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über den Brüning Beweise. Erstere sei 4'/, Mei len lang und sei, da das Reich zu ihrer Verlänger ung Mittel bewilligt habe, sogar als strategische Hilfsbahn zu betrachten, aus der Harzbahn sei der Frachtenverkehr besonders mit Erzen ein ganz be deutender. Was nun die für hier projektirte Linie betreffe, so lägen allerdings schwierige Terrainverhältnisse vor. Er müsse daher auch da« Projekt nach zwei Richt ungen hin bearbeiten. Einmal müsse er die Anleg ung einer reinen Adhäsionsbahn ins Auge fassen und in diesem Falle dizrch 10—12 Curven die Strecke in der Nähe des SchießbauseS wegen Anlegung einer Haltestelle an die untere Stadt heranzubringen suchen, das andere Mal müsse er mit der Anwendung des gemischten Systems rechnen. Im ersteren Falle würde die Strecke eine Länge von etwa 5 km er halten, während sic im anderen Falle nur wenig über 3 km lang werden würde, da die Linie dann nach der Abbiegung von der Chcmnitz-Aue-Adorser Strecke in gerader Richtung nach der Stadt geführt werden könnte. Die Herstellungskosten einschließlich des Landerwcrbs, jedoch ausschließlich der Beschaffung der Betriebsmittel, würden ungefähr 300,000 Mark betragen, nicht mehr, gleichviel welches System zur Anwendung käme, denn die höheren Anlagekosten bei Anwendung des Zahnradsystems würden dadurch ausgewogen, daß die Strecke eine wesentlich kürzere, auch der Bodenerwerb ein geringerer werden würde. Er bäte, sich durch gegentheilige Meinungen nicht irre machen zn lassen, sondern seiner Erfahrung volles Vertrauen zu schenken. Was nun die Betriebseinrichtung anbelange, so könnten drei Wege eingeschlagen werden. Das Natür lichste wäre, wenn der Staat die Strecke bauen und auch betreiben würde. Zweitens wäre, wenn der Staat den Bau nicht selbst übernähme, von demselben ein Zuschuß von mindestens */z der Anlagekosten zu erlangen zu suche», der jedoch vorläufig und bis die Strecke die Verzinsung des ganzen Anlagcnkapitals zu 4"/„ brächte, unverzinslich herzugeben wäre, oder drittens der Staat sehe von Gewährung eines Zu schusses ab, übernähme aber dann den Betrieb gegen Gewährung einer mäßigen Rente an die Geldbeschaffer, welchen Modus Herr Pleßner für am günstigsten empfahl. Ferner müßte in dem Falle, daß der Staat zwar eindn Zuschuß gäbe, den Betrieb aber nicht übernähme, der Unternehmer die Verzinsung des übrigen Anlage kapitals an ungefähr 200,000 M. zu 4"/„ den Actio nären sicher stellen. Herr Pleßner bezeichnete die be vorstehenden Aufgaben als schwere, denn ohne viele Bemühungen und anfänglich auch ohne Opfer würde es nicht abgehen. Die Interessen der Stadt würden aber durch die Eisenbahnlinie auf jeden Fall besser gewahrt werden, als bisher. Er für seine Person verbürge sich für eine gewissenhafte Ausarbeitung der benöthigten Unterlagen, werde der Regierung den Nachweis erbringen, daß die Anlage möglich sei, die Betriebsfähigkeit berechnen u. s. w. und sei der festen Ueberzcugung, daß seine Vorlage an maßgebender Stelle, wenn dem Projekte sonst ohne Voreingenom menheit gegenüber getreten werde, wohlwollend werde geprüft werden. Die interessante, eingehende Ausführung des Herrn Baurath Pleßner fand bei der Versammlung lebhaften Beifall. Herr Richard Hertel kam hierauf noch einmal auf die Vorstellungen in Dresden zurück, meinte, daß der ForstfiSkuS wegen besserer Ausnützung der Wälder an der Bahnanlage ein wesentliches Interesse mit habe, glaubt, daß durch die Einreichung der Unter lagen die Regierung vielleicht doch dazu gebracht werden würde, einen Zuschuß zum Bahnbau zu ge währen bez. den Betrieb zu übernehmen und schlug folgende Resolution vor: Die Anwesenden erkennen im Interesse der Industrie ver Stadt Eibenstock und be hufs Hebung derselben die Nothwendigkeit der Verbindung der Stadt mit dein Bahn hofe durch eine normalspurige Eisenbahnlinie mit Secundärbetrieb unbedingt an, und be trauen das bisher bestandene Comits mit der weiteren Erledigung der wegen Erreichung dieser Verbindung nothwendig werdenden Arbeiten. Diese Resolution wurde ohnen Widerspruch ange nommen. Ebenso war auf Anfragen die Versamm lung damit einverstanden, daß das County sich jeder zeit durch Zuwahl erweitern kann. Herr Eugen Dörffcl wies sodann noch darauf hin, daß durch die Verlängerung der Eisenbahn von Willkau-SauperSdorf nach Schönheide und CarlSfeld, sowie durch die Erbauung der Bockauthalstraße Eiben stock mit seiner ganz bedeutenden Industrie wesentlich am Verkehr einbüßcn müsse und daß daher schon die Regierung die Vorlage nicht ohne Weiteres werde von der Hand weisen können, machte noch ganz be- sonverS darauf aufmerksam, daß anderen schon ge nehmigten bez. in Aussicht genommenen Linien durch aus keine Eoncurrenz geschaffen werden solle, sondern daß lediglich vie lokalen Interessen Eibenstock s gc- gewahrt werden sollen und bat schließlich die anwesen den Herren Grundstücksbesitzer, die jetzt beginnenden Bermessungsarbeilen in jeder Weise fördern, die Ab steckpfähle schonen und daß Andere ein Gleiches thun, mit beaufsichtigen zu wollen. Auf eine Anfrage des Herrn Postdirektor Jährig wegen der etwaigen Fahrgeschwindigkeit theiltc Herr Pleßner mit, daß infolge der Kürze der Strecke, sowie wegen der bedeutenden Steigung die Fahrgeschwindig keit natürlich keine große sein könne und daß die Bergfahrt vielleicht 22 Min., die Thalfahrt 17 Min. betragen würde. Eine größere Fahrgeschwindigkeit würde sich aber auch nicht empfehlen, da sich die Be triebskosten dann ganz wesentlich erhöhen würden. Schließlich stellte Herr Eugen Dörffel noch eine Versammlung vor Abgang der Vorarbeiten in Aus sicht und ersuchte die Versammlung, Herrn Baurath Pleßner für seine Bereitwilligkeit zu den gegebenen Mittheilungen durch Erheben von den Plätzen den Dank auszudrücken, was einmüthig geschah und wo für Herr Pleßner seinen Dank aussprach. Locale und sächstsche Nachrichten. — Eibenstock. Am Donnerstag, den 2. Okto ber wird Hr. Musikvir. Oeser im Saale des „Feld schlößchen" ein Concert veranstalten, bei welchem der Solo-Violinist Curt Künzel aus Leipzig mitwirken wird. Hr. Künzel, ein geborener Eibenstocker, ist in den größten Städten bereits mit Erfolg aufgetreten und so läßt sich erwarten, daß das Concert ein recht genußreiches werden wird. — Schönheide. Am Donnerstag Vormittag ^10 Uhr brach in Unterstützengrün ein Schaden feuer aus. ES brannte das dem Bllrstenhändler Leistner daselbst gehörige Wohnhaus vollständig nieder. Das Feuer nahm in dem aus Fachwerk erbaut ge wesenen Hause so schnell überhand, daß fast gar nichts gerettet werden konnte. Auch der Schwiegersohn Leistner's, der das Haus mit bewohnte und zur Zeit des Brandes sich auf Arbeit befand, kam um sein sämmtlichcs Mobiliar. Die Verunglückten werden allgemein bedauert. Es wird vermuthet, daß das Feuer durch eine schadhafte Esse entstanden sei. — Bärenwalde, 22. Septbr. Gestern Abend gegen 10 Uhr brach in der Scheune des Gutsbesitzers Ernst Alban Schramm hier auf bis jetzt noch un ermittelte Weise Feuer aus, welches in kurzer Zeit diese und die anderen zum Gutsgehöftc gehörigen Gebäude in Asche legte. Außer dem Vieh und etwas Möbel konnte wegen des schnellen Umsichgreifens des Feuers nichts gerettet werden. Böswillige Brand stiftung wird vermuthet. — Dresden. Die jetzt erfolgte Ernennung des Generalmajors von Kirchbach, Commandeur der I. Kavalleriebrigade Nr. 23, zum Generallieutenant hat in militärischen Kreisen große Freude und viel Aufsehen erregt. Der Grund zu dieser plötzlichen Ernennung soll folgender sein: General von Kirchbach commandirte seine Brigade bei den großen Kavalleric- manövern bei Mühlberg und führte mit ihr einen vortrefflich gelungenen Ucberfall auf zwei preußische Kavallerie-Regimenter aus. Der Commandeur ließ Nachts seine Leute wecken, sammelte die Regimenter und überfiel die preußischen Husaren und Ulanen so plötzlich, daß die feindlichen Eskadrons in Wasser ge- riethen und vollständig abgeschnitten wurden. Dieser gelungene Ueberfall soll Se. Majestät den König sehr erfreut haben und die Folge davon ist eben die Er nennung zum Generallieutenant gewesen, mit welcher Charge der Titel „Excellenz" verbunden ist. General lieutenant von Kirchbach ist 1835 in CunnerSdorf bei Königstein geboren. — Chemnitz. Ein jugendliches Verbrecherklec- blatt, bestehend aus den Schulknaben Gebrüder Weiß mann und Drechsler, erschien vor den Schranken des hiesigen Landgerichts. Dieselben waren in Gemein schaft mit noch einem vierten, ebenso hoffnungsvollen Früchtchen, daS aber wegen seines jugendlichen Alters noch nicht kriminell belangt werden kann, wohl 6 Mal nach wohlüberlegtem Plan in den Keller eines Kohlen händlers eingebrochen, um den vom Händler dort untergebrachten Erlös seines Kohlenverkaufes zu rauben und dann gemeinschaftlich zu verjubeln. In Rücksicht auf ihre übergroße Frechheit und Raffinirtheit wurden sie mit Gesängnißstrafen in Höhe von 12, 10 und 4 Wochen Gesängniß belegt. — Zwickau. Zur diesjährigen Herbstprüfung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst hatten sich bei der hiesigen Königl. Prüfungskommission 9 Aspiranten angemeldet, von denen jedoch einer sein Zulassungsgesuch wieder zurückzog. Von den ver bliebenen acht Examinanden bestanden das mit den selben am 19. und 20. d. M. hier abgehaltene vor schriftsmäßige Examen nur 3, während 5 wegen ihrer ungenügenden schriftlichen Arbeiten zurückge wiesen wurden. — Reichenbach, 20. September. Der erste deutsche Hebammentag, welcher am 22. u. 23. Sep tember in Berlin abgehalten werden soll, wird eine große Zahl von Hebammen nach ver Reichshauptstadt führen. Der Hcbammenverband, der sich aus den nachbezeichneten Städten und Ortschaften, als Reichen bach, Mylau, Netzschkau, Neumark, Unter- und Ober- hainSdorf, HauptmannSgrün, Oberreichenbach, Limbacb zusammcnsctzt, wird durch mehrere hiesige Hebammen vertreten sein. Den Verhandlungen wird eine große Wichtigkeit beigemessen und ist die Tagesordnung eine außerordentlich reichhaltige, so beschäftigt sicb z. B. der 1. Gegenstand mit der DesinfectionSfrage, der 3. mit der Aenderung des Namens Hebamme, der 7. mit der Taxfrage u. s. w. Den Theilnehmerinnen steht der Zutritt zu den Museen, zum Schloß und Palais des Kaiser Wilhelm I.. zum Aquarium, wie in ddn Zoologischen Garten offen. — Am 28. und ,29. diese« Monats findet in Crottendorf bei Annaberg eine landwirthschaft- liche Ausstellung von Rindern Simmenthaler Reinzucht und Kreuzung, sowie von landwirthschaft- lichen Produkten statt, zu welcher alle Landwirthe und Freunde der Landwirthschaft eingeladen werden. — Unter den sächsischen Bolksschullehrern macht sich eine lebhafte Agitation bemerkbar gegen die von Di-. Ditte« seinerzeit auf dem 8. deutschen Lehrertagc aufgestellten confcssionslosen Unterrichts ziele. Namentlich die neulichen Angriffe des ge nannten Schulmannes auf einer Lehrerversammlung in Saaz, wo derselbe seine Gegner als „ehrlose Buben" bezeichnete und sie als Heuchler zu brand marken versuchte, dürften der Schaar jener wackeren Männer, die noch ein christlich deurscbes Herz in der Brust tragen, nur neue Anhänger gewinnen und schon auf dem dcmnächstigen evangelischen Schulcongreß in Erfurt dürfte sich eine lebhafte Reaktion gegen jene Talmi-Bestrebungen geltend machen. Ans vergangener Zeit — für unsere Zeit. Am selben Tage, an'dem^der Grobherzog von Mecklen burg-Schwerin seinen feierlichen Einzug in Toul hielt, am 25. September 1870, an einem Sonntage, wurde die Festung Ver dun eingeschlossen. Auch sie war für die Verbindung der deutschen Truppen mit der Heimath von großer Wichtigkeit, da sie an der Eisenbahnlinie Metz-Paris liegt und nach dem unausbleiblichen Fall von Metz zur Freilegung dieser Fahr straße ebensalls in deutschen Händen sein mußte. An dem genannten Tage gab eS in Paris bereits einige Unruhen, or- ganisirt v. grünem Straßenpöbel, der später noch der unglück lichen Stadt Leiden auferlegen sollte, gegen welche die Be lagerung gering erschien. 26. September. Nachdem kürzlich die kleine Insel Helgoland in deutschen Besitz llbergegangen, ist deren militärische Bedeutung auch er örtert und ,uni Gegenstand lebhafter „Für u. Wider" gemacht worden. Ob die Insel wirklich von wesentlicher Bedeutung ist oder werden dürfte, wird sich später noch zeigen und diese Erörterung wird Sache militärischer Fachkreise sein. Daß aber Helgoland bereits einmal eine gewisse Bedeutung für das militärische Seewesen gehabt hat, geht aus einer trockenen Notiz in der Datumreihe des deutsch-französischen Krieges her vor. Da heißt es nämlich: Am 26. September 1870 verläßt die französische Kriegsflotte Helgoland! Nun, die Insel, die den Franzosen wichtig genug' war, dürfte in deutschen Händen mindestens eben so wichtig sein. Auf Irrwegen. Original-Novelle von Claire Gerhard. (14. Fortsetzung.) XIV. Seit jenem Tage schien eine kleine Besserung einzutreten, Nora zeigte sich antheilsvoller, lebendiger ; sie versuchte es, weniger ihren Träumen nachzuhängen, und kam allen Vorschriften des Arztes treulich nach. Ihr Vater war durch die Ankunft eines Jugend freundes, des greisen Oberst von Harder, sehr erfreut worden. Obgleich längst außer Diensten, sah man diesem noch stets den Militär an und seine hohe, ungebeugte Gestalt, sein frisches, freundliches Gesicht mit dem eisgrauen Schnurrbart ließen nicht ahnen, daß der Oberst bereits sein 70. Lebensjahr über schritten hatte. Etwas derb soldatisch in seinen Aus drücken, war er dennoch der aufmerksamste Ritter schöner Frauen und ein unterhaltender Gesellschafter. Nach seiner Pensionierung halte er weite Reisen unternommen; seine unruhige Natur litt ihn nie lange an einem Orte, aber vermöge seiner großen Lebhaftigkeit hatte er überall zahlreiche Bekannt schaften gemacht, und eS war daher ein wahres Ver gnügen, ihn erzählen zu hören. Er hatte Nora zuletzt in ihrem 14. Jahre gesehen, ein blühendes lebensfrisches Kind, und bemühte sich nun vergeblich, seinen tiefen Schreck zu verbergen, al« er sie krank und todteStraurig wiederfand. Nora kam ihm zu Hilfe und sagte matt lächelnd: Sie erkennen Ihre Elfe in mir nicht wieder, Herr Oberst." „O, doch, doch," antwortete er gerührt, „paßt doch der Name jetzt besser für Sie, als einstmals für das rothwangige, fröhliche Kind. Ihr Umher gaukeln veranlaßte mich, Sie damals Elfchen zu taufen, doch nun mit dem unirdisch blutlosen Gesicht chen scheinen Sie mehr denn je dem Zauberreiche zu entstammen." So blieb e« denn bei dem Namen „Elfchen", und der Freifrau traten oft die Thränen in die Augen, wenn sie bemerkte, wie zart und fürsorglich der alte Oberst mit Nora umging, wie er tausend Kleinig keiten, die er von seinen Reisen mitgebracht, in ihr stilles Zimmer trug, um sie zu zerstreuen. Er bewog sie auch, die Menschen nicht mehr so ängstlich zu fliehen, sondern mit einigen auserwählten Kurgästen Umgang zu pflegen. Oft saßen sie auf einem hübschen Plätzchen in der Promenade und be obachteten die Vorüberwandelndcn, die der Oberst häufig nicht sehr glimpflich kommentirte.