allen ihren Verehrern bevorzugte Julia auffällig den Baron Hubert von HubertuSstrin, den sic an der Riviera kennen gelernt und zu ihrem Ritter erkoren hatte. Der Verkehr de« Baron» mit dcr schönen Julia schien schon so intim zu sein, daß in näher stehenden Kreisen die Erhebung der Kaufmanns tochter zur Baronin al« bevorstehend betrachtet wurde. Die älteren Herren aus dem Balle schüttelten den Kopf bedenklich dabei. Dcr Baron sieht sich genötigt zur Aufbesserung feiner Verhältnisse — Da« verblichene Schild bedarf dcr Ver goldung — Die Huberlu«steincr sollen sehr bedenklich am nvrvus ri-ruiu erkrankt sein. — So hieß e» allgemein. „Suche Herrn Papa schon 'n ganzen Abend vergeblich, gnädige« Fräulein." „Um die Neujahr-zcit herum, Herr Baron, sind große Häuser nicht sür die Gesellschaft zu haben, da ist da» Bureau allein ihre Welt." „Ah! Versteh', versteh', gnädige» Fräulein. Bilanzen — über, natürlich über Gratuliere ganz gehorsamst! Gnädige Frau entbehren doch wohl Herrn Gemahl sehr." — „Mein Gemahl ist nun einmal Plutokrat, Herr Baron. Wüßte er Herrn Baron nicht hier, würden wir auch nicht hier sein." „Schmeichelhaft, sehr schmeichelhaft, gnädige Frau. Außer ordentlich dankbar!" „L z>rop»8, Herr Baron", fiel Julia plötzlich mit einem verächtlichen Seitenblick ein, „haben Sie schon die Born bemerkt? Da» kleine Gänschen scheint en errrrivre zu sein. Macht wahr haftig Jagd auf den neuen Doktor. Zu naiv!" „Die Born — Mauerblümchen da«!" Er schaute sich ebenso verächtlich um nach der kleinen blonden Dame in duftiger einfacher weißer Robe mit dem Engel«gesicht, die so unschuldig darein schaute, al« fühlte sie sich hier unter lauter Engeln. .Gnädige« Fräulein sollten sich nicht anstrengen. Aufmerksamkeit nicht verdient." „Doch zu interessant! Sehen Sie nur, Herr Baron, wie der Doktor, dcr neue berühmte Arzt, um den Stadt und Land sich reißen, da« Gänschen auSzeichnet!" Wie häßlich machte der verächtlich höhnische Zug die stolze Ballkönigin! „Geiste«aristokraiie, gnädige« Fräulein. Jüngste Ausgeburt de« Jahrhundert«. Ist ja die Tochter de» Bcrsemacher»! Dichter heißen ja wohl solche Leute im Volke. Verscmacher auch selbst hier mit Geheimrat Wende, Vater de« neuen Doktor. Haben keine Geburt, können Welt nicht nützen, solche Leute. Lang weilig! Darf ich gnädige« Fräulein bitten? Gnädige Frau gestatten?" Dcr Baron führte Julia zum Walzer. Auch Doktor Wend- und Gretchen Born machten den Walzer mit. Sylvenhast schwebte da« Gretchen am Arm ihre« vor nehmen Tänzer« dahin und in ihrem lieblichen, unschuld-schönen Gesicht strahlte so hell da« Glück ihre« Herzen« wieder, daß e« sic in der Einfachheit ihre« Wesen« und Gewände« wie Heiligen schein umgab. Julia Berger verlor Rhylhmu« und Takt im Tanz. Ihre Blicke schossen wie giftige Pfeile auf da« glückliche Menschenpaar. .Der Doktor! — Da« Gänschen! Wer begreift ei!" zischte sie wie eine Natter, al» der Baron sie aus ihren Platz führte. .Veilchen — im Verborgenen blüht. — Habe mal von Hund-veilchen gehört. Schrecklich gemeine Blume — Hunds veilchen. Liebe Königin, strahlend - Rose!" Wie dumm klang da« Schnarren! Julia kämpfte mit einer Ohnmacht. .Eilen, gnädige Fraul Gnädige« Fräulein muß Riviera! — Lust hier verpestet!" Und die gnädige Frau war derselben Meinung. «Sie haben nur zu recht, Herr Baron, wir können un« nur wohl an der Riviera fühlen." Da« Glück im Winkel. In einer versteckten Salonnische, wo durch dunkle« Tanncngezweig, da« den Weihnacht-ball charakterisicrle, dämmerung«milde da« Licht de« großen Prunk hause« fiel, saßen Geheimer Medizinalrat Wende und der Dichter Born, glücklich plaudernd über ihre Studienjahre und ihre Jugendfreundschast. Sie hatten sich eine lange Zeit au« den Augen verloren, weil sich Born nach dem Tode seiner Frau ganz in die Einsamkeit zurückgezogen mit seiner Tochter, wo ihre Muse nur ihre einzige Gesellschafterin war. Doktor Wend« hatte sie erst wieder in ihrem traulichen Versteck entdeckt. .Nun die Kinder un« wieder an die Sonne gezogen haben, Born, wittre auch ich eben wie Du, alter Einsiedler, Wirde