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Amts- und Anzeigevlatt für den SMDZ SeM des Amtsgerichts Lidenstsck sertionSpreiS: die kleinsp. o Pf und dessen Umgebung. Abonnement viertelt. 1 M. 20 Pf. (inet. Jllustr. Unterhalts.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reich»- Postanstalten. 58. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. 37. Jasr««»«. Sonnabend, den 17. Mai 18SO. Bekanntmachung. Vom Reichsgesetzblatt auf das Jahr 1890 sind Nr. 12, 13 und 14 erschienen und enthalten unter Nr. 189b: Verordnung, betreffend die Einberufung des Reichstag«; Nr. 1896: Gesetz, betreffend die Abänderung der Militär Straf gerichtsordnung; Nr. 1897: Gesetz, betreffend die Aufhebung des Gesetzes über die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern vom 4. Mai 1874. Diese Gesetzblätter liegen zu Jedermanns Einsichtnahme an Rathsstelle aus. Eibenstock, den 14. Mai 1890. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Neumann. Konkursverfahren. Ueber das Vermögen des Schnittwaarenhändlers O. lillllx- in Hiöen- flock wird heute am 3. Mai 1890, Nachmittags 4 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Landrock in Eibenstock wird zum Konkursverwalter er nannt. Konkursforderungen sind bis zum 20. Mai 1890 bei dem Gerichte an zumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, so wie über die Bestellung eines GläubigerausschusjeS und eintretenden Falles über die in § 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände — und zur Prüfung der ««gemeldeten Forderungen auf dm 3. Juni 1890, Wormittags 10 Mr vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegebeu, nichts an den Ge meinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 20. Mai 1890 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Eibenstock, am 3. Mai 1890. (gez.) Kautzsch. Bekannt gemacht durch: Gruhle, Gerichtöschreiber. Montag, den 19. Mai 1890, Nachmittags 2 Uhr soll in dem Maschinengebände des Herrn Maurermeister Kieß hier eine Stilkmaschiue öffentlich gegen Baarzahlung versteigert werden. Eibenstock, am 16. Mai 1890. -tzvliüirllvrn, Gerichtsvollzieher. Die Schraube ohne Ende. Es ist eine überaus erfreuliche Thatsache, daß die Person Kaiser Wilhelms in Frankreich eine durchaus unbefangene Würdigung erfährt. Der thatkräftige Monarch, der ein strammer Soldat, ein unerschrocke ner Seemann, ein pflichtgetrcuer Regent ist, imponirt den Franzosen. Anfangs haben sie, wie das sonst radikale und deutschfeindliche Blatt „Paris" selbst zu gesteht, über seine Reisen, seine Alarmirungcn, seine Paraden, seine Jagden, seine die geringsten Dinge regelnde» Veränderungen gelächelt. „Wir müssen unseren Spott aufgeben!" schreibt jetzt das Blatt. „Kaiser Wilhelm hat den Willen, das Rechte und Gute zu thun. Er arbeitet und begreift vortrefflich Verhältnisse, mit denen sich Souveräne sonst nicht zu beschäftigen pflegen." Die Stimme ist keineswegs vereinzelt. Die aller meisten französischen Blätter haben Worte der Aner kennung für den jungen deutschen Kaiser. Ihre Be fürchtung, daß er ein bloßer „Soldatenkaiser" sei, der die nächste, beste Gelegenheit vom Zaun bricht, um Frankreich mit Krieg zu überziehen, ist vor den realen Thatsachcn längst verflogen. Gerade Kaiser Wilhelm war cs, der durch die Einberufung der Arbeiterschutzkonfercnz den Regierungen Europas neue, schwere, friedliche u. friedenheischende Aufgaben stellte, der aber keineswegs für die Gefahren blind ist, die Deutschland bedrohen könnten, wenn einmal der Gang der Dinge in Frankreich und Rußland die Regier ungen dieser beiden Länder auf das Mittel verwiese, die Wirren im Innern durch Aktionen nach außen unschädlich zu machen. Einen solchen Fall, nicht (wie es vorgiebt) seiner Vertheidigung, faßt Frankreich ins Auge, wenn es seine kriegerischen Rüstungen fortwährend verstärkt und das nach allen Seiten hin offene Deutschland zur Nachfolge zwingt. Echt pharisäisch klingd daher das Kummerlied der sonst ganz vernünftig urteilen den Pariser „Liberte", welches dieselbe in Hinblick auf die jüngste Thronrede des Kaisers und die An kündigung der neuen Militärvorlage anstimmt. „ Deutsch land mit seiner verhängnißvollen Politik", so jammert da« Blatt, „ruinirt sich und un« alle, die wir uns zu vertheidigen (!) haben. Deutschland macht au« Europa ein von Kanonen und Soldaten starrende« Lager, während es eine wunderbare ungeheure Werk statt des Friedens sein sollte. So lange man sich in Berlin nicht von dieser Wahrheit überzeugt hat, so lange man dort jedes Jahr neue Kredite fordert, um die Vertheidigung«- und Angriffs-Kräfte zu verstärken, so lange ist e« lächerlich, von sozialen Reformen und von der Besserung de» Lose« der zahllosen Arbeiter zu sprechen." Da« ist natürlich die pure Heuchelei. Deutschland ist nicht der Feind Frankreichs, Deutschland hat von Frankreich nichts zu fordern als den Frieden und friedliche Nachbarschaft. Französische Staatsmänner haben wiederholt, wenn auch nicht immer ohne spöttische Nebenbemerkungen, darauf hingewiesen, daß die An regungen zur Versöhnung zwischen beiden Ländern immer noch von Deutschland ausgingen. Wenn es manchen Abgeordneten noch zweifelhaft war, ob er der neuen Militärvorlage seine Zustimmung geben sollte, so müssen die neue» Nachrichten aus Paris über de» Bau »euer strategischer Bahne», Anlage neuer Befestigungen und Verstärkung der an der Grenze liegenden Truppen den Ausschlag geben. Frankreich kann sich mit dem Gedanken nicht ab finden, daß ihm sein Raub von vor 2M Jahren, Elsaß und Lothringen, alte deutsche Lande, wieder ab genommen worden und daß Deutschland fähig und willeits ist, das Wievererworbeue festzuhaltcn. Ma gazingewehre, rauchloses Pulver, strategische Bahnen, Truppenvermehrungen au der Grenze: in allen diesen Dingen hat Frankreich immer den Anfang gemacht, Deutschland ist ihm nothgcdrungen gefolgt. Darum ist es auf eine absichtliche Jrrthumserrcgung abge sehen, wenn die französische Presse Deutschland die Schule an dem stetig wachsenden Militäretat der europäischen Staaten aufbürden möchte, wie denn ja auch der mitteleuropäische Friedensbund ausdrück lich und ausschließlich Bertheidigungszwecke ver folgt. Wenn sich also die sozialen Reformen, die nächste Kulturaufgabe aller zivilisirtcu Staaten, lang samer vollziehen, als dies allgemein als Wünschens werth erscheinen mag, so können sich die Arbeiter aller Länder dafür bei Frankreich bedanken, welches die andern Staaten zur Aufwendung militärischer Mittel zwingt, die besser für die kulturfördcrnde Re formarbeit verwendet würden. Hagesgeschichte. — Deutschland. Der deutsche Kaiser weilt gegenwärtig mit seiner Gemahlin in der Hauptstadt der Ostmark des Reiches, in der alten Krönungsstadt Königsberg, umranscht von den Huldigungen der treuen Bevölkerung jener Landestheile. An das alte Schloß, in welchem heute der Herrscher die Edlen der Provinz um sich versammelt, knüpfen sich gar viele Erinnerungen des Herrscherhauses und der vater ländischen Geschichte, stolze und erhebende wie herbe und schmerzliche. Hier hat der Hohenzollernaar zuerst die Krone auf da« kühne Haupt gesetzt, die er seitdem in einer Geschichte ohne Gleichen immer herrlicher gestaltete; hierhin zog sich die Königsfamilie zurück, al« da« geschändete Vaterland aus den Trümmern sich langsam erhob, um die Freiheit wieder zu er zwingen. In den Hallen, die jetzt der junge Kaiser mit seiner anmuthigen Gemahlin durchschreitet, hat Königin Luise in Leid und Harm gewaltet, ihren Gatten aufmunternd zn Hoffnung und Vertrauen, obschon selbst im Herzen schier verzweifelnd an der Zukunft des geliebten Vaterlandes. Mit welche» Ge fühlen wehmüthiger Erregung muß der jugendkräftige Erbe jetzt eine Stätte betreten, die durch so heilige Schmerzen geweiht worden. Wie anders steht heute sein Haus, sein Vaterland als damals, da hier Hof gehalten werden mußte, an der Grenzmark des gede- müthigten Staates, der auf de» Lorbeer» des großen Friedrich eingeschlafen war. Und daß nimmer wieder die Höhe verlassen werde, ans welche der Hohen- zollern Kraft und That die Nation gehoben, müht sich der Träger der Krone ohne Rast in stetigem großen Wollen. Daß ein herrliches Gelingen sein Streben lohne ist der glühende Wunsch jedes Deutschen, der dankbaren GemütheS gelernt hat, vie Mahnungen der Geschichte zu verstehen und zu beherzigen. Bei der am 14. d. stattgehabten Galatafel brachte der Kaiser folgenden Trinspruch aus: „ES war schon längst die Absicht der Kaiserin und die Meinige, hierher zu kommen, um die Provinz zu begrüßen. Ich freue Mich deshalb um so mehr, daß Ich jetzt die Ge legenheit habe. Sie hier zu sehen; seien Sie Mir Alle herzlich willkommen in diesen Räumen, die schon Manches von Unserer Geschichte gesehen haben und davon erzählen können. Für Uns Könige von Preußen ist diese Provinz von ganz besonderer Wichtigkeit und es zieht Uns ganz besonders hierher nach der alten Stadt Königsberg; ist doch hier die Wiege des Königthums Preußens, stammt doch die Erhebung und die Wiedercrstarkung des niederge- workenen Vaterlandes von hier, sind doch hier die Tugenden auSbaltender Treue, der Hoffnung auf bessere Zeiten, des Festhaltens in der Liebe zu dem angestammten Königshause köstlich erblüht. Ich für Meine Person hänge ganz besonders an der Provinz, denn viele ihrer Söhne sah Ich; in meinem militär ischen Leben habe Ich sie in den verschiedensten Kommandoverhältnissen unter Mir gehabt, tüchtigere Soldaten habe Ich selten gesehen, tüchtigere Männer auch in höheren Stellungen nicht gefunden. Die Provinz ist nach Meiner Ueberzcugung die Säule des Vaterlandes, eine Quelle für die Entwickelung des Königreichs Preußen. Die große landwirthschaft- schaftliche Bevölkerung, die hier in dieser Provinz ihre strebsamen Arbeiten und ihr förderliche- Wirken vollzieht, ist der Boden, aus dem Wir Unsere Kraft schöpfen, und Ich halte e« für Meine Pflicht, dafür zu sorgen, daß für diese Landbevölkerung gesorgt und daß sie gestärkt und erhalten werde; da« werde Ich thun, so lange Ich regiere. Ich erhebe Mein GlaS und trinke auf die Wohlfahrt und da- Gedeihen der Provinz Ostpreußen. Möge sie fortschreitend sich heben und möge sie fortschreitend blühen, möge sie verschont bleiben von Krieg und Kriegeszeiten. Sollte eS aber nach Gotte« Rathschluß Mir auferlegt sein.