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Amts- und Anzeigeblatt für den «»scheint . ... E »ZLSZ Lyirk des Ämisgmchis Tidmllock Z-LL ftrtion«prei«: die Neinsp. ten, sowie »ei allen Reich«. Zeile 10 Pf und dessm Hlmgevung. P°st°nst°lten Berantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »r. z,-r«««a SS. Dienstag, den 20. Mai 18SV. Emkommensteucr und Anlagen bett. Am 30. April d. I. ist der 1. Termin Einkommensteuer für 1890 füllig gewesen und am 15. Mai d. I. ist der 2. Termin städtischer Anlagen für 1890 zu entrichten. Zur Bezahlung der terminlichen Beträge ist eine Frist von je 3 Wochen zugelassen. Es wird dies mit dem Bemerken hierdurch bekannt gegeben, daß nach Ablauf dieser Frist bez. betreffs der städtischen Anlagen ohne vorhergegangene persönliche Erinnerung das Zwangsvollstreckungsverfahren einzuleiten ist. Eibenstock, am 14. Mai 1890. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Bg. Die Militärdebatte im Reichstage, die am Donnerstag begann und am Freitag durch Ueberweisung der neuen Militärvorlage an eine Kommission ihre Beendigung fand, hat — soweit sich die« nach den bisher vorliegenden telegraphischen Meldungen erkennen läßt — im Auslande ziemlich beunruhigend gewirkt. So wird wenigstens aus Paris und Rom gemeldet. Aber auch im Jnlande hat die maßvolle und sachliche Behandlung, welche der betr. Vorlage von allen Parteien des Reichstages gewidmet wurde, den tiefgehenden Eindruck nicht verwischen können, den einige Andeutungen des Reichskanzlers Caprivi machten: Wir stehen noch bei weitem nicht am Ende unserer Friedensrüstungen! Bereits vor anderthalb Jahrhunderten, als von unserem heutigen „Militarismus" noch nicht im aller entferntesten die Rede sein konnte, sagte Montesquieu: »Die Folge unserer Rüstungen ist eine fortwährende Vermehrung der Steuern und eine Verarmung des Landes." Sonderbarer Schwärmer! WaS würde er erst gesagt haben, wenn er die Rüstungen des ersten Napoleon erlebt, wenn er von dessen „großer Armee" gehört hätte! Und wiederum diese große Armee! Wo existirt denn heute eine europäische Macht, die nicht die doppelte Anzahl Truppen ins Feld führen könnte! Die Franzosen haben sogar gegen 4 Millionen Soldaten... auf dem Papier wenigstens. Deutschland ist fast von Jahr zu Jahr schweren Herzens dem stets neuen Beispiel Frankreichs betr. Erhöhung der Wehrkraft gefolgt. Auch die Opposi tionsparteien betonen, daß sie stets „jeden Mann und jeden Groschen" bewilligt haben. Jrrthümlicher- weise war angenommen worden, daß die noch vom vorigen Reichstage gemachten Mehrbewilligungen auf absehbare Zeit hätten die letzten sein sollen. Die neue Militärvorlage belehrt uns eines anderen und die Andeutungen des Herrn Reichskanzlers eröffnen eine noch weitere Perspektive. Der Gedanke der „allgemeinen Wehrpflicht" soll möglichst einheitlich durchgeführt werden. „Kommt Krieg zu uns, so darf kein waffenfähiger Mann zu Hause bleiben: wir wollen also die Organisation so schaffen, daß alle zum Waffendienst ausgehobenen Leute auch fähig sind, die Waffen auszunutzen. Das ist ein Punkt, worin die verbündeten Regierungen sich mit dem Abg. Richier eins wissen werden, in der vollen Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht, des alten Scharnhorstschen Gedankens." So sagte Herr v. Caprivi. Daß das Septennat aufgegeben wird, scheint jetzt schon feststehende Thatsache zu sein; aber wenn man sich nur an die gesetzliche Bestimmung de« Verhält nisses der Präsenzstärke zur Bevölkerungsziffer von 1 Prozent hält, dann würde die Friedenspräsenzstärke, welche jetzt besteht — selbst wenn man die neuge forderten 18,000 Mann hinzurechnet — bedeutend überschritten werden. Auch auf die Verminderung der Militärlast de« Einzelnen ging der Reichskanzler ein, aber nicht etwa insofern, al« daß er eine Herab setzung der Dienstzeit befürwortet hätte, sondern eS dem Urtheil der sachverständigen Militär« anheimgab, ob durch Beurlaubungen u. dergl. m. Erleichterungen geschaffen werden könnten. Nach Ablauf des Septennat« und gewissermaßen al« Fortsetzung und Ersatz desselben wird ein neuer Militär - Organisationsplan in Kraft treten sollen, der im wesentlichen auf der Bast« beruht, die Herr v. Caprivi angedeutet hat. Diese „Reform" ist sehr schwerwiegend und bildet für die sozialreformatorischen Bestrebungen der Regierung, auf deren Boden sie sich mit allen Parteien zusammenfand, ein recht er hebliches Gegengewicht. Man hat von der Arbeitcr- schutzgesetzgebung eine neue Parteigruppirung im Reichstage erwartet. Dieselbe ist auSgeblieben und es haben sich nicht einmal Anfänge davon gezeigt. Eine Militärvorlage aber, wie sie in zwei Jahren in Sicht ist, wird diese Neugruppirung sicher bewirken, wenn man auch nicht die Ansicht eines Berliner Blattes zu theilen braucht, welches sagt, es würde wieder zu einem Konflikt zwischen Regierung und Volksver tretung kommen, so scharf wie er kaum in den sech ziger Jahren bestanden hat. HagesgeschichLe. — Deutschland. Man spricht in Marinekrei- scn davon, daß der deutsche Kaiser und der Czar sich im Juli dieses Jahres zu Kopenhagen im Kreise der dänischen Königsfamilie begrüßen werden und zwar werde Kaiser Wilhelm auf der Rückreise von seinem Besuche vom Königlich schwedischen Hoflager zu Christiania in der dänischen Hauptstadt Rast machen. — Prinz-Regent Luitpold genehmigte die Sammlungen in Bayern für eine» am Starnberger See zu errichtenden, dem Andenken an den Fürsten Bismarck gewidmeten Thurm, sowie für das in Ber lin zu errichtende Bismarck-Denkmal. — Von einer neuen Lockerung des Schweine- Einfuhrverbotes wird ans Stuttgart Mit theilung gemacht. Das dortige Ministerium des Innern macht bekannt, daß mit Genehmigung deS Reichskanzlers fortan die Schweineeinfuhr aus Oester reich-Ungarn über Friedrichshafen nach den Schlacht häusern in Stuttgart und Ulm gestattet sein soll. — Ratibor, 16. Mai. Ueber das große Un glück auf der Oder am Himmelfahrtstage Nach mittags an der Ueberfahrtsstelle von Slawikau nach Thurze entnehmen wir der „Oberschles. Presse" folg ende Einzelheiten: Eine größere Anzahl von Kindern aus Thurze, Budzisk und Ruda, meistens Mädchen, welche'Sonntag zum Tische des Herrn geführt wer den sollten, kehrten nach Wahrnehmung des durch ihren Seelsorger in Slawikau ertheilten Unterrichts gegen 3 Uhr heim und wollten die Slawikau-Thurzer Uebersähre des Johann Kostka benützen. Dessen Fährknecht Franz Czogalla aus Thurze lehnte es ab, die mittelst Kahnes zu bewerkstelligende Ueberfahrt mehr als einmal zu machen, und nahezu 50 Per sonen, darunter mehrere Erwachsene, bestiegen des halb das Boot auf einmal. Der überladene Kahn, geführt nur von dem einzigen Fährmann, gelangte nicht an das jenseitige Ufer. Fast mitten im Strome, welcher hier beträchtliche Tiefe besitzt, schlug der Kahn infolge der Ueberladung um und unter markerschütternden Hülferufen sanken seine Insassen in die Fluth. Krampfhaft klammerte sich eines der armen kleinen Wesen an das andere oder an den Kahn, händeringend standen am Ufer wenige Men schen, die nicht im Stande waren. Hilft zu bringen. In der Angst deS Tode« kämpften die Versinkenden um ihr Leben ohne Schonung deS Anderen. Einen entsetzlichen Anblick gewährte e«, al« die Stärkeren von den Schwächeren zur Rettung auSersehen, mit diesen in der Tieft versanken. Nach wenigen Minu ten war auf der Unglücksstätte wieder tiefer Frieden. 42 Menschen waren auf einmal ertrunken, 6 Kinder nur zog man später lebend an« Land. Unter den Ertrunkenen befinden sich 7 Erwachsene. Die Kunde von dem Unglücke verbreitete sich in den umliegenden Dörfern mit Windeseile. Schaaren von Menschen, Männer und Frauen, Kinder und Greise eilten her bei, um da« Entsetzliche zu vernehmen. ES spielten sich herzzerreißende Szenen ab. Eine Frau stürzte sich in den Fluß, um ihr Kind zu suchen, Männer sprangen nach und zogen die fast Wahnsinnige wieder heraus. Der Fährmann Czogalla hatte sich gerettet, auf ihm ruhten Hunderte von Augen und verlangten Rechen schaft. Der Mann wurde verhaftet. Weiber knieten am Flusse, rauften sich die Haare, schrieen oder beteten unv dem stärksten Manne erbebte das Herz, als er den namenlosen Jammer so vieler gequälter Mütter sah. Mehreren Familien ist das einzige Kind geraubt worden, der Jammer ist dort noch größer. Für den nächsten Sonntag, an welchem die Kinder zur ersten hl. Kommunion gehen sollten, waren manche Vor bereitungen getroffen. Selbst die ärmsten ver armen Dorfbewohner hatten neue Kleidchen für ihre Kinder an geschafft, um ihr Liebstes für diesen wichtigen Tag zu schmücken; nun sind es Sterbekleider. Behörd licherseits sind sofort telegraphisch Kähne herbeigerufcn worden, um die Auffindungsarbeiken der Leiwen in Angriff zu nehmen. Gendarmerie ist ebenfalls am Platze. Heule Vormittag wurde der festgenvinmene Fährmann gefesselt ins Gerichtsgesänguiß zn Ratiber eingcliesert. Er ist ein großer starker Mann, welcher ein Fahrzeug zu führen sehr wohl im Stande ist. Angetrunken soll er nicht gewesen sein. In Thurze, Buszisk und Ruda herrscht tiefe Trauer. Die armen Leute gehen am Strome auf und nieder und warten daß die Fluchen ihnen ihr Liebstes wiedergeben. Der Ortsgeistliche wie die örtlichen Behörden sprechen ihnen Trost zu und das herzzerreißende Geschrei, das Seufzen und Stöhnen, welches durch die Finster niß der Nacht ertönte, ist heute einem stummen Schmerze gewichen. — Frankreich. Constans bereitet einen Ge setzentwurf betr. einen Pensionsfonds für Ar beiter vor. Bezugsberechtigt sollen diejenigen Ar beiter sein, welche entweder ein bestimmtes Alter ha ben oder erwerbsunfähig geworden sind. — Der Ab geordnete de Gaste hat seinen früheren Vorschlägen auch den einer Verfassungsänderung hinzngefügt. Nach demselben soll die Zahl der Senatoren auf 200, die der Abgeordneten auf 400 herabgesetzt werden, die zu gleichen Hälften aus Männern und Frauen be stehen. „Wenn die Frauen mitbeschließen, wird der Krieg unmöglich," sagt Gastö, „denn die Regierung der Königin Viktoria ist ungleich besser für England gewesen als die Regierung Napoleons i. für Frankreich." — Den französischen Militärs verursacht der Um stand Kopfschmerzen, daß der deutsche Soldat 150 Patronen bei sich führt, der französische nur 116; da- deutsche Gewehr ist nämlich um den Gewichts unterschied leichter. — England. Seit einigen Tagen hat sich die in London herrschende Aufregung über die afri kanische Frage wesentlich gesteigert, und zwar in folge von angeblich verbürgten Nach iwten über den Verlauf der in Berlin geführten Verhandlungen betreffs der Abgrenzung der Interessensphären in Ostafrika. England soll nicht nur die Ausdehnung der deutschen Sphäre in der bisherigen Breite bi« an den Congostaat anerkannt, sondern auch im Sü den den reichen, für den Aufenthalt der Europäer bestens geeigneten, etwa hunderttausend Quadratmei len umfassenden Distrikt vom Bambangwatto abge treten haben. Lseale ««d sLchfische »«chrichte«. — Eibenstock, 19. Mai. Ein schneller Tod ereilte vorgestern Abend den ca. 30 Jahre alten Hand arbeiter Julius Glier von hier. Am Sonnabend