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schreiben eder zu telegraphiren, damit man sie dort lassen möge, wo die Ernten ans ihren Feldern heran reiften. ES half aber alles nicht«. Man lud sie auf fünf große Dampfschiffe und führte sie stromab wärts den Civilagentcn zu." General MileS rügt eine andere Unmenschlicbkeit, die darin besteht, daß man die Indianer zwingt, in Gegenden zu verbleiben, die oft, wie in den letzten zwei Jahren, jahrelang ohne Regen bleiben. Der Weiße zieht in solchen Fällen »ach besseren Gegenden, der Indianer muß bleiben und verhungern. Kein Wunder, daß die Männer, die Weib und Kinder um sich herum elend verderben sehen, endlich zur Büchse greisen, den raschen Untergang im Gefecht dem langsamen Hun- gertodc vorziehend. Die Schrift des General« er weckt den Eindruck, daß die Indianer — c« mögen ihrer noch etwa 250,000 sein — von den politischen Machern und Schreibtischmenschen in Washington ohne Verständniß regiert und mit Vorliebe, als ein Stück politischer Beute, den schurkischen Indianer agenten „zum AuSsaugen" überantwortet werden, anstatt sie unter die Aufsicht ersahrener Militärs zu stellen, die allein wirkliche Erfahrung über den Charakter und die Bedürfnisse der Indianer habe». So deukt auck die Presse, welche die Agenten mit den stärksten Schimpfnamen belegt. Doch ist kaum daran zu denken, daß im Gebiet der Jndianerver- waltung irgend etwas besser werde. Man wird alles todtschießen, was nicht gehorchen will, und dann wird cS beim Alte», d. h. bei den Agenten bleiben. ES muß doch Posten geben, mit denen man „Patrioten" belohnen kann, welche sich bei den Wahlen besondere Verdienste erworben haben. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 28. Jan. Die diesjährige Feier des Geburtstage« Sr. Maj. des deutschen Kai sers wurde am Montag durch Zapfenstreich der städt ischen Capelle eingeleitet. Am Abend fand zur Vorfeier im Saale des „Feldschlößchen" ein vom ReichStreucn Verein und Militär-Verein veranstalteter Commers statt, bei welchem Hr. Amtsrichter Kautzsch die Fest rede übernommen hatte. In markigen treffenden Worten gab derselbe ein kurzes Bild Sr. Maj. des Kaisers von Beginn der Thronbesteigung an. Wies aus die damals theilweis gehegten Bedenken hin, die sich an die Jugendlichkeit des neuen Kaisers knüpften und wie Wilhelm II. durch seine an den Tag gelegte Thatkraft und staatsmännische Weisheit in kurzer Zeit nicht nur die Liebe und das Vertrauen seines Volkes sich erworben, sondern sogar die Bewunderung der ganzen gebildeten Welt erregt hat. Mit einem Hoch auf den Schirmherrn des neu geeinten deutschen Reiches, in das die Versammelten begeistert einstimm ten, schloß der Herr Redner seine Ansprache. Ab wechselnd mit patriotischen Gesängen und musikalischen Darbietungen wurden noch Hoch'S auf den LandeS- fürsten, Se. Maj. König Albert, den ehemaligen Reichs kanzler Fürsten Bismarck und Grafen Moltke auS- gebracht. Den Tag des Geburtsfestes selbst kündigte der übliche musikalische Weckruf an. Vormittags 10 Uhr fand in hiesiger Bürgerschule FestactuS statt, der durch vorzügliche musikalische und deklamatorische Vorträge Seitens einiger Schülerinnen ».Schüler, sowie durch den mit außerordentlichem Fleiße bearbeiteten Vort.ag des Herrn Lehrer Teller über „Helgoland" die an wesenden Zuhörer in hohem Maße befriedigte. Nachdem Redner in der Einleitung auf die Be deutung des TageS hingewiese», sprach er über da« Thema: Helgoland, der jüngste Zuwachs des deutschen Reichs. Zunächst wurde gezeigt, wie durch den deutsch englischen Vertrag die Insel deutsch geworden ist und wie der Gedanke der Erwerbung Helgolands für Deutschland überall im deutschen Reiche freudigen Widerhall gefunden habe und mit ihm ein alter sehn licher Wunsch in Erfüllung gegangen sei. Nach einem kurzen Ueberblick über die Feierlichkeiten bei der Ueber- gabe der Insel, schloß sich eine eingehende Schilder ung Helgolands an, in welcher vorerst ein Bild ent worfen wurde über Größe, Gestalt und Lage der Insel, sowie über die eigenthümliche Beschaffenheit de« Felseneilandes und verschiedene nennenSwerthe Vorkommnisse auf demselben. Dann folgte eine Cha rakteristik der Thier- und Pflanzenwelt und der Be wohner, wobei besonders betont wurde, daß die Eigenartigkeit der Insel Hauptgrund für die Armuth in der Pflanzenwelt und für die sparsame Vertret ung de« Thierreichs sei, auch Einfluß auSgeübt habe auf die Entwickelung der Eingeborenen und bestim mend gewesen sei für die Haupterwerbszweige, wie Fischfang, Lotsendienst, Seebad. 'Nach mehreren geschichtlichen und statistischen Angaben wurde dar gelegt, wie die Abtretung der Insel Helgoland im Hinblick aus die Vertheidigung des Vaterlandes und als Pfand der Freundschaft und verstärkten Friedens aussichten dem deutschen Volk doppelt werthvoll sein müsse. Der Vortrag endigte mit dem Wunsche, daß Gott dem deutschen Reich seinen geliebten Kaiser noch recht lange in ungeschwächter ManneSkraft und Geistesfrische erhalten möge. Da« Programm de» SchulactuS selbst war folgen de«: Allgemeiner Gesang: Lobe den Herren. — Mor gensegen. — Vorlesung de« 6 l. Psalm. Halleluja. — Motette: Preis und Anbetung. — Nach der Rede de« Herrn Teller: Gesang: O Deutschland, hoch in Ehren! — Deklamation: Schlaf Kaiser Rokbbart! Wir sind einig. (Lucie Kramer.) — An Deutschland ersten Mann, Kaiser Wilhelm II., (Erich Dörffel.) — An Deutschland« erste Frau, Kaiserin Auguste Victoria, (Elsa Landrock.) — Gesang: Auf deinen Höhn, du, mein liebe» Vaterland. — Gebet. — All gemeiner Gesang: Laß mich dein sein und bleiben. Am Abend feierte man den Geburtstag des Kaisers in den Lokalitäten der Gesellschaft „Union" durch Prolog und Darstellung der Bedeutung des Tage« entsprechender lebender Bilder mit verbinden dem Text, welche allseitig gefielen und verdienten Beifall fanden. Ein heiteres Tänzchen machte den Schluß der Festlichkeit. — Dresden. Die Fuß-Verstauchung, die sich Ihre Majestät die Königin kürzlich zugczogen hat, nimmt einen normalen Verlauf, so daß da« Leiden bald wieder als gänzlich geheilt gelten dürste. — Leipzig, 26. Jan. In den letzten Wochen und Tagen sind in hiesiger Stadt eine große Anzahl Einbruchsdiebstähle verübt worden, ohne daß es bis her gelungen wäre, der Thiiter habhaft werden zu können. Die Einbrecher sind bei Begehung der Diebereien von wechselndem Glück begünstigt gewesen. So war in einem der letzten Fälle — es war in ein Contor in der Moltkestraße eingebrochen worden, der Einbrecher von ausnehmendem Pech verfolgt worden. Nachdem cS ihm glücklich gelungen war, in das Contor zu gelangen, sah er sich einem diebcS- und feuersicheren Geldschranke gegenüber, der allen seinen Angriffen widerstand. Von allen Seiten suchte er ihn zu öffnen, stets aber mit demselben Mißerfolge. Da ließ er sich schließlich die Mühe nicht verdrießen und entfernte sich unverrichteter Sache. Er that eS aber nicht, ohne auf den umgestürzten Geldschrank mit Kreide die Worte zu schreiben: „Ein Arbeits loser hat sich Arbeit gemacht!" — Potschappel. Infolge eines Schrecken« starb in Weißig die Ehefrau des Bergarbeiters Moritz Grafe. Sie lag krank zu Bett, als sie die Nachricht erhielt, daß ihr Ehemann im Carolaschacht verletzt und ins Knappschaftskrankcnhaus gebracht worden sei. Grafe hat durch Abrutsch eines Stempels zwei Rippen und einen Rückenwirbel gebrochen. An sei nem Aufkommen wird gezweifelt. Die Mutter auf der Todtenbahre, der Vater hoffnungslos auf dem Krankenlager, 4 unmündige Kinder: ein düsteres Kcbicksalsbild! — Meerane. Der Sohn eines hiesigen Ein wohners litt seit seinem dritten Jahre — er zählt jetzt zehn Jahre — am Knochenfraß, welcher vom Knie aufwärts sich immer mehr ausbreitete, aller Km st der Acrzte spottete und nach dem Ausspruch der Letzteren den Tod des Kindes herbeiführen mußte, sobald innere Theile davon ergriffen würden. DaS Kind wurde in verschiedenen Heilanstalten unterge bracht, zuletzt im Kreiskrankenstift zu Zwickau, in welchem ungefähr 14 Tage vor Weihnachten die Einspritzungen mit der Koch'schcn Lymphe an dem Knaben begonnen und dann regelmäßig fortge setzt wurden. Schon nach den ersten Injektionen zeigten sich erfreuliche Wirkungen, jetzt ist das Kind als völlig geheilt zu betrachten. — Der russische Reserve-Offizier Bruno Emil Oskar v. Vorkampff-Laue aus Jlbako (Livland), wel cher zur Zeit die Forstakademie in Tharandt be sucht, machte im August v. I. durch eine Affaire viel von sich reden. Er schlug nämlich an einem Abend auf offener Straße vor dem Gasthof zum „Deutschen Hause" in Tharandt den ihm entgegenkommenden Handarbeiter Kunert ohne alle Veranlassung mit dem Riemenende einer Hundepeitsche so heftig über da« Gesicht, daß der Getroffene nicht unerhebliche Ver letzungen erlitt. Wegen dieser Rohheit hatte sich Herr von Vorkampff-Laue jetzt vor dem Landgericht Freiberg zu verantworten. Dasselbe verurtheilte ihn wegen Körperverletzung zu zwei Monaten Gefängniß. — Am Sonntag ist es in Stetzsch gelungen, drei zweibeinige „Füchse", Burschen im Alter von 15—19 Jahren, dingfest zu machen, die schon seit längerer Zeit in spitzbüberischer Weise sich saftige Braten zu verschaffen wußten. Sie hatten sich auf den Diebstahl von Gänsen, Hühnern, Kaninchen und dergl. gelegt und legten auch Schlingen für Hasen. Wie weit die Unverschämtheit dieser Burschen ging, kann daraus ersehen werden, daß einer der bestohle nen Besitzer von Kaninchen eine Postkarte erhielt, auf welcher ihm mitgetheilt wurde: seine Kaninchen lägen bereits in der Pfanne, er möge in Zukunft sein Viehzeug aber besser füttern! — Die 2. Klasse der 119. Königl. sächsischen Landeslotterie wird am 9. und 10. Februar 1891 gezogen. Die Erneuerung der Loose ist nach 8 5 der dem Plane zu dieser Lotterie angefügten allge meinen Bestimmungen spätesten« vor Ablauf de- 31. Januar 1891 bei dem Kollekteur, dessen Name und Wohnort auf dem Loose aufgedruckt und aufgestempelt ist, zu bewirken. Ein Interessent, welcher diese Er neuerung versäumt oder sein Loo« von dem nurge dachten Kollekteur vor Ablauf de« 3l. Januar 1891 nicht erhalten kann, hat die« nach Maßgabe de« an gezogenen 8 5 bei Verlust aller Ansprüche an da gespielte Loo« der Königl. Lottcriedirektion noch vor Ablauf de« 5. Februar l89l gnzuzeigen. Der An zeige ist da« Loo» der 1. Klaffe und der Erneuer- ungSbctrag für dasselbe zur 2. Klasse 119. Lotterie beizufügen. Nur die konzessionirten Kollekteure sind zum Verkauf von Loosen der Königl. sächsischen LandcSlotteric befugt. — DaS Ministerium des Innern hat in Folge des Anträge« de« Herrn Geh. RegierungSralheS Böttcher die Einführung eine« in Deutschland noch unbekannten Zweige« des Kunstgewerbc« in die dafür geeigneten gewerblichen Lehranstalten beschlossen. ES handelt sich um die Erlernung und Pflege des Ein legen« verschiedenartiger Metalle in Holz, und zwar nach einem Verfahren, welche« in Ostindien seinen Ursprung hat. Diese Kunst ist durch die Bemühungen eine« Engländer« vor 9 Jahren au« Indien nach Cortina in Südtyrol verpflanzt worden. Der Ge- werbescbullehrer Matthias in Kötzschenbroda hat das genannte Verfahren erlernt, sodaß seine Arbeiten von den Leistungen, wie Cortina sie bietet, in technischer Beziehung durchaus nicht zu unterscheide» sind. Die Technik der Metall-Intarsia ist im Ganzen eine ziem lich einfache, aber dessen ungeachtet in einem hohe» Grade dankbare. Sie hat vor vielen ähnlichen Zweigen des KunstgewcrbeS den großen Vorzug, daß sie außer in den technischen Lehranstalten auch in jeder Häus lichkeit betrieben und sowohl von weiblichen wie von männlichen Personen, von Kindern wie von Greisen gepflegt und verwerthet werden kann. Sie ist so recht geeignet, dem Bedürftigen ein Erwerbszweig und dem Dilettanten ein genußreicher Tummelplatz seiner Kräfte zu werden. Die Zahl der erforderlichen Werk zeuge ist gering und die Ausgaben dafür sind ver- hältnißmäßig unbedeutend. Auch das nöthige Ma terial macht nur geringe Ansprüche an die Kasse, so bald man innerhalb der Grenzen solcher Arbeiten bleibt, die man ohne wesentliche Beihilfe eines Hand werker« vollenden kann. Auf Anordnung des Mini sterium« de« Innern und unter der GeschästSleitung de« Gewerbeschulinspektors Enke hat nun Matthias den ersten Kursus in der besprochenen Kunst vor einigen Tagen beendet. Der Unterricht erfolgt in der Königl. Gewerbeschule zu Grünhainichen. Das Königreich Sachsen ist somit der erste Staat in Deutschland, welcher dem neuen Industriezweig im Interesse seiner werkthätigen Bevölkerung eine Heim stätte bereitet Hal. — Im Königreiche Sachsen decken die Einnahmen der Eisenbahnen den dritten Theil der gesammten Staatsausgaben; der Ertrag der Zölle und indirekten Steuern deckt drei Zehntel, die direkten Steuern ziem lich ein Viertel, die Forstverwaltung deckt 8 Prozent (in Preußen nur drei Prozent), die Lotterieverwaltung 4^ Prozent (Preußen 1 Prozent), Domänen-, Bcrg- und Hüttenverwaltung nur je Prozent (Preußen je 2' 2 Prozent). Auf den Kopf der Bevölkerung entfallen in Sachsen 13 M. Steuern und Abgaben, darunter 8 Bk. direkte. Ans vergangener Zeit — für «nsere Zeit. 29. Januar. <N»chdr»ii v<rb°t-r.> An: 29. Januar 1871 erfolgte ohne Störung und in der in der Versailler Konvention vorgeschriebenen Weise die Be setzung der Pariser Forts durch deutsche Truppen und die Ber- proviantirung der ausgehungerten Stadt begann. Thatsächlich hat, wie inan damals sich überzeugte, die Riesenstadt erst zu einer Zeit lapitulirt, da Brod nur noch für 8 Tage und Pferde fleisch für nur noch 14 Tage vorhanden waren. Hätten die französischen Befehlshaber die Uebergabe der Stadt nur noch wenige Tage hinausgezögert, so hätten entsetzliche Zustände entstchen müssen, da sich so große Vorräthe für alle nicht so rasch herandringen ließen. Das Telegramm Kaiser Wilhelms an die Kaiserin lautete: „Die Uebergabe aller Forts hat ein schließlich St. Denis im Lause des TageS ohne alle Wider setzlichkeit und Störung stattgefunden. Bon unseren Belager- ungSbattcrien sah ich die preußische Fahne auf Jffy flattern." 30. Januar. Während sich 1871 in Paris die Jules Favre und Ge nossen abmühten, Ordnung in das Chaos zu bringen, vor allem die Wahlen für die Nationalversammlung in Bordeaux in Gang zu bringen, leistete sich Herr Leon Gambetta als Diktator eine Proklamation am 3V. Januar 1871, in welcher er energisch und mit dem ganzen Aufgebot seiner Rhetorik sich gegen den Frieden wandte und den Krieg „bis auss Messer" weiter predigte. „Die Fremden", hieß es in dem Aktenstück, „haben Frankreich die grausamste Beleidigung zugesügt, welche unserem Volke in diesem schlimmen Kriege zu ertragen be- schieden war. Das uneinnehmbare Paris hat, gezwungen dureb den Hunger, die deutschen Horden nicht länger von sich abhalten können. Es hängt von uns ab, Preußens Berechnungen zu Schanden zu machen; benutzen wir den Waffenstillstand, um unsere jungen Truppen einzuüben und die Organisation des Krieges mit größerer Energie, als je zu betreiben." Die Proklamation endete mit dem Ruf: zu den Waffen! Ernstlich gemeint war der Wortschwall wohl kaum; jedenfalls erreichte Gambetta den Zweck, bei der leichtgläubigen, leicht erregbaren und augenblicklichen Eingebungen zugänglichen Masse des fran zösischen Volkes al- der „Unbesiegte" zu gelten. Die Ebenholzkiste. Erzählung von Fr. C. von Wickede. (Schluß.) „Glauben auch Sie, daß e« so leicht ist, eine ver wandte Seele zu finden, Fräulein Marie?" Die Wangen de« jungen Mädchen« waren wie mit Purpur übergossen, al« Holsten diese unerwartete Frage an sie richtete, und sie war nur zu froh, durch da« plötz liche Halten de« Wagen» größerer Verlegenheit zu entgehen. Eölestine konnte indessen nicht umhin, ihr