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strecken, deren Versicherungspflicht zweifelhaft erskbeint, damit hierüber auf Grund von 8 >22 deS Gesetzes entschieden werden kann. In der Anmeldung sind solchen falls die Gründe anzugeben, aus denen die Versicherungspflicht bezweifelt, be ziehentlich bestritten werden wird. Eibenstock, den 20. Dezember 1890. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Bekanntmachung, öffentliche Geldsammlunqcn betreffend. Auf Grund der Verordnung der Kgl. KreiShauptmannschaft Zwickau vom 15. November 1890 über die Veranstaltung von Gcldsammlungen und unter Hinweis auf die Vorschriften in 88 >03 sg. der Armenordnung vom 22. Ok tober 1840 wird hiermit Folgendes angcordnet: Zu jeder in Eibenstock geplanten Veranstaltung, Ausschreibung u. Vornahme öffentlicher Sammlungen von Beiträgen an Geld und GeldeSwerth, deren Höhe und Hingabe in das Belieben der daran sich Betheiligenden gestellt wird, ohne Rücksicht auf die beabsichtigte Verwendung deS Gesammelten, desgleichen auch zu der Verein nahmung von Eintrittsgeld behufs der Zulassung zu öffentlichen Versammlungen, zu denen ihrem Begriffe nack> Jedermann, ohne besonderen Bedingungen genügen zu müssen, Zutritt haben muß, bedarf cS der vorher einznholendcn Genehmigung de» unterzeichneten Stadtrathe«, und es sind Gesuche um Ertheilung dieser Genehmigung rechtzeitig schriftlich auznbringen. Sofern die Sammlung nicht nur in Eibenstock, sondern in einem weiteren Bezirke oder im ganzen Lande stattfinden soll, so ist hierzu nach den 88 >03 und 104 der Armenordnung die Genehmigung der Königlichen KreiShauptmannschaft beziehentlich des Königlichen Mini steriums deS Innern erforderlich. Die von kirchlichen Behörden angeordneten oder genehmigten Collecteu werden von dieser Bekanntmachung dagegen nicht betroffen. Wer ohne die hiernach erforderliche polizeiliche oder oberbehördliche Ge nehmigung Geldsammlungen, zu welchen auch die oben erwähnte Vereinnahmung von Eintrittsgeld bei öffentlichen Versammlungen zu rechnen ist, veranstaltet, auS- schreibt, oder vornimmt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark beziehentlich Haft bis zu 14 Tagen bestraft. Eibenstock, den 18. Dezember 1890. Der Stadtrath. Lösche», Bürgermeister. Weihnachten 18S0. Wieder erklingen vom Thurme die Glocken, ein läutend das frohe Weihnachtsfest, das von den Kleinen und Kleinsten lang ersehnte und längst er wartete, das von den Großen freudig willkommen geheißene Fest der Bruder- und der Menschenliebe. Wiever erstrahlen die Hellen Lichter des die Familie einenden Christbaums in das winterliche Weiß der Schneelandschaft hinaus, und wieder klingt die alte fromme Weise aus dankbarem Kindermund: Stille Nacht, heilige Nacht! Des AltagSlebens nimmer rastender Lärm ist dem stillen Frieden der Christ nacht gewichen, eine kurze Zeit ruht wenigstens das Hasten und Drängen des Tages und selbst die ewig Ruhelosen, die der Kampf umS Dasein hinaustreibt auf den Markt des Leben«, sie finden sich zum heiligen Christfest ein im Schooß der Familie und auch auf sie fällt der Strahlcnglanz des Lichterbau mes, ihre Herzen erwärmend und tröstend. Ist doch das heilige Christfest mit seinem die Welt erwärmen den Strahl der ewigen unveränderlichen Gottesliebc so recht das Fest der Familie; werden wir Großen doch noch einmal jung unter den fröhlichen Kindern, die da hoch aufjubeln im Anblicke der Gaben, die die Liebe bescheert. Aber nicht die Liebe allein, sondern die Zufrieden beit ist es, die die Behaglichkeit, die wohlthueude Ruhe, die den Frohsinn des Festes erzeugt. Nicht daß der Lichterbaum beschwert mit tausenderlei Kost barkeiten, macht seinen Werth aus, die Liebe, die den Anderen spendende Liebe, die da giebt mit warmem Herzen, die da giebt, um Freude zu bereiten, sie schmückt auch den kleinsten, ärmlichsten, unscheinbarsten Christbaum, daß er ein Wohlgefallen den Kleinen und den Großen. Und so möge denn auch allen unseren Lesern das heilige Christfest ein frohes, liebliches, gnadenbringen- sein, mögen sie alle theilhafkig werden seiner Weihe und seines festlichen Glanzes. In diesem Sinne wünschen wir Allen recht frohe Feiertage! Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 24. Dezember. In Handwerker kreisen hat große Meinungsverschiedenheit darüber ge herrscht, ob Lehrlinge, welche an Stelle der Kost von ihrem Lehrherrn ein Kostgeld erhalten, bei der JnvalidilätS- und Alters-Versicherung versicherungs pflichtig seien. Bekanntlich sind diejenigen Lehrlinge, welche von ihrem Meister nur die Kost erhalten, nicht versicherungspslichtig. Dem gleich zu achten, ist aber die Gewährung von Kostgeld. Dasselbe wird nicht als Lohn betrachtet und ist nur als eine Ent schädigung für nicht gewährten freien Unterhalt an zusehen. Die gesetzlichen Bestimmungen besagen dar über auch ausdrücklich: Eine Beschäftigung, für welche als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wird, gilt nicht als eine die Versicheruugspflicht begründende Beschäftigung. Sonach sind Lehrlinge, welche in der Regel nur freien Unterhalt oder an dessen Stelle nur Kostgeld bekommen, nicht versicherungspflichtig. — Eibenstock. Die heutige Nummer enthält ein Inserat, betreffend die Ankündigung der Heraus gabe eines „Fabrikantcn-Adreßbuchcs des Erzgebirges und Vogtlandes", worauf wir auch an dieser Stelle hiermit aufmerksam machen. — Leipzig. DaS letzthin dem hiesigen Kauf mann Apitzsch in der PeterSstraßc gestohlene Pferd mit Wagen im Werthe von 1000 Mark wurde in Günthersdorf bei Merseburg, vor dem dortigen Gast hof zum schwarzen Bär stehend, angetroffen. Der angebliche Besitzer u. Führer des Geschirres huldigte im genannten Gasthofe dem Genuß des edlen Gersten saftes. Er ist ein 34 Jahre alter Handarbeiter aus Sondheim. — Leipzig. Einen leckeren Bissen gedachten sich 4 Markthelfcr eines hiesigen H?fengeschäfteS in der Süvvorstadt zu bereite«, als sie vor einiger Zeit gemeinschaftlich ihrem Prinzipal aus dessen Niederlage einen Sack stahlen, dessen Inhalt sie für Prima Weizenmehl hielten. Sein Inhalt wog 2 Centncr. Von demselben gedachten sie sich köstliche Weihnachts stollen zu backen. Sie entwendeten zu dem Behufc gleichzeitig die hierzu erforderliche Hefe mit. DaS gestohlene Gut schafften sie in ihre Wohnung. Letz ten Donnerstag sollte nun das Probebacken statt finden. Alle Vorbereitungen hierzu waren getroffen, schon schmeckten ihnen im Geiste die fetten Bissen, als die Zurichtung ergab, daß der Inhalt deS Sackes nicht Weizenmehl, sondern —Reisstärke war. Tableau! Die ungetreuen Markthelfcr wurden dingfest gemacht und der Staatsanwaltschaft zugeführk. — DaS Vogtland ist reich au Kreuzottern. Im amtshauptmannschaftlichen Bezirk Oelönitz, ein schließlich der Städte Adorf, Oelsnitz, Markneukirchen, sind im Vor- und laufenden Jahre 2140 bez. 3335 Kreuzottern gefangen und getödtet und für jedes Stück 50 bez. 30 Pfg. Prämie, insgesammt also 1070 Mk. und 1000,5° Mk. gleich 2070,-° Alk. ge zahlt worden. Die meisten Kreuzottern sind gefangen worden in Ticfenbrunn (388), Schöneck (323), Land wüst (287) und Untertriebel (267). — Aus Obercunnersdorf in der Lausitz schreibt man der „Oberl. Dorfztg.": Wie ansteckend die Diphtheritis ist, mögen folgende zur Warnung mitgetheilte Fälle beweisen: Eine Familie, welche nach auswärts zu einer Gevatterschaft geladen war, die ihre Kleider dort in einem Hause, wo kürzlich diph theriekranke Kinder gelegen, an die Wände gehangen hatte, brachte diese Krankheit mit nach Hause, wo alle drei Kinder daran erkrankten. Die Krankheit war nur von dort hergeschleppt, da seit langer Zeit hier kein Fall vorgekommcn ist. Im zweiten Falle ging die Mutter eines diphtheriekranken Kindes in die Fabrik und hing ihre Kleider an den dort be findlichen Kleiderrechen; andere Arbeiterinnen, welche ihre Kseider ebenfalls daran hingen, haben die Krank heit mit nach Hause geschleppt und sind bereits zwei Kinder in Folge dessen gestorben. Ans vergangener Zeit — für nnsere Zeit. Am 25. Dezember 1870 wurde der Durchstich des Mont Cenis vollendet und hierdurch der Weg für den 13'/- Km langen Eisenbahntunnel erschlossen. So fiel mitten in die be wegte Kriegszeit vor 20 Jahren ein culturelles Ereigniß von eminenter Bedeutung; durch die wunderbare Alpenbahn wurde dem Völkerverkehr ein neuer mächtiger Impuls gegeben. Der Mont-Cenis-Paß, bis zu 2098 m hoch emporsteigend, ist seit alten Zeiten als Heerstraße und Postweg benutzt, 1091 für Geschütze gangbar gemacht und von Napoleon 1802—1810 zu einer Straße ausgebaut worden. Der Tunnel, an seiner höch sten Stelle 1295 m über dem Meere gelegen, ist von Italien mit Geldunterstützung Frankreichs von 1857—1871 ausgeführt worden; die Kosten beliefen sich aus 58 Millionen Mark. 28. Dezember. Zum ersten Male wurde am 28. Dezember 1825 dem Kaiser Nikolaus von Rußland sofort nach seiner Thronbesteigung das bis dahin im heiligen Rußland unbekannte Wort „Constitution" öffentlich cntgegengerusen. An diesen. Tage, an welchem nach dem Tode Alexander I. dem neuen Kaiser gehuldigt werden sollte, rcvoltirten einige Regimenter der Truppen, denen Ver schwörer vorgeredet hatten, daß Nikolaus seinen Bruder Con stantin verdrängen wolle, während in Wirklichkeit dieser auf den Thron verzichtet hatte. Charakteristisch für die ganze Lage ist es, daß die meisten Soldaten mit dem neumodischen Worte, „Constitution" die Gemahlin Constantin» zu feiern meinten. Kaiser Nikolaus, dem der Gedanke peinlich war, seine Regie rung mit Blutvergießen zu beginnen, ließ sich schließlich dazu bestimmen, „die Kanaille mit Kartätschen zu bedienen". Die Sache war rasch am Ende; die Leichen der Gefallenen wurden einfach in die Newa geworfen, die Verschworenen verhaftet und gehängt. Von der „Constitution" hörte man eine Zeit lang Nichts mehr und wer heutigen Tages sich im heiligen Rußland mit solch überflüssiger Frage beschäftigt, wird eben auch ge henkt, aber — nicht mehr in die Newa geworfen. 27. Dezember. Bi» gegen da» Ende des Dezembers 1870 hatte sich die Belagerungsarmee damit begnügt. Pari» durch Hunger zur Kapitulation zu bringen; wirklich kostete um diese Zeit in Pari» eine fette Ratte bereits IFrank, während man nach außen hin der Welt vorzuspiegeln suchte, daß die Pariser in eitel Wohlleben schweißten. Trotz der ungeheuren Schwierig keiten entschloß man sich deutscherseits doch zu unmittelbarem Angriff. Nachdem au» Deutschland der gewaltige BelagerungS- park, die ungeheure Masse von Munition, welche die Beschießung der Riesenstadt erforderte, herbeigeschafft war, wurde am 27. Dezember 1870 nach Ueberwindung aller Hemmnisse und nach gewaltigen Anstrengungen das Feuer von 76 schweren Ge schützen gegen das dem östlichen der Pariser Forts vorliegende Plateau des Moq» Avron eröffnet. Das sürchterliche Feuer, — die Granaten, dicht wie Hagel fallend und aus dem stein hart gefrorenen Boden explodirend, — überraschte die Besatzung des Forts und die Pariser vollständig. Man hatte bis da hin eine Beschießung der Stadt aus technischen Gründen für unmöglich gehalten. 28. Dezember. Am 28. Dczeniber 1870 wurde General Prim, der spanische Präsident, als er aus einer Sitzung der Deputirtenkammer »ach Hause suhr, von Meuchelmördern angefallen und erschossen. Er war von 8 Kugeln getroffen worden und erlag seinen Wunden am 30. Dezember, an demselben Tage, an welchen, der neue König von Spanien, Amadeo I., bisheriger Herzog von Aosta, in Spanien landete, zu dessen Empfang Prim be stimmt gewesen war. Wahrscheinlich war der „Königmacher" das Opfer republikanischer Rache. Die Mörder waren und blieben verschwunden und für immer „»entdeckt. 29. Dezember. Bereits am 29. Dezember 1870, nachdem die deutschen Geschütze die Besatzungsartillerie des Forts Mont Avron zum Schweigen gebracht, wurde die Höhe von vergehenden deutschen Patrouillen des X II. Corps besetzt. Viele Lafetten, Gewehre, Munition und Tobte des Feindes wurden vorgefunden ; überall gewahrte man die Spuren der furchtbaren Wirkung der deut schen Geschosse. Die zurückgenommcne französische Besatzung verbreitete den Schrecken in Paris; der artilleristische Angriff, an den Niemand mehr dachte, weil er so lange gezögert, hatte in voller Furchtbarkeit begonnen. Die Schrecken eines nahe bevorstehenden Bombardements drängten sich den erregten Ge- müthern auf. Vermischte Nachrichten. — Neber die Entstehung des Weihnachts festes sind von unseren Kulturhistorikern neuerdings interessante Mittheilungeu gemacht worden, die in weiteren Kreisen noch unbekannt sind. Das Weih nachtsfest war ursprünglich mit der Epiphanie ver einigt, erst allmählich hebt es sich von dieser Feier ab. In Rom, der eigentlichen Wiege des Weihnachts festes, wurde noch im Jahre 353 die Epiphanie als Christi Geburtsfest begangen und erst im darauf folgenden Jahr das Weihnachtsfest zum ersten Male gefeiert (354). Von da ab verbreitete sich das Fest im ganzen Westen bis Kadix; in Konstantinopel wurde das Weihnachtsfest seit 379, in Antiochien seit 388 gefeiert und seit Mitte des fünften Jahr hunderts ist es zum Fest der ganzen Christenheit geworden. Wie mit allen hohen kirchlichen Festen, so haben sich auch mit dem Weihnachtsfeste mannig fache altheidnische Bräuche verquickt, die sich dadurch bis heute erhalten haben und derartigen Festen den ausgeprägt volksthllmlichen Charakter verleihen. Zu solchen Bräuchen gehört auch der Weihnachtsbaum, der das eigentliche Wahrzeichen für das germanische Christfest bildet. Der Tanncnbaum, ebenso wie die früher viel angewendete Weihnachtspyramide, sind in wechselnden Formen der Rest des alten „Malzeichens", ohne welches unsere altheidnischen Vorfahren kein Volksfest feierten; auch der englische Mispclzweig gehört hierher. Uebrigens findet der lichtergeschmückte Tannenbaum auch in anderen Ländern mehr nnd mehr Aufnahme. Es ist bekannt, daß vor zwanzig Jahren unsere wackeren Soldaten den Christbaum in Frankreich erst einführten. — Bestrafung eines Weinfälschers. Die Strafkammer in Koblenz verhandelte kürzlich gegen einen Weinfälscher, den Weinhändlcr Schmitz, wohn haft zu Kripp bei Linz a. Rh., welcher seit 5 Jahren das schrecklichste Gemisch von Wein in den Handel gebracht hat. Schmitz hat nach eigenem Geständnisse Rothwein in der Weise hergestellt, daß er zunächst Treber mit Wasser übergoß, etwas Natnrwein, Zucker und Rosinen zusetzte und dieses Gemisch zur Währung brachte. Auf ein Fuder von diesem „Abzug" will er 3 Centner Zucker, 2'/, Ccutner Rosinen und zur Färbung 10 bis 12 Pfund Malvenblüthcn verwandt haben. Beim Versandt des „Meines" wurde ferner Sprit, italienischer oder spanischer Rothwein zugesetzt. Tannin, Glycerin und Weinstein, Stoffe, die er in großen Mengen von einem Drogisten bezog, will er zur Herstellung von Wein nicht verwendet, sondern für kranke Verwandte bestellt haben. Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe von 1000 M. Der Gerichts hof verurtheilte de« Angeklagten wegen Weinfälschung zu 3 Monaten Gcfängniß. — Wie ein Kavallerie-Offizier. „Die Dame denkt wie ein Kavallerie-Offizier," sagte ein