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wundervolle neue Toiletten, eine in blau — ihre Lieblingsfarbe, eine in mattgelb — meine Lieblings farbe. „Und da können Sie noch widerstehen?" fragte sie, „ich glaube es nicht, und wenn auch — ich leide eS nicht! Wissen Sie nicht, daß eine schöne Blonde neben einer schönen Brünetten nur gewinnt, und umgekehrt?! Also, machen Sie nur Toilette!" Da war ich mit meinem ersten schüchternen Versuch schon gescheitert. Seufzend ergab ich mich, nahm mir aber vor, mich nicht abschrecken zu lassen. Als ich aus der Garderobe trat — die Gräfin war mir voran — schritt der Graf an mir vorüber. Traurig, ja vorwurfsvoll sah er mich an und schritt vorbei. Am liebsten wäre ich noch jetzt umgekehrt, aber der Wa gen fuhr vor, die Zofe faßte meine Schleppe — dahin fuhren wir. Die Thränen standen mir nahe. Ver gnügen hatte ich diesen Abend nicht, trotz meiner kost baren Toilette. Ich wünschte nur, wir möchten erst wieder daheim sein. Als später der Graf nachkam, hoffte ich, er würde mein gelangweiltes Gesicht be merken und so vielleicht bemerken, daß ich nicht gerne gekommen, aber er nahm gar keine Notiz. Es that mir weh, nachdem er so vertrauensvoll zu mir ge brochen, ihm nicht einmal ein Zeichen meines guten Willens geben zu können. Noch mehrere Male hatte ich versucht, bei meiner Dame bessere Erfolge zu er zielen, bis sie mir zuletzt mit gelangweilter Miene antwortete: „Wo haben Sie nur um Alles in der Welt mit einem Male diese altväterischen Ansichten her; früher langweilte mich der Graf, mein Gemahl, auf ähnliche Weise, und erst als er sah, daß ich nicht zu bekehren war, gab er es auf." Nun wagte ich eS nicht mehr, obgleich ich das brennende Verlangen trug, mich seines Vertrauens würdig zn erweisen. Die Zeit verging, ich wagte auch nicht mehr meine» immer größer werdenden Widerwillen zu zeigen; so ging ich denn mit zu jedem Fest. Nie habe ich Ge legenheit gefunden, dem Grafen das Resultat meines Bemühens mitzutheilen. Er beachtete mich einfach nicht mehr, und ich war darüber unglücklich. Ich sand, daß der Mensch ein recht elender Spielball des Schicksals sei, er jamniert und härmt sich stets uni etwas, und ist ihm eines gewährt, so verschwindet ihm so bald die Freude daran. Ich dachte wohl daran, diese Stelle aufzugeben, aber der Gedanke wollte mir nicht recht in den Kopf. So war ich unzufrieden geworden und darum auch unglücklich, am unglücklichsten aber an den Tagen, an denen etwas für den Abend in Aussicht stand. Da ich gezwungen war mitzugehen, ekelte es mich bald an. Der Graf war jetzt um die Herbstzeit wenig zu Hause, da er ein leidenschaftlicher Jäger ist. Eines Morgens erhob ich mich mit heftigen Kopfschmerzen, die auch im Laufe des Tages nicht wichen. So blieb ich zu Hause, während die Gräfin in eine Dame »-Gesell schaft gegangen war. Der Graf war bereits seit drei Tagen fort auf einer großen Treibjagd, so war das Haus ziemlich verlassen. Auch ein Thcil der Dienst boten war für heute beurlaubt. Ich setzte mich in mein Zimmer und machte mir kühlende Umschläge. Da klopfte es, der Diener war es, der mir meldete, unten sei ein Herr, der die gnädige Frau sprechen wolle, und auf meine Antwort, sie sei nicht zn Hanse, wünschte er mich zu sprechen. Verwundert ging ich in den Salon. Da war ein in unserem Hause gut bekannter Herr, ein ehemaliger Offizier. Derselbe befand sich in großer Aufregung und sprach, mir ent gegenkommend: „Mein liebes Fräulein, ich komme als Ueberbringcr einer schlimmen Nachricht! Ich weiß nicht, soll ich es bedauern, daß ich die Gräfin nicht antreffe, oder für ein Glück ansehen. Der Herr Graf ist auf der Jagd verunglückt, er stürzte mit dem Pferd, im Fall entlud sich sein Gewehr und die Kugel ging ihm in die Brust. Es wurde ihm so schnell als möglich Hülfe gebracht, doch ist noch nicht abzu sehen, ob Gefahr vorliegt oder nicht; der Arzt meint, die Kugel scheine an eine Rippe entlang gegangen zu sein, ob er aber nicht innerlichen Schaden durch den Sturz davongetragen, könne man noch nicht sagen. Die Gräfin muß sofort benachrichtigt werden, aber schonend, schonend, liebes Fräulein; Sie werden das besser ausführen können, als ich, ein alter Krieger ist zu solchen Aufträgen nur ungeschickt. Der Graf liegt im Försterhaus; ehe wir die Gefahr nicht ken nen, dürfen wir an eine Ueberführung nicht denken. Nun verlasse ich Sie, um Nachrichten zu empfangen, die ich auch sofort mit einem reitenden Boten hierher schicken werde. Hoffentlich sind sie beruhigender Natur." — Eine ziemliche Zeit, nachdem der Be sucher gegangen war, stand ich noch wie betäubt, meine Sinne waren wie gelähmt, ich schwankte und mußte Halt an einem Sessel suchen. Ich wollte rufen oder zur Klingel gehen, aber zu Beidem fehlte mir die Kraft. Da trat der alte Hinrichs, der Diener, ein, die Abendblätter auf ihren gewohnten Platz leg end. Da löste sich plötzlich der Bann und ich schrie ihm, als dem Ersten, der mir nach jener entsetzlichen Sunde begegnete, zu: „Hinrichs, der Graf ist mit dem Pferde gestürzt!" Auf den alten Mann machten diese Worte einen ähnlichen Eindruck, die Zeitungen glitten zu Boden und er starrte mich mit aufgeriss enen Augen an. „Mein Gott, Fräulein," rief er, „nicht möglich, ei» so vorzüglicher Reiter wie mein Herr!" Die Besinnung war mir wiedergekehrt, ich befahl ihm, ein Pferd zu satteln und die Gräfin zu benachrichtige», daß etwas passirt sei, doch solle er es vorläufig als ganz ungefährlich hinstellen. Schnell und pünktlich führte er es aus, ich sah ihm durch das Fenster nach, er galoppirte, daß die Funken sto ben und Roß und Reiter mir bald au« den Augen waren. Als ich ihn so eilen sah, packte mich eine entsetzliche Angst, mir war, als müsse ich nach, als entflöhe vor meinen Augen das Leben, und als läge es in meiner Macht, eS aufzuhalten. Ich weiß nicht, wie es kam, ich stieß einen Schrei aus, der mir sel ber in den Ohren gellte, aber wie von einer frem den Person klang er mir; mir wars, als müsse meine Brust zerspringen vor einem übermächtigen Weh. Eine Erkenntniß tauchte da aus den wilden Stürmen meiner Seele auf, ich scheue mich, sie Euch zu ent hülle», aber ich muß ehrlich sein, wenn Ihr mich verstehen sollt — Ich liebte! Liebste thenerste Tante!" rief sie in überwältigendem Schmerz und sank vor ihr nieder, „verachte mich, stoße mich von Dir, aber ich kann nicht anders!" (Schluß folgt.) Wann soll man Heu machen? Die Wahl des richtigen Zeitpunktes für die Vor nahme der Heuernte ist ungemein wichtig und dabei zunächst zu berücksichtigen, daß die Futtergewächse im allgemeinen in der ersten Hälfte ihrer Entwicklungs zeit, also bevor sie Samen ansetzen, die größte Menge Nährstoffe enthalten, daß unter den letzteren ein vcr- hältnißmäßig bedeutender Theil an Proteinstoffen (eiweißartigen Stoffen, Fleischbildnern) sich befindet und daß endlich die Nährstoffe in leicht verdaulicher Form vorhanden sind. Mit der weiter fortschreiten den Entwicklung, d. h. gegen Ende der Blüthe, mit Beginn des Samenansatzes und dem Fortschreiten der Samenbildung und -Reife, nimmt der Gehalt der Stengel und Blätter (also des Futters) an Nähr stoffen sowie die Verdaulichkeit der letzteren ab, der Gehalt an Holzfaser dagegen zu. Die Verdaulichkeit der Holzfaser, welche bei jüngeren Pflanzen ziemlich groß ist, vermindert sich um so mehr, je älter die Pflanzen werden. Da es nun bei jedem Futter zunächst auf seinen Gehalt an Nährstoffen und auf die Verdaulichkeit der letzteren ankommt, so folgt daraus, daß man die Futterpflanzen spätestens mit dem Eintritt der Blüthe abernten soll. Zu dieser Zeit haben auch die meisten Futterpflanzen ihre größte Massenentwicklung, und die zu solcher Zeit geschnittenen Pflanzen treiben viel rascher und üppiger nach, d. h. der zweite Schnitt giebt viel mehr aus, als wenn man den ersten Schnitt „überständig" werden läßt. Wo man es nur mit einerlei oder wenigstens gleichzeitig blühenden Futterpflanzen (z. B. Klee rc.) auf einem Felde zu thun hat, da kann es nicht schwer sein, die Aberntung zur Zeit der besten Entwicklung (also in der Blüthe) vorzunehmen, sofern die Witterung und die Arbeiterverhältnisse re. es gestatten. Wo ver schiedenartige Pflanzen vorhanden sind, wie z. B. auf Wiesen rc., von denen die einen früher, die andern später blühen, muß der Zeitpunkt gewählt werden, wo die Mehrzahl derselben in der Blüthe steht. Dann ist auch der höchste Ertrag in Menge und Güte zu erreichen. Manche Landwirthe meinen dagegen, man müsse das Gras zeitig (d. h. reif) werden lassen, es gebe dann mehr Wagen voll, auch sei es nothwendig, daß Grassamen ausfalle. Daß altes, überständiges Futter beim Heumachen nicht so „zusammenfällt" als jüngeres, in seiner üppigsten Entwicklung genommenes, ist richtig. Allein es kommt, wie wir schon erwähnt haben, beim Futter in erster Reihe auf die Güte und dann erst auf die Menge an, und da wir gesehen haben, daß mit dem Voranschreiten der Reife die Güte unv Ver daulichkeit abnimmt, so ist es nicht nur kein Gewinn, sondern ein Verlust an Futter, wenn man zu spät mäht. Je älter die Futterpflanzen werden, desto mehr Nährstoffe gehen aus der Pflanze in die Samen (Körner) über und desto ärmer werden die Stengel und Blätter an solchen Stoffen. Da man aber nur die letzteren als Heu gewinnt und die Samen meist abfallen, so ist ein Heu von altem Gras z. B. nichts anderes als Grassamcnstroh, und man darf sich, wenn man außerdem die stärkere Verholzung und geringere Verdaulichkeit in Betracht zieht, nicht wundern, von dem Verbrauch desselben keinen besseren Erfolg zu haben, als vom Strohfllttern überhaupt. Das Ausfallen von Samen ist aber auch für die Erhaltung der Grasnarbe, z. B. der Wiesen gar nicht nothwendig, denn die meisten und wichtigsten Wiesen gräser erhalten und vermehren sich auch durch Stock- auSschläge, und jene wenigen, bei welchen dies nicht der Fall ist, blühen so frühzeitig, daß sie schon reife Samen angesetzt hahen, wenn die anderen erst in voller Blüthe stehen, so daß also der Landwirlh auf das Ausfallen von Samen nicht besonders Rücksicht zu nehmen braucht. Da außerdem die Entwicklung des Nachwuchses (zwetten Schnitte«) der Futtergewächse fast nur auf Kosten der in den unterirdische» Pflanzentheilen an gesammelten Nährstoffvorräthe geschehen kann, deren Menge bis zum Eintritt der Blüthe am größten ist und von da an auch zur Ausbildung der Samen dient, also abnimmt, so ist diese Abnahme um so größer, je später die Ernte stattfindet, und um so schwächer und langsamer wird daher auch der zweite Schnitt sich entwickeln. Je früher dagegen die Heu- ernte vorgenommen wird, um so üppiger und reich licher der zweite Schnitt. Wenn daher je (was übrigens nicht einmal immer der Fall ist, da ja altes Gras auch schon auf dem Halme zusammensinkt) etwas weniger Heu geerntet werden sollte, so ist nicht nur dieses besser, sondern man erhält auch mehr Futter vom zweiten Schnitt, so daß ein etwaiger Ausfall reichlich gedeckt ist. DaS alles hat jeder aufmerksame praktische Land- wirth schon oft selbst beobachtet, aber noch nicht alle ziehen sich daraus die richtige Lehre, und so entsteht durch verspätete Vornahme der Heuernte noch mancher nicht unerhebliche Verlust kür den Landwirth. Vermischte Nachrichten. — Um das Einrosten der Schrauben bei Maschinen, welche der Hitze, dumpfer und feuchter Luft ausgesetzt sind, zu verhindern, empfiehlt sich das Eintauchen derselben vor Verwendung in einen dicken Brei von Graphit und Oel. So behandelte Schrauben können nach Jahren wieder leicht herausgenommen werden, während ohne dasselbe die Schrauben selbst bei Anwendung von Oel bald festtosten, was das spätere Auseinandernchmen der Maschinen sehr er schwert, da durch gewaltsames Entfernen der Schrau ben die ersteren beschädigt werden. Weitere Bortheile dieses Verfahrens bestehen darin, daß beinahe die ganze, beim Anziehen der Schrauben verwendete Kraft zum Zusammenziehen der Theile in Anwendung kommt, da die Reibung bedeutend vermindert wird, die Schrauben nicht so leicht brechen und das Fest fressen derselben unmöglich wird. — Altbackenes Brot frisch zu machen da durch, daß man es in den Ofen bringt oder auf den Rost legt, ist bekannt. Weniger bekannt dürfte es sein, daß dieses Ziel auch erreicht wird, wenn man altbackenes Brot (einen ganzen Laib oder auch nur ein Stück) in einer Blechbüchse, einem irdenen Topse oder einem gläsernen Gefäß wohl bedeckt in siedendes Wasser stellt. Man macht sein Brot wieder neubacken, ohne daß dasselbe anstrocknet, und man kann diese Operation nöthigenfalls noch mehrmals wiederholen. Dies gelingt auch mit Monat altem Brot, wenn man ihm durch Aufbewahren an einem feuchten Ort wieder de» nöthigen Gehalt an Feuchtigkeit giebt. ES bekommt in jeder Beziehung die Eigenschaften des neugebackenen Brotes, seinen Geschmack, die Sprödig keit der Kruste und die Weichheit der Krume; es ver hält sich am zweiten Tage so, als ob es am Tage vorher gebacken wäre. — Lübeck. König Christian von Däne mark — so schreibt der „K. Z." ei» Mitarbeiter aus Lübeck — weilte wieder einmal einen Tag in unserer Stadt. Es ist eine seiner Liebhabereien, ungestört durch unsere altcrthümlichen Straßen zu wandern. Wenn der schlankgewachsene Herr in grauem Reise kostüm rüstig daherschreitet, verräth nichts an ihm den Zweiundsiebzigjährigen, als die lcichtgebeugte Haltung. Er kennt unsere Stadt sehr gut; auch die Kneipver hältnisse sind ihin durchaus vertraut. Am liebsten sind ihm anscheinend die alten, stillen Bierhäuser. Im Schifferhaus und bei Windel ist er oft gesehen worden. Er pflegte dort mitten unter den anderen Gästen zu sitzen, ohne daß Jemand besonders auf ihn Acht gab, und das war so recht nach seinem Geschmack. Seine Liebe zum einsamen Wandern hat ihm vor einiger Zeit einen kleinen Streich gespielt. An einem trüben Herbstnachmittag wanderte er durch die Breite straße dem Bahnhof zu. Er hatte sich von jeher die Marienthürme als Wegweiser gewählt. Hatte er die selben passirt, dann hieß es rechts abbiegen nach dem Bahnhof zu. An jenem Tage aber ging der König, in Gedanken versunken, ahnungslos an der Marien kirche vorbei und auf die Domkirche los. Ausblickcnd glaubte er die bekannten Thürme zu sehen und steuerte nun rechts ab. Aber es ging ihm wie dem Kanzlei rath in Andersens „Verwunschenem Pantoffel": er fand die Gegend merkwürdig verändert und lief lange in der Irre umher. Unterdessen war der fahrplan mäßige Zug, mit dem der König reisen wollte, schon abgeläutet. Der Bahnhofs-Inspektor setzte ein sehr bedenkliches Gesicht auf und das Königliche Gefolge rannte in Verzweiflung auf dem Bahnsteige hin und her; der König war fort! Im letzten Augenblick kam er spornstreichs von seiner Irrfahrt zurück. „ES war das erste Mal, daß ich einen König laufen sah", er zählte mir unter harmloser Heiterkeit ein treuer Ver ehrer des ehrwürdigen alten Herren, welcher Zeuge des Vorfalls gewesen war. Druck und Verla- von S. Hannebohn in Eibenstock.