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— Die neue Anleihe für da« Reich und für Preußen, für welche die Zeichnungen am Freilag von 9 Uhr Vormittag» bi» 5 Uhr Nachmittag» stattfanden, ist um ein Vielfache» (e» heißt 45 Mal) überzeichnet worden, wie schon au» den Anmeldungen bei den einzelnen Bankhäusern um die Mittagsstunde sich ergab. Verlangt worden sind bekanntlich 200 Mill. Mark für das Reich und 250 Mill. Mt. für Preußen, also inSgesammt 450 Mill. Mk. E« wird behauptet, daß allein bei den Berliner Banken der geforderte Betrag mehr al» zwölfmal überzeichnet sei. — Die Kommission für da» Musterschutzgesetz hat die erste Berathung der Vorlage beendigt und die Dauer de» Musterschutzes um ein Jahr verlängert. Dieselbe soll als« vier Jahre währen, während die Regierungsvorlage nur drei Jahre festsetzte. Dagegen wird die Nachzahlungsgebühr gegen die Regierungs vorlage um 30 Mark erhöht. — Ob da« Plenum geneigt ist, derart den Musterschutz zu erweitern, er scheint fraglich. — Im Monat März d. soll auf Grund einer kaiserlichen Verfügung in Berlin eine Handwerker konferenz zusammentrcten, um die Lage des Hand werks und die Mittel zur Besserung derselben zu bcrathcn — Der Verein für die bergbaulichen Interessen im OberbergamtS-Bezirk Dortmund beauftragte seinen Vorstand, schriftlich oder mündlich die Staatsregierung um Auskunft darüber zu bitten, wie sie sich im Falle des Ausbruchs eines Bergarbeiterstreiks diesem gegenüber verhalten werde, namentlich welche Haltung sie der Forderung einer weiteren Verkürzung der Arbeitszeit gegenüber einzunehmen gedenke. — Breslau. Am 20. Februar Nachmittag passirten unsere Stadt acht aus Rußland ausge wiesene Deutsche, sämmtlich Handwerker und Gewerbetreibende aus dem Gouvernement Odessa, wo sie durch jahrelanges Betreiben ihres Handwerks sich ein kleines Vermögen erworben hatten. Fluchtähnlich, in größter Eile, mußten sie Rußland verlassen und beim Verkauf ihrer Habseligkeiten weit über die Hälfte verlieren. Mit dem Rest ihres Vermögens beabsich tigten sie, nach Amerika zu gehen, wohin ihnen nach ihrer Aussage bald eine große Anzahl anderer Deut scher, sowohl Handwerker und Gewerbetreibende wie kleiner Grundbesitzer, nachfolgen werde, da der Druck der Behörden immer unerträglicher werde. Infolge dessen schicke sich ein großer Theil der dortigen deut schen Bevölkerung zur Auswanderung an. — Belgien. In Seraing bei Lüttich haben am Donnerstag lausend Kohlenarbeiter die Arbeit niedergelegt, und zwar wegen Nichtgewährung von Forderungen bezüglich Lohnerhöhung und Herabsetzung der Arbeitszeit. Da ferner Befürchtungen wegen des angekündigten allgemeinen Ausstandes vorhanden sind, ist durch eine königl. Ordre die Organisation einer Bürgergarde in allen größeren Ortschaften der Um gegend von Charleroi angeordnet worden. Locale u«d sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 23. Februar. Wie verschieden artig die Witterungsverhältnisse oft zwischen Gebirge und Niederland sind, beweisen wieder die letzten Tage. In der Regel ist dabei das Gebirge im Nachtheil, da es durchschnittlich mehr Niederschläge als das flache Land aufzuweisen hat. In den letzten Tagen waren wir aber im Vortheil, denn während man z. B. in Dresden am letzten Freitag sehr starken Nebel hatte, erfreuten wir uns des schönsten Sonnenscheines. Auch gestern war in der Niederung während des ganzen Tages wieder starker Nebel, obwohl wir im oberen Ge birge das herrlichste Wetter hatten. Die hier noch lagernden ziemlich bedeutenden Schneemassen nehmen nur sehr allmählich ab, denn obschon die Mittags sonne dem Schnee gehörig zusetzt, tritt zur Nacht stets scharfer Frost ein, und ermäßigte sich die Tem peratur dabei öfter 5—7 Grad unter Null. — Johanngeorgenstadt, 22. Febr. Am 19. d. MtS. hielt der hiesige Erzgebirgsverein (ein- getr. Genossenschaft) im Saale des Hotel de Taxe hier seine erste diesjährige Generalversammlung ab. Der Vorsitzende, Lehrer Tittel, gab einen Bericht über die Thätigkeit des Vereins im verflossenen Jahre und gedachte in pietätvoller Weise des verstorbenen ältesten Mitglieds Herrn Kaufmann Ed. Tröger, dessen Andenken die Erschienenen durch Erheben von den Plätzen ehrten. Der Kassenbericht pro 1890 er gab bei der Hauptkasse eine Einnahme von 775 M. 14 Pf. und eine Ausgabe von 135 M. 75 Pf., so daß ein baarcr Bestand von 639 M. 39 Pf. vorhanden ist. Die Vergnügungskasse, zu welcher nur die an den Vergnügungen theilnehmenden Mitglieder beizu tragen haben, weist eine Gesammtcinnahme von 167 M. 23 Pf., eine Ausgabe von 50 M. — Pf. nach und schließt also mit einem Vermögen von 117 M. 23 Ps. ab. Das Baarvermögen des Vereins beträgt 756 M. 62 Pf. Als Defektant für die Jahres rechnung wurde Herr Pastor Otto einstimmig ge wühlt. Das Besitzthum des Vereins beläuft sich auf 2291 M. 62 Pf. am Schluffe des Jahres 1890. In Anbetracht der günstigen Kassenverhältnisse wurde der Vorsitzende ermächtigt, 6 eiserne Ruhebänke im Laufe des kommenden Sommer« an geeigneten Punkten der hiesigen Umgegend aufstellen zu lassen. — Dresden. Am Donnerstag Abend war ganz Dresden .benebelt". Denn es war jener Zustand eingetreten, von dem es in dem ehrwürdigsten aller Bücher heißt: .Dichter Nebel lagerte ans dem Lande". Manchem mag in der That dieses Bibel wort und vielleicht auch der bekannte Kalauer, der sich daran knüpft, in den Sinn gekommen sein an gesichts der grauen undurchdringlichen Nebelhülle, welche seit Donnerstag Abend bis in die späten Vor mittagsstunden de« gestrigen Tages über der Stadt lagerte. Die ganze Natur schien in Sack und Asche zu trauern ; mit einem trüben düsteren Wolkenschleier war der Himmel umzogen und die dunklen Nebel massen verbreiteten eine geheimnißvolle Finsterniß. Wer am Freitag Morgen um 7 oder 8 Uhr auf wachte, konnte sich leicht in dem glücklichen Wahne, daß eS noch Nacht und die Stunde de« Aufstehen« noch lange nicht gekommen sei, wieder de« Morpheus sanften Armen anvertrauen, um schließlich verspätet zur gewohnten Tagesarbeit zu kommen. Bi« gegen 10 Uhr war da« Tageslicht so matt und dürftig, daß man sogar die Lampen wieder anstecken mußte, um sich genügende Helligkeit zu verschaffen. — Dresden. Zum Schutze der Singvögel in den städtischen Promenaden und Waldungen hat jetzt der Rath beschlossen, „Katzenfallen" anzuschaffe» und dieselben während der Nist'zeit der Singvögel zur Aufstellung zu bringen. Wie man weiß, hat sich schon seit Jahren eine bedauerliche Abnahme der kleinen gefiederten Sänger bemerkbar gemacht, so daß die besagte Entschließung gewiß nur zustimmend begrüßt werden dürfe. — Leipzig. Die Kegler in Leipzig haben die Idee, ein eigenes Keglerheim zu bauen, zur Aus führung gebracht. Der Lokalverband Leipziger Kegel klub« hat Ende der Tauchaerstraße ein Gebäude auf führen lassen, welches durchaus modern auSgestattet ist und eine ganze Anzahl der schönsten und zweck mäßigsten Bahnen, welche den Berbandsgenossen zu dienen bestimmt sind, anfweist. DaS „Keglerheim" soll nun demnächst dem Zwecke, dem eS zu dienen bestimmt ist, übergeben werden. — Seitens einer besorgten Mutter wurde in diesen Tagen in Pirna die Hilfe der Polizei zur Wiederausfindung ihres erst seit etwa 3 Wochen ver- heiratheten Sohnes in Anspruch genommen, welcher sich vor einigen Tagen aus seiner Behausung entfernt hatte und noch nicht wieder zurückgekehrt war, auch keinerlei Nachricht über seinen Verbleib gegeben, eben so wenig aber auch für den nöthigen Lebensunterhalt der Neuvermählten während seiner Abwesenheit ge sorgt hakte. Die alsbaldigen Bemühungen der Polizei zur Wiedererlangung des jungen Ehemannes blieben nicht ohne Erfolg, doch war das Ergebniß ein wesent lich anderes, als von den Betheiligien erwartet worden war. Der Vermißte hatte einen Spaziergang nach einem benachbarten Dorfe unternommen und sich da selbst barbieren lassen, dabei aber dem dienstbeflissenen Bartkünstler ein Messer gestohlen, war dabei erwischt, der Ortspolizei übergeben und von dieser in da« AmlSgerichtS-Gefängniß cingeliefert worden, wo er bereits hinreichende Muße gefunden hatte, über die Unterbrechung seiner Flitterwochen nachzudenken. — Meißen. Ein Straßenarbeiter aus der Um gegend hatte am vergangenen Sonnabend im Auftrage seines Vorgesetzten 700 Mk. in Kleingeld zum Aus zahlen des Lohne« umgewechselt. Vor einem Geschäft in der Elbgaffe traf er seine Frau, welche in der Stadt Einkäufe besorgt hatte, und war ihr beim Ein packen des Korbes behilflich. Um freie Hände zu haben, legte er einstweilen das Geld auf die äußere Fensterbank und ging dann mit seiner Frau, als die Arbeit beendet war, sorglos weiter. Erst in Nieder fähre erinnerte er sich wieder seines Geldes, rannte nun spornstreichs zurück und — fand das Geld wirk lich auch noch unversehrt an derselben Stelle liegen. So groß wie sein Schreck, als er den Verlust wahr nahm, war jetzt auch seine Freude, als er die be trächtliche Summe wieder in der Hand hielt. — In Hartmannsdorf bei Kirchberg ist in der Nacht zum 20. d. M. im Spinnfabrikgcbäude des Herrn Lange Feuer entstanden und dieses Ge bäude ausgebrannt. Auch sind die darin befindlichen Maschinen und Vorräthe mit verbrannt. DaS zur Fabrik gehörige neuerbaute Wohngebäude ist durch die angestrengte Thätigkeit der Löschmannschaften erhalten worden. — In Niederplanitz ist der seltene Fall vor gekommen, daß bei einer Taushandlung drei Taub stumme, Geschwister des KindeSvaterS, Pathenstelle vertraten. — Schwarzenberg. Herr Bezirksassessor Stadler bei der hiesigen Königl. Amtshauptmannschaft ist unter dem 1. März in gleicher Eigenschaft zur Amtshauptmannschaft Plauen versetzt und an seine Stelle der Legationssekretär a. D. Herr Assessor vr. jur. von Stieglitz als Bezirksassessor allhier angestellt worden. — Mylau. Die Thüringer GaSgesellschaft zu Leipzig hatte an den hiesigen Stadtgemeinderath eine anderweite Eingabe, die Erbauung einer Gasanstalt für die Städte Netzschkau und Mylau betreffend, ge richtet. Der Stadigemeinderath hat nun in seiner letzten Sitzung vom 19. Februar eine Betheiligung definitiv abgelehnt, da durch die Zulassung einer Ge sellschaft zum Bau einer GaSbelcuchtungSanlage da« Aufkommen einer anderen BeleucbtungSart, nament lich der hier seit Jahren geplanten elektrischen Be leuchtung, sehr erschwert werden würde. — InMülsen St. Nicla« wurde am Donners tag, al« eben ein Leichenzug in den Friedhof ein biegen wollte, an einem Baum der Weber Theodor Griebel erhängt aufgesunden. Der BedauernSwerthe, jederzeit etwas zur Schwermut- neigend, hat durch Krankheit seit ca. 5 Jahren sein sämmtliche» Haupt- und Barthaär verloren, welche« wohl Schuld sein dürfte, daß er von dieser Zeit an sich von jeder Ge selligkeit lossagte und ein sehr eingezogener Leben führte. — Die Wettcrersahrenen wollen genau wissen, daß wir noch eine längere anhaltende Kälte periode erhalten. Nun, daß wir im März noch kalte Tage bekommen, ist wohl sicher, und so thut man gut, sich nicht wegen dieser anhaltenden Kälte allzu sehr zu erhitzen, e« sei denn durch Grog, der aber un mäßig mäßig genossen werden muß. Wem ist eS nicht erschienen, al« ob früher im allgemeinen die Winter kälter gewesen wären, wie in den letzten Jahren. Und dieses „früher" richtet sich inbetreff der hinter uns liegenden Entfernung genau nach der Ferne der hinter uns liegenden Kindheit. Die Winter erscheinen un« in der Kindheit düsterer, kälter, länger anhaltend, als später, weil wir erstens mehr als im Sommer in der Wohnung bleiben müssen; dann weil wir gegen die Einwirkungen der Kälte noch nicht abgehärtet sind, und schließlich weil uns in der Kindheit die Zeit überhaupt langsamer dahinfließt, wie in reiferen Jahren, wo die tägliche ArbeitSthatigkeit sie zu kürzen scheint. Wissenschaftlich aber ist ja festgestcllt, daß sich in den letzten 3—400 Jahren die Witterungs verhältnisse bei nnS nur unwesentlich geändert haben, wenngleich die Bertheilung der Niederschläge durch größere Abholzungen eine andere geworden ist. AuS Chroniken aber vernehmen wir, daß die kalten Winter und zumal die eisigen Märzmonate in den verschie denen Jahrhunderten und Jahrzehnten gar nicht so häufig waren. Man kann daher die Hoffnung schöpfen, daß c« auch in diesem Jahre so gefährlich nicht wer den wird, daß trotz alledem die Tage des Frostes ge zählt sind und die Sonne sich endlich doch wieder für uns arme frierenden Menschenkinder „erwärmen" wird. Namentlich die ärmere Bevölkerung würde ein langer Winter schwer treffen. Während ja die Wohlhaben deren in langen Zügen die Winterfreudcn recht lange genießen können, muß aber auch eine wieder eintre tende längere Eisperiode eine größere Arbeitslosigkeit im Gefolge haben, zumal im Bauhandwerk. Und dies ist um so trauriger, als ja der Winter von Alters her ein Feind der Armen war. Gedenkt man dann auch noch ferner des Umstandes, daß der Winter auck nicht zärtlich gegen die Thiere ist, daß die Vögel und da« Wild Hunger leiden, so überkommt uns bei der erwähnten Ankündigung der Wettererfahrenen schon jetzt ein Frösteln. Sitzung dre LcMsausschusses -er Söiuglichkn Ämtshanpt- mannschaft SchwarMdcrg, am ll. Frbruar I89l. Das in den Bezirksausschuß neu eintretende Mitglied, Herr Factor Bischoff in Niederpsannenstiel wird als solches einge- wiesen. Der Bezirksausschuß genehmigt 1) die Gesuche a. Gustav Tölle's in Niederschlema um Errichtung einer Eisen- und Metallgießerei, I>. Eugen Holtzmann's in Breitenhof um Wiederher stellung eines durch Hochwasser zerstörten Wehres, c. August Frenzel's m Markersbach um Vornahme einer Veränderung an seiner Wehr- und Graben anlage und cl. Carl Heinrich Rother's in Beierfeld um Er richtung einer Schlächterei bedingungsweise, 2) justificirt die Rechnung über die Zinsen von den Beständen der Eibenstocker und Schwarzenberger Amts-Armenkasse aus das Jahr 1890, 3) stellt das Regulativ über die Pensionsberechtigung der Bezirksbeamten des amtshauptmannschaftlichen Bezirks fest, 4) beräth Maßregeln zur Verhütung von Hochwasserschäden und spricht sich für den Erlaß einer entsprechenden Be kanntmachung aus, 5) findet die erhobenen Einsprüche gegen die Wahl von je zwei Gcmeinderathsmitgliedern in Neuheide und Unter- stützenarün theilweise für beachtlich, S) lehnt den Nachtrag zum Anlagen < Regulativ für Ober- schlema ab, 7) hält wegen eines Regulativs, die Ausschließung säumiger Abgabenpflichtiger von öffentlichen Vergnügungen in Ritter-grün betr., ein Einvernehmen der Gemeinde mit dem Gutsvorsteher für ersorderlich, 8) lehnt die Gesuche Eduard Riedel's und Carl Friedrich Bauer s in Zschorlau um Erlaubniß zum Kleinhandel mit Branntwein, sowie Otto Unger'» in Zelle um Errichtung einer Conditorei mit Kaffee und Weinschank in Mangel örtlichen Bedürfnisses ab, 9) ertheilt zu den von a. Gustav Emil Böttcher in Unterstützengrün und d. Johann Christian Wagner in Bernsbach nachge suchten Grundstück-abtrennungen Genehmigung u. 10) erledigt mehrere die BezirkSarmenanstalt in Grunhain und das Bezirksvermögen betreffende Angelegenheiten. Aus vergangener Jett — für «ufere Jett. 24. Februar. <R-«»r»<r »»rb»>ni > Der 24. Februar 1848 ist einer der merkwürdigsten Tage französischer Geschichte. An diesem Tage verschwand da» Bür- ger-Königthum Louis Philipp«, al» ob es nie gewesen; und