Volltext Seite (XML)
ist, wohl noch in Folge deS Sturzes aus dem Wagen des Kaisers an Pfingsten, erkrankt und muß das Bett hüten. Drei Aerzte behandeln ihn im Hotel zum Riesen. — München. Weit über Bayerns Grenzen hinaus erregt da« Abschiedsgesuch des Kultus minister« und Vorsitzenden im Ministerrathe Frhrn. v. Lutz, welcher vom Prinz-Regenten Luitpold be willigt wurde, Aufsehen, obgleich nicht daran ge zweifelt wird, daß in diesem Falle die „Gesundheits rücksichten" keinen bloßen Vorwand bildeten. Der langjährige Minister des Aeußern, Frhr. v. Crails heim, ist mit dem Vorsitz im Ministerrathe betraut, der bisherige Polizeipräsident v. Müller zum Kultus minister ernannt worden. Freiherr v. Crailsheim, der ncuernannte bayerische Ministerpräsident, entstammt einer protestantischen fränkischen Adelsfamilie. Als Sohn eines Cavallerie- offizierS 184 l geboren, studirte er in Erlangen, Leipzig und Zürich Jura und war Corpsbursche der Onoldia. Er bestand 1865 den StaalSkonkurö mit der ersten Note, fungirte als Bezirksamts-Assessor in Brückenau. 1870 wurde er in das Handelsministerium u. Ende 1871 nach dessen Auflösung in das Ministerium des Aeußeren berufen, wurde 1879 Geh. Legationsrath und übernahm am 4. März 1880 die Stelle Pfretzscb- ner's im Ministerium des Aeußeren. Vermählt ist er mit einer Freiin von Lindenfels. Eine bei Hofe hochgeschätzte Bertraucnsperson, wird Frhr. v. Crails heim unter Bayerns lebenden Diplomaten u. Staats männern als der gewandteste u. begabteste angesehen. CrailSheim's umfangreiche Eisenbahnvorlagen wurden vom Landtag stets anstandslos angenommen. Er wurde im Gegensatz zu Lutz von den Klerikalen nie mals angcfeindet. Durchaus deutsch gesinnt, steht er zu Bismarck u. Caprivi auch persönlich in guten Be ziehungen. Vielgerühmt wird seine Arbeitskraft. Aeu- ßerlich ist er eine aristokratische, auffallend jugendliche Erscheinung, im Privatleben ein großer Musikfreund. — Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. Juni. Gestern Mittag durchschwirrten die abenteuerlichsten Gerüchte über ein nächst Wien staltgehabtes Bahn unglück die Residenz. Reisende erzählten, der von Eger kommende Eilzug der Staatsbahn sei vom Damme herabgestürzt und habe großes Unheil an gerichtet. Die Thatsache ist, daß der Zug auf offe nem Felde zwischen Tulln und Langenlebarn in Folge eingctretener Senkung des Erdreichs durch Regengüsse entgleiste,- aber sofort zum Stehen gebracht wurde. Die Fahrgäste blieben unbeschädigt. Ein Salon wagen wurde dagegen arg beschädigt und de'' Ge päckwagen mit 160 Kolli zertrümmert. Ein Schaff ner erlitt eine leichte Hautabschürfung im Gesichte. Loeale und sächsischer Nachrichten. — Eibenstock. Der Oberrevisor bei dem Haupt steueramte Dresden, Zollinspektor Heinrich Franz Ferdinand Brehm ann, ist zum Oberzollinspektor und Vorstand des Haupt-Zoll-Amtes hier ernannt worden. — Schönheide. Vor Kurzem hat ein Geschäfts reisender bei einem hiesigen Kunden seine Brieftasche, die ungefähr 2000 Mark in Werthpapieren enthielt, liegen lassen. Er bemerkte den Verlust erst am späten Abend in einem Nachbarorte und mag darüber nicht schlecht erschrocken gewesen sein. Er miethete sofort ein Geschirr und fuhr nach Schönheide zurück. Gegen Mitternacht kam er bei dem betreffenden Kunden wieder vorgefahren, den er zufällig auch noch wach antraf. Die Brieftasche wurde ihm auSgehändigt, und trotz des empfangenen hohen Betrages fuhr der Reisende viel leichter von dannen, als er gekommen war. — Dresden, 3. Juni. Se. Maj. der König hat Se. König!. Hoheit den Prinzen Friedrich August, Herzog zu Sachsen, Major ü lu suite des 1. (Leib-) Grenadierregiments Nr. 100 und des 1. Husarenregiments Nr. 18 zum BataillonScommandeur im Schützen-(Füsilier-)Regimente „Prinz Georg" Nr. 108 ernannt, und den Zeug - Premicrlicutenant Kleiner zum Zeug-Hauptmann, den Zeug-Lieutenant Hähle zum Zeug-Premierlicutenant, und den Zeug- Feldwebel Wolke zum Zeug-Lieutenant befördert. — Dresden. Se. Majestät der König kehrte heute Donnerstag früh 1 Uhr von Berlin nach hier zurück und begiebt sich unverzüglich vom Leipziger- Bahnhöfe nach der Villa in Strehlen. Am Vor mittag desselben Tages wohnt Se. Maj. der Frohn- leichnamSfeier in der katholischen Hoskirche bei. — Leipzig, 3. Juni. In der Nacht vom Mon tag zum Dienstag kam es auf hiesiger Kochstraße an läßlich der von zwei Schutzleuten vorgenommenen Arretur zweier Handarbeiter zwischen diesen und den Beamten zu einem scharfen Rencontre. Die beiden Arbeiter leisteten nämlich vereint ihrer Festnahme den denkbar größten Widerstand; als dieser so weit stieg, daß der eine Schutzmann mit Gewalt zu Boden geschlagen wurde, machten die Beamten von ihrer Dienstwaffe Gebrauch. Erst so gelang es, der Wider spenstigen, von denen einer am Kopfe blutig verletzt worden ist, Herr zu werden. — Am Montag Mittag wurde im sog. Seifert'schen Teich an der Teichstraße in Gohlis, in zwei rothgestreifte Windeln und ein weißes Taschentuch eingchüllt, der Leichnam eine neugeborenen, ausgebildeten Kindes männlichen Ge schlecht« aufgefunden, der anscheinend nur ganz kurze Zeit im Wasser gelegen hatte. Ob das Kind todt in den Teich geworfen worden, oder ob man hier abermals einem Kindermorde auf die Spur gekommen ist, wird die gerichtliche Leichenschau ergeben. Die polizeilichen Recherchen nach der Mutter der Kindes sind im vollen Gange. — Chemnitz. Wir berichteten seiner Zeit über die Petition, welche der hiesige Kaufmännische Verein in Gemeinschaft mit dem Erzgebirgs verein und den Stadt- und Gemeinderäthen, sowie den Orts-, Fabrikanten- und Gebirgsvereinen von 37 an der Chemnitz-Aue-Adorfer Bahn liegenden Ortschaften an die Generaldirektion der Sächsischen Staatsbahnen wegen Verbesserung der Verkehrs verhältnisse genannter Bahnlinie gerichtet hat und gaben dieser Bittschrift unsere besten Wünsche auf den Weg. Wie aus dem jetzt eingegangenen Bescheid der Königl. Generaldirektion hervorgeht, ist dieselbe wegen Mangels von Maschinenkräften nicht in der Lage, den Wünschen um Einlegung eines zweiten Frühzuges — gegen 7 Uhr Morgens — von Chemnitz nach Aue, und eines späteren Abend zuges in der entgegengesetzten Richtung — zwischen 10 bis 11 Uhr Abends in Chemnitz — entsprechen zu können, stellt jedoch in Aussicht, diese beiden Züge vom 1. Juni künftigen Jahres an einzulegen. Der gewünschten Früherlegung des Pcrsonenzuges 343 — in Chemnitz 11 Uhr 20 Min. Vorm. — stehen in sofern Schwierigkeiten entgegen, als solchenfalls der gedachte Zug in Zwönitz den Anschluß an den zweiten Frühzug 783 von Stollberg, welcher wiederum den ersten Anschluß von St. Egidicn vermittelt, verlieren würde. Auch die weiteren Wünsche um Einlegung eines späten Abcndzuges von Chemnitz nach Aue, sowie um die Einführung besonders beschleunigter Züge zwischen Chemnitz und Adorf haben keine Be rücksichtigung finden können, weil die Generaldirektion ein Bedürfniß hierfür nicht anzuerkennen vermag, ersterer Punkt außerdem in Hinblick auf die ungün stigen Steigungsverhältnisse dieser Strecke. — Chemnitz. Die amerikanische Mc. Kinley- Tarifbill ist, wie wir bereits berichtet haben, von einschneidender Bedeutung für die deutsche, insbe sondere aber für einen Theil unserer Chemnitzer Industrie. Diese Bill hat das Repräsentantenhaus passirt und liegt gegenwärtig dem Senate vor, dessen Finanzausschuß mit der Berathung am Donnerstag voriger Woche beginnen sollte. Welche Beschlüsse hier werden gefaßt werden oder bereits gefaßt wor den sind, ist noch nicht bekannt. Alle diesbezüglichen Meldungen sind mindestens verfrüht. — In Chemnitz soll sich zur Zeit ein gewisser Kaufmann Leder aus Jassy behufs Ankaufs von Strumpfwaaren aufhalten, vor dessen Manipulationen dringend gewarnt werden muß. Derselbe hat in Jassy in Gemeinschaft mit einem Kaufmann Wassermann vielfach deutsche Firmen geschädigt und ist wegen be trügerischen Bankerotte verurtheilt worden, aber ebenso wie Wassermann, der jetzt in Berlin ein Cigarren geschäft betreiben soll, vor einigen Jahren aus Jassy geflüchtet. — Meißen, 1. Juni. Einem Meißner ist beim vorgestrigen Regenwetter unterwegs folgender Spaß passirt. Er und eine Anzahl anderer Reisen der stehen in Falkenau auf dem Bahnhof mit auf gespannten Regenschirmen und erwarten den Zug. Letzterer kommt an, hält, und der Schaffner ruft: „Schirme?" — „Jawohl, Alle Schirme!" antwortete ein Witzbold, und darauf drängt sich Alles in die Eisenbahnwagen. Der Schaffner wirft die Thüre zu und ruft dem Lokomotivführer zu: „Kleinschirma halten!" Jetzt erst wird man im Coupö über die Frage des Schaffners klar, und als der Zug in Schirma hält, steigt natürlich Niemand aus. Es erfolgte selbstverständlich nunmehr die Aufklärung, und den Schluß bildete allgemeine Heiterkeit. Der Schaffner hatte sich aber vorgenommen, künftig hoch deutsch zu fragen. — Reichenbach. Wie dem „Reichend. Wchbl." berichtet wird, hat am 30. Mai Nachmittag auf der Eisenbahnfahrt bei Hof in einem Coupe, in welchem zwei bayrische Transporteure mit je einem Sträfling sich befanden, zwischen diesen und den beiden ersteren ein harter Kampf stattgefunden. Der eine der beiden gefesselten Züchtlinge erhob sich plötz lich und stieß seinem Transporteur die Schloßtheile, womit er an beiden Händen gefesselt war, derart in die Kehle, daß eine tiefe klaffende Wunde entstand. Als im selben Augenblick der andere Gefangene sich zu einem ähnlichen Attentat gegen seinen Transpor teur anschickte, zog dieser seine Waffe und brachte dem Gefangenen eine lebensgefährliche Verletzung am Halse bei. Der Vorgang spielte sich während der Fahrt ab. Der Anblick deS CoupöS wird wegen deS darin geflossenen Blute- als grauenhaft bezeichnet. — Netzschkau, 2. Juni. Nachdem vor kaum 14 Tagen in hiesiger Stadt 12 Wohnhäuser und 2 Scheunen abgebrannt sind, wurde gestern, Sonntag, Abends '/,11 Uhr die hiesige Bewohnerschaft aber mals durch Feuerlärm erschreckt. Es brannte da- in der Parkstraße gelegene HauS des Handarbeiters Heinrich Hermann Löh le. Zuerst wurde das Feuer gelöscht, kurz-, darauf ging aber nochmals Feuer in dem Hause -auf und zerstörte dasselbe bis auf da» Erdgeschoß. GaS HauS war von vier Familien be wohnt. Dem -wackeren Einschreiten der Feuerwehr ist eS zu danken/, daß die in nächster Nähe stehenden Häuser, welche längere Zeit bedroht waren, nicht mit abbrannten. Die Entstehung-Ursache deS Schaden feuers ist bis jetzt uwbekannt. Leute, die zunächst an Ort und Stelle waren:, wollen auf dem Boden mit Petroleum getränkte Saahen vorgefunden haben, was auf Brandstiftung schließen läßt. Den amtlichen Erörterungen über die EntstcHungsursachc wird mit dem größten Interesse entgegen gesehen. — Zwönitz, 2. Juni. Getvern fand hier der VerbandStag des Erzgebirgksch- Vogtländ ischen Schachverbandes statt, de-m Sonnabends zuvor eine Delegirtenversammlung vc>rauSgegangen war. ES wurde beschlossen, anstatt der bisherigen zwei Turniere nur eines noch jährlich abzuhalten, da für aber die Zeitdauer um einen Tag zu verlängern. Vertreten waren die Orte Chemnitz, LimbaH, Burg städt, Werdau, Eibenstock, Aue u. Lauter. Inf Haupt turnier erhielten in der ersten Gruppe den I. Preis P. V. Ketzer-Chemnitz, den 2. Preis Rößler-Chemnitz, den 3. Preis Lehmann-Limbach, den 4. Pre,s l)>. Rühl-Zwönitz; in der zweiten Abthcilung empfingen Hartewig-Chemnitz den ersten, Schaarschmidt-Liiubach den zweiten, Rausch-Eibenstock den dritten, Zorn-,Lim bach den vierten Preis. Im 'Nebenturnier wurden zuerkannt der 1. Preis C. B. Saupe-Chemnitz, der 2. Doberenz-Limbach, der 3. O. Saupe-Chemnitz, der 4. Hentschel-Zwönitz. Den vom Schachklub Zwönitz ge stifteten Ehrenpreis, ein Schachbrett mit Elfenbein figuren im Werthe von 30 Mk., dem Gewinner dk-r meisten Partien zugedacht, errang P. V. Ketzer-Chen,- nitz, der keine Partie verloren hatte. — Schneeberg, den 1. Juni. Mit gestrigem Tage schied der bisherige Commandeur des Landwehr- Bezirks Schneeberg Herr Oberst-Lieutenant von Zcschau aus seiner Stellung. Als Nachfolger ist Herr Major z. D. Pretzsch, früher beim 133. In fanterie-Regiment, ernannt worden. Herrn Oberst- Lieutenant von Zeschau zu Ehren war ein Ub- schiedsessen veranstaltet, zu welchem die Mitglieder der Casino-Gesellschaft, sowie die Offiziere des Bezirks zahlreich erschienen waren. Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich so recht, welch allgemeiner Beliebtheit sich der Scheidende erfreute und wie er eS verstanden hatte, während der verhältnißmäßig nur kurzen Zeit seiner Commando-Führung sich die Zuneigung ur,v Hochschätzung aller Derjenigen, die mit ihm in Be rührung gekommen, zu erwerben. Sein Weggang wird deshalb allgemein bedauert. DaS Offizier-Corps gab der Verehrung für seinen bisherigen Commandeur noch besonderen Ausdruck, indem es ihm ein schönes Abschiedsgeschenk überreichte. — Fahrvergünstigung für den Bezirksfeueö- wehrtag in Pausa. Den Feuerwehrleute», welche den am 7. bis 9. Juni in Pausa abzuhaltenden Be zirksfeuerwehrtag des Bezirksverbandes Bogtländischev Feuerwehren besuchen wollen, werden gegen Vorweis, ihrer Legitimations- bez. Festkarten vom 6. Juni ab! in der Richtung nach Pausa einfache Fahrkarten ver-' abfolgt, welche zur freien Rückfahrt auf deu betreffen den Strecken bis mit 10. Juni d. I. berechtigen. Die Gewährung von Freigepäck ist ausgeschlossen, auch wird die Benutzung von Schnellzügen auf solche Fahrkarten selbst bei Nachlösung von Zuschlagskarten nicht gestattet. — Aus dem Erzgebirge. In einigen Wald gegenden unseres Gebirges wird über eine die Wälder schädigende Industrie geklagt, der ernstlich entgegen gestrebt werden sollte. ES ist dies das AuSraufen des Preißelbeerlaubes zur Herstellung von Laub gewinden, Kränzen rc. Geht das Unwesen des Laub raufens so fort, so wird die Existenz der Preißelbeere gefährdet werden unv somit eine Einnahmequelle für arme Landbewohner gänzlich verstechen, abgesehen davon, daß der Waldboden eines Schmuckes und, Schutzes verlustig geht und den Waldvögeln die ohne^- hin kümmerliche Frühlingsnahrung durch Wegfall der überwinterten Beeren noch mehr beschnitten wird. > — Die amtliche Gewinnliste 5. Klasse 117. Königl. Sächs. Landeslotterie ist zur Ausgabe gelangt ; es ist daher jedem Spieler in unserer Sächs. Landeslötterie zu empfehlen, sich bei seinem Kollekteurs nach dem Schicksale seiner Nummer zu erkundigen. Viele erleiden dadurch Verluste, daß sie der irrthüm- lichen Ansicht sind, ihr LooS sei nicht gezogen da sie / die Nummer desselben, wie es leicht möglich ist, in den Tagesgewinnlisten überseheil haben. Aus vergangener Zeit — für «nsere Zeit. Ueber ein Jahrhundert ist seit dem Tage verflossen, da zwei kühne Männer zum ersten Mal den Versuch machten, das Reich der Lust zu erobern. Am S. Juni 1783 erprobten die Gebrüder Montgolfier den Luftballon: der Versuch fiel nicht glänzend aus, allein er war bahnbrechend für die Luftschifffahrt, die nun im Laufe der Jahre und Jahrzehnte zu einer Wissen schaft sich auszubilden begann, die heutzutage auch hochgebil dete Manner, z. B. im Generalstabe, lebhaft interessirt. S. Juni. Am S. Juni 1861 starb Graf C. Cavour, einer der be deutendsten italienischen Staatsmänner, der unerschrockene, be geisterte, thatkräftige und rastlos« Vorkämpfer für die Einheit