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de- Friedrichshain- Schutz fand. Einige Beamte sind verletzt, sowie eine Anzahl Arbeiter, indessen Niemand schwer. Die in der Nähe wohnenden Ge schäftsleute schlossen ihre Läden. — Im Anschluß hieran schreibt der „Reichs-Anzeiger": Die am 2b. d. M. vorgekommenen Ausschreitungen gelegentlich einer sozialdemokratischen Versammlung im FriedrichS- bain haben, da sich in Berlin zur Zeit, wegen der Herbstmanöver des GardecorpS, nur schwache Wach kommandos befinden, Anlaß gegeben, eine Jnfanterie- Brigave III. ArineecorpS, welche ihre Uebungen in der Nähe abhielt, zur Aushülfe im Garnisondienst vorübergehend nach Berlin zu ziehen. — Der engere Ausschuß des allgemeinen Vereins für vereinfachte Rechtschreibung hatte an den Kaiser ein Schreiben mit der Bitte um Regelung der Orthographie nach den Grundsätzen der Laut treue gerichtet und hat die Antwort erhalten, daß derselbe das Unterrichtsministerium beauftragt habe, den Gegenstand in weitere Erwägung zu ziehen. (Wenn doch schon einmal wieder geändert werden soll, so wäre eS dringend wünschenSwerth, daß sich das preuß. Kultusministerium mit den zuständigen Behörden aller übrigen deutschen Staaten, sowie der Schweiz und Oesterreichs in Verbindung setzte, um endlich einmal eine wirklich einheitliche deutsche Rechtschreibung herbeizuführen.) — Rußland. Schon in diesem Herbste treten die neuen Vorschriften über Sicherung der Volks verpflegung durch Kornvorräthe in Kraft. In jeder Gemeinde des Reiches müssen VorrathSmaga- zine bestehen. Die Aufbewahrung der Vorräthe, so wie die spätere Ausgabe derselben liegt Magazinauf- sehcrn ob, welche die Gemeinden aus der Zahl der nüchternen, schriftkundigen und unbescholtenen Leute zu wählen haben. Es muß dahingestellt bleiben, ob durch die Maßregel von einzelnen in der Ernte ge schädigten Distrikten die Noch an Getreide wird ferngehalten werden können. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 1. September. Die Feier des Nationalfestes, welche seit nunmehr 20 Jahren regelmäßig in mehr oder weniger lebhafter Weise in unserer Stadl abgehalten wurde, fand in Folge der mit der Sedanfeier verbundenen 40jährigen Jubi läumsfeier des hiesigen Militär-Vereins in der Hauptsache bereits am gestrigen Tage statt. Obwohl das anhaltende Regenwetter der letzten Tage die größten Befürchtungen für das Gelingen des Festes erweckte, ist dasselbe doch in schönster Weise verlau fen, denn der am Krieger-Denkmal abgehaltene Fest- aktuS, sowie der Festzug wurden durch die drohenden Regenwolken in keiner Weise gestört. Da uns für einen speziellern Bericht heute Raum und Zeit fehlen, so werden wir in einer der nächsten Nummern über die Einzelheiten des Festes Bericht erstatten. — Schönheide. Das Sedanfest wird bei uns in diesem Jahre in folgender Weise gefeiert werden: Am 1. September findet Abends von 5—6 Uhr Festgeläute, um 8 Uhr Zapfenstreich und am 2. September früh Weckruf und um S Uhr Vormittags Schulaktus statt. Der Militärverein wird Nachmittags einen Umzug durch den Ort veranstalten, wobei die Niederlegung eines Kranzes am Kriegerdenkmal statt finden soll. Für den Abend ist im Rathhause ein Festessen und im „GambrinuS" (vom Militärverein) ein Ball in Aussicht genommen. Zur Vorfeier des Sedanfestes wurde vom „Männergesangverein" am Sonntag den 3>. August ein patriotisches Gesangs- Conccrt abgehaltcn. In Schönheiderhammer ist mit der Feier des SedantageS die Abhaltung eines Schulfestes beabsichtigt. — Für die am l. Novem ber dieses Jahres an der hiesigen Schule zu besetzende ständige Lehrerstelle ist vom Schulvorstande Hr. Lehrer Bauer aus LipperSdorf bei Reifland gewählt worden. — Schönheide, I. September. Am vergange nen Sonntag hielt der „Männcrgesangverein" zur Vorfeier des SevanfesteS ein Concert ab. Schon das zu demselben aufgestellte, sowohl reichhaltige als abwcchselungsreiche Programm verdient alle Aner kennung. Die Vorträge, bestehend aus Chorliedern, Sologesängen (theilweise mit Zitherbegleitung) und einer theatralischen Aufführung, wurden ohne Aus nahme so vorzüglich ausgeführt, daß den Sängern stet- anhaltender, stürmischer Beifall zu Theil wurde. Die Glanznummer bildete das einaktige militärische Genrebild mit Gesang von Salingrö: „WaS sich die Kaserne erzählt." In demselben wurde ven Zuhörern ein Stück Kaserncnleben in so launiger, humoristischer Weise vorgeführt, daß die LachmuSkeln in fast ununterbrochene Thätigkeit versetzt wurden. Bon ergreifender Wirkung war der Schluß diese- Stücke«: Soldaten sangen, im Halbkreis aufgestellt, »Den König segne Gott". Während de» Gesang» wurve ein Vorhang aufgezogen und dahinter zeigten 2 Grenadiere die Büste Kaiser Wilhelms I. Die ganze Scene war von bengalischen Flammen beleuchtet. — Dresden. Se. König!. Hoheit Prinz Georg reist am l 1. Septbr., Se. Maj. der König Albert am 17. Septbr. zu den Kaisermanövern nach Schlesien ab. Auch Se. König!. Hoheit Prinz Friedrich August wirb sich zu den Kaisertagen nach Breslau begeben. — Dresden. Die Rückkehr Ihrer Majestät der Königin von Blankenberghe erfolgt in der zweiten Hälfte des September. Ihrer Majestät sagt die Luftkur daselbst ausgezeichnet zu. — Dresden, 29. August. Wie e» den Anschein gewinnt, soll die Hinrichtung deS Doppelmörders Beger, dessen Urtheil bereit« vollstreckbar ist, ganz in der Stille erfolgen und wird die Zulassung von Zeugen eine sehr engbegrenzte sein. Sehr fraglich erscheint e» noch, ob die Presse zugelassen wirr, da derselben über den Termin ver UrtheilSvollstreckung keinerlei Mittheilung gemacht werden dürfen oder können und da diejenigen, welche den Termin wissen, darüber schweigen. Aus sonst in dieser Beziehung vortrefflich wohlunterrichteter Quelle wurde gestern bekannt, daß Begcr'S Exekution heute früh stattfinden werde. ES scheint jedoch, al« ob diese Angabe nicht richtig sei, obschon Niemand zu Begern zugelassen wird. Jedenfalls beabsichtigt man maßgebenden Ortes, und diese Annahme findet in besseren Kreisen allge meine Billigung, den Exekutionsakt nicht als Schau spiel in Extrablättern behandelt oder sonstwie durch die Presse auSfllhrlichst geschildert zu sehen. — Aus Plauen bei Dresden wird dem „Leipz. Tagebl." gemeldet: „Mit Bezug auf den Beschluß des GemeinderatheS in Plauen bei Dresden, der dortigen „freiwilligen Feuerwehr" das Recht, bei Bränden als Feuerwehr thätig zu sein, zu ent ziehen und derselben die der Gemeinde gehörigen Feuerlöschgeräthe abzunehmen, wird uns heute ge meldet, daß die kalt gestellte Feuerwehr größtentheils aus sozialdemokratischen Elementen bestand, deren agitatorisches Auftreten bei der letzten Reichstagswahl vielfach Aergerniß erregte." — Ein 84 Jahre alter, als Rentier in Zwickau lebender achtbarer Bürger, früherer Bäckermeister, starb in der Nacht zum Freitag im Johannisbade an Brandwunden, welche er sich am Abend vorher auf recht eigenthümliche Weise zugezogen hatte. Der alte Herr litt an der Gicht und hatte sich als Linderungs mittel Abend vor dem Schlafengeben beide Beine mit Hanfwerg umwickelt. Dabei ist er vielleicht dem leicht entzündlichen Werg mit dem Lichte zu nahe gekommen, denn im Nu stand er in Flammen. Auf seine Hilferufe eilten auch Personen herbei, welche die Flammen erstickten. Die Verletzungen welche der Bedauernswerthe aber erhalten hatte, waren so stark, daß der Tod eintrat. — Ein Einwohner Geithains gerieth dadurch in eine fatale Lage, daß er beim Baden im Otten- Hainer Teiche die brennende Cigarre bei seinen Klei dern zurückließ. Während er vergnügt im kühlen Naß plätscherte, ging seine Garderobe in Rauch auf. ES gelang dem bis auf die Badehosen Dekolletirten, sich bis zu einem Bahnwärterhaus unbemerkt durch zuschlagen, wo er mit neuer Kleidung auSgestattet wurde. Mit deren Hilfe konnte der Abgebrannte, ohne Aergerniß zu erregen, glücklich nach Hause kommen. — Stötteritz, 30. August. Gestern Nachmittag ereignete sich in unserem Orte ein Unglücksfall, der von den schrecklichsten Folgen begleitet war. In der Ulrich'schen Brauerei erfolgte in der 4. Stunde der Einsturz des oberen, dort im Bau befindlichen Kellergewölbes, wobei 15 Arbeiter am Bau verschüttet und unter den Trümmern begraben wurden. Von den Verunglückten sind sieben todt, fünf erlitten schwere, vier leichte Verletzungen. Die Verletzten wurden in das Krankenhaus nach Leipzig transportirt. — Ein weiterer Bericht über den Unglücksfall besagt: Im Hofe der Ulrich'schen Brauerei wurde ein neues Kühl haus ausgebaut, dessen Kellerräume nach der neuen Konstruktion aus Cementmasse, verbunden mit Drahtgittern, hergestellt wurden. Der Oberbau des Kühlhauses ist bereits vollendet, während an der Fertigstellung der Kellerräumlichkeiten noch gearbeitet wurde. Auch diese Arbeiten waren jedoch der Vollend ung nahe u. bereits am vorgestrigen Tage waren die Jochbogen deS Gewölbes herausgenommen worden u. die Arbeiter noch mit dem Verputzen des Gewölbes im Keller beschäftigt. Da erfolgte am gestrigen Nachm., während 15 Arbeiter aus Gerüsten im Keller arbeiteten, plötzlich unter lautem Krachen der Einsturz des gan zen Kellergewölbes und die Arbeiter waren im Nu mit Cementmassen und Drahtgitter völlig überschüttet. Namentlich durch letztere waren aber die sofort ener gisch in Angriff genommenen Rettungsarbeiten sehr gehindert, da man die Drähte mannichfach erst durch schneiden mußte, ehe man zu den Verunglückten ge langen und ihnen Hilfe bringen konnte. Ueber den Grund de« Kellereinsturze- läßt sich in diesem Augen blick noch nichts Bestimmtes angeben. Der Bau wird von einem Leipziger Maurermeister auSgeführt. — Im nächsten Jahre wird die altberechtigte Bürgerschützengesellschaft in Mylau da» Jubelfest ihres 200jährigen Bestehen« feiern. Au» existirenden Schriftstücken kann da» Bestehen der Ge sellschaft bi- auf zweihundert Jahre zurückgeführt bez. nachgcwiesen werden, obgleich da» Datum der Grün dung noch älteren Ursprung- sein soll. Diese Bürger schützengesellschaft dürfte demnach mit eine der ältesten Gilden deS Königreich» Sachsen sein. — In Neuhausen bei Olbernhau brachte man am 28. d. M. den Stellmachermeister W. dort nach Sayda in Haft, da er verdächtig ist, nacheinander sechs Kinder seiner Ehefrau durch Jnhaliren von Säuren kurz nach der Geburt um« Leben gebracht zu haben. — Diejenigen Ersatzreservisten, welche im Jahre 1885 der Ersatzreserve überwiesen worden sind und weder Uebungen abgeleistet haben, noch mit Nach dienen bestraft worden sind, scheiden am l. Oktober d. I. zum Landsturm 1. Aufgebot« au«. Dieselben haben ihren Ersatzrcserve-Paß behufs Eintragung de» UebertrittSvermerkS bis zum 15. September d. I. dem betreffenden Bezirksfeldwebel einzureichen. — Mit Rücksicht aut die gegenwärtige Obstzeit sei auf eine Thatsache aufmerksam gemacht, die viel zu wenig Beachtung findet, und doch schon manche Krankheit herbeigeführt hat. An den Birnen und Aepfeln bemerkt man oft rauhe, schwarze Flecken, die beim Genuß deS Obstes meisten« ganz unbeachtet ge lassen werden. Mikroskopische Untersuchungen aber haben mit Bestimmtheit ergeben, daß diese Flecke Pilzwucherungen sind, welche sehr nachtheilig auf die VerdauungSorgane wirken. ES empfiehlt sich daher, Obst nur geschält zu genießen, weil eine mitgegessene Schale schon allein im Stande ist, bei schwachem Magen das bekannte schmerzhafte Drücken zu erzeugen. s Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Am 2. September 1870 kamen die Capiiulationsverhand- lungen zwischen Graf Moltke und dem französischen General Wimpffen zum Abschluß. Der Artikel l der Bedingungen stellte militärisch-geschäftlich in trockenen Worten die Thatsache fest: Die französische Armee giedt sich, da sie gegenwärtig von überlegenen Truppen eingeschlossen ist, kriegsgefangen. Es kamen durch diese Lapitulation in deutsche Hände: 83000 Mann (darunter 2888 Offiziere, l Marschall von Frankreich, 40 Ge nerale, 230 Stabsoffiziere und 1 Kaiser), 350 Feldgeschütze, 70 Mitrailleusen, 12000 Pferde, wozu noch der französische Verlust während der Schlacht mit 13000 Todten und Verwun deten, 25000 Gefangenen und 184 Geschützen kommt. Die vollständige Zerstörung der französischen Hauptarmee unter Mac Mahon war deutscherseits mit dem sehr mäßigen Verluste von S880 Mann, worunter 1310 Todte, erkauft worden. Ge neral Wimpffen hatte Wohl ein Recht zu dein Bedauern, das er aussprach, daß er 48 Stunden nachdem er aus Afrika her beigeeilt, einen Tag nachdem er das Kommando übernommen, seinen Namen unter eine Lapitulation setzen müsse, wie sie in der Geschichte Frankreichs und aller Welt unerhört war. In Rücksicht auf die tapfere Vertheidigung dieser Armee wurde die Entlassung der französischen Offiziere auf Ehrenwort zuge standen, was die französischen Generale dankbar anerkannten, sowie die rücksichtsvollen Formen, in denen Moltke die Ver handlungen gesübrt hatte. Nach Unterzeichnung der Lapitula tion fand die Zusammenkunft des König« von Preußen mit Napoleon statt, dem der Sieger die Wilhelmshöh bei Kassel als Wohnsitz anwies. 3. September. Am 3. September 1870 kam die Hiobspost von der Kapi tulation bet Sedan nach Paris, wo man sich immer noch in eitlen Hoffnungen großer Siege wiegte. Seit zwei Tagen war man hier aus einen baldigen Zusammenstoß mit dem Feinde gefaßt gewesen: aber wer gewagt hätte, auch nur den Gedanken einer solchen Katastrophe auszusprechen, dem wäre es in der Stadt der Redefreiheit und Preßfreiheit herzlich schlecht ergangen. Einzelne Zeitungs-Redaktionen, die voll ständige Nachrichten erhielten, wagten es nicht, selbe zu ver öffentlichen, aus Furcht, ein Opfer der Volkswuth zu werden: aber die unheimlichen Nachrichten fanden ihren Weg, Niemand schlief in jener Nacht, vor den Enthüllungen zitternd, die der Morgen dringe» mußte. Die Regierung, die indeß bereits Alles wußte, ließ um Mitternacht den gesetzgebenden Körper zu einer Sitzung zusammentreten. Hier machte der Kriegs minister die Mittheilung von der Kapitulation^ zugleich Ver tagung verlangend, da die Regierung keinen Beschluß gefaßt habe. Da erhebt sich Jules Favre und legt einen Antrag nieder, dem er kein erläuterndes Wort hinzufügen wolle. Louis Napoleon und seine Dynastie wird der Befugnisse, die ihnen die Verfassung übertragen hat, für verlustig erklärt; es wird eitle Kommission ernannt, welche die Ausgabe hat, die Verthei digung bis zum Aeußersten fortzusetzen; General Trochu wird Generalgouverneur von Paris. Die Versammlung trennt sich unter tiefem Schweigen. — In Trümmer stürzt eine Dynastio, vor deren Vertreter noch vor wenigen Monaten ganz Europa ganz gewaltigen Respekt gehabt, in Trümmer bei dem ersten Sturmwind, der über sie erbraust. Liegt die Parallele von 1808 nicht nahe genug? Damals brauste der Sturmwind über die deutschen Fürsten hin, den Thron in seinen Grundfesten erschütternd. Und was sehen wir da? Das deutsche Volk schaart sich um seine Fürsten im Leide und hilft ihnen das schwere Loos tragen, treuer denn je steht es zur Dynast» in den Tagen der schwersten Noth. Denn in deutschen Landen stehen Fürst und Volk stets und immer zusammen. So war eS von jeher und so soll es bleiben für alle Zeiten. Auf Irrwegen. Original-Novelle von Claire Gerhard. (7. Fortsetzung.) Es wurde Nacht vor seinen Augen; er taumelte und wäre zu Boden gesunken, wenn nicht im selben Augenblicke die Alte hineingestürzt wäre und angster füllt gerufen hätte: „Herr v. BrodinSky fort, fort, der Professor kommt, er scheint zu vermuthen, daß Sie hier sind." Sylvia war todtenbleich geworden, mit hastigen Händen hob sie den noch immer Knieenden empor und zerrte ihn nach einer Thür, die direkt in den Garten führte. In demselben Augenblick trat auch ihr Vater bei ihr ein. Und wa« that sie da, die Schlange? Mit lächelndem Antlitz trat sie auf Walden zu, der wie betäubt dastand; zutraulich legte sie ihren Arm in den seinen, machte einen neckischen Knix und sagte: „Hier, lieber Vater, l)r. Walden und Deine Tochter Sylvia empfehlen sich al» Verlobte." Walden hatte an seine Stirn gegriffen. War e- ein Traum, der ihn äffte, oder alle- höllischer Trug? Er wollte sich loSreißen, wollte schreien: ,E» ist