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auftauchte, sehr getheilt, und die Regierung stand ihm zum »lindesten nicht fördernd gegenüber. Es scheint aber, daß durch den Erfolg der Pariser Aus stellung und die ungünstigen Rückwirkungen, welche man in Deutschland infolge dessen wahrgenemmen haben will, ein wesentlicher Umschwung in den An schauungen eingetreten ist. — Für die Schaffung eines Landes Wappens für Elsaß-Lothringen tritt ein Artikel der Mün chener „Allg. Zkg." ein: Es wird darin ausgefllhrt, daß das Reichsland als ein neues Staatsgcbilde keine Landeszeichen hat, weder Landesfarben noch Wappen. Das Land in seiner jetzigen Gestalt hatte vor seiner Vereinigung mit Frankreich keine gemeinschaftliche Ver gangenheit und war staatsrechtlich so zersplittert, daß ein solcher Zustand nach den Regeln der Heroldskunst gar nicht dargestellt werden kann. Auch Alles, was bei Gelegenheit als Wappen von Elsaß und von Lothringen bezeichnet wird, sind deshalb nur unzu treffende Behelfe, so wenn, wie üblich, das Geschlechts wappen der alten Landgrafen res NiederelsasieS aus dem Hause von Werd als das Wappen des Elsasses ausgegeben wird. Als das Land französische Provinz wurde, war es mit der Selbstständigkeit, die sich im Gebrauche von eigenen Zeichen ansdrückt, zu Ende. Wir können also in dieser Beziehung weder an eine deutsche noch an eine französische Vergangenheit an knüpfen. Die einzig sicheren Zeichen aus alter Zeit sind die Städtewappen, und an die Wappen der bei den Hauptstädte Straßburg und Metz würde sich ein dem Lande neu zu verleihendes Wappen am zweck mäßigsten anlchnen. Das Wappen von Straßburg zeigt einen rothen Schrägbalken im weißen Felde; das von Metz ist von schwarz und weiß gespalten oder hochgctheilt. Würde man beide Städtewappen in einem Schilde zu einem Landcswappen vereinigen, so würde dies einen von schwarz, weiß und roth drei mal schräg oder hoch oder quer gethcilten Schild geben. Dabei würde auch Ober-Elsaß insofern seine Rech nung finden, als die früher österreichischen Gebiete im Ober-Elsaß immer das österreichische weiß-rothe Wappen als Landeszeichen führten, welches auch der Hauptstadt der vorderöstcrrcichischen Lanoe, Ensisheim, 1558 als eigenes Stadtwappen verliehen worden ist. Würde man mit diesem dreifarbigen Schilde als Herz schild den deutschen Reichsadler belegen, so ent spräche dies auch guten alten Mustern. Ein solches Wappen würde nach Möglichkeit den alten geschicht lichen Erinnerungen und der gegenwärtigen staats rechtlichen und nationalen Stellung des Reichslandes gerecht werden. Die Farben des Reichslandes wären dann wie die des ganzen Reiches: schwarz, weiß u. roth. — Frankreich. Nachdem zu dem Weiterbau des unterseeischen Tunnels zwischen Frankreich und England die Genehmigung verweigert worden, ist der Plan aufgetaucht, beide Länder durch eine Brücke zu verbinden. Der „Krz.-Ztg." wird in dieser Sache aus Paris mitgetheilt: In einer Unterredung über das Projekt einer Kanalbrücke äußerte der Ingenieur Eiffel: Technisch sei die Ausführung vielleicht mög lich; allein die Seemächte würden niemals die Er richtung von 26 kleinen Inseln da gestatten, wo fast so viel Schiffe führen, wie Wagen auf den Pariser Boulevards. Die Mächte würden viel ausgeben, um solche Inselchen, wenn sie bereits beständen, zu zerstören. Besonders Norwegen wäre schlecht ge stimmt, weil Segelschiffe mit Holz beladen an den Inselchen zerschellen würden. — Belgien. Aus Brüssel wird unterin 7. d. ein neues Brandunglllck gemeldet: Das Theater de la Bourse ist in der vergangenen Nacht vollstän dig durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Das Feuer brach zwischen 2'^ und 3 Uhr Morgens in dem Maschinensaale aus. Das Haus ist bis aus die Außenmauern zerstört. Alle Löschmannschaften von Brüssel und den Vorstädten sind zur Stelle. Das Centralhotel, das an das Theater stößt, sowie die übrigen an das Gebäude angrenzenden Häuser stan den ebenfalls in großer Gefahr, konnten aber erhalten werden. Nur ein Fenstergesims des Hotels wurde vom Feuer ergriffen. Die Rettung der Einwohner der gefährdeten Häuser erfolgte ohne Unglücksfälle, jeooch mit großer Schwierigkeit. Der Brand ist lo- kalisirt und besteht keine Gefahr mehr für die großen Magazine in der Nähe. Es ist Niemand zu Schaden gekommen. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Die Influenza hat sich bei uns seit einige» Tagen derart ausgebreitet, daß gegenwärtig wohl kaum ein Haus im ganzen Orte anzutreffen ist, wo der ungern gesehene Gast nicht seinen Einzug gehalten hat. Es ist in Folge dessen auf ärztliche Anordnung die Schule bis Ende dieser Woche geschloffen worden. Hoffentlich gestalten sich unter dem Einfluß des prächtigen Wetters die ge sundheitlichen Verhältnisse bis dahin wieder so, daß am Montag der Unterricht wieder beginnen kann. — Dresden. Zu den Brückenbauten, welche für die neue Finanzperiode in Aussicht ge nommen sind, gehört insbesondere die Ausführung einer Elbbrücke zwischen unseren verkehrsreichen Nach barorten Blase witz und Lo schwitz. Die Kosten dieser mit eisernem Oberbau geplanten, 293,6 »> langen und Ilm breiten Brücke sind, abgesehen von den seitens der Gemeinden auf ihre Kosten herzustellenden Brückcnrampen und Zufahrtsstraßen, nebst den im Zusammenhänge damit auszuführenden Uferbauten auf 1,664,000 Mk. veranschlagt. 1,100,000 Mark sind für den Bau bereits verfügbar, doch hält es die Finanzdeputation der zweiten Kammer für unerläßlich, daß damit nicht früher begonnen wird, als bis die bctheiligten Gemeinden zur Erfüllung ihrer Ver pflichtungen sich ausdrücklich bereit erklärt haben. — Dresden. Einen hochinteressanten Vortrag über Bevölkerungsbewegung und Bevölker ungspolitik hielt am Sonnabend Prof. I)r. Elster ans Breslau in der Gehestiftung. Der Redner führte darin folgendes aus: Den Einfluß der Bevölkerungs politik auf die Bevölkerungsbewegung zeigte der Red ner zunächst an der Periode des MercantilsystemS, welches bis in das achtzehnte Jahrhundert das vor herrschende war. Dieses System, welches in dem Reichkhum an Edelmetallen das Hauptglück eines Volkes sah, verursachte eine Bevölkerungspolitik, die darauf ausging, das Anwachsen der Bevölkerung zu fördern, unv zwar zunächst durch Vermehrung der Geburten: das Cölibat wurde erschwert, die Eheschließ ung befördert, es wurden dafür sogar Prämien theils vom Staate, theils von der Gemeinde gezahlt, die Trauerzeit wurde verkürzt, Steuerbefreiungen einge führt, während andererseits eine besondere Hagestolzen- steuer eingerührt wurde, ferner fiel die Hinterlassen schaft der Hagestolzen dem Staate zu und sic wurden von gewissen Aemtern ausgeschlossen. Außer mit diesen Mitteln suchte man die Bevölkerung zu mehren durch Heranziehung von Einwanderern und durch das Verbot der Auswanderung. Man war der An sicht, daß der Staat um so leistungsfähiger sei, über je mehr Menschen er verfüge. Während man nun diese Politik verfolgte, erschien 1798 das Werk von Robert Malthus, in welchem derselbe seine bekannte Lehre entwickelte. Malthus stellte den Satz auf, daß die Bevölkerung die Tendenz habe, in geometrischer Progression, die 'Nahrungsmittel dagegen die Tendenz haben, in arithmetischer Progression zu wachsen. Die Bevölkerung vermehre sich demnach rascher als die zu ihrer Erhaltung erforderlichen 'Nahrungsmittel; die verhindernden Mittel, welche die überwiegende Produktivkraft des Menschengeschlechts zurückdrängten und sic zwängen, sich nach der Masse der vorhandenen Nahrungsmittel zu richten, seien einerseits moralische Enthaltsamkeit, andererseits Laster und Elend. Die Lehre machte Sensation. Man verfiel nunmehr in das Extrem, es entstand die Furcht vor einer Ueber- völkerung. Das Malthus'sche Werk übte auf die Gesetzgebung Deutschlands einen großen Einfluß aus. Man suchte nunmehr wiederum die Ehen einzuschrän ken, in verschiedenen Ländern durften nur Diejenigen heirathen, die genügendes Vermögen oder hinreichen den Nahrungszweig nachwiesen, man mußte über eine nachhaltige Nahrungsquelle verfügen. Auch der Lohn erwerb gehört hierhin. In Hannover z. B. wurde den Geistlichen zur Pflicht gemacht, Trauungen nur mit Zustimmung der Gemeinde vorzunehmen; die Heirathenden mußten ein sparsames Leben geführt haben rc. Aehnliche Gesetze erschienen in Baden, Bayern, Württemberg, und sie blieben vielfach in Kraft, bis 1868 das Gesetz erschien, welches die Be schränkungen in der Eheschließung beseitigte. Redner bezeichnete die Malthus'sche Lehre als willkürlich und streifte dann die heutzutage bei den Eheschließungen in Betracht kommenden sozialen Fragen. Er wies darauf hin, daß heute die vermögenden Klassen nicht eher heirathen, als bis sie den Zeitpunkt erreicht haben, der sie eine Familie bequem ernähren läßt, der Arbeiter dagegen heirathet früh. Er habe auch keinen Grund, die Ehe hinauSzuschieben, da bei ihm die Verhältnisse sich nicht ändern. Die weiteren Ausführungen des Redners basirten auf umfänglichem Zahlenwerk, welches durch mehrere Tabellen übersicht lich dargestellt war. — Dresden. Einer sonderbaren historischen Stiftung hat sich, wie die „Dr. N." schreiben, Kötz- schcnbroda zu erfreuen. Während des dreißigjähr igen Krieges verbrachte Kurfürst Johann Georg I. seine Zeit auf dem kurfürstlichen Weinberge der Hof- lößnitz. Da er es nun liebte, sehr viel Wein zu trinken, so war dies seiner Gemahlin anstößig; doch getraute sie sich nicht selbst, ihm deshalb Vorwürfe zu machen. Sie bat daher eines TageS den in Kötzschenbroda angestellten Pfarrer, doch einmal von der Kanzel herab eine Mahnung an den allergnädig sten Herrn ergehen zu lassen. 'Er ließ sich endlich dazu bereden und sprach dann eines Sonntags „über die traurigen Folgen der Schwelgerei und Trunk sucht" und schloß mit den Worten: „Unser gnädigster Herr trinkt zwar auch, aber er hat es dazu und eS bekommt ihm! Amen!" Nach der Kirche ward der Pfarrer zur kurfürstlichen Tafel geladen und eS war ihm dabei doch für die Folgen seiner Ermahnung etwa« bange. Der Kurfürst aber begann erst gegen den Schluß der Tafel: „Herr Pastor, heut' hat er mir auch Ein« auf den Pelz gebrannt." „Ei," er widerte der Pfarrer, „das sollte mir leid thun, wenn eS bloS den Pelz getroffen hätte und nicht da» Herz." Solche offene Sprache gefiel dem Kurfürsten und er sprach: „Herr Pastor, er ist ein ehrlicher Mann. Wären doch alle Geistlichen in meinem Lande derart! Bitte er sich eine Gnade von mir auS!" Als nun der Pfarrer Bedenken fand, fick deshalb etwas zu erbitten, sprach der Fürst: „Er und seine Dienst nachfolger sollen jährlich 49'/, Kannen Wein aus meiner Kellerei erhalten. Fünfzig Kannen möchten zu viel sein." Und ist also dieses Deputat jeoem Pfarrer zu Kötzschenbroda verabreicht worden bis in die neueste Zeit. — Das Reichsgericht in Leipzig hob am Donnerstag das Tödes urth eil gegen den Plauen- schen Lustmörder Stückig aus prozessualen Gründen auf rind verwies die Sache zu anderweitiger Ver handlung vor das Schwurgericht Plauen. Ein Theil der Zeugen war nämlich statt vor der Augenschein besichtigung erst nach derselben vereidigt worden und auf diesen formalen Fehler stützte sich die Revision des Angeklagten mit Erfolg. Da die Verurtheilung Stöckig's aus Jndicienbeweis beruhte, so muß der ganze Zeugenapparat (ca. 80) abermals in Bewegung gesetzt werven. l. Ziehung I. Klasse 117. Ügl. Zächs. Landes-Lotterie, gezogen am 7. Januar 1890. 30,000 Mark aus Nr. 7648». 25,000 Mark auf Nr. 71. 20,000 Mark auf Nr. 814»». 5000 Mark auf Nr. 3057 32878. 3000 Mark auf Nr. 2401 10012 35044 5052». 1000 Mark aus Nr. 8543 30508 46224 58778 78S75 82542 84074 85954 88270 81654 81506 96780. 500 Mark auf Nr. 1686 4593 7566 7968 12747 12034 14383 17447 25781 35386 53608 56423 57737 61456 63664 67828 67215 6887» 72247 73387 74»08 77764 7751» 83613« 85864 88S78 88032 »»403. 300 Mark aus 'Nr. 4891 4067 5450 13425 15872 15648 1638» 17734 19268 21264 21008 2I57I 21138 21335 23083 24844 25892 26510 28455 28782 31843 34464 35316 36606 37750 40044 42448 44083 44695 47170 48405 52777 54867 57757 58980 61205 61875 66883 66305 67885 68900 69856 7I6I2 72901 72869 73520 79035 79171 80247 80881 83231 84744 86471 87839 87276 88606 88268 91166 91696 82148 93876 93874 88705 98015. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Am 9. Januar 1873 starb in Chislchurst, in der Ver bannung, 'Napoleon III., an Geist und Körper gebrochen, der 'Mann, der ganz Europa nach seinem Willen lenken zu können glaubte und den sein furchtbares Geschick bei Sedan ereilte. Verlassen und verbittert starb er fern der Heimatd. Ein Bei spiel dafür, wie leicht alle Macht und Herrlichkeit dieser Erde vergeht. Griechenland hat, nach der Vermählung einer Preußischen Prinzessin nut dem griechischen Thronfolger und nach der Kaiserreise, für uns erhöhtes Interesse gewonnen. Das grie chische Staatswesen ist eines der jüngsten Europas: es datirt erst vom 10. Januar 1822. Bis zum Jahre 1821 stand Grie chenland unter türkischer Abhängigkeit und was muselmännischer Fanatismus gegen Christen zu leisten vermag, ist auch aus sonstigen Blättern der Geschichte bekannt. Bereits 1821 war es zur Erhebung der Griechen gekommen und wenn auch das Kriegsglück wechselte, so konnte man doch am 10. Januar 1822 an die Grundlegung politischer Unabhängigkeit denken. An diesem Tage trat in Piadha, unweit vom alten Epidauros, die erste griechische Nationalversammlung zusammen, in der eine Verfassung entworfen wurde. Allerdings hat es darnach noch fast 10 Jahre gedauert, in denen das Land von türkischen Gräuelthaten entsetzlichster Art verwüstet und mit Blut seiner Bewohner getränkt wurde, bis Ruhe und Ordnung cinkehrte und das Königreich Griechenland als anerkannter Staat be stehen konnte. Postmeisters Käthchen. Original-Novelle von Th. Schmidt. (1. Fortsetzung.) Während Käthchen indeß eine bewundernswürdige Ruhe an den Tag legte und nicht von der Seite des kleinen Bruders wich, litt eS ihren Vater nirgends im Hause. Mit düsterer Miene ging er tief in Ge danken versunken von einem Zimmer in das andere. Wollte das unerbittliche Schicksal ihm abermals ein theueres Leben nehmen, nachdem es ihm zwei blühende Kinder und ein heißgeliebtes Weib entrissen hatte, überlegte er. Womit hatte er das verdient? Zwar hatte er Anfangs den kleinen Paul, dessen Geburt der Mutter das Leben kostete, in seinem unermeßlichen Schmerz wenig beachtet; als er aber zu einem präch tigen Knaben heranwuchs, da hatte er ihm seine ganze Liebe zugewandt und tausendmal die Vernach lässigung wett gemacht. Ja, er war nun einmal ein vom Unglück verfolgter Mann, das hatte er oft genug erfahren. Wie häufig waren ihm Andere, die nach oben schmeicheln und nach unten tyrannisiren, in der Beförderung vorgezogen! Alle seine früheren College» bekleideten längst höhere und einträglichere Stellungen; nur er, dem Alle das Zeugniß eines tüchtigen und gewissenhaften Beamten gaben, war nach einem kleinen, unbedeutenden Ort verbannt — verbannt dafür, daß er einem Verleumder die heuchlerische Maske vor dem Gesicht weggerissen hatte. Doch das alles hatte er zuletzt mit Gleichmuth ertragen, denn für das Glück, das er in seinem Berufe nicht gefunden, fand er ein andere-: er nannte ein edles, liebendes Weib und drei liebreizende Kinder sein eigen, und dieser Besitz war ihm fortan der Inbegriff alles Glücke« auf Erden. Aber auch dieses Besitzes sollte er nur einer kurzen Spanne Zeit sich erfreuen! Die beiden jüngsten Kinder, ein Knabe von acht und ein Mädchen von sechs Jahren, starben in einer Nacht an der Diph- theriti«, dieser mörderischen Krankheit, die allem An schein nach ein weiteres Opfer von ihm fordern wollte. Kummer und Gram über den Verlust der heißgeliebten Kinder halten bald darauf auch sein blühendes Weib auf da« Krankenlager geworfen, auf