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Zeitung soll einen ausführlichen Bericht über jene angebliche Unterredung veröffentlicht haben („Pest. Hirlap". D. Red.). Diese Nachricht ist aus der Luft gegriffen. Fürst Bismarck hat den Besuch jenes un garischen Abgeordneten nicht empfangen, und alle Veröffentlichungen über eine Unterredung mit dem selben beruhen mithin auf willkürlicher Erfindung.' Locale und sächsische Nachrichte«. — Eibenstock, 18. August. Gestern hielt der hie sige Turnverein sein diesjähriges Schauturnen ab. Dasselbe wurde entgegen den Witterungsverhältnissen früherer Jahre durch das herrlichste Sommerwetter ausgezeichnet. Es war ein „heißes Ringen" im wahrsten Sinne des Wortes, denn Mutter Sonne sandte ihre Strahlen in wahrhaft tropischer Gluth auf die Erde nieder. Doch den echten Turner darf auch dies nicht stören und so wurde denn von den anwesenden Mitgliedern in der Hauptsache auch mit Eifer und Hingebung um das Ziel gerungen. Preise, bestehend in Eichenkranz mit Schleife erhielten als die vier besten Turner: Moritz Helbig jun., Emil Bartholi, Paul Hendel und Richard Dörffel. — Eibenstock, 18. August. Nächsten Donner stag findet im Saale des „Feldschlößchen" Großes Extra-Concert der auf einer Concertreise begriffe nen Annaberger Stadtkapelle statt. Der derzeitige Director der Capelle, Hr. G. Peterhänsel, war seiner Zeit Herzoglicher Musikdirector in Bernburg und genießt derselbe von dort aus den Ruf eines äußerst tüchtigen Musikers und Dirigenten. Wir glauben im Interesse aller Musikfreunde zu handeln, wenn wir auf dieses Concert besonders aufmerksam machen. — Schönheide. Der Bau des neuen Post gebäudes ist nun so weit vorgeschritten, daß am ver gangenen Sonnabend, d. 16. d. Akts., das „Heben" stattfinden konnte. Im „GambrinuS" war Abends ein Hebeschmauß veranstaltet worden, der aus einem Festessen mit darauffolgendem Tänzchen bestand. — Die Vorarbeiten für den Eisenbahnbau Saupersdorf- Wilzschhaus sollen, wie verlautet, in allernächster Zeit ihren Anfang nehmen; die Bermessungsbeamten haben in der vergangenen Woche für ihren hiesigen Aufent halt in Schönheide Wohnung gemiethet. — Seit einiger Zeit sind in der hiesigen Kinderwelt die so genannten Spitzblattern aufgetreten. Bis jetzt kamen jedoch die Krankheitsfälle nur vereinzelt vor und hoffentlich findet nunmehr auch keine weitere Aus breitung statt. — Vor einigen Tagen wurde hier von der Polizei eine Ladung Obst beschlagnahmt, welches ein fremder Händler zum Verkauf hierher gebracht hatte. Das Obst (Birnen) war noch völlig unreif und ungenießbar. — Die diesjährige, für den Gustav-Adolf-Verein hier veranstaltete Sammlung er gab (einschl. Schönheiderhammer und Neuheide) die Summe von ca. 140 Mark. — Dresden. Die Mörder des Gefangenen- Aufsehers Rüppel standen am 14. ds. vor dem hiesigen Schwurgericht. Dasselbe verurtheilte Beger wegen Mordes zur Todesstrafe und Ne »dauer wegen Beihülfe zum Mord zu 14 Jahren Zuchthaus. Beide Verbrecher waren geständig. Ihre Aussagen waren bis auf unwesentliche Einzelheiten überein stimmend, sie bekannten sich in glaubhafter Darstell ung zu der That. Beger hat allein den tödtlichen Schlag geführt, Neubauer billigte, unterstützte und förderte den Plan. Letzterer hat allerdings nicht Hand mit angelegt, um den in die Zelle gelockten Gefangenen-Aufseher zu ermorden, aber er hat eine Reihe von Handlungen verübt, ohne welche Beger'n die Ausführung seines Mordgedankens unmöglich ge wesen wäre. — Chemnitz. Vergangenen Dienstag "Nachmit tag hatte sich auf dem hiesigen Friedhof eine große Anzahl Leidtragender und Verwandter eingefunden, um die Beerdigung eines auf der Färberstraße wohn haft gewesenen, wohlhabenden, nach kurzem Unwohl sein plötzlich verstorbenen Thonofenhändlers M., die auf 3 Uhr Nachmittags angesetzt war, beizuwohnen, als ihnen die überraschende Mittheilung zuging, daß das Bcgräbniß unterbleiben müsse, da am Leichnam Erscheinungen wahrgenommen worden waren, die auf einen unnatürlichen Tod, bez. auf ein Verbrechen schließen Ließen, und daß die Leiche von der Staats anwaltschaft zur Ermittelung des Thatbestandes be schlagnahmt worden sei. Ob ein Verbrechen vorliegt, wird die polizeilich angeordnete Sektion ergeben. Der schon im vorgerückten Alter stehende Verstorbene, dem schon vor Jahren die Frau gestorben war, hatte vor etwa acht Wochen zur Führung seines Haushaltes eine Wirthschafterin angenommen, die er zu heirathen gedachte. Der plötzliche Tod verhinderte die Aus führung seine- Entschlusses. — Am vorigen Mittwoch wurde der Commis Hermann Pest er aus Chemnitz von dem Garn- und Seidengeschäft, in welchem er engagirt war, nach Zwickau gesandt, um im Namen der Firma bei einem dortigen Bankinstitut über 4000 Mk. zu entrichten. Er ist nun wohl dahin gereist, hat sich auch dort auf gehalten, seinen Auftrag aber nicht ausgeführt, son dern ist mit dem Betrage flüchtig geworden. Er wurde in Zwickau in Begleitung einer Dame gesehen, welche sich jedenfalls auch noch bei dem Flüchtigen befindet. Von Seiten der Königl. Staatsanwaltschaft Chemnitz wurde gegen den Commis Pester, welcher 23 Jahre alt, schlank und blond ist, der Steckbrief erlassen. — In der Person einer Arbeiters-Ehefrau in Chemnitz wurde eine gefährliche Einbrecherin entdeckt, die seit Monaten schon, wie sie nun geständig ist, durch das Erbrechen und Ausrauben von Boden kammern sich reichlich, aber nicht redlich genährt hat. Die Frau führte Stemmeisen u. Brechzange bei sich, und in ihrer Wohnung fand man ein reichassortirteS Lager von allerhand Kleidungsstücken, Wäsche, Betten u. dgl. vor, die Beute ihrer vielen Einbrüche. — Plauen. Am Donnerstag vor. Woche war der Untersuchungsrichter am Königlichen Landgericht Leipzig, LandgerichtSrath Burkhardt, in hiesiger Stadt anwesend und hat in einer wichtigen Criminalsache mehrere Stunden auf dem hiesigen Rathhause expedirt. Der Untersuchungsrichter ordnete die Verhaftung zweier hiesiger Personen an, welche noch an demselben Abend nach Leipzig befördert wurden. DaS Verbrechen, um welches es sich im vorliegenden Falle bandelt, richtet sich gegen die KZ 218 und 219 des Strafge- setzbucbs und spielt in der Hauptsache in Schkeuditz bei Leipzig, aus welchem Orte eine Hebamme als Mitschuldige bereits gefänglich eingezogen worden ist. — Döbeln. Beim Ausladen eines von Bunz- lau i. Schl, auf hiesigem Bahnhofe angekommenen zweietagischen Gänsewagens wurde am vergangenen Dienstag Nachmittag ein etwa Ibjähriger Junge entdeckt, welcher sich in der zweiten Etage des Wagens unter den Gänsen versteckt gehalten hatte. Der Junge, der anscheinend wegen Arbeitsscheu diesen Schlupf winkel ausgesucht hatte, machte die 24stündige Reise von Bunzlau bis hierher mit, ohne während dieser Zeit eine Nahrung zu sich nehmen zu können. Nach seiner Auffindung wurde er der hiesigen Gendarmerie übergeben. — Annaber g. Am 14. August Vormittags 11 Uhr hat sich ein beklagenSwerthes Unglück auf einem Neubaue Hierselbst zngetragen. Eine Anzahl Maurer waren beschäftigt, die den Abschluß der von dem ersten Stockwerke nach der Dachetage führenden Treppe bildende, viele Zentner schwere, granitene Podestplatte an Ort und Stelle zu bringen, als die Arbeiter plötzlich die Herrschaft über die Platte ver loren und diese herabstllrzte. Die Wucht des Sturzes war eine so große, daß die gesammte aus 17 Por phyrstufen bestehende Treppe zerbarst und zugleich herabstürzte. Von den bei dem Transport beschäftigten Maurern sind durch den Fall in die Tiefe fünf mehr oder weniger verletzt worden. Zwei von ihnen wurden, nachdem ihnen von rasch herbeigeeilten Aerzten die erste Hilfe zu Theil geworden war, nach dem Kranken hause überführt, während die übrigen nach Anlegung von Verbänden ihre Wohnungen zu Fuße aufsuchen konnten. — Das Ein schmuggeln von Rindern aus Böhmen nach Sachsen scheint noch nie so im Schwünge gewesen zu sein, als gegenwärtig, wenn man die be deutende Contrebande in Betracht zieht, welche die Grenzpolizei seit etwa 7—8 Wochen gemacht hat. In Adorf stehen zur Zeit etwa 20 Stück von der Grenzpolizei beschlagnahmte Rinder, welche demnächst zur Versteigerung gelangen werden. — In der Nacht zum Donnerstag sind, wie aus Adorf berichtet wird, wiederum von der Grenzwache vier über die Grenze geschmuggelte Ochsen wegge nommen worden. Ein Ochse wurde angeschosscn; die Schmuggler entkamen. — Dienstsuchende Mädchen, sowie ihre Eltern und Vormünder, seien darauf aufmerksam gemacht, daß der Verein Volkswohl in Dresden seit Kurzem eine Dienstvermittelung eingerichtet hat, und zwar ist dies namentlich in der Absicht geschehen, in Dresden fremde Mädchen vor den Gefahren der Großstadt und vor Ausbeutung und Irreleitung zu bewahren. Der Verein nimmt als Vermittelungsgebühr von den Mädchen nur 25 Pf. und da die Nachfrage der Herr schaften eine sehr starke ist, so ist jedes ordentliche Mädchen sicher, daß es auf eine Stelle nicht lange zu warten braucht. Günstig ist noch besonders, daß diese Dienstvermittelung sich im „Mädchenheim" des genannten Vereins befindet, wo die Mädchen zu den niedrigsten Preisen auf Wunsch Unterkunft u. Mahl zeiten erhalten können. Nähere Auskunft ertheilt die Hausmutter des Mädcbenheims, Frau Müller, Dres den-Altstadt, Gärtnergasse 3. — Aus dem Niedererzgebirge. Der Aus fall der Roggenernte ist, wo nicht Gewitterschäden vorliegen, im Ganzen nicht unbefriedigend; auch hat man dieses Jahr nicht über das sonst häufig vor kommende zu kurze Stroh zu klagen. Mit dem AuSmachen der Kartoffeln hat man erst in verein zelten Feldern begonnen, und befriedigt bi» jetzt die Ausbeute sowohl hinsichtlich der Menge als auch der Güte. E« wurde befürchtet, die lang anhaltende nasse Witterung im Frühjahr bis zur Mitte des Sommers würde da» Faulen der Kartoffelsaat und dadurch eine schlechte Ernte herbeiführen, doch ist auch hier die später eingetretene Hitze von günstigem Einfluß gewesen. Eine erfreuliche Folge ist, daß sich der Preis der Kartoffeln auf niedriger Stufe hält. Der Kleenachwuchs und der Grummetansatz hat sich vorzüglich entwickelt. Auch Rüben und Kraut stehen günstig. In Obst — sowohl Birnen als Aepfel — ist trotz de» viclverheißenden Blüthenansatzes im Mai nur eine Mittelernte zu erwarten; die kalten Frühlingstage haben die Entwickelung stark geschädigt. Nach den Aussagen der hiesigen Bienenzüchter haben dieselben das Jahr 1890 als ein Mißjahr zu be zeichnen. Zwar hat eS an Schwärmen nicht gefehlt, aber Aussicht auf nur einigermaßen befriedigenden Honigertrag ist nicht vorhanden. Die sog. Drohnen schlacht hat in den Bienenstöcken der hiesigen Pflege schon in den letzten Tagen stattgefunden. Theater. Eibenstock. Am Mittwoch findet der Schluß der diesjährigen Theatersaison statt; Hr. Dir. R. Schmid hat sich auch in diesem Jahre die Anerkenn ung des Publikums in hohem Grade zu erwerben gewußt. Es sind ganz vorzügliche Aufführungen ge boten worden. Als Abschiedsvorstellung wird der „Herrgottschnitzer von Oberammergau" gegeben, eines der vorzüglichsten oberbayrischen Gebirgsstücke und erhält die Vorstellung noch einen besonderen Reiz dadurch, daß Frl. F. Schmid und Hr. Dir. Schmid die beiden hervorragenden Rollen der „Loni" u. das „Lehnl" spielen. Möge diese Schlußvorstellung sich einer lebhaften Theilnahme erfreuen. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 19. August. «Nachdruck verboten.) Am 19. August 1870 bereits, da Bazaine noch nächtlicher weile sich in die Festung zurückgezogen, wurde die Cernirung und Belagerung von Metz deutscherseits begonnen. Durch die drei Schlachten um Metz, von denen Gravelotte die blutigste gewesen, war der Zweck erreicht und Bazaine in die Festung hineingeworfen worden, die man eher zu überwinden hoffen durfte, wenn sie 129,000 Mann beherbergte, als 20,000. Am 19. August früh hatte Bazaine bereits keine telegraphische Verbindung mehr, da in der Nacht vom 18. zum 19. sächsische Kavallerie jede Verbindung zwischen Metz und Thionville auf gehoben hatte. Der große Sieg dreier Schlachtentage, die nur mit Leipzig 18l3 verglichen werden können, wurde sofort be nutzt. Am 19. August war die deutsche Armee bereits am Werke, sich rings um Metz einzurichten und die natürliche Festigkeit der Stellungen um die große Moselfeste herum durch Schanzen. Schützengräben -c. zu erhöhen, die Straßen und Brückenübergänge durch Verhaue zu sperren. Nicht weniger als 7 Armeekorps (über 160,000 Mann) blieben um Metz zur Bewachung der großen Gefangenen, der Bazaine'schen Rhein- Armee zurück. 20. August. Napoleon III. war am 20. August 1870 bereits von der rächenden Nemesis ereilt worden; die Strafe, die der vor wen igen Monaten in Europa noch allmächtige Mann im Lager von Chalons erlitt, war vielleicht noch grausamer, als jene des 2. September, die ihn zwar dem Feinde, aber doch wenig stens einem humanen Feinde überlieferte. 14 Tage nach Be ginn der Feindseligkeiten war der Kaiser von Frankreich die überflüssigste, ja die überlästigste Persönlichkeit in seinem gan zen Reiche. Im Lager von Chalons waren Mac Mahon und die übrigen Generale der Ansicht, daß Napoleon nach Paris zurückkehren müsse, um die Regierung der unfähigen Kaiserin Eugenie abzunchmen; in Paris dekretirte diese und der schon mehr komische Kriegsminister Palikao, der Kaiser dürfe sich keinesfalls sehen lassen. So blieb denn Napoleon der unfrei willigste und nutzloseste aller Volontäre beim Heere; es macht einen unendlich kläglichen Eindruck, wenn man liest, wie er sich am 20. August gelegentlich durch ein Telegramm nützlich zu machen suchte, „es herrscht hier ein großer Mangel an Suppentöpsen und Feldflaschen ; könnte man nicht eine große Anzahl solcher in Paris Herstellen lassen?" Ei gewiß konnte man das. Dies war der Mann, aus dessen Worte noch vor kurzen Wochen ganz Europa gehört hatte. Am 20. August ging nun auch die ca. 150,000 Mann starke, resp. ergänzte Armee Mac Mahons ihrem Schicksal entgegen, indem sie von Chalons nach Reims aufbrach und so ihre erste Etappe für Sedan erreichte. Dom Wiener Sängerbundesfest. Wien, 14. Aug. lieber den Empfang der Sänger und insbesondere der Sachsen wird be richtet: Um 5 Uhr früh kam der erste Sänger- Sonderzug mit mehreren Hundert Gästen aus Sach sen und Nordböhmen auf dem Nordwestbahnhofe an; ihnen folgten bis halb zehn die weiteren 5 Züge mit dem Lausitzer Sängerbund, mit den Sangesbrüdern aus Dresden, Leipzig, Chemnitz, Glauchau u. s. w. Zum Empfange war die Wiener Schützenkapelle aufgestellt, welche die Ankömmlinge mit lustigen Weisen begrüßte. Bei jedem der Züge war auch zahlreiches Publikum in und außer dem Bahnhof zu sehen, welches beim Einlaufen eines Zuges in stürmische Hurrahs auSbrach. Den Willkommengruß entboten unseren Landsleuten die Herren Wonka, Prof. Freudensprung, Martin und Schäfer. Jede einzelne Schaar wurde mit dem SängerbundeSgruß: „Grüß Gott mit Hellem Klang, Heil deutschem Wort und Sang" empfangen, wozu sich Mitglieder des Gesangvereins der österreichischen Eisenbahnen, de» Wiener Männerchores und de» Gesangverein« der Post- und Telegraphenbeamten eingefunden hatten. Die über den warmen Empfang hocherfreuten An kömmlinge wurden stet» eine Strecke weit mit Musik begleitet und zogen dann nach ihren Quartieren. In jedem Bahnhof hatte sich ein Wohnungs-Komitee etablirt, welche» die Quartierzettel vertheilte. Bis 9 Uhr waren im Nordwestbahnhofe schon über 2000 Sänger eingetroffen. Ein kleiner Unfall ereignete sich insofern, als einer der Chemnitzer Sänger von einem leichten Hitzschlage betroffen wurde. Er er holte sich noch vor Ankunft der herbeigerufenen Rettungsgesellschaft und konnte ohne Begleitung sein Quartier aufsuchen. Auf dem Staatsbahnhofe kamen