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Teig vermischt und verbacken wird, ist nach den Be stimmungen de- Nahrungsmittelgesetzes strafbar. Die neueste Nummer der amtlichen Nachrichten ans dem ReichSgesundheitSamt cnthLlt eine größere Anzahl hieraus bezüglicher strafgerichtlicher Entscheidungen, in denen übereinstimmend auSgeführt wird, daß derartige Vermischungen von Teig eine Brotverfälschung dar stellen, indem an Stelle der zur Brotbereitung er forderlichen Bestandtheile Mehl, Hefe, Wasser und Salz, ein anderer minderwerthiger Bestandtheil ver wendet wird. Wegen derartiger Manipulationen sind Geld- und Gefängnißstrafen bis zu vier Wochen ver hängt worden. — „Kritische Tage" hat bekanntlich Rudolf Falb jene Tage genannt, an denen große atmosphär ische Störungen, Erdbeben und Gasexplosionen in Bergwerken zu erwarten sind. Als Ursache für das Eintreffen dieser Erscheinungen ist der Einfluß der fluthbildenden Anziehungskraft anzusehen, welche von Sonne und Mono auSgeht, sobald sie eine gewisse Stellung zu einander und zur Erde haben, was nicht nur gewaltige Springfluthen auf dem Meere erzeugt, sondern auch auf die Luftmasse und das Erdinnere Einwirkung hat und die genannten Störungen dort hervorruft. Diese Falb'sche Theorie hat eine ver blüffende Bestätigung in der Thatsache gefunden, daß der 30. August, den er neben dem 23. September unter den kritische» Tagen erster Ordnung für das laufende Jahr obenan stellte, die großen Ucber- schwemmungen einleitete, die an diesem Datum in Petersburg begannen u. in den folgenden Tagen in der Schweiz, in Bayern, Böhmen, Sachsen, Schlesien, im Sudan, in Egypten, Bengalen u. anderwärts ihre Fort setzung fanden. Die Oertlichkeit dieser starken Nieder schläge u. damit des Überschwemmungsgebiete« hat Falb allerdings nicht voraus bestimmt; immerhin for dert das Eintreffen der vorausgesagten Thatsache auf, dem nächsten kritischen Tage Beachtung zu schenken. Der 14. September ist ein kritischer Tag dritter Ordnung, ebenso der 23. September; der 28. September ist jedoch derjenige Tag, für welchen nach der Theorie bedeutendere Naturerscheinungen zu erwarten sind. Mit dem Einwande, daß derartige Witterungser scheinungen jeden Tag, für jeden Tag irgendwo ein treten müßten, ist nichts anzufangen, da die jüngsten Ereignisse keineswegs von der Art sind, daß man sagen könnte, sie träfen alle Tage irgendwo in der Welt ein. Uebrigens prophezeit Falb, daß nach dem 28. September im Gebirge Schnccniederfälle eintreten und dann eine Periode der Aufheiterung beginnen werde. Die Hoffnung, die sich an diese letzte Be merkung knüpft, wird jedoch andererseits wieder illu sorisch durch seinen Zusatz: .Doch dürste auch in den nächsten Monaten in der Nähe der kritischen Tage Hochwasser für andere, als die jüngst betroffenen Bezirke eine stehende Rubrik in den Zeitungen bil den." Auch das Eintreten von Erdbeben und Gru benkatastrophen vom 23. September an hält Falb für wahrscheinlich. A«s vergangener Zeit — für nnsere Zeit. 16. September. «Nachdruck verboten.. Am 16. September 1870 ward Mühlhausen im Elsaß von deutschen Truppen (zeitweise) besetzt und am selben Tage sand ein Gefecht bei Melun zwischen Bayern und Franktireurs, be reits im Angesichte von Paris, statt. Dies Gefecht war die Einleitung zu den zahlreichen Kämpfen vor und um Paris. 17. September. Am 17. September 1870 kam es zu dem Gefecht bei Bre- vannas. Das 5. Armmeecorps hatte oberhalb Villeneuve eine Pontonbrücke geschlagen, auf der sogleich Kavallerie über die Seine ging. Die den Brückenbau schützende Infanterie und Artillerie ward von Franzosen, reguläre Infanterie u. Turkos, angegriffen. Der Angriff ward unter großen Verlusten des Feindes abgeschlagen, während die deutschen Verluste nur ge ring waren. 50 Geschütze wurden über die Seine geschafft. An diesem Tage ging der letzte Eisenbahnzug von Paris ab. Auf Irrwegen. Original-Novelle von Claire Gerhard. (11. Fortsetzung.) Wie Nora die nächste Zeit Überstand — sie wußte «S später selbst kaum zu sagen. Sie wünschte nichts sehnlicher, als zu sterben, aufhören zu sein, wie jene glücklichere Elsa, um nur nicht diese unendliche Sehn sucht nach dem Verlorenen, noch immer Geliebten zu empfinden, um nicht immer wieder den Schmerz ge täuschter Liebe zu durchkosten. Aber der Tod war nicht so barmherzig, er kam nicht, und wenn auch Nora, weiß wie ein Gespenst, mit müden, glanzlosen Augen umherging, so wurde sie doch nicht krank. Nur ihre Seele litt und sie schien weder die Zärtlichkeit der Eltern noch die achtungsvolle Rücksicht Erichs zu bemerken. Ihr Vater war tief betrübt von der Lösung des Bündnisse«; er hatte Walden wie einen Sohn geliebt und vermochte nicht zu glauben, daß derselbe treulos scin könne. Aber was hätte seine Ueberzeugung ge holfen, nun, da es doch zu spät war? So schwieg er denn, aber Nora wußte wohl, daß sie in ihm den besten Freund besaß, und oft in der Dämmerstunde eilte sie zu ihm, setzte sich wie als Kind auf seinen Schoß und schmiegte ihr Köpfchen an seine Brust. Da geschah es auch zuweilen, daß sich der starre Schmerz in ihrer Brust löste und daß sie herzbrechend weinte. Walden hatte an dem Tage, der jenem schreckens vollen Abend gefolgt, ihr den goldenen Reif und all die zahlreichen kleinen Gaben ihrer Liebe zurückgesandt, aber keine Zeile lag der traurigen Sendung bei. Sie folgte seinem Beispiel, nur eine Photographie von ihm behielt sie zurück, hoffend, er würde da- Fehlen derselben nicht bemerken. So war eS auch. Ohne das Band zu lösen, das die einzelnen Gegenstände zusammenhielt, legte er jene Liebespfänder mit bitterm Lächeln in einen Schrank, den er fest verschloß. Nur jenes schöne Bild, das Märchen, bing er in seinem Studirzimmer auf und oft stand er in trauervollen Gedanken vor demselben. Vorüber, ach, vorüber der kurze LiebcS- traum! Warum auch hatte er an Weibertreue ge glaubt, er, der schon einmal betrogen war! Doch nein, nein, Nora war unschuldig, nur irregeleitet und litt jetzt sicher ebensosehr, wie er. Und sie, die ihm dies neue Leid bereitet, Sylvia, seines Lebens Dämon, sie ging straflos aus? Ein Gefühl wie unergründlicher Haß gegen Sylvia stieg in des Professors Seele auf; diesem Haß ge sellte sich noch Verachtung zu, als er bald nach der Auflösung seiner Verlobung ein Billet von Sylvia folgenden Inhalts erhielt: „Du hast die Fessel zerissen, die uns trennte, Geliebter! Das ist groß und meine Seele ist voll von Liebe und Bewunderung für Dich. Komm bald in die Arme Deiner . Sylvia." Mit einer Geberdc des Ekels hatte Walden das rosafarbene, duftende Billet von sich geworfen ; keine Zeile zu erwidern erschien ihm als die einzig richtige Antwort. Diese mochte sie wohl verstanden haben, aber als sie kurze Zeit darauf Walden in einer Gemäldeaus stellung traf, reichte sie ihm dennoch mit dem allen verführerischen Lächeln beide Hände entgegen und flüsterte ihm einen warmen Willkommensgruß zu. Er jedoch schien diese Bewegung nicht zu sehen, er verbeugte sich nur tief und sprach ernst: „Unsere Wege gehen auseinander, gnädige Frau, und ich er suche Sie dringend, dessen stets eingedenk zu sein." Wenn Blicke zu tödten vermochten, so wäre Walden jetzt entseelt hingesunken, so flammend von Haß und Zorn war der Blick jener schwarzen Augen ; er aber hatte sich bereits abgewandt und hörte kaum noch das höhnische Gelächter der Tiefbeleidigten. Seitdem war Sylvia ihm nicht wieder begegnet; er mied die Kreise, in denen sie und Nora lebte und widmete sich einzig der Arbeit. Nur in der strengsten Pflichterfüllung wollte er fortan Befriedigung suchen; vielleicht gelang es ihm dann auch mit der Zeit, zu vergessen, daß einst eine holte Lichtgestalt in sein Dasein getreten und daß er gehofft, durch diese schon hier auf Erden selig zu werden. So lebte er denn nur noch seinen Kranken; selten nur drang ein Ton aus jener andern Welt an sein Ohr, nur einmal hörte er erzählen, daß die jrciherr- liche Familie wieder auf ihr Stammgut gezogen sei. Nora hatte ihre Eltern hierzu bewogen, sie fühlte sich so unsäglich traurig in dem Hause, in dem sie Walden kennen gelernt, in dem so manche schmerzlich süße Erinnerung an ihn wach rief. Sie glaubte, ihr würde besser zu Muthe werden, wenn sie wieder daheim sei in jenem schönen, freundlichen Schlosse, in dem sie ihre glückliche, sorgenlose Kindheit verlebt, wenn sie wieder den frische», kräftigen Hauch der Landluft athmen könnte. Wirklich schien es auch, als lebte Nora in Dern- burghausen ein wenig auf, aber nach wenigen Tagen versank sie wieder in die frühere düstere Schwermuth, aus der nichts sie cmporzurcißen vermochte. Der energischen Freifrau war aber nichts so ver haßt, als ein weiches Hindämmern, und sie, welche die Liebe nie gekannt, begriff des eigenen Kindes Schmerzen nicht. So war in dem alten Schlosse ein trauriges Leben; Erich hatte eine Reise zu entfernt wohnenden Verwandten unternommen und so verging der Winter öde und lrostloS. Endlich mit de» ersten Schwalben kehrte der junge Offizier wieder, und mit ihm erwachte ras erloschene Leben in Dernburghausen. Erich konnte keine trau rigen Menschen um sich sehen, und vor allen Dingen war eS ihm ein Dorn im Auge, daß Nora »och immer um jenen Professor Leid trug. Er wollte sie um jeden Preis von ihrer Schwer- muth heilen und fand in der Freifrau die kräftigste und dankbarste Unterstützung. Sie hatte ihren Lieb- lingSwunsch, den Neffen mit der Tochter zu vereinen, noch immer nicht aufgegeben, und ihre Hoffnungen hoben sich ein wenig, als sie bemerkte, daß Nora sich die Aufmerksamkeiten Erichs wenigstens ruhig gefallen ließ. Als er ihr die ersten FrühlingSblüthen au« dem Garten brachte, nickte sie ihm mit traurigem Lächeln zu. Ach sie erinnerten sie nur zu schmerzlich an den vorjährigen Lenz, da eine andere Hand ihr Schnee glöckchen und Veilchen gepflückt. Aber Erich ließ ihr keine Zeit zum Nachdenken, sondern legte ihren Arm in den seinen und bat: „Komm, Kousinchen, hinaus, laß in der frischen Luft sich Leib und Seele gesund baden." Und damit zog er die Widerstrebende in den prächtigen Garten hinaus. Erich war eS schon zufrieden, wenn er nur zu weilen einen dankbaren Blick empfing und ivenn eS seinen Scherzen und Citaten gelang, ein schwache- Lächeln auf ihren holden Zügen hervorzuzaubern. Vor allen Dingen suchte er eS zu verhindern, daß Nora allein blieb und sich in die Einsamkeit ihres Zimmers zurückzog. Zuweilen war ihr diese stete Aufmerksamkeit lästig, aber wenn sie den Vetter strenge zurückwies, dann erschien ein so trauriger Ausdruck auf seinem Gesicht, daß sie ihre Worte bedauerte. „Gönne mir doch die Freude, Nora," bat er dann, „um Dich zu sein; möcht'-ich doch alles hingeben, um Dich wieder froh und glücklich zu sehen." Nora sah ihn erschreckt bei diesen Worten an; zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, daß Erich sie liebe, wohl immer geliebt habe, und daß er noch die Hoffnung hege, sie einst die Seine zu nennen. Sie bemerkte nun auch, wie die Eltern sein stilles Werben unterstützten. Ein unsäglicher Jainmer ergriff sie, aber dennoch mußte sie anerkennen, daß Erich ein lieber, guter Mensch sei und daß sie an seiner Seite wenn auch kein glückliches, so doch befriedigtes Leben führen könne. Zugleich sagte sie sich mit heimlichem Schau dern, daß sie Herbert vielleicht nur vergessen könne, wenn sie einem andern angehöre. Dennoch zögerte Nora noch immer, Erichs jetzt ausgesprochene Bitte zu erfüllen, bis ihr Vater in einer vertraulichen Stunde zu ihr sagte: „Sieh, mein Kind, ick> bin alt und werde Euch nun bald verlassen. Dann fehlt Dir und der Mutter ein fester Schutz. Erich liebt Dich so herzlich und Du würdest un alle durch Deine Einwilligung so glücklich machen." So von allen Seiten zu einem Entschlüsse ge trieben, gab Nora ihr Jawort, aber sie bat Erich, Nachsicht mit ihr zu haben, da sie noch zu schmerzlich leide. Der glückliche, junge Offizier sagte zu allem „ja" in der Freude seine« Herzens. Jubelnd umarmte er seine schöne Braut, völlig sicher, daß diese eS bald lernen würde, ihn so zu lieben, wie er es wünschte. Die Eltern beschlossen, Erich sollte seinen Abschied von der Marine nehmen und in ein Regiment in Berlin cintreten, um ihnen stets nahe zu sein. Er fügte sich, wenn auch mit leisem Bedauern; Nora bat nur, daß nicht gerade Berlin ihre künftige Heimath sein soll; es dünkte ihr unmöglich, in der Stadt, in der sie gehofft, mit Walden zu leben, an Erichs Seite zu wohnen, und gern gab man ihrem Wunsche nach. Der glückliche Bräutigam sollte in der nächsten Zeit schon abreisen, um die nöthigen Formalitäten zu seiner Versetzung einzuleiten; inzwischen machte man die Verlobung der Beiden bekannt. Walden, der eines Morgens ahnungslos nach der Zeitung griff, ließ diese mit einem dumpfen Laut sinken, da sein Auge auf die Anzeige fiel. Nora verlobt! Das hatte er nimmer erwartet! So liebte sie vielleicht damals schon den Vetter, als sie ihn gehen hieß! Nein, nein, das zu denken, wäre schmachvoll! Aber nun gehörte sie dem andern an, und er, der sie in seinem Herzen noch immer sein eigen nannte, er mußte sich bemühen, sie zu vergessen. Noch einmal versenkte er sich in den Zauber des Märchenbildes, noch einmal schaute er mit unsäglicher Liebe in jene unergründlichen Augen, dann zog er einen Vorhang vor das Gemälde, um durch nicht mehr an die verlorene Seligkeit erinnert zu werden. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Lebus, 10. Septbr. Ueber 700 Münzen, die älteste mit der Jahreszahl 644 und die jüngste von 1710, sind hier gestern gefunden worden. Die großen Münzen sind zum größten Theile Fünffrank- stücke mit dem Bildnisse König Ludwig XIV., Thaler ron Kaiser Leopold 1603, braunschweigische, sächsische und preußische Thaler und */, Thalerstllcke vom Gro ßen Kurfürsten und König Friedrich I., auch Doppel franken und polnische ganze und halbe Gulden, gegen 100 Stück; die übrigen sind Zweigroschcnstücke, über 200 Stück alte Groschen und über 400 Stück alte halbe Groschen. — Wohin geräth das Gold? Ein französi scher Gelehrter, so erzählt der Oil Liu«, der sich seit längerer Zeit mit der Lösung der Frage beschäftigt, wohin die Edelmetalle der Erde gerathen, hat auf Grund einer statistischen Berechnung hcrauSgefunden, daß die amerikanischen Zahnärzte zum Plombiren der notorisch schlechten Zähne ihrer Mitbürger allein jähr lich gegen 81.0 Kilogramm Gold verbrauchen. Dieses Gewicht repräsentirt einen Geldwerth von 2'/, Milli onen Francs, der beim Ableben seiner Inhaber zu meist mit in das Grab genommen wird. Wenn dä mm, so rechnet der französische Statistiker, in dieser Weise noch drei Jahrhunderte fortgeht, so liegt auf den Kirchhöfen 'Nordamerikas die respektable Summe von 750 Millionen Francs in Gold, d. h. annähernd dieselbe Summe, die gegenwärtig in Gold geprägt in den Vereinigten Staaten zirkulirt.