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Vater Leopold I. (ein Bruder des Herzog« Ernst von Koburg-Gotha), haben ihren Herrscherberuf sehr ernst aufgefaßt und eS ist bekannt, daß der jetzig» König sein ganzes, nicht unbeträchtliche- Privatvermögen ge opfert hat, um für Belgien bei der Auftheilung Afri kas unter die Großmächte gleichfalls ein Stück zu er werben. Die Schöpfung des Congostaate«, der zwei fellos eine bedeutende Zukunft hat, ist das Werk König Leopolds. Hat nun auch der Besuch des Kö nig« der Belgier in Berlin nicht den Zweck, besondere Abmachungen zu treffen, so bestärkt er doch das Ge fühl, daß Deutschland mit allen seinen Nachbarn iin besten Einvernehmen lebt. Er reiht sich den zahlrei chen Friedenssymptomen des letzten Jahre« harmonisch an u. so begrüßt Deutschland den hohen Gast seines Kaisers mit Sympathie und Ehrerbietung. — Graf Moltke läßt folgenden Dank ver öffentlichen: „Gelegentlich meines Geburtstages sind mir vom In- und AuSlande so zahlreiche Glückwünsche zugegangen, daß eS mir unmöglich ist, die nach Tau senden zählenden Briefe und Telegramme alle zu be antworten. Ich bitte daher, allen Denjenigen, die meiner so freundlich gedacht haben, auf diesem Wege meinen herzlichsten Dank aussprechen zu dürfen. Berlin, 27.Oktbr. 1890. Graf Moltke, Feldmarschall." — Bezüglich der Meldung, der Kaiser habe den Fürsten Bismarck eingeladen, an der Moltke- Feier theilzunchmen, schreiben die dem Fürsten be kanntlich sehr nahe stehenden „Hamb. Nachr.": Die Nachricht ist irrthümlich. Andererseits darf man sicher sein, daß eS lediglich Rücksicht auf seinen, ihm die Theilnahme an großen Festlichkeiten nicht er laubenden Gesundheitszustand gewesen ist, welche den Fürsten abgehalten hat, aus eigenem Antriebe nach Berlin zu kommen und seinen langjährigen Genossen persönlich zu beglückwünschen. — Schwiebus. Großes Aufsehen ruft eine Bekanntmachung des Amtsgerichts in Schwiebus her vor, durch welche über das Vermögen des Rittmeisters a. D. Job Frciherrn von Manteuffel auf Topper der Konkurs eröffnet worden ist. Der Genannte iit der Sohn de« verstorbenen General-Feld marsch alls und Statthalters von Elsaß-Lothringen, Freiherrn Edwin von Manteuffel, der die beiden Rittergüter Topper I und II im Kreise Krossen be saß und in Topper beigesetzt ist. Nach seinem Tode übernahm sein Sohn die beiden Güter, welche 2152 Hektaren, davon 1104 Hektaren Acker umfassen und einen Grundsteuer-Reinertrag von 15,352 Mk. haben. Der Eindruck, welchen jene Bekanntmachung verur sacht, wird noch vermehrt durch die von einem Ge richtsvollzieher in Guben veröffentlichte Anzeige, nach welcher in einigen Tagen auf dem Rittergute Topper außer Wirthschaftsgegenständen werthvolle Oelgcmälde, Büsten, Vasen, sehr werthvolle Gold- und Silbersachen in großer Zahl, eine „große Siegessäule", ein „Schiffs modell" u. s. w. zur Zwangsversteigerung kommen. Man wird nicht fehl gehen, wenn man diese Gegen stände als einen Theil des beweglichen Nachlasses des Feldmarschalls ansieht; manche Ehrengeschenke, welche dem Letzteren zu Theil wurden, werden jetzt wohl unter den Hammer kommen. — Oesterreich-Ungarn. In dem ungarischen Unterhause ist eine Regierungsvorlage eingebracht betr. die dem Weinbau zu gewäbrenden staatlichen Begünstigungen. In der Vorlage wird eine sechs jährige Steuerfreiheit für Neuanpflanzung der durch die Reblaus zerstörten Gärten und Steuernachlaß bei anderen Schäden in Vorschlag gebracht. — Der ehemalige Bulgarenfürst, Prinz Alexan der von Battenberg, welcher bekanntlich unter dem Namen eines Grafen v. Hartenau nach Oester reich übergesiedelt ist und dort seit Jahr und Tag das eingezogcne Leben eines Privatmannes führt, ist vom Kaiser Franz Joseph zum zweiten Oberst des Infanterie-Regiments „König der Belgier" ernannt worden und somit in den aktiven Dienst der öster reichischen Armee getreten. — Belgien. Die Verwaltung der belgischen Bahnen hat sich nach genauer Prüfung gegen die Einführung des Zonentarifs ausgesprochen. — Frankreich. Wie die „Petersb. Ztg." mit- theilt, wird der Präsident der französischen Republik, Carnot, im Mai 1891 über Petersburg nach Moskau reisen, um der Eröffnung der dortigen französischen Ausstellung beizuwohnen. Sodann würde Carnot das Wolgagebiet, den Kaukasus und die Krim besuchen. — Der Deputirte Moreau brachte in der Kammer den Antrag auf gänzliche Beseitigung aller Adelstitel ein. Zu dem Zweck soll von den Trägern adeliger Namen eine Steuer erhoben wer den, die fast einer Vermögenskonfiskation gleichkom men würde. — Schweiz. Bei der Sonntag stattgefundenen Volksabstimmung ist die Revision der Bundesver fassung behufs Einführung der staatlichen Unfall- und Krankenversicherung mit großer Mehrheit angenommen worden. Die Abstimmung ergab nach den bisher vorliegenden Meldungen 254,314 Stim men für und 82,423 Stimmen gegen die Revision. Durch die noch ausstehenden Ergebnisse kann das Schlußresultat, die Annahme der Revision, nicht ab geändert werden. Das Ergebniß der gleichzeitig vor genommenen Nationalrathswahlen läßt sich noch nicht völlig übersehen. — In Rußland wird bekanntlich noch fleißig geprügelt. ES tauchen jetzt sogar in russischen Blättern Nachrichten über ungesetzmäßige körperliche Züchtigung von Bauern auf, die das Gesetz bloS auf Beschluß de« Gemeindegerichtes für lüderliche Sub jekte in der betreffenden Dorfgemeinde znläßt. Ein Wvlost-Acltester im Gouvernement Tula schrieb einem Dorf-Aeltesten vor, die Bauern zu versammeln und die rückständigen Abgaben einzutreiben. Die Zahlungs unfähigen würden öffentlich, im Beisein Aller, gezüch tigt werden. Die Thatsache einer solchen Züchtigung dürfte schwerlich vereinzelt dastehen. Locale und sLchfische Nachricht»«. — Eibenstock. Heute Donnerstag Abend findet in EberweinS .Feldschlößchen" eine öffentliche Ver sammlung statt, in welcher die volkSthümliche Er zählung von W ... W ... in Mittweida zum Vor trage gelangen soll. Der prakt. Arzt vr. meä. Max Böhm in Dresden sagt in seiner .Naturärztlichen Zeitschrift" Nr. 8 v. I. 1890: „Es ist immer dankens- werth, eine wichtige Wahrheit im Gewände der hei teren und leichteren Erzählung zu verbreiten und deswegen müssen wir alle diesbezüglichen werthvollen Gaben willkommen heißen. Wir müssen eingestehen, daß vorliegende Erzählung überaus im Tone und Inhalte gerathen ist, und daß die Fabel, welche dem Ganzen zu Grunde liegt, spannend und interessant ist. Alle Personen, Freunde und Gegner der Na turheilmethode, das Für und Wider der einzelnen Parteien, sind in kurzen Zügen, die dem Leben ab gelauscht sind, vollkommen zutreffend geschildert. Den Inhalt möge, da er gediegen ist. Jeder durch An schaffung des billigen SchriftchenS selbst einsehen." Es wird Freunden und Gegnern des Naturheilver fahrens von großem Interesse sein, wenn sie den Vortrag besuche», damit sich dann jeder selbst ein Urtheil über den Inhalt dieser Erzählung bilden kann. — Eibenstock. Es wird darauf hingewiesen, daß an Sonn- und Feiertagen der Schalter des Kaiserlichen Postamts auch von 12 bis 1 Uhr Mittags geöffnet ist und daß in dieser Stunde die Annahme von Telegrammen und die Ausgabe von Briefen und Zeitungen erfolgt. Eine Annahme und Ausgabe anderer Gegenstände findet nicht statt. — Johanngeorgenstadt, 28. Oktober. Die hiesige Braugenossenschaft hielt am vorigen Sonntag Nachmittag im großen Rathhaussaale ihre diesjährige ordentliche Generalversammlung, zu welcher sehr viele Mitglieder erschienen waren, ab. Der unter die Mitglieder vertheilte Rechenschaftsbericht schließt im Jahre 1888 mit folgender Bilanz ab: Aktiva: 65,464,ss M., Passiva: 16,416,so M., so daß auf die 352^2 Antheile ein Besitzthum von 49,048,es M. kommt. Nach der Bilanz vom Jahre 1889 beträgt jedoch das Guthaben der Antheilbesitzer 53,379,ss M., also 4331,» M. mehr als im Vorjahre. Die Ge neralversammlung beschloß daher, für das Jahr 1890 eine Dividende von 2"/„ pro Antheil an die Mit glieder zu vertheilen. Die Mitglieder der Genossen schaft sind 353 Haus- bez. Brandstellenbesitzer. Einer von diesen besitzt jedoch nur '/, Antheil und kann daher weder sein Wahlrecht bei Vorstandswahlen ausüben, noch kann er gewählt werden, nur die Hälfte der pro Antheil entfallenden Dividende ver mag er sein eigen zu nennen. Daß auf dem einen Hause nur '/z Antheil ruht, hat einen eigenthüm- lichen Grund. Im vorigen Jahrhundert erhängte sich in einem Seitenflügel des damaligen Gebäudes ein Besitzer desselben. Zur Strafe dafür wurde die Hälfte, in welcher die That geschehen war, wegge rissen und bestimmt, daß die Nachbesitzer auch nur eine halbe Braugerechtsame haben durften. — Unterstützengrün. Die hiesigen Metho disten scheinen immer mehr Boden zu gewinnen, auch Auswärtige schließen sich denselben an. Die Ver sammlungen sollen künftig in einem großen neuer bauten Betsaal abgehalten werden. — In Leipzig befinden sich falsche, aber sehr gut nachgemachte Einmarkstücke im Umlauf. Die selben tragen das Münzzeichen L und entweder die Jahreszahl 1881 oder 1886. Sie sind aus Zinn geprägt, mittelst galvanischen Niederschlags versilbert, haben einen Hellen Klang, 1,r Gramm Mindergewicht und sind so vorzüglich gearbeitet, daß sie im gewöhn lichen Verkehr nur an den von dem echten Markstücke abweichenden Klange und einer kleinen Unregelmäßig keit an einem Theile des gezähnten Randes erkannt werden können. Gleiche Falsifikate sind übrigens auch in Berlin ausgetreten. — Zwickau. Nach einer Verordnung der hies. Königlichen Kreishauptmannschaft hat da» Königliche Ministerium des Innern, auf Anregung de« Säch sischen Militärvereinsbunde«, bestimmt, daß die Be hörden dahin wirken möchten, daß alle Bereinigungen ehemaliger Militär», welche dem Sächsischen Militär- vereinSbunde nicht angehören, diesem zutreten und daß, fall« sie solche« unterlassen, ihnen die Führung de« Namen« .Militärverein" untersagt werde. — Aue. Leider fand bei dem am Vorabend der Moltkefeier stattgefundenen Zapfenstreiche ein be trübender Unglücksfall statt. — Feuerwehrmann Reich, ein noch junger Mann, Sohn de« Schmiedemeister- Reich hier, welcher die Musik mit Fackeln begleitete, fiel vom Schlag getroffen während de» Marsche» plötzlich nieder und konnte trotz der schnellen ärzt lichen Hülfe nicht wieder zum Leben zurückgerufcn werden. — Neustädte!, 26. Oktober. Die heutige Sonntags- und Kirchweihvorfeier wurde am Nachmit tag durch Feuerlärm gestört. E« brannte ein zur Dampftischlexei des Herrn Chr. Tröger gehörige- massives Gebäude, in welchem Heu und Hobelspähue aufbewahrt wurden und an welchen Stoffen das Feuer reiche Nahrung fand. Der Brand wurde auf da» eine Gebäude beschränkt, da schnelle Hülfe von hier und Schneeberg (zwei Feuerwehren) zur Stelle war, auch die Windrichtung und Bauart de» Schuppen den Löschanstrengungen zu Statten kam. Der Be trieb der über 100 Arbeiter beschäftigenden Fabrik ist daher glücklicherweise nicht unterbrochen. Wie der Brand entstanden ist, ist noch unaufgeklärt. Bei die ser Gelegenheit konnten auch die mit der Hochdruck wasserleitung verbundenen Löscheinrichtungen auf den Ernstfall erprobt werden, und sie bewährten sich ganz vorzüglich. — AuS dem Vogtlande. Der Handels-und Gewerbekammer Plauen ist von einer angesehenen Firma ihres und des benachbarten Kammerbezirks folgende Zuschrift zugegangcn: Ein Geschäftsfreund von un«, der eben mit dem Staemer „Columbia" von New-Dork angekommen ist, theilt uns vom Bord aus Folgendes schriftlich mit: „Auf diesem Staemer ist auch ein Stickereifabrikant Curtstried von New-Dork, der nach Plauen, St. Gallen, Paris rc. geht, um sich neue Mustergenres und Ideen zu verschaffen. ES soll mich nicht wundern, wenn er auch nach Annabcrg und Eibenstock geht, und eS sollte zeitig so bekannt werden, daß er nichts zu sehen bekommt." — Dem Fahrdienstpersonal der Sächs ischen StaatSeisenbahnen ist durch Verord nung der Königl. Generaldircktion mit Rücksicht auf den nunmehr zu erwartenden Eintritt der ungünstigen Jahreszeit cingeschärst worden, das Durchlochen der Fahrkarten während der Fahrt behufs Vermeidung von Unglücksfällen nur auf die dringendsten Fälle zu beschränken. — Gegenwärtig hört man, hauptsächlich zur Nachtzeit, in der Luft mancherlei Stimmen und das Geräusch des Flügelschlages, welches die wandern den Vögel verursachen. Unsere einheimischen Vögel sind fast alle fort; hier und da erblickt man noch einzelne Feldlerchen. AuS dem Norden dagegen kommen fortwährend Schaaren von Flachsfinken, Berghänflingen u. a.; dann viele Arten von Wild enten, theils um bei uns zu überwintern, thcils nur auf dem Durchgänge nach dem Süden. Ans vergangener Zeit — für unsere Zeit. 30. Oktober. (Nachdruck verboten.) Der 30. Oktober 1870 ist ein ereignißreicher Tag. An demselben erschien der alte Thiers, von Tours mit Geleits briesen der dortigen Regierung kommend, in Versailles, um sich von hier nach Paris zu begeben behufs Einleitung von Waffenstillstandsvcrhandlungen. Der Moment war sür die Franzosen günstig. Nach dem Fall von Metz konnten sie in Ehren Frieden machen und nach Bezwingung ihrer größten Armee lag zu diesem genügender Grund vor. Allein die Un vernunft, die Politik des Pariser Straßenpöbels siegte und ihr mußte sich auch Thiers vorläufig fügen. Am selben Tage fand wieder vor Paris ein größeres Ausfallgesecht statt. Bei Le Bourget kam es bereits Morgens 8 Uhr zum Kampfe und im Dorfe selbst zu einem sehr blutigen Handgemenge. Den deutschen Truppen gelang es endlich im Sturm vorzugehen und das Dors zu besetzen. Als eben eine Abtheilung in ein Haus eindringen wollte, erschienen Weiße Tücher an den Fenstern desselben als Zeichen freiwilliger Uebergabe. Graf Waldersee gebot Halt, ntt selbst heran und eine aus dem Hause abge- seuerte Kugel streckte ihn sofort «odt nieder. Jetzt ergriff die Truppen die äußerste Erbitterung, die sich in einem gewaltigen Angriff äußerte, so daß der Feind bereits um 12 Uhr Mittags geworfen war. Es wurden 1200 Gefangene gemacht; deut scherseits betrug der Verlust 80 Offiziere und 400 Mann. Die Franzosen hatten augenscheinlich beabsichtigt, sich in Le Bourget zunächst fcstzusctzen, daselbst Besestigungswerke zu erbauen und so der Cermerungslinie besser auf den Leib zu rücken; diese Absicht war vollständig vereitelt worden. — Am 30. Oktober kam auch wieder die Werdersche Armee ins Gefecht bei Dijon. Es handelte sich um die Besetzung dieser alten Residenz der burgundischen Herzöge, die für die deutschen Truppen als Eisenbahnknotenpunkt des südöstlichen Frankreich wichtig war. Zuerst vor der Stadt wurde gegen hartnäckig ihre Positionen vertheidigende französische Linientruppen gekämpft, die am Spät nachmittag so weit zurückgeworfen waren, daß sich das Gefecht in die Stadt sortsetzte. Hier nun betbeiligte sich am Kampfe der in den Vorstädten wohnende Pöbel, selbst sanatisirte Wei ber; aus allen Häusern, selbst aus den die neutrale Flagge der Genser Konvention tragenden, wurde auf die deutschen Truppen geschossen. Abends K Uhr begann es zu dunkeln und nun ließ General v. Bayer die Truppen zunächst zurück gehen und dann Artillerieseuer auf die Stadt eröffnen. Noch um 7 Uhr machte ein« feindliche Kolonne einen Angriff, sie wurde aber sehr bald versprengt. Um 9 Uhr Abends wurde in der Stadt die Weiße Parlamentärfiagg« aufgezogen und noch in der Nacht kam die Kapitulation zustande. Die Franzosen zogen sich im Schutze der Nacht aus Dijon zurück. Ihre Absicht, um diese für sie sehr wichtige Stadt größere Truppenmassen anzuhäusen, war vollständig vereitelt worden. Die Bürger schaft zeigte sich den Truppen gegenüber sehr entgegenkommend. 31. Oktober. Am 31. Oktober 1870 glaubten die Kommunisten in Paris ihre Zeit bereits sür gekommen. Dies« Leute, nicht nur Feinde der Preußen, sondern jeder Ordnung und jedes Regimentes, insccnirten in Pari« auf dem Stadthause eine klein« Revo lution. Männer, wie Flourens, Melliire, Blanqui, Felix Pyat, drangen an der Spitz« eines Pöbelhaufen«, wie er sich