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gimenles zu danken. Mit aufrichtiger Bewunderung schauen wir zurück auf die Heldenthaten jener Män ner, die jedem Soldaten ein leuchtendes Vorbild sind und ihn begeistern zur Nachfolge. DaS jetzige 107. Regiment wird dem alten 107. Regimente nicht nacb- stehen wollen und ein jeder von Euch wird mit Freu den sein Blut dahin geben, wenn unser erhabener Kriegsherr uns rufen wird. Den Gefühlen der Dank barkeit aber gegen diejenigen, welche jenen ruhmreichen Sieg erfochten haben, wollen wir Ausdruck geben, indem wir vor den ruhmreichen Zeugen jenes blutigen Kampfe«, vor unseren ehrwürdigen Fahnen, einen Parademarsch ausführen. Diejenigen Helden von St. Privat, welche noch heute unter den Lebenden weilen, vor allem Seine Majestät unser erhabener König und sein er lauchter Bruder, Seine Königl. Hoheit Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, und diejenigen, welche noch heute dem Regimente angehören, sie leben hoch! Hurrah, Hurrah, Hurrah! — Mit Begeisterung stimmte das ganze Regiment ein und die Regimentsmnsik intonirte die Sachsenhymne. Hierauf wurden die Fahnen ent faltet, welche, zerschossen und zerfetzt, noch lange an jenen blutigen Tag erinnern werden ; zu den Fahnen wurden Diejenigen befehligt, welche jene Schlacht mitgemacht haben und noch bei dem Regimente stehen. ES waren dies die Herren Hauptleute Hettenhausen, Führer der 2. Kompagnie, und Grüsse, Führer der b. Kompagnie, und die etatsmäßigcn Feldwebel Leitert (11. Kompagnie) und Greif (9. Kompagnie). Darauf defilirte das Regiment mit klingendem Spiele vor den Fahnen und jenen vier genannten Helden von St. Privat. Trotz der tropischen Hitze und der An strengungen des Tages wurde ver Parademarsch stramm ausgesührt. Als eS dann heimwärts ging, zeigte das fröhliche Singen der Mannschaften, daß die geradezu afrikanische Gluth — das Thermometer zeigte 38,5 Gr. in der Sonne — die durch die Worte des Herrn Obersten gehobene Stimmung nicht herabmindern konnte. — Oschatz. Die Oschatzer Schafzucht hat be kanntlich großen Ruf. Neuerdings wurde aus der dortigen Schafzuchtstation des Herrn Rittergutsbe sitzers Rob. Gadegast ein Zuchtbock für 11,000 M. an einen australischen Schafzüchter verkauft. — Cölln bei Meißen. Kürzlich wurde hier bei einem Bäckermeister eingcbrochen und eine ziemlich hohe Summe Geldes, wohl gegen 900 Mark gestohlen. Alles Mögliche wurde in Bewegung gesetzt, um des Einbrechers habhaft zu werden, doch umsonst, die Nachforschungen blieben erfolglos. Dieser Tage nun kommt die Tochter des betreffenden Meisters mit einem Licht in die Schlafstube ihres Vater« unv be merkt unter dem Bette ein Paar Stiefelabsätze, sie ruft sofort den Vater herbei und dieser zieht unter dem Bette einen jungen Mann, einen Kaufmann hervor. Der Patron konnte leider nicht festgehalten werden, denn ehe Hülfe da war, gab der Mensch dem Bäcker einen Stoß und sprang zum Fenster hinaus. Der Flüchtling aber ist erkannt worden. — Schwarzenberg, 20. August. Gestern Abend entgleiste kurz vor der Station Breitenhof der Schwarzenberg - Johanngeorgenstädter Linie bei dem von Johanngeorgenstadt kommenden Personenzuge die Maschine und zwei Wagen. Außer dem Zugführer Hauschild ist Niemand verletzt worden, jedoch sollen Lokomotive und Wagen starke Beschädigungen erlitten haben. Nach zweistündiger Verspätung wurden die Passagiere von einem unterdessen aus Schwarzenberg eingetroffenen HülfSzug dahin befördert. — Hierzu wird noch bemerkt: Dieser Unfall ist, wie nicht anders angenommen werden kann, nur durch falsche Weichenstellung entstanden. Dadurch ist die Maschine mit ihrem vorderen Theile seitwärts des Schienen- gleiseS in's Erdreich gerathen, während ein hinter derselben befindlicher Gepäckwagen, worin sich die Post, der Zugsführer und ein Bremser befand, entgleiste. Alle übrigen Wagen blieben aber auf dem Schienen gleise stehen und wurden nicht beschädigt. Bon Passagieren hatte nur einer eine leichte Verletzung unweit des Auges davongetragen. — Wie mitgetheilt wird, ist der durch das neuer dings stattgefundene Unwetter auf der Linie Schwarzen berg-Johanngeorgenstadt unterbrochene Bahnver kehr seit Donnerstag früh wieder ausgenommen worden und verkehren sämmtliche Züge wieder fahr planmäßig. — Die diesjährigen Manöver der drei Di visionen de« kgl. sächsischen Armeekorps, welche be kanntlich um Chemnitz stattfinden, beginnen am 11. und endigen am 17. September. Die erste Division Nr. 23, bestehend aus dem 1. und 2. Grenadier-, dem I. Feldartillerie-Regiment Nr. 12 (ohne die 3. Batterie der reitenden Abtheilung, welche bei den Kavallerie- Manöver» bei Seehausen und Torgau betheiligt ist), der I., 2. und 3. Eskadron des 1. Husarenregiment« Nr. 18, der 1. Kompagnie de» Pionierbataillon» und einem Detachement de« TrainbataillonS, manövrirt östlich von Chemnitz. Ihr UebungSgebiet umfaßt da» Terrain von Chemnitz al« äußersten Punkt im Westen, Gahlenz bei Oederan al- solchen im Osten, Mildenau bei Annaberg al« äußersten Punkt im Süden und Zella bei Nossen al« solchen im Norden. Die zweite Division, bestehend au» dem 10., 11., 7. und 8. In fanterie-, dem 3. Feldartillerie-Regiment, der 2., 3., 4. und 5. Eskadron des 2. Husaren-RegimentS, der 3. Kompagnie de« Pionierbataillons und einem De tachement des TrainbataillonS, manövrirt nordwestlich von Chemnitz. Ihr UebungSgebiet begrenzen als äußerste Punkte ungefähr: im Süden Chemnitz, im Norden Geithain, im Westen PfarrSdorf ini Alten- burgischen und im Osten Frankenberg. Die dritte Division, bestehend aus dem b. und 9. Infanterie- Regiment, dem Schützenregiment Nr. 108, den drei Jägerbataillonen, dem 2. Feldartillerie-Regiment, der 4. und 5. Eskadron des 1. Husarenregiments Nr. 18 und der 1. Eskadron des 2. Husarenregiments Nr. 19, der 4. Kompagnie des Pionierbataillons und einem Detachement des TrainbataillonS, manövrirt südwestlich von Chemnitz. Ihr UebungSgebiet begren zen als äußerste Punkte ungefähr: im Norden Lim- bach, im Süden Oberschlenia, im Osten Gclenau und im Westen Zwickau. DaS Gardereiter-Regiment, die beiden Ulanen-Regimenter, das Karabinier-Regiment, sowie ein Pionier-Detachement sind an den Kavallerie- manövern bei Seehausen und Torgau betheiligt. — Die großen Kavalleriemanöver an der preußisch-sächsischen Grenze, an welchen sich 12 Re gimenter, theils preußische, theils sächsische, betheiligen, versprechen hochinteressant zn werden, sind aber sicher auch sehr anstrengend. ' Beispielsweise kommen die Regimenter vom 3. bis 6. September in keine Quar tiere, sie werden gleich wie im Kriege den Feind ver folgen und dort biwakiren, wo es gerade am Platze ist, kein Offizier kennt bis jetzt Näheres, ebenso wie es nicht bekannt ist, wo später Quartiere bezogen werden. Die gesammte Kavallerie bei diesen Manö- vern, und zwar die preußische wie sächsische, kommandirt der königl. preußische General von Rosenberg. An diesen Kavallerieübungen nehmen nur unsere Husaren nicht Theil, dieselben finden zu den anderen Manöver diensten Verwendung. — Alle die Reservisten, welche in diesem Jahre zu einer Uebung noch nicht eingezogen wurden, werden nach den Manövern zu einer solchen einberufcn werden. — Das Verlangen der der Sozialdemokratie unterwürfigen Arbeiterschaft nach dem achtstündigen Normalarbeitstag, welches besonders am 1. Mai d. I. zum Ausdruck gebracht wurde, ist ver stummt; warum? Die Geschäfte gehen derartig flau, daß in manchen Gewerbszweigen nur halbe Tage lang gearbeitet wird und im Baugewerbe Entlassung von Arbeitern stattgcfunden hat. Wie froh wären Viele, wenn sie wieder 10—11 Stunde» täglich ar beiten könnten! Aus vergangener Zeit — für «nsere Zeit. 23. August. (Nachdruck v-rb-t-n.> Gambetta ist keineswegs eine sympathische Persönlichkeit und auch er schwelgte gelegentlich in bombastischen und un wahren Redensarten; aber das muß man ihm zugestehen, daß er bereits am 23. August die Lage Frankreichs ziemlich genau erkannte. Er verlangte nachdrücklich voin Minister Palikao Aufklärung und sagte: „ich bin überzeugt, daß das Land, ohne es zu sehen, dem Abgrund entgegenrollt." Jndeß war damals Gambettas Zeit noch nicht gekommen. An eben jenem 23. August wurde die Festung Bitsch durch bayrische Artillerie be schossen und am selben Tage begann das Bonibardement aus Straßburg. 24. August. Den richtigsten Gedanken sür die weitere Kriegführung hatte Mac Mahon, der dafür war, alle noch vorhandenen Truppen aus Paris zusammenzuziehen und es dort zu einem Hauptschlag kommen zu lasten. Wahrscheinlich hätte das auch den schließlichen Ausgang des Krieges nicht beeinflußt; allein zu einem Sedan und zu manch anderen Dingen wäre es nicht gekommen. Aber die unfähige, ganz und gar mit Blindheit geschlagene Kriegskunst eines Palikao verlangte kategorisch „die Vereinigung der Armee Mac Mahons mit der Bazaines"; als ob dies ein Kinderspiel gewesen wäre, angenommen daß diese Möglichkeit überhaupt vorlag. Mac Mahon hatte wohl eine Ahnung, was ihm und seiner Armee bevorstand; allein er wagte dennoch den Marsch und das war allerdings mit Rück sicht darauf, das von Bazaine bis zum 24. August immer noch keine weitere Nachricht vorlag, also dies auf die Abschneidung Bazaines durch die deutschen Truppen hindeutete, mehr al- gefährlich. Am 24. Aug. erhielten die Armee des Kronprin zen von Preußen und die neugebildete des Kronprinzen von Sachsen durch voraus gesandte Reiterei die Nachricht, daß das' Lager von Chalons verlosten und Mac Mahon auf Reims ge zogen sei ; die Absicht desselben ward deutscherseits sofort er kannt; eine Möglichkeit von unermeßlicher Tragweite eröffnete sich; wenn Mac Mahon wirklich den Gedanken hatte, wie es schien, zwischen der belgischen Grenze und dem deutschen Heere durchzumarschiren, so konnte man ihm den Weg nach Metz ver legen, ihm gleichzeitig den Weg nach Paris abschneiden und ihn so unter den ungünstigsten Umständen zur Schlacht zwingen, deren fast sicherer Ausgang ihm höchstens den Uebertritt nach Belgien übrig ließ. 25. August. Um Mac Mahon einzuschließen, mußte die deutsche Armee eine große Schwenkung der ungeheuren Heeresmasse nach Nor den machen. Den rechten Flügel bildete die Armee des Kron prinzen von Sachsen (MaaSarmee) und diese Armee überschritt am »5. August bereits nördlich und südlich von Verdun die Maas, um sich auf die zwischen Rathcl u. Stenay hinziehende Straße, die weiter nach Montmedy führt, zu werfen. Die Aufgabe dieser Armee war, auf dieser Straße den Feind zu fasten und ihn aufzuhalten, bis der linke deutsche Flügel, die dritte Armee (Kronprinz) herankam. Die sächsische Kavallerie stieß am 25. Aug. bereits bei Buzancy auf feindliche Reiterei und Infanterie, ein Beweis, daß Mac Mahon wirklich jene nach Montmedy führende Straße benutzte. Vermischte Nachrichten. — Berlin. Die hiesige 137. Gemeindeschule mußte heute (20. d.) geschlossen werden, weil unter den Kindern eine Panik ausgebrochen war. ES sollte spuken. Ein zwölfjährige« Mädchen, aufgeregt durch Mty's Ätoffkragen, Manschettrn und vorhemdchen sind aus starkem, pergamentähnlichen Papier gefertigt und mit einem leinenähnlichen Webftoff überzogen. die unter den Kindern coursirenden Spukgeschichten, rief plötzlich während des Unterrichts: „Hilfe! Hilfe! Die Todtenhand würgt mich!" Darauf folgte eine unbeschreibliche Verwirrung. Die Kinder stürzten aus dem Zimmer und aus dem Hause. Sämmtliche übrige Klassen folgten. ES war unmöglich, die Er schreckten zurückzuhalten. Viele stürzten auf den Treppen, doch kamen glücklicherweise keine schweren Beschädigungen vor. Der angebliche Spuk war durch eine vom Luftzug bewegte Fenstergardine, welche das Mädchen an die Wange getroffen, entstanden. — Halle, 1b. August. Seit länge hat hier kein Verbrechen so großes Aufsehen erregt, als der von so geheimnißvollen Umständen begleitete Mord in der Dölauer Haide, welcher die Sicherheits organe unserer Stadt bis jetzt in fieberhafter Thätig- keit erhält. Gilt cs doch nicht nur die Persönlichkeit des Mörders, sondern auch diejenige seines Opfers zu ermitteln, über welch beiden noch ein tiefes Dunkel schwebt. So viel hat die mit großer Um sicht geführte Untersuchung bis jetzt als feststehend ergeben, daß ein hiesiger Schüler am Dienstag einen sich in der Nähe der Mordstätte umhertreibenden nackten Menschen sah, welcher ein offenes Messer in der Hand trug, und daß der betreffende Knabe von dieser Begegnung seinem Lehrer Mittheilung machte, ehe die Leiche des Ermordeten aufgefunden wurde. Da die Beine des letzteren bis auf die Füße herab mit Blut bespritzt waren, ergiebt sich die Gewißheit, daß der Ermordete ebenfalls nackt war, als ihm die tödtliche Wunde beigebracht wurde. In dieser beider seitigen Entkleidung liegt aber eben das Geheimniß- volle des Verbrechens. Zu dem oben erwähnten Raubmord wird aus Halle unterm 20. d. weiter gemeldet: Endlich ist es gelungen, die Persönlichkeit des kürzlich in der Dölauer Haide einem gräßlichen Raubmorde zum Opfer gefallenen jungen Mannes festzustellen. Die Polizeibehörde hatte nach geschehener Blutthat den vom Rumpfe getrennt gefundenen Kopf des Ermor deten photographiren lassen, und auf diese Weise ist es gelungen, Klarheit zu erhalten. Vorgestern erschie nen nämlich beim Photographen W. Hierselbst der Schmiedemeister Voigt aus Trebitz bei Wettin sowie der dortige Ortsvorsteher und rekognoszirten mit voller Bestimmtheit in dem Ermordeten den 21 Jahre alten Schmicdegesellen Theod. Robitz aus Branden burg, welcher bis vor ca. 3 Wochen bei Voigt in Arbeit gestanden hatte. Robitz ist zuletzt mit 3 an deren Handwerksburschen auf der ca. Stunde von der Haide entfernt gelegenen Trothaer Chaussee ge sehen worden. — Eine fatale Ueberraschung wurde in Erfurt einem vom Felde heimkchrenden Landwirth zu Theil. Als seine Frau ihm mittheilte, während seiner Abwesenheit habe der Schornsteinfeger die Esse ausgebrannt, wurde der Mann leichenblaß und brachte endlich stotternd heraus, er habe heimlich 600 Mk. in Papiergeld in einer Nische der Esse versteckt. Von dem Geld war keine Spur mehr vorhanden. — Ein bekannter Sangesbruder aus Roß wein, welcher sich der Sängerfahrt nach Wien an schloß, richtete von dort aus folgende launige poetische Epistel an seine zurückgebliebene theure Ehehälfte: Wien, den 15. August 18SÜ. Theure Gattin! Beim Abschied sprachst Du: „Schreib einmal!" Das ist nun hier für mich 'ne Qual, Doch muß ich's thun — im Fistgefühl, Da geht's nur im poetischen Stil. Doch wird der Brief, mußt schon verzeih'». Der erste und der letzte sein. — Nee, Mutter, herrlich, wunderschön! Das hab' ich doch noch »ich geseh'n! Betrübte Menschen giebt's hier nicht, Wohin man blickt, ein froh Gesicht! — Die Stimmung? — sag' Dir Hochgenuß: Umarmung! — Prosit! — Bruderkuß, Und Biere, ach! wie Gold so rein. Ich schluck' gar nich! 's leest selber 'nein. Die Wiener Madeln noch dazu Sind freilich hübscher als wie Du! (mehr aufrichtig, als höflich!) Wie man hier schön die Zeit verbringt! Hier singt man, trinkt und singt und trinkt. Glaub', Frühkaffee, den giebt's nich groß: „Prost Blume!" so geht's früh gleich los. — Du fragst, wenn wir da schlafen geh'»? — 's Quartier hab ich noch nich geseh'n! — Und alle, di« von dort mit hier, Sind kreuzfidel, das gloobe mir. Derheme mürr'sch wie Sauerkraut, Sind sie hier richtig auigethaut. — Und machst Du noch so'n bös Gesicht, So lang mein Geld reicht, komm' ich nicht. Ich krieg', hä»' ich « zu früh verlumpt, Bon Freunden hier schon was gepumpt. Ich nehm' gern Deine Predigt hin. Denn Mutter, „'s giebt Dir bloß a Wien!" Doch wieder komm' ich, ängst Dich net, Ich hab ja mein Retourbillet. Säh'st Du im jetzigen Stadium mich. Daß wär,' weeß Knöppchcn, nischt für Dich, Ich mach' schon, daß Du nicht wirst schlecht. Mich heemzu wieder hübsch zurecht. — Leb' wohl! und dämpfe Deine Wuth, Mir geht es wirklich hier recht gut! Dein freier, aber treuer Gatt«!