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Amts- und Anzeigeblatt für den «»scheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertion-preiS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. Bezirk -es Amtsgerichts Eibenstock -sW« und dessen Umgebung. VS Beramwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. S7. Z«»r,««s. Dienstag, den 8. Juli 18S«. Steckvrief. Gegen den Handarbeiter Llrnst L-out« blektirvr in Kundshübek ist eine Freiheitsstrafe zu Vollstrecken; Schürer hält sich verborgen und wird deshalb um dessen Festnahme und Einlieferung in das hiesige AmtsgerichtSgefiingniß ersucht. Königliches Amtsgericht Eibenstock am 4. Juli 1890. Sch. Auf Folium 137 des Handelsregisters für die Stadt ist heute das Erlöschen der Firma «L in Eibenstock verlautbart worden. Eibenstock, am 5. Juli 1890. Königliches Amtsgericht. Kautzsch. T. Auf das Jahr 1889 sind die Beiträge zur land- und forstwirthschaftlichcn Berufsgenossenschaft für das Königreich Sachsen durch Beschluß der Genossen- schastsversammlung auf einen halben Pfennig für jede beitragspflichtige Steuereinheit festgesetzt worden. Es wird dies hierdurch mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß das Unter- nehmerverzeichniß sowie die sonstigen, auf Erhebung der Beiträge bezüglichen Unterlagen vom 10. dieses Monats ab 14 Tage lang in der Expedition des unterzeichneten Gemeinderathe« zur Einsicht für die Betheiligten ausliegen werden. Schönheide, am 5. Juli 1890. Der Gem rinderst h. Gras-Versteigerung auf Kundshükker und Fuersverger Staatsforssrevier. Die diesjährige GraSnutzung der Wiese lid. s des Hundshüblcr Forst reviers an der sogenannten Marie oberhalb Neidhardtsthal, der Posthalter- Wiese lit. 1 an der Brücke bei Muldenhammer und der Förster- «Nd Gnüchtels-Wiesen 11t. d an der Eibenstock-Schneeberger Straße oberhalb Wolfsgrün des Auersberger Forstreviers soll Montag, den 14. Juli 18SV gegen sofortige Bezahlung und unter den vor Beginn der Auktion be kannt zu gebenden Bedingungen meistbietend versteigert werden. Zusammenkunft: früh 8 Uhr auf der Wiese an der Marie ober halb NeivhardtSthal, des Vormittags 11 Uhr an der Brücke bei Mulden hammer und Mittags 12 Uhr an der Stratze oberhalb Wolfsgrün. Königl. Obcrsorstmeisterei, Verwaltung der Kunstwiesen und Forstremamt Eibenstock am 4. Juli 1890. Schumann. Gläfel. Wolfframm. Hagesgeschichle. — Deutschland. Am Sonntag vor 20 Jahren war der Geburtstag des deutsch-französischen Krieges. Am 6. Juli 1870 erklärte der Herzog von Gramont in der Sitzung deö Gesetzgebenden Körpers in Paris unter stürmischem Beifall der Ma jorität, Frankreich werde niemals dulden, daß eine fremde Macht einen ihrer Prinzen auf den Thron Karl'S des Fünften setze. Mit dieser Erklärung mochte er glauben. Tage des Sieges und der Ehre einge läutet zu haben, er läutete in Wirklichkeit den Sterbe tag der Dynastie Napoleons ein, und während seine Blicke hoffnungsvoll in ruhmreiche Fernen schweiften und sich berauschten an der Hoffnung sicheren Ge lingens, grub er unwissend und ahnungslos sich selbst und seinem Lande ein weites Grab. DaS Beifalls jauchzen der Volksvertreter in der Kammer glich dem Jauchzen der „schlotternden Lemuren", die dem Faust das Grab schaufeln. Aber auf dem Grabe von 1870 entstand der Dämon der Revanche. Wenn seit 20 Jahren der Friede gewahrt blieb, so geschah dies Dank der unvergleichlichen Staatskunst des Fürsten Bismarck, nicht aber Dank der Besonnenheit unserer 'Nachbarn. Mit starker Leidenschaftlichkeit waren sie bemüht, den kleinsten Zwischenfall mit der leicht ver letzten Empfindlichkeit der Besiegten aufzugreisen, um daran» einen Spieß zu schmieden gegen den verhaßten Sieger. Aber eine gewisse Beruhigung ist doch eingetreten; auch die Franzosen tragen Scheu, um eines Nichts halber die Fackel zu entzünden, die den Weltkrieg entfesseln würde. So scheint auch der neueste Vorfall an der Grenze eine verhältnißmäßig ruhige Beurtheilung jenseits der Vogesen zu finden. Eine Bande von Holzdieben war über die deutsche Grenze gedrungen, bedrohte deutsche Forstbeamte, welche sie verjagen wollten, und einer der Diebe wurde durch einen Schrvtschuß leicht verletzt, ehe die ganze Gesellschaft noch über die Grenze entwischen konnte. Die»,der einfache Thatbestand, der gewiß nicht« Außergewöhnliches hat. E» ist ganz natürlich, daß Spitzbuben mit Beamten in Strei» gerathen, dies geschieht im Innern de» Lande» jeden Tag. Um so leichter ist die» möglich, wenn die nahe Grenze ge wissermaßen eine Deckung abgiebt. An der böhmisch bayrischen Grenze, wo der Schmuggel blüht, passiren oft genug solche Zwischenfälle und e» fällt Niemandem ein, daraus eine Staatsaktion aufzubauschen. Er eignet sich dergleichen aber an der deutsch-französischen Grenze, so ist ein eifriger Kampf die Folge, wenn auch nicht Schwerter in Blut, sondern nur spitze Federn in Tinte getaucht werden. Al» Begleitung dient gewöhnlich ein laute» Kriegsgeschrei der Männer vom Löschpapier. Diese» Mal geht die Sache ver hältnißmäßig ruhig ab. Die Boulanger und Dörou- lede sind kaltgestcllt; der Eine weilt noch immer trauernd auf einer kleinen englischen Insel, die das Helena dieses modernen Napoleon geworden zu sein scheint, der Andere will sogar sein Deputirtenmandat niererlegcn und sich an seinen undankbaren Lands leuten dadurch rächen, daß er Gedichte schreibt. Der ungünstige Ausfall der Probemobilmachung fran zösischer Kriegsschiffe, das Bewußtsein von der Un fertigkeit der Rüstungen wirkt auch etwas kühlend, und so wird denn das ganze Lied in den üblichen Refrain der diplomatischen Höflichkeitsversicherungen ausklingen. — Der Kaiser soll nach einer Privatnachricht, welche der „Freis. Ztg." aus Friedrichsruh zugeht, auf seiner Reise von Berlin nach Kiel in der Nacht vom 24. zum 2b. Juni auf der vor Friedrichsruh belegenen Station Schwarzenbeck eine längere Unter redung mit dem dort eingetroffenen Fürsten Bis marck gehabt Haden. — Der Kriegsminister v. Verdy wird, wie man verschiedenen Blättern aus Berlin mittheilt, auf den ausdrücklichen Wunsch des Kaisers bis nach den Ma növer» im Amte verbleiben. — Hinsichtlich der Uebungen des Beurlaub tenstandes scheint vielfach im Publikum angenom men zu werden, daß in diesem EtatSjahre schon die gesammte Reserve und die gesammte Landwehr ersten Aufgebots der Infanterie zur Uebung mit dem neuen Gewehr eingezogen werden soll. Nach den näheren Mittheilungen im Reichstage scheinen die Mannschaften des Beurlaubtenstandes in diesem Jahre noch nicht für alle Armeekorps und auch nicht für alle Jahrgänge herangezogen zu werden, da die be treffende Ziffer der Mannschaften ganz erheblich hinter der Gesammtziffer dieser Mannschaften des Beurlaubtenstandes zurückbleibt. — Der Entschluß des Majors von Wißmann, aus seiner so erfolgreich behaupteten Stellung als Reichskommissar in Ostafrika zu scheiden wird nun doch — und zwar in diesem Falle leider von sehr einwandfreier Seite — al» feststehend bezeichnet. Eine Erklärung für diesen Schritt de» hochverdienten Offizier» scheint in einer Meldung englischer Blätter zu liegen, wonach in den Einrichtungen Deulsch-Ost- afrikaS anscheinend Veränderungen bevorstehen, welche die dortige Verwaltung und Vertretung de» Reiche« auf ganz andere Grundlagen stellen würden. Der Berliner Korrespondent de- „Standard" erfährt näm lich, daß, sobald da» deutsch-englische Abkommen in Kraft tritt, die deutschen HilfStruppen in Ostafrika auf 600 Mann reduzirt werden sollen, welche An zahl al» hinreichend zur Aufrechterhaltung der Ord nung erachtet wird, während ein Reichskommissar mit hinreichendem Personal zur Uebernahme der Civil- Verwaltung hinausgesandt Werren soll. Diese- neue Arrangement scheint Major v. Wißmann zu jener Entschließung veranlaßt zu haben. — Die deutsche Marine bekommt neue Uniform. Dieselbe gleicht in der Hauptsache der englische» Uniform. Blaue weite Beinkleider mit weiter als wie bisher ausgeschnittenem, aber enger anliegendem blauen Hemd, eine kleinere Mütze ohne die bisherigen Wimpel, dafür eine kleine Schleife an der linken Seite, das sind die wesentlichsten Kenn zeichen. Die Jacke fällt ganz weg, dagegen wirr das Unterhemd, welches bisher, namentlich in den Tropen gegenden, keinen Schutz vor brennender Sonnenhitze gewährte, bis fast an den Hals schließend getragen. — England. Die Opposition wird im eng lischen Unterhause die Helgolandbill in 2. Lesung nicht beanstanden, in der Commission aber beantragen, daß die Abtretung der Insel nicht erfolgen soll, wenn drei Viertel der Bevölkerung damit nicht einverstanden ist. Die im Parlament «»fliegende Protestschrift gegen den englisch-deutschen Vertrag, die am Dienstag Salisbury überreicht werden soll, wendet sich nament lich gegen die deutsche Gebietserweiterung in Damara- land, sowie gegen die Unterbrechung der Verbindung der britischen Besitzungen in Centralafrika. — Bulgarien. Die Russenpartei in Sofia unk anderen bulgarischen Städten kündigt offen durch Maueranschläge an, daß sie Rache nehmen werde für den erschossenen Panitza. Gleichzeitig verlautet, die bulgarische Regierung habe über Sofia, Rustschuk, Schumla und Philippopel den Belagerungszustand verhängt. — Die bulgarische Regierung wird also wohl auch diesmal mit den russischen Agenten und — dem Rubel fertig werden. — Berlin, 6. Juli. Der große Festzug, mit dem heute das 10. Deutsche Bundesschießen eröffnet wurde, ist auf's Glänzendste verlaufen. Da« Wetter war demselben hold. Der Vormittag brachte zwar einen Regenschauer, später aber hellte sich der Himmel allmählich auf, voll zum Durchbruch kam die Sonne jedoch erst, als der Zug dem Ziele nahe war. Die Feststraße war reich mit Flaggen und Fahnen in allen Farben, Laubgcwinden und Blumen geschmückt. Nach 12'/, Uhr setzte sich der Zug, der eine Länge von beinahe anderthalb Stunden hatte, von der Sieges-Allee am Thiergarten aus in Be wegung. Gegen 4 Uhr langte derselbe auf dem Fest platze an. Die gewaltige Straßcnflucht vom Thier garten durch die Linden am Kaiserschlossc und Rath hause vorüber, durch das Centrum der Stadt bis zu dem Vororte Pankow im Nordosten, wo sich die Fest wiese befindet, bildeten zunächst 62 Innungen mit 60< 0