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Mädchen zu, ergriff ihre Hand und blickte ihr mit so merkwürdigem Blick in die Augen, daß Rosa nicht wußte, was sie davon denken sollte. Da schluchzte die Tante auf: „Mein armes Kind, wie soll ich'S nur sagen!* „Sag es nur offen, liebe Tante, was kann uns Schlimmeres geschehen, als uns schon geschehen ist", sagte sie mit müder Stimme. Und die gute Tante erzählte, angstvoll den Ein druck erwartend, den ihre Worte hervorriefen. Sie dachte nur an ihre Schützlinge, der Gedanke, daß ja auch sie selbst eine Enttäuschung erlebe, kam ihr gar nicht in den Sinn; sie war eine edle und selbstlose Natur. Merkwürdiger Weise aber traf die Hiobspost das junge Mädchen nicht so wie sie gedacht. Wohl wurde das bleiche Antlitz um einen Schein bleicher, doch ruhig klang ihre Stimme, als sie antwortete: „Nach dem, was wir eben erlebt, erscheint das neue Unglück nur klein, obgleich cs mir unbegreiflich ist. Wenn Du meinst, daß es noch Zeit ist, liebe Tante, so laß uns heute noch abfahren. Einiges möchte ich von meinen theuren Eltern al« Andenken bewahren, wenn es uns nicht vergönnt wird, die lieben Möbel zu be halten." Die Tante ließ Alles zur Abfahrt bereit machen, denn der Zug fuhr in wenigen Stunden, mit dem sie reisen mußten. Eine Frage stieg noch in Rosa auf: „Was sagt mein Verlobter dazu?" und als die Tante sie ver sicherte, er wisse noch nichts, bat sie, die Ucberbring- erin dieser Botschaft bei ihm sein zu dürfen. Die Tante glaubte, sie wolle es ihm recht schonend beibringen. „Gewiß Kind, wenn Du magst, soll er es durch Niemand anders erfahren als durch Dich", sprach sie. Nun stieg Rosa noch in das Stübchen binauf, das die Tante ihnen Beiden eingerichtet. Sie fand Meta mit gedankenvoller Stirn am Fenster sitzend. Rosa setzte sich neben sie und begann ihr den Um schwung der Dinge mitzutheilen, den sie soeben selbst erfahren. Meta lachte bitter auf. „Nun ja," rief sie aus, „das fehlte ja auch noch! Wirst Du nun ein Putz-Geschäft eröffne» oder Klavierstunden geben? — Wir wohnen alsdann in einer Dachkammer und ernähren uns kümmerlich aber redlich, wie so schön in den Romanen zu lesen ist! — Ach nein, ich ver gesse ja, daß Du versorgt bist. Ich kann aber ohne die gewohnten Bequemlichkeiten nicht leben," fügte sie ernster werdend hinzu. „Kleinliche Verhältnisse tödten mich, vielleicht ist es nicht ganz so schlimm. Hoffen wir, daß so viel für Dich zu Deiner Aussteuer, und für mich zu irgend einem Unternehmen bleibt. Was sagt denn Dein Verlobter dazu?" „Er weiß es noch nicht, ich wollte mit Dir noch über ihn sprechen. Aber ich glaube. Du kannst mir augenblicklich doch nicht rathen", antwortete Rosa ge drückt. „Mir ist ein Gedanke gekommen, der mir keine Ruhe läßt, und ich kann ihn mit dem besten Willen nicht los werden." „Sprich, liebste Rosa", rief Meta aus, „Verzeih, daß ich mit meinen Worten Dich Arme verletzt habe. Ich bewundere Dich, Du bist immer so besonnen, so still. Ich bin gleich oben aus, so hitzig und so un vernünftig." „Als wir der Verlesung des Testaments unseres theuren Papas beiwohnten, hob ich unwillkürlich den Blick, als Dein und mein Name verlesen wurden. Da sah ich in den Augen meines Verlobten einen so eigenthümlichen, so triumphirendcn Blick, daß es mir in die Seele schnitt. Er empfand augenscheinlich eine große lebhafte Freude. Er konnte sie ja verbergen. Warum liegt ihin denn am Geld? Er ist doch selber reich, oder sollte es nicht der Fall sein. Sollte mein Reichthum ihn zu diesem Schritt veranlaßt haben? Dann würde er ja recht empfindlich gestraft." „Laß mich offen zu Dir reden, Rosa," sprach Meta, indem sie sich erhob. „Du, Du liebst ihn nicht, und nun sucht Deine Phantasie einen Punkt, der von seiner Seite das Gleiche beweise. Das Zeichen, das Du zu sehen meinst, ist ein trüglichcs. Curt ist reich, sehr reich, sagte Papa einst. Darum kann er sich ja freuen, daß sein Besitz zunimmt; wer bekommt leicht zu viel. Sei nicht thöricht und verdirb Dir diese schöne Partie. Wenn Du auch nicht zu heiße Liebe für ihn empfindest, die Hauptsache ist, er hat sie für Dich." „Darüber denke ich anders", entgegnete Rosa, „mir wäre eS lieb, unsere Liebe wäre von beiden Sei ten eine innige, schöne, wahre Liebe, die für den An deren Alles hin^eben kann. Dächte ich, er hätte sie für mich nicht, ich nur für ihn, dann würde ich ihn bitten, mich frei zu geben. Aber ich zweifle sehr. Du sagst, Papa hielt ihn für reich; verstehst Du nun, weshalb unser armer Papa, der so finster einher ge gangen war, auf einmal auflebte, als würde eine Last von ihm genommen? Seine zerrütteten Verhältnisse waren diese Last, er glanbte durch eine Verbindung mit dem reichen Haust sich wieder helfen zu können, doch scheint«, als hätte einer vom Anderen große Dinge gehofft. Wie froh bin ich, wenn ich bedenke, daß der gute Papa diese Täuschung nicht hat erleben müssen, die hätte ihn schwer getroffen." „Darin gebe ich Dir Recht, Rosa, und was Deine Ahnung anbetrifft, solltest Du auch darin Recht ha ben, dann giebt Dich Curt frei, dann stehen wir Beide gleich. Ist es nicht der Fall, dann bist Du unend lich glücklicher al« ich. Sprich mit ihm offen und beobachte ihn, dann kannst Du bald genau wissen wie es steht." Rosa schrieb an ihren Bräutigam eine Depesche, daß er sie vom Bahnhofe abholen solle. Dann suchte sie die Tante auf. — Curt fand sich am Bahnhofe ein, nicht wenig er staunt, seine Braut schon wiederkehren zu sehen. Er konnte sich gar nicht denken, was sie herführte, noch weniger, was sic von ihm wolle. Die Tante und Rosa stiegen eben aus. Erstere schützte einen Gang vor und ließ die Beiden allein. Rosa leitete denn auch sofort das Gespräch ein: „Ich bat Dich, lieber Curt, weil ich Dir eine Mitthcilung zu machen habe, eine Mittheilung, die Dich nahe angeht." Etwas unruhig schaute der Herr Baron auf seine Braut herab, sie fing ja so viel verheißend an, und in ihrem ganzen Wesen war eine erwartungsvolle Scheu zu lesen. Was in aller Welt mochte sie nur wollen. Je länger er sie ansah, desto unheimlicher und schwül wurde ihm zu Muthe. Sie lenkte in die um diese Zeit ganz verlassene Lindenallee ein und be gann : „Die Welt und wir Alle lebten in einem Jrr- thum dahin, der sich nach meines Vaters Tode auf geklärt hat. Kannst Du eS fassen: ich bin hier, um einige werthe Andenken an meine theuren Tobten zu retten. Von unserem Reichthum wird wenig für uns bleiben, mit einem Wort — wir sind arm. Ucber Nacht vollzog sich der Schritt vom üppigsten Reich thum zur Armuth!" Curt war unwillkürlich stehen geblieben, seine Au gen starrten sie an, die schwarzen Sterne schienen auf den Grund ihrer Seele dringen zu wollen. Sie aber hielt diesen Blick aus und vollendete ihre Rede: „Ja, wir sind arm geworden, oder besser gesagt, gewesen. Mein armer Vater hatte nicht den Muth, uns unseren Jrrthum zu nehmen. Die Millionen sind seit Jahren bereits statt in seinem Geldschrank nnr im Munde der Leute gewesen. Hätte der Tod nicht plötzlich seinem Mühen ein Ende gemacht, er hätte sich vielleicht mit Hülfe treuer Freunde wieder empor gearbeitet und uns Allen wäre es verborgen geblieben, wie das Gespenst der Sorge an seinem Lager gestanden und seinen Schlaf verscheucht. Sehr oft ist er in der Nacht zu seinen Büchern gegangen und wir Verblendeten ahnten den Grund nicht." Curt wandelte wie im Traum dahin, sie sah zu ihm empor und erschrak, wie verändert war der schöne Curt in der halben Stunde; die Augen, die sonst so siegesbewußt drcinschauten, waren matt, der Glanz in ihnen erloschen, sein stolzer fester Gang war dahin, er schlich wie ein müder Greis an ihrer Seite fort. Rosa nahm dies Alles mit dem ersten Blicke wahr, nun wußte sie was kommen würde, sie hatte sich in threr Vermuthung nicht getäuscht. Es schien ihr ein Glück, daß es so kommen würde, aber ein bitteres Gefühl mischte sich doch dazu; da er sie nicht liebte war's gut, er gab sie frei, sie hatte gemeint ihn zu lieben, als sie das Jawort gab, und doch fühlte sie sich leicht, daß sie auseinander gingen. „Nur um's Geld," dachte sie und die Lippen preß ten sich aufeinander. (Fortsetzung folgt.) Zur Geschichte von Eibenstock. Die Stadt Eibenstock, ehemals Jbenstock, Ebcnstock, Eybenstog, Eybenstock geschrieben, 632 Meter über dem Meere gelegen, verdankt dem Bergbau ihre Entstehung. In einer alten Urkunde von 1277 kommt ein Mann mit Namen von Ebenstock vor, wahrscheinlich der erste Grundbesitzer in dortiger Gegend. Damals siedelten sich dort Bergleute aus dem Harze au und bauten auf Eisen und Zinn. Im Jahre 1400 blühte hier der Bergbau sehr, und eine Familie Stiegel besaß, des Berg- und Hammerwerks verständig, ihre Blau öfen um Schmiedeberg, Steinbach, Rauschengrün und Preßnitz. Wie alle Ansiedelungen an der Grenze Böhmens litt auch Eibenstock durch die Einfälle der Hussiten nicht wenig; viele Einwohner wanderten aus. Doch kamen bald nach dem Ende jener unruhigen Periode wieder bessere Zeiten. Ein altes Gerichts buch von 1499 beweist durch die darin niedergelegten Käufe und anderen gerichtlichen Handlungen, daß die Einwohner von Eibenstock ihren Pfarrer, Richter und Schöppen gehabt und schon reichlich mit Beckern, Wiesen, Wäldern, Bergwerken u. s. w. gesegnet waren. Ausdrücklich wird erwähnt, daß sie dieselben von ihren Vätern und Großeltern ererbt hätten. Bis zum Jahre 1533 war Eibenstock im Besitze der Familie von Tettau. Im Jahre 1534 kaufte es der Landesherr Johann Friedrich der Großmüthige und ertheilte ihm Stadtgerechtigkeit. Es war über- dieS damals schon sehr gewachsen, nachdem 1527 in Folge der reformatorischen Bewegung viele böhmische Exulanten eingewandert waren. Der Bergbau war noch immer bedeutend. Trotz der überaus freien und gesunden Lage Eibenstocks wüthcte doch 1599 ein mal die Pest in wahrhaft furchtbarer Weise, 1617 folgte eine HungerSnoth und 1632 eine entsetzliche Plünderung durch die wilde Soldateska des kaiser lichen Generals Holk. Im Jahre 1657 begabte der Kurfürst Johann Georg II. die sogenannten Freihöfe, den oberen, mittleren und unteren, mit umfassenden Gerechtigkeiten. Darinnen heißt es: „Dazu mögen sie Rehe und Schweine fangen, so viel sie können ; von die Bären zu fangen aber lassen wir jedem jähr lich ein Stück Wild durch unfern Oberförster zu Burkharvtsgrün gnädigst folgen." Als der Bergbau sank, trat auch hier die Indu strie in den Vordergrund. Der Hauptindustriezweig, das Tambouriren, ist ein Geschenk der Liebe. Zu Thorn an der Weichsel hatte die Fürstin Radziwill eine gewisse Klara Anaermann in einem Kloster er ziehen lassen. Im Jahre 1775 nach Eibenstock zu ihrem Oheim, dem Oberförster Angermann, überge siedelt, brachte sie die Kunst des Tambourirens mit und lehrte sie. Tausende verdanken ihren Lebens unterhalt seitdem jener edlen Frau, welche in der Industrie des Erzgebirges eine ähnliche Stellung ein nimmt, wie Barbara Uttmann. Später machte sich um die AuSnähterei besonders die Gattin des Rektors Ficker geb. Nier (f- 1832) verdient, indem sie darin ausgezeichneten Unterricht ertheilte. Neben diesem Erwerbszweig blühte auch im vorigen Jahrhundert der Arzneihandel. Die Bereiter und Händler der mancherlei Kräuter und Arzeneien nannte man La boranten. Was die kirchlichen Verhältnisse Eibenstocks be trifft, so ward die Reformation schon vor 1530 hier cingeführt. Der erste evangelische Pfarrer war der frühere Priester Kaspar Stahl aus Schneeberg, der bis 1548 amtirte und Bergherr ward, aber erst 1594, 103 Jahre alt starb, also ein wahrer Methu salem. Pfarrer hatte Eibenstock 20, Diakone seit 1618 im Ganzen 23; unter ersteren ist erwähnens- werth, Christian Pufendörfer, er war nämlich der Oheim des berühmten Staatsrechtslehrers Samuel Pufendorf. Die alte Kirche erhielt ihre endgiltige Gestalt im Jahre 1668. Sie besaß eine schöne, von Daniel Handel in Zwickau gegossene Glocke und herrliche Abendmahlsgefäße. Auf einem alten, im 17. Jahrhundert angefertigten Bilde Eibenstocks von der Hand Dilichs, ragt sie hoch und stattlich über die Häuser empor. Durch wiederholte Brände ist das alte Eibenstock fast völlig vom Erdboden vernichtet, namentlich durch das verheerende Feuer von 1862. Seitdem ist Eibenstock eine neue schöne Stadt mit einer 1868 vollendeten Kirche. Das Wappen Eibenstocks ist ein Schild mit Sense, Rechen und Kleeblatt und weist auf Landwirthschaft und Bergbau hin. Jetzt ist die Industrie die herr schende Beschäftigung der Bewohner. Im Jahre 1754 bestand die Stadt aus nur 320 Häusern. Noch vor 40 Jahren hatte Eibenstock 5229 Einwohner in 1121 Haushaltungen und 418 Wohngebäuden. Heute hat sich die Einwohnerzahl (nach der letzten Volkszähl ung) auf 6913 vermehrt. Eibenstock gehört zu denjen igen Städten, die sich wenigstens für die ältere Zeit einer guten Chronik erfreuen. Im Jahre 1748 gab der Eibenstocker „Mägdlein-Schulmeister" Johann Paul Oettel seine in Schneeberg gedruckte „Alte und Neue Historie der kgl. privil. und kurf. sächs. freyen Bergstadt Eibenstock" heraus, zu der 6 Fortsetzungen erschienen sind. Es würde sich lohnen, die Geschichte Eibenstocks gründlich bis auf die neueste Zeit herab zu beschreiben. ^ekcnsversicherung. Soweit aus den bis jetzt veröffent lichten vorläufigen Angaben entnommen werden kann, ist es der „Allgemeinen VersorgungSanstalt im Großherzogthum Ba den zu Karlsruhe" auch im Jahre 188» gelungen, die seit Jahren errungene hervorragende Stellung in der ersten Reihe der deutschen Lebensversicherungs-Gesellschasten zu behalten. Ein gereicht wurden bei ihr in 1888: «188 Anträge über 25,670,800 Mk. (gegen 1888 mehr 1,254,154 Mk.) Versicherung-kapital und abgeschlossen: 5143 Lebensversicherungen über 20,627,477 Mk. Nach Abzug der durch Tod, Ablauf der Versicherung, Kündig ung und Nichtzahlung der Prämien abgegangenen Verträge er- giebt sich ein reiner Zuwachs von 3685 Versicherungen über 15,008,183 Mk. Kapital und ein Gesammtbestand für Ende 188» von 50,203 Versicherungen über 240,188,220 Kapital. Diesen stattlichen Erfolg werden die Mitglieder und Freunde der Anstalt gerne vernehmen. Von den Folgen der Influenza wurde dieselbe auch nicht verschont, indem sich die Sterblich- keitsziffcr im Dezember und Januar vorübergehend erhöhte, ohne daß jedoch hierdurch ein erheblicher Einfluß aus die Rech nungsergebnisse zu erwarten ist. Diejenigen aber, welche an gesichts der gedachten Epidemie der Frage einer Vorsorge für ihre Angehörigen näher traten, möchten wir auch auf die vor genannte, allseitig als solid« und vertrauenswürdig bekannt« Anstalt empfehlend aufmerksam machen. Ma» «a» im Arühjahr thun soll. Alle, welche an dickem Blut und in Folge dessen an Hautausschlag, Blutan drang nach Kopf und Brust, Herzklopfen, Schwindelanfälle, Müdigkeit i«. leiden, sollten nicht versäumen, durch ein« Früh- jahrs-Reinigungskur, welche nur wenige Pfennige pro Tag kostet, ihren Körper frisch und gesund zu erhalten. Man nehme da« hierzu beste Mittel: Apotheker Aichard Brandt « Schwei zerpillen erhältlich » Schachtel I Mk. in den Apotheken und acht« genau auf den Namenszug und den Vornamen Mich«» Brandt'«.