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eine sofort beorderte anderweite Maschine zur Stelle war, mit ungefähr 1'/»stündiger Verspätung seine Fahrt fortsctzeu. Irgendwelche Verletzungen von Menschen oder Betriebsstörungen hatte da- Vor- kommniß nicht im Gefolge. — Der Arbeitsmangel in der Stickerei hat das Central - Komitee des CentralverbandcS der Sticker der Ostschweiz und deS Vorarlbergs veranlaßt, zu beschließen, daß vom 1. Januar ab nur noch fünf Tage in der Woche gearbeitet wird. Als derjenige Tag, an welchem nicht gearbeitet werden soll, ist der Sonnabend bestimmt worden. Dieser Beschluß stößt in dortigen Slickerkrcisen vielfach auf Widerspruch. Man hätte lieber gesehen, wenn der Arbeitstag um 12 Stunden gekürzt und so die lOstündige Ar beitszeit eingesührt worden wäre. Das in RapperSwil erscheinende Organ de« Verbände« schreibt u. A.: »Daß Arbeitsmangel vorhanden, ist leider nur zu wahr, und läßt sich die Sache leicht erklären auf die bezüglichen Vorgänge. Hätte sofort nach der letzten allgemeinen Krisis eine lOstündige Arbeitszeit Platz gegriffen, so wäre dieser Arbeitsmangel vielleicht nicht cingetreten oder doch wenigstens nicht mit solcher In tensität. Darin war man sich einig, daß eine tägliche Verkürzung vielleicht von 1'/, Stunden viel richtiger wäre, als einen ganzen Tag per Woche feiern, mit letzterem kann man sich absolut nicht befreunden, und ist eS der allgemeine Wunsch, daß mit der Einführung des lOstündigen Arbeitstages nicht mehr länger ge zögert werde für unsere Industrie.' — Im Vogtlande herrscht in der Stickerei seit dem Frühjahre dieses IahreS auch ein schleppender Geschäftsgang, doch sind die Handstickmaschinen immer noch voll beschäftigt gewesen. — Zur Ausführung des Alters- und Jnva- liditätSversicherungsgesetzeS schreibt ein Land geistlicher: ES war und ist ein schweres Stück Arbeit, den einfachen Landbewohnern, von denen viele keine Zeitung lesen, begreiflich zu machen, daß ein Gesetz verlangen kann, daß man für das Alter sparen muß. Der erste Einwand, dem man stets begegnet, ist: „Siebzig Jahre wird man in unserem Stande nicht alt; also ist das Geld weggeworfen." Etwas Vers öhnter wird die Stimmung, wenn man hört, daß die einge zahlten Beträge bei vorzeitigem Tode des Versicherten oder bei Verheirathung der Versicherten auf Antrag zur Hälfte zurückgezahlt werden. Am regsten wird die Theilnahmc bei dem Hinweis, daß 70jährige sofort in den-Rcntengcnuß eintreten können, wenn sie nach weisen, daß sie in den letzten 4 Jahren mindestens 47 Wochen jährlich gearbeitet haben und versicher»ngS- pflichtig waren. Leider ergiebt sich aber, daß eine sehr große Anzahl ländlicher Arbeiter diesen Nachweis nicht zu erbringen vermag, das Gesetz glaubte genug Entgegenkommen zu beweisen, wenn eS jährlich b arbeitslose Wochen annahm. Dies reicht aber nicht aus für die große Zahl von Arbeitern, die vom Frühjahr, d. h. ost erst Anfang April an, auf Bau arbeit gehen, dann zur Erntezeit diese Arbeit einstellen, um ihr eigenes Stück Feld abzuernten oder bei den Gutsbesitzern als Vergütung für die geleisteten Spann dienste in der Ernte ohne Lohn „Tage thun", d. h. eine gewisse Anzahl Tage Hilfe leisten. Dann wird wieder Bauarbeit gethan bis zum Eintritt des Win ters. Dann folgt eine Unterbrechung von mindestens 3 Monaten, wo sie nur vorübergehend Arbeit finden. Es wäre dringend zu wünschen, daß auch dieser zahl reichen Klasse von Arbeitern, die wider ihren Willen zu langer Unthätigkeit vernrtheilt sind, die Wohlthaten des Gesetzes in der Weise gesichert würden, daß ihnen wenigstens die nachgewiesene Arbeitszeit der letzten 4 Jahre angerechnet würde. — Die noch in den Händen des Publikums be findlichen Postwerthzeichen älterer Art (Frei marken, sowie gestempelte Briefumschläge, Postkarten, Streifbänder und Postanweisungs-Formulare) können nach amtlicher Bekanntmachung noch bis zum 3l. Januar 1891 zur Frankirung von Postsendungen verwendet werden. Vom 1. Februar 1891 verlieren die älteren Postwerthzeichen ihre Giltigkeit. ES soll indeß gestattet sein, die bis dahin nicht verwendeten Postwerthzeichen älterer Art bis spätestens zum 31. März 1891 gegen neuere Werthzeichen gleicher Gattung und von entsprechendem Werthe nmzutauschen. Ge stempelte Briefumschläge und gestempelte Streifbänder werden gegen Freimarken zu 10 und 3 Pfennig umge tauscht; die Herstellungskosten werden mit I Pfennig für jeden gestempelten Briefumschlag und '/, Pfennig für jedes gestempelte Streifband baar erstattet. Der Umtausch der Pcslwerthzcichen gegen neue wird an den Postschaltern bewirkt. Postsendungen, welche nach dem 31. Januar 1891 noch mit Werthzeichcn älterer Art zur Auflieferung gelangen, werden dem Absender zurückgegeben oder, wenn dies nicht thunlich sein sollte, als unfrankirt behandelt werden. Vom 1. April 1891 ab sind die VerkebrSanstalten zum Umtausch älterer Postwerthzeichen nicht mehr befugt. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 30. Dezember. <R»ch»ru<l »,rb°«n.> Daß selbst „die Kleinen", wen» sie mit Energie vorgehen, „den Großen" gefährlich werden können, beweist der 30. De, zember 1880. An diesem Tage nahmen die Boern in Trans vaal Präloria und zwangen die englische Besatzung, sich zurück, zuziehen. Tas war das Ende der englischen Gewaltherrschast über ein freies Volk, dessen heldenmüthige Bertheidigung seiner Unabhängigkeit überall die größten Sympathien sand, vor allem in Holland und Deutschland. Die Engländer wurden furchtbar geschlagen und au» dem Lande vertrieben; 1881 wurde Transvaal den Boers wieder zurückgegeben und ein« unabhängige Republik neu constituirt. 31. Dezember. Am 31. Dezember 1882 starb zu Pari» der bedeutendste Staatsmann des republikanischen Frankreichs, ein Redner ersten Ranges, Leon Gambetta. Er war 1831 geboren, wurde sehr bald einer der tüchtigsten und erfolgreichsten Advokaten und ward 1888 in die Kammer gewählt. Nach kurzer Zeit war er das Haupt der demokratischen Partei und 1870 nach der Catastrophe von Sedan als unumschränkter Minister des Krieges und des Innern Diktator deS Lande«. Gambetta war, trotz seiner persönlichen und politischen Fehler, zweifellos eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Neuzeit, ein von dem glühendsten Patriotismus beseelter Mann, >m Ganzen selbst los, wennschon nicht frei von der verhängnißvollen französischen Eitelkeit. Selbst seine schärfsten Gegner können ihm das Zeug- niß eines selten energischen und tüchtigen Menschen nicht ver weigern. Ein weiblicher Geheimpolizist. Original-Erzählung von Walter Onslow. (13. Fortsetzung.) Unbehelligt trat nun Mary auf die Straße, wo der Wagen ihrer noch immer harrte. „Sind Sic da?" fragte sie ins Dunkle hinein nach dem Kutscher. „Zu Befehl," klang cs kleinlaut zurück. „Fahren Sie mich nach der Stadt zurück. Sollten Sie aber wieder den Verräther an mir spielen, so möchte Sie das gereuen. Was hat man Ihnen denn für eine Geschichte vorgebracht, um Sie zu bestechen?" „Der Herr, welcher zu mir auf den Bock stieg, sagte. Sie seien seine Frau und hätten sich etwas zu schulde» kommen lassen. Er hätte Sie ertappt und brächte Sie, ohne daß Sie es wüßten, nach Hause zurück. Er versprach mir ein gutes Trinkgeld und so fuhr ich denn wohin er wollte." „Also, ich werde über die Sache schweigen! Nun fahren Sie mich aber unverzüglich nach Hause." Der Wagen hatte sich kaum entfernt, als der Diener sich auch schon wieder aus seiner leichten Betäubung erholte; er rannte die Treppen-chinauf nach dem Zimmer, wo der MaSkirte noch immer am Boden lag; er war wieder bei Bewußtsein. Der Diener half ihm auf einen Stuhl und nahm ihm die Maske ab. „Wo ist das Weib, der Teufel von einem Weibe hingerathen?" fragte er stöhnend. „Sie ist fort, gnädiger Herr!" »Fort?" „Ja, gnädiger Herr!" „Gab ich Ihnen nicht den strengen Befehl, das Mädchen nicht aus dem Hause zu lasten?" „Sie betäubte mich; ich war für einige Zeit mei ner Sinne beraubt." „Ah!" knirschte Robertson, „sie soll mir trotzdem nicht entgehen." Dann ließ er sein Handgelenk von dem Diener untersuchen, der ihn versichern konnte, daß es nur leicht verletzt war. XVII. Am darauffolgenden Morgen meldete sich die Französin zur gewohnten Stunde bei ihrer Herrin. Mit finsterer Miene empfing sie diese und ohne weitere Umschweife sagte sie auf englisch zu dem be scheiden ihrer Befehle harrenden Mädchen: „Ah, sieh da! man wagt wiederzukommen, nachdem man ohne Erlaubniß die Nacht weggeblieben ist!" Die Zofe schüttelte mit dem Kopfe: „Madame vergessen, daß ich nicht englisch kann." „Das weiß ich jetzt besser. Sie verstehen mich nur zu wohl. Sie waren gestern Nacht fort und ich wünsche zu wissen, wo Sie gewesen sind." Das Mädchen blieb stumm. „Ich rathe Ihnen, mir zu antworten. Ich bin jetzt davon überzeugt, daß Sie englisch verstehen." Noch immer schwieg Lucie still, sie sah nur wie verwundert zu ihrer Herrin auf, der sie bei der Toi lette behilflich war. „Ich weiß jetzt, daß Sie Herr Robertson zu mir inS HauS gebracht hat, damit Sie micb überwachen. Er hat es mir gestern selbst eingestanden," begann Julia aufs neue in englischer Sprache. Keine Antwort. Julia Harrington verriegelte die Thüren; das Mädchen sah diesem Vorgehen gleichmüthig zu. Verhaltene Wuth zeigte sich in dem bleichen Ge sicht der schönen Frau, als sie sich jetzt mit drohender Haltung ihrem Kammermädchen näherte. „Wollen Sie nun antworten oder nicht?" zischte sie. „Sind gnädige Frau nicht ganz wohl?" fragte Lucie auf französisch. „Da Sie nun einmal an Ihrer Komödie festhalten wollen," sagte nun Julia ebenfalls auf französisch, „so will ich darauf eingehen, trotzdem ich weiß, daß Sie so gut englisch sprechen wie ich. Jetzt aber möchte ich endlich wissen, wo sie gestern Nacht ge wesen sind?" „Das kann ich der gnädigen Frau nicht sagen." „Rücken Sie doch mit der Sprache heraus; Ver stellung nützt Ihnen nichts; ich bin davon überzeugt, daß Sie im Auftrage Robertsons mich auSspioniren." „Ich versichere Sie, daß Sie sich irren." „Und ich versichere Sic, daß ich Ihnen nicht glaube." „Dann kann ich weiter nichts mehr sagen." „Auch nicht, wenn ich Ihnen da« Dreifache von dem verspreche, wa« Ihnen Herr Robertson zahlt?" „Ich werde nicht von Herrn Robertson bezahlt!" Die Geduld der schönen Frau schien erschöpft. Sie wollte sich wülhend auf das Mädchen stürzen, als sie die Klingel an der Enireethür vernahm. Julia wollte Niemand merken lasten, daß zwischen ihr und dem Märchen etwas spielte. Sie zog vor, die Untersuchung der Sache aus eine gelegenere Stunde zu verschieben. Zu Lucie sagte sie: „Sollte die» Herr Robertson sein, so erwähnen Sie ja nichts von dem Verdacht, den ich gegen ihn ausgesprochen habe. Sieben Sie zu mir, eS soll Sie nicht gereuen." „Gnädige Frau können sich auf mich verlassen." Jnlia schob die Riegel der Thüren wieder zurück und wenige Augenblicke später trat Robertson in Julia« Boudoir. Lucie wollte an ihm vorbei, das Zimmer verlassen. Da hob Robertson drohend seinen verbundenen Arm und hielt sie zurück. „Die Person bleibt!" wandte er sich an Julia. „Ich habe Dir in ihrer Gegenwart einige Fragen vorzulegen." Mit einer Miene der aufrichtigsten Verwunderung und Harmlosigkeit sah Lucie von einem zum andern. „Dn hinterlistige Hexe, Du!" schrie Robertson sie an, „da sich, meinen Arm!" Julia stieß einen Schrei auS. „Ich habe Dich immer vor dieser Person gewarnt," rief Robertson. „Sie war gestern die ganze Nacht fort, das weißt Du wohl gar nicht?" „Ich verstehe Dich nicht!" sagte Julia, während ihr etwas wie eine Ahnung des wahren Sachverhalte« aufzusteigcn begann. „Deine Kammerjungfer war die ganze Nacht weg!" wiederholte er. „DaS ist nicht wahr! Ich kann bezeugen, daß sie die ganze Nacht zu Hause war!" behauptete Julia in festem Tone. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Steht Brüssel in Flammen? fragten sich kürzlich in der Frühe die Bewohner des Viertels PLturages der belgischen Hauptstadt, als sie aus dem Morgenschlummer durch den von den Straßen herauf schallenden Höllenlärm erschreckt wurden. Die Trom meln raffelten, wirre Rufe ertönten, und athemloS stürzten, ebenfalls schreiend, Polizisten die Straßen auf und ab. Die Bewohner eilten an die Fenster, und indem sie ebenfalls zu schreien und zu fragen anfingen, vermehrte sich der Lärm und die Ver wirrung in's Ungemessene. Darauf aber war es seitens der Polizei abgesehen. Denn nachdem die Wogen der Erregung sich einigermaßen wieder ge glättet hatten, vernahm man die Worte der Aus rufer: „Aufgepaßt! Es gilt das Leben einer oder gar mehrerer Personen. Ein Kind hat gestern Abend ein Hausmittel aus der Apotheke geholt. Der Apo theker hat sich geirrt und Gift gegeben!" Geschehen war Folgendes: Ein Kind hatte am Abend vorher in der Apotheke ein Abführuugsmittel verlangt und war vom Lehrling in Abwesenheit des Provisors bedient worden. Als der letztere erfuhr, was der Lehrling in seiner Abwesenheit verkauft, gcrieth er in Verzweiflung, denn statt des unschuldigen Haus mittels hatte der junge Mann dem Kinde Gift ver abreicht. Der Apotheker, wahnsinnig vor Entsetzen, stürzte in den Häusern umher und forschte nach dcni Kinde; doch nirgends hatte man ein solches nach sei ner Apotheke geschickt. Verzweifelt eilte der Mann zur Polizei, welche zur Unschädlichmachung des Gift trankes für den nächsten Morgen schließlich diese Aufruhrscene plante und auch so geschickt in Scene setzte, daß der Erfolg nicht ausblieb. Denn aufgc- scheucht durch den Lärm, war auch das betreffende Elternpaar, dessen Kind das verhäng«ißvolle Mittel erhalten hatte, an das Fenster geeilt, und sie hörten die Ursache des Tumults noch gerade zur rechten Zeit, da der Gifttrank für beide Gatten schon bereitet war. — Ueber einen skandalösen Vorfall auf dem städtischen Viehhof in Berlin berichtet die „Deutsche Fleischerzcitung": Auf dem Central-Schlachthofe er schien kürzlich ein Stadtmissionar. Eine Horde junger Burschen sperrte ihn in einen der Viehställe ein und verlangte von ihm, daß er dort einen Choral singe. Der Aermste, von der Uebermacht umringt, mußte schließlich der Forderung seiner Bedränger nachgebcn, und nun stimmte die saubere Gesellschaft in einer wüsten Weise ein. Damit noch nicht genug, wurde der Missionar in einen Raum geführt, wo die Vieh treiber sich zu erwärmen pflegen, und kam hier aus dem Regen in die Traufe. Er wurde genöthigt, eine Predigt zu halten, die wiederum mit einem Choral- VerS eingelcitet wurde, bei welcher der Redner dann schändlich verhöhnt wurde. Das Fachblatt bemerkt hierzu, daß, wenn man solchem empörenden Unfug nicht entgegentreten könne, man den Stadtmissionaren überhaupt eS untersagen solle, den Biehhof zu betreten. Hoffentlich wird den rohen Patronen ein gehöriger Denkzettel nicht erspart bleiben.