Volltext Seite (XML)
lich eröffnet worden ist und zwar während der Dauer dieses Konkurs oder Fallikvcrfahrens; 3) Personen, welche eine Armenunterstützung aus öffentlichen oder Ge meindemitteln beziehen, oder im letzten der Wahl vorhergegangencn Jahre bezogen haben. 4) Personen, denen in Folge rechtskräftigen Erkenntnisses der Bollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen ist, für die Zeit der Entziehung, sofern sie nicht in diese Rechte wieder eingesetzt sind. Solches wird hierdurch mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß nur die jenigen zur Theilnahme an der Wahl berechtigt sind, welche in die Listen aus genommen sind. Eibenstock, den 13. Januar 1890. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Neumann. Hagesgefchichte. — Deutschland. In dem Augenblick, da die Wo gen der Wahlbewegung die deutschen Lande zu llber- fluthen beginnen, kommt aus den rheinisch westfälischen Grubenbezirken wieder eine schlimme Kunde. Der Brand, der vor Kurzem nur mit Mühen und großen Opfern gelöscht werden konnte, droht aufs Neue zu entfachen, und diesmal scheinen cs eigenwillige Ge sellen zu sein, die mit wilder Begehrlichkeit an den Banden der Ordnung zu rüttel» und zu zerren ver suchen. Ein eigener Zufall fügt eS, daß gerade jetzt der Bericht der Staatsbehörden veröffentlicht wirv, die mit liebevollster Sorgfalt die Ursachen der großen Lohnbewegung im Sommer v. I. klarzulegen bemüht waren. Damals hatten die Organe der Landesvcr- waltung in der entgegenkommendsten Weise die Sache der Bergarbeiter unterstützt, weil sie gerecht schien und cs vielleicht auch war. Und der Führer der Station, der das schöne Wort vom sozialen Königthum mit jugendlicher Begeisterung in seine Seele ausgenommen hat, gab selbst den Anstoß z» eingehender Betracht ung und Beachtung der Klagen der Arbeiter. Sie hatten den gewaltsamen Verstoß für ihre Interessen mit einem brutalen Eingriff in die Satzungen des Rechts begonnen, man ahndete dieses Vergehen mit der Schonung, welche ans dem Verständniß der Dinge hervorgeht. Aber immer deutlicher ward es, daß in die Bewegung, welche zu maßvoller Aufbesserung der Lebenshaltung begonnen wurde, Kräfte hineingelragen wurden, welche nur der Zerstörung, der Auflösung der bestehenden Ordnung dienen. So ist der Cha rakter der Lohnbewegung jetzt ein ganz anderer ge worden, und es ist nicht abznsehen, wohin die Fluch- welle noch treiben kann. Die neuen Forderungen der Bergarbeiter sind nach dem Urtheil der Sachverständigen, wie selbst nach oberflächlicher Schätzung von Laien, nicht erfüll bar. Lohnerhöhung um fünfzig Prozent, Verkürzung der Arbeitszeit, welche auf den rheinisch-westfalischen Zechen die kürzeste auf dem ganzen Kontinent ist, Wegfall sämmtlicher Kohlenabzüge, mögen sie durch Mindermaß oder Unreinheit verursacht sein, also Ver zicht auf jede Ahndung ungenügender oder schlechter Arbeitsleistung, zweimalige Lohnzahlung im Monat mit außerdem wöchentlicher Abschlagszahlung. So lauten die Ansprüche der Führer, während die Beleg schaft einzelner Zechen in ihren Forderungen noch viel weiter geht. Daß in diesem Falle die Sympathien aller Wohl gesinnten nicht auf Seiten der Arbeiter sind, bedarf kaum einer Erörterung. Hoffentlich wird ihnen diese Thatsache klar, bevor der Willen zum Unrecht sich bis zur That verdichtet hat. Daß auch jetzt wie vordem eine gerechte und unparteiische Prüfung der sorge- brachten Beschwerden erfolgen wird, kann nicht zwei felhaft sein; so kann man nur wünschen, daß noch zur Zeit der verirrte Sinn auf die rechte Bahn zu rückgelenkt werde. — Georg Arbogast Freiherr v. Franken stein, der bekannte Führer der Zentrumspartei, 1879—1887 erster Vizepräsident des Reichstags, ist am Mittwoch Vormittag in Berlin gestorben. — Rußland. Ein Londoner Privat-Telegramm der .V. Z." besagt: Baron Moidele, ein einfluß reicher deutscher Grundbesitzer in den Ostsee Pro vinzen, hatte unlängst eine lange Audienz beim Czaren. Er äußerte sich bei der Gelegenheit über die beklagens- werthe Lage, in welche jene Provinzen durch die bis zum Aeußersten gehende Russifizirungspolitik versetzt würden. Der Baron stellte dem Czaren achtungsvoll vor, daß kaiserliche Beamte Haß erregende rohe Handlungen verüben und daß die ganze Politik, über welche er sich beschwere, den Rechten und Pri vilegien, welche de» Ostseeprovinzen durch Freibriefe früherer Czaren gewährt worden seien, zuwider sei. Der Czar soll aufmerksam und freundlich zugehört, aber keine Hoffnung darauf gemacht haben, daß eine Veränderung cintreten würde in einer Politik, welche, wie er bemerkte, für die Wohlfahrt des Reiches noth- wendig sei. Local« und sächsisch« Nachrichten. — Schönheide. Der .Gedankenleser" Herr Riedel aus Prag gicbt seit etwa acht Tagen in hiesiger Gegend Vorführungen seiner interessanten Kunst. Nach einigen Vorstellungen in der Familie de« Herrn von Oucrfurth und in der Gesellschaft .Eintracht" gab Herr Riedel am vergangenen Mitt woch im Gambrinussaale für die hiesigen freiwilligen Feuerwehren eine Vorstellung. Alle Anwesenden folg ten den staunenerregcnde» Leistungen des Herrn R. mit gespanntestem Interesse. Von den gestellten und sicher und rasch gelösten Aufgaben seien nur einige erwähnt: Auf einem Tische wurden fünf Feuerwehr helme niedergelegt und dann fünf an den verschieden sten Orten sitzende Personen bestimmt, denen diesel ben aufzusctzen waren. Aus der Tonhalle des Saales holte Herr R. eine Trompete und setzte dieselbe einem an einem entlegenen Platze aufgestellten Musiker an den Mund. Große Heiterkeit erregte die prompte Ausführung der Aufgabe, nach welcher ein Würstchen aus dem Schänkzimmer wegzunehmen und einem Feuerwehrmann in den Mund zu stecken war. Die schwierigste Aufgabe, deren richtige Lösung außer ordentlichen Beifall hervorrief, bestand darin, daß von einem Orte eine Kravattennadel wegzunehmen und mit derselben in einem an einem anderen Platze niedergelcgten Buche eine auf einer bestimmten Seite vorkommende Zahl zu durchstechen war. Zu „Medien" bei den Produktionen hatten sich freiwillig die ver schiedensten Personen aus dem Zuschauerkreise erboten. Je mehr diese Medien all ihr Sinnen nnd Denken auf die Aufgabe gerichtet hatten, desto leichter und schneller gelang dem Künstler die Lösung. — Leipzig. Wie einst der alle Schlachtruf „Hie Welf, hie Waiblingen!" zwei Lager bezeichnete, so scheidet sich Leipzigs Bürgerschaft zur Zeit in „Um bauer" und „Neubauer" des RathhauseS. Die Spaltender Localblätter wimmeln von „Eingesandts", an allen Biertischen wird lebhaft die Frage erörtert: „Bauen wir nm oder bauen wir neu?" Fast scheint e«, als wenn die übergroße Meinung der Bürger schaft sich für einen Neubau erwärmte und als wenn die »othwendig geschehene neuerliche Bewilligung von 75,000 M. an die „Umbauer" der Thomaskirche den bestimmenden Grund für diese Ansicht bilde. Herr Baurath Professor Lipsius ist seines Amte« als Bau führer entlassen, seine ursprüngliche Calculativn für den Umbau der Kirche betrug 232,000 M. — gekostet hat er aber 703,000 M.! Da« ist in der Bauge schichte denn doch noch nicht dagewesen. Alle mög lichen Vorschläge werden bereits gemacht, um die richtige Meinung der Bürger über Um- oder 'Neubau zu ergründen, unter Anführung des alten „vox pnpnii, vox voi" wird sogar Urabstimmung der Bürgerschaft über diese Frage gefordert. Dement sprechend erwartet man auch hitzige Kämpfe im Stadt verordnetensaale. — Leipzig. Am Dienstag Nachmittag zwischen 5 und 6 Uhr ist von einem Unbekannten gegenüber einem alten, 62jährigen, hiesigen Kasscnboten in einer Reticade derNikolaistraßc ein überaus frecher Raub anfall verübt worden. Der Kassenbote hat sich gegen ^5 Uhr Nachmittags aus einem in der Nähe des Marktes befindlichen größeren Bankgeschäft, in welchem er bereits seit mehreren Jahren angcstellt ist, mit dem Auftrage entfernt, eine Anzahl Werth papiere im Gesammtbetrage von ungefähr 5306 M. bei drei Bankgeschäften im Brühl einzulösen, hat diesen Auftrag unverzüglich ausgefllhrt und ist so dann aus dem Rückwege nach seinem Geschäft in die erwähnte Retirade getreten. Plötzlich ist ein Mann, der ihm wahrscheinlich schon länger gefolgt war, hereingestllrzt gekommen, hat dem nichtsahnenden Kassenboten einen Faustschlag in's Gesicht versetzt, denselben eine von ihm unter dem Arme gehaltene große schwarze Ledermappe, in welcher sich in Bank noten und Gcldmünzen der Betrag der eingelösten Effekten befunden hat, entrissen und sich nach der Hausflur zu entfernt. Bevor der infolge des Uebcr- falles völlig consternirtc Bote noch hat Lärm schlagen können, ist der freche Patron in der starkbelebtcn Straße bereits verschwunden gewesen. Seiten des Bankgeschäftes, welches der Verlust trifft, ist für die Ergreifung des Thäters und die Wiedererlangung der geraubten Summe eine Belohnung von 500 Ak. ausgesetzt worden. — Markranstädt. Die Bewohnerschaft unse res Ortes befindet sich gegenwärtig in einem Zustande großer Aufregung, da die Gerüchte, welche sich an den Ende des letzten Jahres stattgefundenen Tod des hiesigen Bürgermeisters Schrön knüpften, durch das Eingreifen der Staatsanwaltschaft neue Nahrung er halten haben. Gleich nach dem Ableben des Bürger meisters Scbrön wurde die Vermuthung laut, daß derselbe nicht eines natürlichen Todes, sondern in Folge Verabreichung von Gift gestorben sei. Dies führte dazu, daß die Sektion der Leiche Schrön'S vorgenommen wurde, betreffs deren allerdings etwas Sicheres nicht bekannt geworden ist. Letzter Tage nun ist auch die Leiche der ihrem Gatten kurz im Tode vorangegangenen Ehefrau Schrön'S ausgegraben und secirt worden. Inwieweit sich der Verdacht, der sich gegen die bei ihren Eltern aufhältlich gewesene Tochter der Verstorbenen richtet, bewahrheitet, wird erst die im Gange befindliche Untersuchung zu erge ben haben. — Furchtbar schwer wurde die Familie des Guts besitzers Leuche in Sach Switz bei Elsterberg heim gesucht; es sind ihr in einem Zeitraum von drei Wochen fünf Kinder durch die DiphtheritiS entrissen worden. Bezirkstag der Königlichen Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, am II. Januar 1d90. Anwesend: 27 Mitglieder. Entschuldigt die Herren Amts richter Müller in Schneeberg, Betriebsdirector Tröger in Schnee berg, Rittergutsbesitzer von Trebra in Reustädtel, Kaufmann Victor Oschatz in Schönheide, Fabrikant Schröter in Lößnitz und die Gemeindevorstände Müller in Oberstützengrün, Hübner in Niederaffalter. Nach Einweisung der neueingetretenen Abgeordneten, der Herren Bürgermeister Zieger in Lößnitz, Kaufmann E. Dörffel in Eibenstock, Factor Bischoff in 'Niederpfannenstiel, sowie der Herren Gemeindevorstände Mey in Markersbach, Fritzsche in Oberschlema und Feuerstein in Zschorlau durch den Vorsitzenden, Herrn Oberregicrungsrath Amtshauptmann Frhrn. v. Wirsing wurde in die Tagesordnung eingetreten und 1) die Ablehnung feiten des zum Abgeordneten für die Bezirks versammlung gewählten Herrn Rich. Breitfeld in WittigS- thal für gesetzlich begründet gefunden, 2s die Rechnung für die Lasse des BezirkSvermögens aus das Jahr 1889 nach erfolgter Prüfung derselben durch Herrn Abgeordneten Holtzmann justificirt und 3) der Haushaltpla» für die Lasse des Bezirksvermögens aus das Jahr 1890 genehmigt. Aus dem letzteren ist hervor zuheben, daß je k>00 M. als Beihülf« für die Naturalver- pflegsstationcn Schwarzenberg, Lößnitz und Schneeberg auf das Jahr 1890, 354 M. 70 Ps. als einmaliger Beitrag für die Einrichtungskostcn der Herberg« zur Heimath in Schnee berg und der damit verbundenen Verpflegsstation und 300 M. zur Deckung der den Bezirksverband treffenden Diäten des bestellten Revisors bewilligt worden sind. Im Verlause der Debatte über einzelne Positionen des Haushaltplanes, an welcher sich die Herren Commerzienräthe Hirfchberg, llr. Geitner und Rostosky betheiligten, referirte Herr Bür germeister Gareis über die Verpflegsstationen Schwarzen berg und Lößnitz und bezeichnete deren Stand als einen günstigen, während Herr Bürgermeister 1>r. von Woydt über die in Schneeberg errichtete Herberge zur Heimath und der damit verbundenen Berpflegsstation berichtete und dabei hervorhob, daß sich die Zweckmäßigkeit der vereinigten An stalten bereits bewährt habe. Nächstdem befürwortet Herr Bürgermeister Gareis ein Gesuch des Curatoriums der Herberge zur Heimath in Schwarzenberg, infolge dessen letzterem 400 M. als ein malige Beihilfe aus Anlaß der Erwerbung einer eigenen Häuslichkeit bewilligt wurden. Herr Gemeindevorstand Haupt referirt über rückständige Darlehne bei mehreren Landwehrleuten und wird beschlossen, über die Angelegenheit nach Verlaus von 5 Jahren ander- weit Beschluß zu fassen. Als Mitglieder des Bezirksausschusses wurden wieder gewählt die Herren: Commerzienrath Breitseld in Erla als Vertreter der Höchstbesteuerten. Bürgermeister Löscher in Eibenstock und Bürgermeister Gareis in Schwarzenberg als Vertreter der Städte, »eugewählt wurde Herr Gemeinde vorstand und Rittergutsbesitzer Wussing in Obersachsenfeld als Vertreter der Landgemeinden. Als stellvertretender Vorsitzender der Bezirksversammlung wurde Herr Bürger meister Speck in Neustädte! wiedergewählt und wurden die Wahlen eines stellvertretenden Mitgliedes für die Pferdemuster- ungs-Commission, eines stellvertretenden Taxators für die Pserdeabnahme, von je 4 bürgerlichen Mitgliedern und deren Stellver treter für die Ersatz-Commission in den Aushebungs bezirken Schneeberg und Schwarzenberg, von 12 landwirthschaftlichen und 8 bautechnischen Sach verständigen zur Abschätzung von Kriegsleistungen, von 3 Sachverständigen für die Lieferung von Bewaff- »ungs- und Ausrüstungsgegenständen, von 4 Sachverständigen für Lieferung von Arznei- und Verbandsmitteln. von 3 Sachverständigen für Lieferung von Eisenbahn material, sowie von Vertrauensmännern zu den nach 8 40 des Gerichts- verfassungsgesctzes bei den Königlichen Amtsgerichten zusammentretenden Ausschüssen, nach den gemachten Vorschlägen Lurch Acclamation vollzogen. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Die gute alte Zeit war doch nicht immer so gut, wie man meint. Ein erhebendes Schauspiel ist es nicht, den deutschen Kaiser Heinrich IV. am 25. Januar 1077 vor Canossa im Büßerhemde stehen zu sehen, um Absolution flehend bei dem Papste Gregor VII. Man braucht kein Culturkämpfer zu sein, um diesen Schritt des Kaisers entwürdigend zu finden. Uebri- gens ist jene geschichtliche Darstellung, nach welcher der Kaiser lediglich der Hartherzigkeit des Papstes wegen drei Tage lang im Schnee vor Canossa stehen mußte, unrichtig; politische Gründe, die Besorgniß »er Lockerung des deutschen Fürsten bundes, ließen den Papst zögern, einen Triumph anzunehmen, den er nicht nur nicht gesucht, sondern der ihn anfänglich so gar überrascht hatte. Heute stehen von der stolzen Burg Ca nossa nur noch Trümmer und zu deren Füßen pflügt der fleißige Bauer sein Feld. Es ist doch angenehm, nicht mehr in der guten alten Zeit zu leben. Heute sind e« fünf Jahre her, daß rühmlichste Tapferkeit, unerhörte Ausdauer und Muth dem Barbarismus und dem Krämergeist zum Opfer fielen. Am 28. Januar 1885 fiel Chartum, die Hauptstadt des ägyptischen Sudan, in die Hände de« fanatischen Mahdi und General Gordon, der unerschrockene Pionier europäischer Civilisation, ward in der Stadt meuch lings ermordet. Der Barbarismus und Moslemismus behaup tete das Feld, weil England dem hart bedrängten General nicht rechtzeitig zu Hilfe kam. Am Geburtstag des deutschen Kaisers (27. Januar) blicken wir rückwärts, aber auch vorwärts. In vergangener Zeit