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Hagesgeschichle. — Berlin. Zu dem bevorstehenden Geburts tage der Kaisers werden verschiedene fürstliche Gäste am hiesigen Hofe erwartet, die zum Theil schon der am Tage vorher stattfindenden Taufe de- jüngsten Kaisersohne« beiwohnen werden. Ob sich auch der König von Sachsen wieder hier einfinden wird, um, wie in den Vorjahren, den Kaiser persönlich zu be glückwünschen, ist noch nicht feststehend, aber überaus wahrscheinlich. — Von einer bevorstehenden Reise Kaiser Wilhelms nach der Pyrenäischen Halbinsel wird gegenwärtig in Madrid wieder viel gesprochen. Bei einem Festmahle, welches kürzlich der deutsche Botschafter, Freiherr von Stumm, zu Ehren des spanischen Ministerpräsidenten CanovaS del Castillo veranstaltete, brachte Letzterer einen sehr verbindlichen Trinkspruch auf Kaiser Wilhelm aus, wobei er unter Anderem folgende Worte gebrauchte: .Dieser klar blickende und kühnstrebende Monarch, der uns alten Politikern schon heute als Lehrmeister gegenübersteht, nimmt ein so hohes Interesse an allen europäischen Fragen, daß sich jede« Volk glücklich schätzen muß, dem die Ehre widerfährt, diesen außerordentlichen Fürsten näher kennen zu lernen." — Auch aus ge wissen Veränderungen im Leben am spanischen Hofe schließt man auf einen bevorstehenden Besuch des Deutschen Kaiser«. Die Königin-Regentin, welche seit dem Tode des Königs Alfonso alle geriiusch- und prunkvollen Hoffeste vermieden hatte, hat in dieser Saison die Prunksäle des Schlosses für mehrere Feste wieder geöffnet. In einzelnen Theilcn des Schlosses werden auch umfangreiche Neugestaltungen vorgcnommen, die nach Meinung der Spanier nur für die Aufnahme einer größeren Zahl von Hohen Besuchern berechnet sein können. — Die Reichstagskommission für die Kranken kassengesetz-Novelle nahm die Bestimmung an, daß die Ortskrankenkassen das Krankengeld vom Tage der Erwerbsunfähigkeit ab, also unter Verzicht auf die dreitägige Karenzzeit, gewähren können. Die Vorlage wollte die Zustimmung der Arbeitgeber vorschreiben; die Kommission lehnte diese Gegenüberstellung der Arbeiter und der Arbeitgeber ab und machte die Beseitigung der Karenzfrist davon abhängig, daß der gesetzlich vorgcschriebene Reservefonds den ein und einhalbfachen Betrag erreicht habe. — Ein eigenartiger Konflikt ist in Wands bek zwischen dem Vertreter des als Mitglied des Abgeordnetenhauses in Berlin weilenden Landrathes und der Polizei-Verwaltung auSgebrochen. Ersterer verlangte nämlich, daß die Polizei-Verwaltungen sich in allen an ihn gerichteten Schriftstücken des Aus druckes „gehorsamst" und nicht „ergebcnst" bedienen, und drohte, als die Polizei-Verwaltung zur Wahrung ihrer Selbstständigkeit als Behörde einer Stadt von der Größe Wandsbeks (20,600 Einwohner) sich weigerte, diesem Verlangen nachzukommen, Ordnungsstrafen an. Die Angelegenheit wird, wie man hört, demnächst die maßgebenden höheren Instanzen beschäftigen. — Durch die Schneestürme der letzten Tage haben besonders im Norden und Westen Deutschlands vielfache Betriebsstörungen bei den Eisenbahnen stattgefunden und sind Güter- und Personenzllge so gar im Schnee stecken geblieben. Welche Wirkungen der lang anhaltende Frost gehabt hat, ist aus einer Mittheilung aus Emmerich in schlagender Weise zu ersehen. Man meldet von dort unterm 18. Jan.: Die königliche Regierung von Düsseldorf hat Hierselbst Vermessungen über die Dicke der Eisdecke vornehme» lassen. Man ermittelte an einzelnen Stellen 4,so Meter, an vielen Stellen 3 und 2 Meter, sodaß eine durchschnittliche Stärke des Ganzen von 2 bis 3 Meter angenommen werden kann. Die Ergebnisse wurden der Regierung in Düsseldorf telegraphisch gemeldet. — Weiter schreibt man aus Koblenz, 20. Jan.: Sämmtliche Regierungspräsidenten der Rheinprovinz und Hessen-Nassaus, die Beamten der Strombauver waltung, sowie eine Anzahl höherer Militärs waren hier unter dem Vorsitz de« Oberpräsidenten der Rhein provinz zur Konferenz vereinigt behufs Berathung der gegen die EiSgefahr zu treffenden Maßnahmen. Die Befürchtungen vor Hochwasser sind überall groß. — Dem Vernehmen nach hofft die bayerische Regierung ein Uebercinkommen mit dem übrigen Deutschen Reich, betreffend die Herabsetzung der Eisenbahn-Fahrpreise noch zu erzielen. Die selbe schlägt vor, den Preis für die dritte Klasse auf 2 Pfg. pro Kilometer herabzusetzen und die Retour- billete aufzuheben. Locale und sLchstschc Rachrichte«. — Schönheide. Der Verein der Geflügel freunde zu Schönheide hält seine III. große allgem. Geflügelausstellung im Saale de- „GambrinuS" am 25. und 26. Januar ab. Die Ausstellung ver spricht eine sehr reiche zu werden, da sehr viel An meldungen von Geflügel eingegangen sind. Der Be such der Ausstellung wird sehr lohnend sein. — Dresden, 22. Ian. Ihre Majestät die Königin war gestern Abend behindert, am Hofballe im Königl. Schloß theilzunehmen und wird auch in den nächsten Tagen den Festlichkeiten fernbleiben. Ihre Majestät hat am l7. d. M. bei dem Besuche de- WohlthätigkeitSballeS aus dem Königl. Belvedere beim Herabfteigcn von einer Stufe da« Unglück ge habt, sich den Fuß zu vertreten. Glücklicherweise ist dem Unfall keine schlimme Bedeutung beizulegen, da die hohe Patientin sich bereit- wieder auf dem Wege merklicher Besserung befindet. — In Plauen i. V., lassen sich Berliner Blätter schreiben, wurden vor einiger Zeit zwei Anhänger der freisinnigen Partei, der Rechtsanwalt I)r. v. Petri- kowski und Kaufmann Arnold von Schwarze, der erste Vorsitzende de- deutschfreisinnigen Landesvereins für Sachsen, von dem Leutnant und Regimentsadju tanten Friedrich und dem Reserveoffizier llr. Schu barth, mit welchen sie ein Recontrc gehabt hatten, auf Pistolen gefordert, lehnten jedoch diese Forderung ab. Ihre Gegner, welche ebenso wie die beiden ge nannten Herren der Vergnügungsgesellschaft „Erhol ung" als Mitglieder augehörten, erklärten darauf, daß sie „nicht mit satisfaktionsunfähigen Leuten in ein und derselben Gesellschaft verkehren könnten", u. die „Erholung" schloß infolgedessen die Herren von PetrikowSki und v. Schwarze au« dem Verein aus. Die letzteren beschritten den Rechtsweg und verklag ten die „Erholung" auf Anerkennung ihrer Mitglieds rechte. Das Landgericht Plauen wies die Kläger ab, während das OberlandeSgericht zu Dresden die „Er holung" der Klage gemäß verurtheilte. Die gegen diese« Erkenntniß der „Erholung" beim Reichsgericht eingelegte Revision ist nunmehr zurückgewiesen und damit die Berurtheilung der „Erholung" rechtskräftig geworden. — Schneeberg. Zum Rektor des hiesigen Kgl. Gymnasiums ist sicherem Vernehmen nach Herr Pro fessor t)r. Walther Gilbert am Kgl. Gymnasium DreSdcn-Neustadt ernannt worden. — Markneukirchen, 20. Jan. Der infolge der großen Kälte tief ins Erdreich eingedrungene Frost ist Ursache, daß auch hier in der oberen Straße ein Gasrohrbruch entstand, dessen Auffindung mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Das ausströ mende Gas macht sich dort nicht nur auf der Straße sondern auch in Kellern und Stuben anliegender Häuser auffällig bemerkbar. In einzelnen Häusern sind auch Wasserrohrbrüche infolge der großen Kälte vorgekommen. Die Kälte war aber auch in den letzte» Tagen und Nächten der vorigen Woche entsetzlich; so wurden am vorigen Freitag früh bei Sonnenauf gang an verschiedenen Punkten 20" li. unter Null wahrgenommen. — Die viel geübte Sitte, Ziegelsteine zur Er wärmung des BctteS zu verwenden, wäre ain Dienstag Abend in Franken berg beinahe Ursache zu einem großen Schadenfeuer geworden. In einem Hause der Töpferstraße, dem gefährlichsten Stadttheile, in welchem bereits im September v. I. 5 Wohnhäuser eingeäschert wurden, hatte eine Frau einen heißen Ziegelstein in'S Bett gelegt. Nach einiger Zeit machte sich ein intensiver Brandgeruch bemerkbar, aber erst durch Straßenvassanten wurden die Inwohner des Hauses darauf aufmerksam gemacht, daß das Feuer bereits zum Dachfenster herausschlage. Den Haus bewohnern und Nachbarn gelang eS zum Glück noch, das Feuer zu dämpfen. — Zu Gunsten der darbenden Vögel erging jetzt in den Blättern manche Aufforderung; in recht schlimmer Lage befindet sich aber auch das Wild, da in den hochgelegenen Revieren ungeheure Schneemassen sich angesammelt haben. In den Königl. Forsten giebt es wohl vielfach Futterplätze, auf denen Heu und andere Nahrung geboten wird; auf den Privatrevieren wird diese Fürsorge für das Wild jedoch noch vielfach vermißt, und die Hasen, um welche eS sich hier zu meist handelt, kommen daher in die nächste Nähe der menschlichen Wohnungen und beginnen bereits in den Gärten die Rinden des Baum- und Strauch werkes anzunagen. Gruppenweise suchen auch die Hasen an den Dorfgasthäusern, vor denen tagsüber die Pferde gefüttert werden, die Ueberreste von Heu und Hafer während der Abend- und Nachtstunden auf; der Hunger überwindet eben die diesen Thieren sonst eigene Scheu. » — Zu den Obliegenheiten der Landbriefträger gehört bekanntlich auch die Annahme von Postsend ungen auf ihren Bestellungsgängen. Dieselben haben zu diesem Zwecke ein Annahmebuch bei sich zu führen, welche» zur Eintragung der von ihnen angenommenen Sendungen mit Werthangabe, Einschreibsendungen, Postanweisungen, gewöhnlichen Packete und Nach nahmesendungen dient und nach jedem Bestellgange von einem Beamten der Postanstalt durchgesehen wird. Die Auflieferer können derartige Sendungen entweder selbst in das Annahmebuch eintragen, oder die Eintragung den Landbriesträgern überlassen. Ge schieht da» Letztere, so hat der Landbricfträger da« Buch mit dem betreffenden Eintrag dem Auflieferer auf Verlangen vorzulegen. Auf diese Weise ist Je dermann in den Stand gesetzt, bei Auflieferung einer Sendung — abgesehen von gewöhnlichen Briefen — durch Vermittelung de- LandbriefträgerS deren richtige und pünktliche Weiterbeförderung von vornherein sicher zu stellen. Postanweisungsbeträge nehmen die Land briefträger übrigen« nur dann entgegen, wenn ihnen gleichzeitig da« ordnungsmäßig auSgefüllte Formular zur Postanweisung mit übergebt» wird. Ans vergangener Zeit — für »nsere Zeit. Am 24. Januar 1871 in dem Kampfe gegen das Gari- baldinische Freikorps bei Dijon büßte das 2. Bataillon des 8. Infanterie-Regiments Nr. 61 seine Fahne ein. Es war dies die einzige preußische Fahne, die in diesem Feldzug verloren ging, auch wurde sie nicht von» Feinde erobert, sondern nur gesunden. Bei einem Sturm aus ein Fabrikgebäude in der Borstadt Dijon's, den genanntes Bataillon aussühren mußte, erhielt dasselbe ein so furchtbares Feuer, daß es sich, nachdem alle Führer gefallen waren, zurllckziehen mußte, ohne dabei in der Dunkelheit den Verlust der Fahne sogleich zu bemerken. Sobald indeß das Fehlen derselben entdeckt wurde, brach sofort eine Abtheilung wieder vor, um sie zu suchen, aber diese kehrte nicht zurück; ebenso erging es einer Patrouille, von der nur ein Mann entkam. Die beste Illustration für diesen immerhin für das Bataillon beklagenswerlhen Verlust der Fahne liefert die der Brigade Kettler am andern Tage durch Garibaldi zu gegangene Mitthcilung, daß die Fahne unter einem Leichen hügel, mit Blut getränkt, zerschossen und zerbrochen aufge sunden worden sei. Es kann daher Wohl nur eine Stimme darüber sein, daß dies Ehrenzeichen des Bataillons nur auf die ehrenvollste Weise verloren gegangen ist. 28. Januar. Eine der letzten Festungen, die im Feldzuge 1870/71 ka- pitulirte. war Longwv, die am 28. Januar 1871 von den Be lagerungstruppen des Oberst von Wenski besetzt wurde. Longwy, zwischen Diedenhoven und Montmedy gelegen, ist eine Festung zweiten Ranges und ist 1867 von Frankreich befestigt worden, als sich dieses das nahegelegene Luxemburg zu bemächtigen gedachte. Die Beschießung der Festung hatte am 17. Januar begonnen; Kommandant der Besatzung war der Oberstleutnant Massaroli, dem die Kapitulations-Urkunde eine mit großer Energie geleitete Verteidigung zuerkennt. Die Kapitulations bedingungen waren die im letzten Drittel des Krieges üblichen, besondere Kontribution wurde der Stadt nicht auferlegt. Es kamen durch die Kapitulation 4000 Mann in Gefangenschaft und 200 Geschütze in deutschen Besitz. 26. Januar. In der Nacht vom 26. Januar zum 27. Januar 1871 wurde infolge der zwischen Bismarck und Jules Favre statt gehabten Vorverhandlungen bezüglich eines Waffenstillstandes das Feuer auf Paris vollständig eingestellt. So opferwillig dieser Krieg von ganz Deutschland geführt worden, — und auch die in, lieben „Daheim" hatten jeden Augenblick diese Opferwilligkeit bewiesen, — das Telegramm, das diese Nach richt nach Hause trug, erregte allgemeine Freude und die Hoffnung aus ein nun baldiges Ende des Krieges. Vermischte Nachrichten. — Nothstand in der Eifel. Die außer ordentliche Kälte der letzten Wochen droht auch unter der Eifelbevölkerung wieder einen Nothstand hervor zurufen. Arbeit im Freien, welcher Art sie auch sei, ist vollständig unmöglich, Handel und Wandel sind gänzlich gelähmt, die einzelnen Ortschaften von ein ander abgeschlossen und können nur noch vermittelst des Telegraphen mit der Außenwelt verkehren. Ge treide ist in den Dörfen wohl vorhanden, aber da alle Bäche und Wasserfälle gefroren sind, so müssen die Mühlen feiern und an manchen Orten giebt cs kein Pfund Mehl mehr. Die Röhrenlcitungen und Brun nen sind sämmtlich zugefroren. Statt frischen Wassers muß man sich mit geschmolzenem Schnee und Eis behelfen. -Findige Einbrecher waren es nicht, welche in einer der letzten Nächte den Geschäftsräumen einer großen Lampen-Fabrik in der Prinzenstraße in Berlin einen nächtlichen Besuch abstattetcn. Mit einer Aus dauer, die einer besseren Sache würdig gewesen wäre, erbrachen die Burschen mehrere Thürcn, schnitten aus anderen die Füllungen aus, verschafften sich auf diese Weise schließlich Zutritt zu dem Komptoir und ver darben in mehrstündiger, angestrengter „Arbeit", die sämmtlichcn Schlösser eines dort stehenden Geld schranks, ohne denselben öffnen zu können. Diese Mühe hätten sie sich übrigens sparen können; denn die Schlüssel zum Gcldschranke lagen frei und offen auf einem im Komptoir stehenden Schreibpulte. Diese scheinbare Unvorsichtigkeit, welche die Einbrecher nicht bemerkt haben, hatte auch ihren besonderen Grund: in dem Geldschrank war nämlich traurige Ebbe ein gekehrt und kein rother Heller darin zu finden, weil der Inhaber jener Lampenfabrik — Bankerott gemacht hatte. Mit langen Gesichtern und dem Vorsatze, sich künftig erst über die Vermögenslage ihrer Kunden zu informire», mögen die „betrogenen Betrüger" ab gezogen sein. Schade um die schöne „Arbeit". . . — Jägerlatein. „Sie können den Förster Kneisenberg. Denken Sie, was ihm neulich pafsirt ist. Sie wissen, sein Revier wird viel von Wild dieben heimgesucht. Wenn er nicht seinen „Cäsar" hätte, wüßte er sich vor den Schuften nicht mehr zu helfen. Cäsar aber stellt ihm jeden Wilddieb. Auf den unglaublich feinen Instinkt des ThiereS kann er sich ganz verlassen. Cäsar hat noch nie gefehlt. Am vorigen Sonnabend faßt Cäsar drüben am Wald graben eine Fährte auf. Bald darauf hört ihn der Förster bellen. Er weiß, Cäsar ist einem Wilddiebe auf der Spur. Er eilt hinzu. Richtig stellt da« Thier einen alten Handelsjuden. Der Förster fährt diesen an und sagt ihm den Jagdfrevel auf den Kopf zu. Der alte Mann betheuert seine Unschuld. Kneifenberg aber vertraut auf seinen Cäsar. Der Jude muß alle seine Päckchen aufbinden, alle seine Taschen umdrehen, e« findet sich nichts von Wild vor. Er betheuert und klagt, daß eS einen Stein erbarmen könnte. Aber immer heftiger fährt der Förster den Händler an: „Donnerwetter," Sie müssen etwa- Wild bei sich