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hat sich Johanna Riede genannt und hat angegeben, daß sie aus Bremen stamme. Sie ist ca. 20 Jahre alt, ihre- Standes vermuthlich Kellnerin, von großer kräftiger Statur und hat ein volles, gesundes Gesicht. — Plauen i.V. In dem Rocke, welchen der am 10. d. Ai. durch Selbstmord abgeschiedene Weber meister G. hier zur Zeit der That getragen, haben sich die folgenden, von dem bedauernSmerthen Mann geschriebenen Zeilen vorgefunden: „Der allmächtige Gott ist mein Zeuge, daß mich nicht Leichtsinn zu diesem Tod getrieben; Gott verzeihe mir ihn, wie ich darum bitte; und meine herzlich gute Frau mag mir eS vergeben, wie ich sie darum bitte. Angst und Qual treiben mich von einem Fleck zum anderen. Ich bitte jeden braven Menschen, mir ein gerechtes Urtheil zu lassen, denn kein Mensch kann wissen, wie eS kommt." — Dahlen, 13. Juni. Am 8. d. M. wurde ein Soldat in Collin verhaftet, welcher sich in den Dörfern jedesmal zum Gemeindevorstand begab und demselben erklärte, daß das Wurzencr Jäger-Bataillon in den nächsten Tagen einen Marsch ausfiihren und in dem betr. Orte das Frühstück einnehmen würde. Der Gemeindevorstand möge dafür sorgen, daß in dem OrtSgasthofe entsprechende Cßwaaren an diesem Tage vorhanden seien. Zum Schluß hat er stets noch 2 M. Marschkompetenzen von den betreffenden Gemeinde vorständen verlangt. Mehrere Galtwirthe sollen sich daraufhin auch bedeutende Wurstvorräthe, Bier und dergl. angeschafft haben, aber leider, ohne diese Eß- waaren absetzen zu können, denn die Wurzener Jäger kamen selbstverständlich nicht. — Reichenbach. Die polizeilichen Nachforsch ungen nach dem jugendlichen Attentäter, welcher am Montag Abend in der Nähe der „Sorge" einer Frau das 2jährige Mädchen vom Arme riß und damit nach einem nahen Kornfelde eilte, von da zwischen kommenden Personen aber unter Zurück lassung des Kindes in die Flucht getrieben worden war, sind bisher umsonst gewesen. Der verbrecher ische Mensch hat nach den Hainsdorfer Wäldern zu das Weite gesucht und ist leider entkommen. — Schneeberg, 13. Juni. Geheimer Schul rath Or. Vogel, der seit gestern in unserer Stadt weilt, hat dem bisherigen Konrektor Professor vr. K. Bernhardt die Ernennung zum Rektor des hiesigen Königl. Gymnasiums überbracht und die feierliche Verpflichtung am gestrigen Tage voll zogen. Der versammelten Schülerschaft wurde heute Vormittag in Gegenwart des Lehrerkollegiums durch Geh. Schulrath Vr. Vogel von dieser dem Gymna sium wie seinem Leiter zutheil gewordenen Auszeich nung Mittheilung gemacht. — Der sächsische Forstverein, welcher gegen 600 Mitglieder zählt, -wird in der Zeit vom 29. Juni bis 2. Juli in Schwarzenberg seine 3b. Versammlung abhalten. Am Sonntag, d. 29. Juni, soll von Abends 7 Uhr ab gegenseitige Begrüßung im Saale des Gasthofes zum Rathhause stattfinden. Die Vormittage des 30. Juni und 1. Juli sind den Sitzungen gewidmet. Für den Nachmittag des 30. Juni und für den 2. Juli sind Exkursionen auf das Grünhainer und Crandorfer Revier in Aussicht ge nommen, außerdem ist für den 1. Juli ein gemein schaftliches Mittagsessen und ein Concert geplant. Als Verhandlungsgegenstände sind auf das Pro gramm gesetzt: 1. Die Bewirthschaftung der der Forstverwaltung unterstellten Wiesen, Berichterstatter Obcrforstmeister Schumann, Eibenstock. 2. Die forst liche Unterrichtsfrage, Berichterstatter Professor vr. Neumeister, Tharandt. 3. Die Holzstoff- und Cellu lose-Fabrikation in Beziehung auf Ausnutzung und Verwerthung der Hölzer, Berichterstatter Oberförster Zschimmer, NicolSdorf und Commerzienrath Rostosky, Niederschlema. 4. Mittheilungcn aus dem Gebiete der Unfallversicherung im Staatsforstbetriebe, Be richterstatter Oberforstmeister Schere!, Dresden, b. Welche forstliche Bedeutung ist den in unseren Be ständen erscheinenden Nebenholzarten zuzusprechen? Berichterstatter Oberförster Lieske, Neudorf. 6. Ueber Läuterungshiebe in Mischbeständen von Fichte und Kiefer, Berichterstatter Oberförster Pöpel, Reichstein. 7. Mittheilung von Erfahrungen im Bereich des ForstculturwesenS, sowie über Krankheiten der forst lich wichtigen Holzarten, über forstschädliche Insekten und dergl. — Im Sächs. Armee-KorpS finden die Hebungen des Beurlaubtenstandes der Ersatz-Re serve rc. wie folgt statt: Vom 7. Juli bis 3. Au gust werden Ersatz-Reservisten zu einer vierwöchent lichen Hebung eingezogen. Dieselben werden den Kompagnieen zugetheilt. Ferner werden bei allen Infanterie-Regimentern (mit Ausnahme vom 10b. Jns.-Rcg. in Straßburg) Ersatz-Reservisten eingezogen und zwar vom 23. August bi» 31. Oktober zu einer zehnwöchigen Uebung und vom 20. September bi» 31. Oktober zu einer sechswöchigen Uebung. Diese beiden Kategorieen werden in besonderen Kompagnieen formirt. Die übung-pflichtigen Volksschullehrer werden be kanntlich bei den Ersatzrcserve-Kompagnieen mit aus gebildet. Vom I. bis mit 20. September werden Lazareth-Gehilfen eingezogen, um in den Garnison- Lazarethen zu üben. Von jetzt bi« zum 3. August sind solche ehemalige Einjährig-Freiwillige eingezogen. welche nicht Offiziers-Aspiranten sind, oder sich als solche haben streichen lassen. Für das zur Ausbildung der Ersatz-Reserve erforderliche Personal de« aktiven Standes werden Unteroffiziere und Mannschaften der Reserve zu einer 3btägigen Uebung eingezogen und zwar in der Weise, daß sie zum allgemeinen Ent- lassungStermin mit zur Entlassung kommen. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 17. Juni. (Nachdruck verboten.) Bevor cs zu den Entscheidungsschlachten im Befreiungs kriege von 1813 kam, war es Napoleon gelungen, einen Waffen stillstand von den Verbündeten zu erwirken, der zu Poischwitz festgestellt wurde. Lützow's wilde verwegene Reiterschaar er hielt zu spät die Kunde von diesem Waffenstillstand; der kühne Führer der Freischaar war in den Rücken des Feindes nach Franken eingefallen und vermochte nicht mehr rechtzeitig über die Elbe zurnckzugehcn. Er mit seinen 2000 Reitern wurde auf Napoleons Befehl am 17. Juni 1813 bei Kitzen von Fran zosen u. Württembergern meuchlings überfallen und die tapfere Schaar ward bis auf 80 Mann aufgerieben. Napoleon hatte allerdings dem Wortlaute nach sein gutes Recht gewahrt, aber eine Heldenthat war jener Uebersall eben nicht. Das tragische Schicksal des Freikorps, auf das man große Hoffnungen gesetzt hatte und das gleichsam den Kern eines neuen Heeres bilden sollte, erweckte in Deutschland allgemeine Theilnahme und heute lebt bekanntlich die Erinnerung an die tapferen Freischärler noch in Liede fort. 18. Juni. Es war am Abend des 18. Juni I81S, um ft Uhr, als Blücher und Wellington bei Belle Alliance fWaterloos zusam mentrafen und die beiden Sieger einander die Hände reichten. Den ganzen Tag hatte die furchtbare Schlacht gedauert, in welcher die Franzosen über die Heilste ihrer Armee und die Alliirten 1120 Offiziere und fast 21,000 Mann verloren hatten. In wilder Flucht räumten die Besiegten das Feld und für immer war mit diesem Tage Napoleons Stern erloschen. Er selbst, der berühmte General u. Sieger in so vielen Schlachten, hatte sich an die Spitze der alten Garde gestellt, jener Garde, von der cs hieß: „sie stirbt, aber sie ergiebt sich nicht," aber auch das hatte nichts mehr genützt. Es muß ein entsetzlicher Augenblick für den sieggewohnten Kaiser der Franzosen gewe- sein, als er, alles verloren gebend, von den Feinden bereits persönlich bedroht, sich ohne Hut und Degen auf ein Pferd warf und durch Nacht und Nebel gen Paris sprengte. Das rechtzeitige Erscheinen der Preußen unter Blücher hatte den Sieg entschieden. Ein bekannter Historiker sagt über den 18. Juni: „Bei Waterloo hat Wellington das meiste gethan, Blücher das meiste gewagt." An der Loire. Ernste und heitere Kriegsbilder von Th. Schmidt. (1. Fortsetzung.) Aber trotz Hunger und Nässe und Strapazen, von denen Derjenige, der sie nicht durchgemacht Hat fich keine Vorstellung machen kann, durchzog das junge Soldatenherz, besonders beim Anblick der be währten Führer, die Alles mit uns theilten, eine so sicgesfreudige Zuversicht, daß die Unbill des Lebens nur immer vorübergehend unseren heiteren Sinn trüber stimmen konnte. Das Leben im Felde, fern vom Exercirplatz, der stete Wechsel der Quartiere, die mannigfachen Eindrücke, die ein Marsch ausübt — das Alles gicbt Abwechselung und bringt dem Soldaten Personen und Verhältnisse näher, die sei nen Geist anregen und beschäftigen und an denen er auch wohl gar seinen Uebermuth ausläßt. Wer von den Kameraden, die derzeit im Felde standen, erinnert sich beispielsweise nicht der oft drolligen Inschriften an den Thüren und Läden in den fran zösischen Dörfern? Da las man an einem elenden Stalle, in dem früher vielleicht ein Borstenvieh ge grunzt hatte: „2 Mann, Quartier für Napoleon und Lnlu." Oder an der Thür zu einem verschwie genen Orte „Napoleon uff der Retirade!" Und an einem Laden, in dem Stricke hingen: „Quartier für Bazaine — ein Strick gratis." Ja der Witz ver schonte selbst die eigenen Kameraden nicht! Eine Batterie führte einen feisten Hammel mit, welcher schon bei Metz frei in derselben herumlief und den ich später vor Orleans noch zwischen den Geschützen bemerkte. Die Batterie hieß bald allgemein die „Hammel-Batterie" und wenn sie an uns vorbei fuhr, dann erhob sich ein Blöcken, daß man glaubte, zwischen einer Heerde Hammel zu marschiren. Eine andere Batterie — so wurde erzählt — hatte einen Transport Ochsen für abgesessene feindliche Cavallerie gehalten und einige Granaten dazwischen gefeuert, worauf die ganze gehörnte Sippschaft mit Gebrüll auseinander gestoben war. Natürlich hieß sie von da ab „Ochsen-Batterie", und wenn sie sich sehen ließ, wurde sie mit lautem Gebrüll begrüßt. Da unser Berliner Batterie-Clown einen mächtig großen Hund an der Leine führte, so rächten sich die Ge hänselten damit, daß alle an zu kläffen fingen, wenn sie an uns vorbeirückten. Die Offiziere sagten zu diesen Neckereien meist nichts, sie waren froh, daß die Mannschaft bei den schweren Märschen zu Allotria und Kurzweil noch Lust hatte. Wer Soldat gewesen ist, der weiß, wie belebend eine lustige Marschmusik, ein frischer Gesang, ein heiterer Vorfall oder drolliger Witz auf die Mann schaft einwirkt, und einen großen Fehler begeht der jenige Offizier, der den Soldaten auf dem Marsche oder im Biwak jede laute Freude oder die Lachlust herausfordernde übermüthige Handlung verbietet. Mein Batteriechef war ein strenger Vorgesetzter, aber trotzdem sah er c« gern, wenn da» junge Soldaten herz einmal überschäumte vor Jugendlust und Ueber muth. Dauerte der Marsch gar zu lange, oder stand ein Gefecht bevor, so daß die Mannschaft ernst und schweigend dahinschritt, dann kam er wohl zu meinem Geschütz gesprengt: „Na, Knülle, weshalb läßt man denn die Ohren hängen? Wissen Sie kein lustige« Lied mehr?" pflegte er dann unserm Berliner Witzereißer zuzurufen. Natürlich bedurfte e» nur dieser Anregung, um Knülle, dessen Mund meist nur dann verstummte, wenn sein Magen knurrte, lebendig zu machen. „Kinder, jetzt singen wir noch mal dem Herrn Hauptmann sein Leib- und Majenlied", rief er dann laut, und im nächsten.Augenblick sang Offizier und Kanonier da» Lied: Wir sind ein starkes gewaltiges Corps, Geschmückt mit dem schwarzen Kragen; Und steht uns auch immer der Tod bevor. Wir dürfen drum nicht verzagen; Denn der schwarze Kragen bezeichnet den Muth, Er kleidet dem Artilleristen gut. Knülle ließ man übrigens wegen seines schlag fertigen Witzes viele Freiheit in der Batterie. Hatte er z. B. keinen Tabak oder im Quartier trotz seiner feinen Spürnase auf Lebensmittel nichts auftreiben können, dann ging er ohne Weiteres zu einem der Offiziere und pumpte ihn an: „Herr Lieutenant, wie wärs mit 'ner Pfeife Tobak oder eene Cijarre, Feuer habe ick schon dazu?" Oder „Herr Haupt mann, in mein Quartier war nischt zu beißen und zu brechen, alle Flöhe sind darin am Hungertyphus crepirt. Ich bitte um een Stück Speck." Da Knülle eine Ausdauer im Ertragen von körperlichen Anstrengungen und Entbehrungen besaß wie Keiner in der Batterie, dabei aber immer heiter und zu spaßigen Dingen aufgelegt war, auch Alles redlich theilte und überall frisch zugriff, wo Andere noch zanderten, so sah ihn Jeder gern. Nur den Anblick eines Mannes konnte er nicht ertragen und wenn er den Betreffenden sah, war ihm seine gute Laune für die nächste Stunde verdorben. Dieser Mann war der Abtheilungsarzt („Doctor Eisenbart" nannte ihn Knülle), ein kleines, dickes, o-beiniges Männchen mit breitem, gewöhnlichen Gesicht, platt gedrückter Nase, wulstigen Lippen, ungewöhnlich großen vom Kopf abstehenden Ohren und einem brandrothen Haarwuchs, der straff wie die Borsten in unserm Geschützwischer sein gelehrtes Haupt schmückte. Ich muß gestehen, ich habe selten einen Menschen kennen gelernt, dessen abstoßendes Aeußere seinem Wesen so völlig glich. Wenn nur in einem schönen Körper auch eine schöne Seele wohnen soll, so hatte Allmutter Natur jene, erfreulicher Weise viele Ausnahmen habende Regel hier bei vr. Eisenbart einmal treffend bestätigt. Dieser Jünger AesculapS war in den letzten Wochen vor Metz unserer Batterie zugetheilt worden. Wo er vorher als Civilarzt an der leiden den Menschheit seine Kunst, vermuthlich ü In. vr. Eisenbart, ausgeübt hatte, konnten wir nicht erfahren. Man sagte, daß er keine Praxis gehabt und sich der Militärverwaltung im Laufe des Feldzugs zur Ver fügung gestellt habe. Bei dem großen Mangel an Aerzten hatte man von ihm wahrscheinlich keinen Nachweis über seine Befähigung verlangt, sonst dürfte er schwerlich zur Heilpflege zugelassen worden sein. Pfuscher giebt es bekanntlich in jedem Stande, und die Thatsache, daß den Leistungen unserer Militär- Aerzte in jenen bösen Tagen das höchste Lob gebührt, hat mich die furchtbaren Schmerzen, die ich durch jenes Mannes Unverstand habe erdulden müssen, ver gessen lassen. (Fortsetzung folgt.) Johannisfeuer. Eine einfache Geschichte von Friedrich Thieme. Giebt es eine Vorherbestimmung? Ich weiß es nicht, aber das weiß ich, daß die Leni, des Berghofbauers schmuckes Töchterlein, fest daran glaubt und nichts diesen ihren Glauben er schüttern kann. „Ich glaub' fest", sagt sie zu jedem, der eS hören will, „der Mühlenfranz ist mir bestimmt gewesen; deshalb hab' ich ihn nehmen müssen, so sehr ich mich auch gesträubt hab'. Und ich dank' meinem Herrgott, daß eS so kam, denn der Franz ist ein seelensguter Mann und so arbeitsam und brav wie kein zweiter im ganzen Dors." Und wie es zuging, daß sie ihn gefreit, obschon sie nicht wollte, das ist ein ganz kleiner Roman, den ich Euch erzählen muß. Seit Jahren wußte es da« ganze Dorf, daß Franz, des Mühlenbauers Sohn, wie toll war in die Leni aus dem Berghof. Aber ein ebenso öffentliche« Ge- heimniß war es, daß die Liebe eine hoffnungslose sei, denn der Mühlenbauer war ein armer Schlucker, während der Berghofbauer zu den reichsten Leuten de« Orte« zählte und außerdem al» ein stolzer und harter Mann galt. Und außerdem — und da» war die Hauptsache — war die Lent auf den Franz nicht gut zu sprechen. „Er ist ein ganz guter Bursch, aber ich kann ihm nicht grün sein", äußerte sie stet«, wenn Freunde und Bekannte sie darum fragten. „In seinem Wesen ist etwa» so Aparte«, da« mich zurück stößt; eS ist kein Leben und Feuer in ihm!" Und Leben und Feuer wollte die Leni durchaus haben, denn sie war ein übermüthige«, frohe« Ge-