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Die Lippen fest aufeinander gepreßt stand der Urheber des meuchlerischen UeberfallS da. Seine Augen glühten in tödtlichem Hasse und streiften mit Verachtung die feige Schaar, welche er durch sein unsinniges Treiben zu gemeinen Mördern hatte stempeln wollen. Der Offizier wiederholte seine Aufforderung be züglich des Oeffnens des Thores. — Keine Antwort. „Gut, dann werde ich Sie zwingen," rief der Lieutenant. „Ich lasse Ihnen fünf Minuten Zeit, ist während dieser das Thor nicht geöffnet, schieße ich." Der Lieutenant zog mit der linken Hand seine Uhr hervor, die Mündung des Revolvers befand sich dabei nach wie vor vor dem Gesichte des Franzosen. Die Leute des Gutsherrn wurden jetzt unruhig; soviel ich aus ihren Reden entnehmen konnte, billigten viele die Handlungsweise ihres Herrn nicht. Der großen Mehrzahl nach schienen sie des Deutschen mächtige Elsaß-Lothringer zu sein, da sie die Worte des Lieutenants unter sich wiederholten, also auch verstanden haben mußten. Einige ballten die Fäuste und machten Miene uns anzugreifen, wurden aber von den Uebrigen, den Vernünftigeren kann man sagen, daran verhindert. Man rief nach einer Minute laut nach der Gutsherrin, da der Gatte dieser noch immer auf seiner Stelle verharrte und mit haßer füllten Blicken i» die Augen seines Gegners blickte, aber kein Sterbenswörtchen von sich gab, keine Hand rührte, um dem Befehle des Offiziers Folge zu leisten. Die Aufregung unter den Insassen des Guts stieg endlich auf das Höchste, als nach weiteren zwei Minuten keine Aenderung in der Haltung der beiden Männer eingetreten war. Viele weniger beherzte Männer schlichen sich davon, um nicht Zeuge einer entsetzlichen Scene in den nächsten Minuten zu werden, andere wieder eilten in das Gntshans, die Herrin zu holen, Alle aber waren jetzt der Ueberzeugung, daß ihr Herr und Gebieter sich eher eine Kugel durch den Kopf schicken ließe, als daß er das eiserne Thor öffnen würde. Noch einmal machten die Franzosen Anstalt, ihrem Herrn zu Hülfe zu eilen, ein Haufen von circa fünf zehn Mann drang vor und erhob die Waffen, um sich auf uns zu stürzen. Aber Schulter an Schulter erwarteten wir sie, den Rücken durch den Wagen gedeckt. „Kommt nur näher, Himmelhunde," schrie unser Ostfriese und schwang seinen mächtigen Pfahl wie eine Gerte, während mein rechter Zeigefinger sicher am Drücker des Gewehrs ruhte. Sie wagten es nicht, keiner wollte der Erste zum Angriff sein. Die fünf Minuten Bedenkzeit waren abgelaufen, mit eisiger Ruhe steckte unser Lieutenant, als ich mich eben ein wenig nach ihm umwandte, seine Uhr wieder unter den Waffenrock, jetzt mußte eS sich entscheiden. Bleich, mit erdfahlem Angesicht lehnte der Franzose am Spalier. Der Mensch muß nicht bei Sinnen sein, dachte ich. „blousieur, die Bedenkzeit ist um, wollen Sie öffnen oder nicht?" hörte ich des Lieutenants Stimme hinter mir. Und wieder blieb der Schuft stumm. Schon knackte der Hahn des Revolvers, im nächsten Augenblicke erwartete ich den Knall des Schusses, da wurde es plötzlich hinter der Mauer lebendig, eine weibliche Stimme rief ängstlich: „li n'^ a pas » liösiter, Laptwts, vite, vite, ouvrir la Porte — o inoii ckieu, quelle äemence!" Aller Augen richteten sich sofort auf das eiserne Thor, an welchem an der Außenseite die Gattin des Todescandidaten mit einem männlichen Domestiken erschien und nun flehentlich bat, ihrem unglückseligen Manne das Leben zu schenken, sie wolle ja gern öffnen und die erregte Menge zu beruhigen suchen. Der Lieutenant ließ die erhobene Waffe sinken. Die eben noch drohende Menge wurde ruhig, auch wir athmeten auf, freilich hätte ich nicht« dagegen gehabt, wenn man dem Anstifter einen gehörigen Denkzettel gegeben hätte. „Nun, für dieses Mal kommen Sie mit Ihrem Leben davon, btonsieur, und daS verdanken Sie der rechtzeitigen Dazwischenkunft Ihrer Gemahlin. Ich hoffe, Sie werden eingesehen haben, daß wir noch Muth und Kraft genug besitzen, un« gegen einen meuchlerischen Ueberfall zu vertheidigen. Danken Sie Gott, daß kein Blut auf unserer Seite geflossen ist, sonst — na, Sie wissen noch wohl, was ich vorhin in Ihrem Zimmer sagte." Knirschend und kreischend flog im nächsten Augen blicke daS Thor auf, die Frau stürzte in höchster Er regung auf ihren Mann zu und beschwor ihn, von weiteren Feindseligkeiten gegen uns abzulassen. Zähne knirschend gehorchte dieser. Ich trat auf den Lieutenant zu. „Wie wäre es, wenn wir den Schuft zwängen, eine Strecke Weges mitzufahren, eS ist höchst wahrscheinlich, daß er, sobald wir das Gut verlassen haben, seine Leute sammelt und uns noch einmal im Walde entgegentritt, wir können nicht so schnell mit dem schwerfälligen Fuhr werk auf dem schlechten Wege vorwärts kommen, als jene." „Sie haben Recht. — Monsieur, allons! auf den Wagen, Sie werden uns bis Hagondange be gleiten." Dann wandle er sich an die Menge. „Wer von Ihnen cs wagt, aus dem Thore zu treten, wird ohne Gnade nieder geschossen, dasselbe geschieht mit Ihrem Herrn, wenn einer von meinen Leuten ver wundet oder getödtet werden sollte." Unsere Kanoniere griffen nun den kleinen schwäch lichen Franzosen und hoben ihn wie einen Federball auf den Wagen, trotz alles Sträubens und der Lamentation der Gutsherrin. „Uaclamo, es geschieht Ihrem Gemahl nichts, wenn man uns in Ruhe laßt," wandte der Lieutenant sich an die für das Leben des Mannes besorgte Gattin. „Aufsitzen!" commandirte der Lieutenant und „Marsch!" Unser Ostfriese kam uns noch nach fünfzig Schritten Entfernung vom Thor nachgelaufen, er hatte dem Baptiste erst einige hinter die Ohren gegeben. „Dat was de verfluchte Kirl, de dat Dohr toslog, as wie affahren wollen, und naher wolle he et nicht wedder apenslutcn, ofglik de Frn ehm achter de Mllren darum bidde. Na, ick Hess ehm so'n paar an den Daets geben, de schall he morn noch fehlen, son' ollen Dämelsack. — Nu hör mal wat de Kirls fluchet und scandalirt, ja 'ne grote Snut heft se, aber Karasche wie so'n ollet Schap," und damit kletterte er zu uns auf den Wagen. Die Kerle aus dem Hofe wagten sich nicht über die ihnen gesteckte Grenze, aber einen Höllenlärm machten sie innerhalb der Mauer. „Jungens, dat was jik 'ne spaßige Requision. Donner noch ins! heb ich mi haegt, as de Kirls oebern Meshob porzelten und dat Swein ehm doch afnahmen wurd," sagte lachend unser friesischer Achill. Unter allgemeiner Heiterkeit erreichten wir die offene Landstraße, wo wir den Franzosen kopfüber vom Wagen stießen — ganz ebne Strafe sollte er doch nicht davon kommen. — Nachdem ich sein Ge wehr abgeschossen, warf ich es ihm an den Kopf. „Da, blonsiaur, nehmen Sie Ihre Knarre und lassen Sie sich die Geschichte zur Lehre dienen. Sollten wir noch einmal wiederkommen und einen ähnlichen Empfang bei Ihnen erleben, dann gehls Ihnen an den Kragen." Fluchend und zähneknirschend erhob sich der Fran zose aus dem Straßenkcthe, griff nach seiner Büchse und verschwand im Walde. Wir aber verzehrten unser Schwein am nächsten Tage mit wirklichem Be hagen. — Als wir bald darauf ein zweites Borstenthier von demselben Gutshofe holen wollten, waren die übrigen bereits „requirirt," irgend Jemand aus unserer Batterie mußte geplaudert und die geheime Quelle Anderen verrathen haben. Vermischte Nachrichten. — Eine VertheidigungSrede von er greifender Wirkung, welche zugleich eine furcht bare Anklage gegen die bayrische Regierung ist, hielt der Hauptangeklagte in der Röhrmooser Eisen- bahnunglückSaffaire, indem er sagte: „Ich bin ver- heirathet und habe zehn Kinder, diene seit einund zwanzig Jahren dem Staate, habe den Feldzug 1870 mitgemacht und habe mir noch nie etwas zu Schulden kommen lassen. Ich habe 1 Mk. 55 Pfg. Taggeld. Ich habe so viel zu thun, daß ich eS kaum über wältigen kann und ich muß meine Frau und meine Kinder zum Dienst heranziehen. Die Arbeit ist sehr streng und die Dienstzeit beträgt 17 Stunden. Wenn ich nicht die Begünstigung hätte vom StationSvor- stand, einige Stunden schlafen zu dürfen, so hätte ich Tag unv Nacht Dienst. Ich bitte um Freisprech ung." Müller wurde, wie wir seinerzeit bereits mit- getheilt, zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängniß verurtheilt. — Durch eine Kaffeebohne verunglückt. In Wien ist ein vierjähriges Mädchen beim Spielen mit einer Kaffeebohne dadurch verunglückt, daß dieselbe dem Kinde in die Luftröhre gerieth. Zur Rettung des Kindes mußte der Luftröhrenschnitt vorgenommen werden welcher normal verlief und begründete Aussicht auf die Wiedergenesung des Kindes hoffen läßt. DaS Kind hatte inzwischen den ganzen Tag über unter heftigen Erstickungsanfällen fürchterlich zu leiden. Die Operation konnte nicht früher ausgeführt werden,als bis die Bohne in der Luftröhre bis zu einer gewissen Höhe gelangt war. — RäthselhafterUeberfall. In der Nacht vom 21. zum 22. November wurde in Wittenberg von einem stromab fahrenden Kettendampfer aus ober halb der dortigen Elbbrücke trotz der herrschenden Dunkelheit ein führerlos stromab treibender Kahn be merkt, in welchem man, nachdem daS Fahrzeug ange holt, einen jungen Menschen fand, der mit gebundenen Händen und Füßen, einen Knebel im Munde, fast ganz erstarrt auf dem Boden des Kahnes lag. Der Gefesselte war der Fischerlehrling Johannes Fischer aus Klein-Wittenberg, der, nachdem er sich einiger maßen erholt hatte, angab, wie er in die hilflose Lage gekommen, in der man ihn gefunden. Er ist hiernach, als er Abend vorher um 9 Uhr eine in der Nähe von Gollin, einem Elbdorfe, etwa 8 Kilometer oberhalb Wittenbergs, stehende Fischerhütte, in welcher er sich mit anderen Fischern befunden, auf eine kurze Zeit verlassen hatte, von einem in der Dunkelheit uner kannt gebliebenen Mann überfallen worden, der ihm von hinten her eine Schlinge um den Hals warf und ihm damit würgend sofort am Schreien verhinderte. Der Mann hat dann den Jungen niedergeworfen, ihm eine Flüssigkeit in den Mund gegossen und dann einen Knebel in den Mund hineingedrückt, ihm dann Hände und Füße gebunden, ihn in einen am Ufer stehenden Kahn geworfen und diesen in die Elbe hin ausgestoßen, den Jungen so dem fast sicheren, qual vollen Tode preisgebend. Wer der Mann gewesen und welche Beweggründe ihn zu dem grausamen Attentat veranlaßt haben, darüber fehlt noch jede Muthmaßung. Vielleicht bringt die sofort eingeleitete Untersuchung Licht in die räthselhafte Angelegenheit. Ztanbesamttiche Nachrichten von Schönheide vom 24. bis 30. November 1889. Geboren: 338) Der unverehel. Stepperin Friederike Emilie Fuchs hier Nr. 40 1 S. 339) Dem Uhrenhändler Carl Albert Stockburger hier Nr. 346 I S. 340) Dem Kaufmann Gustav Heinrich Baumann hier Nr. 438 I T. Aufgeboten: 67) Der Geschirrführer Carl Hermann Heinz hier mit der Handschuhnäherin Marie Anna Wunderlich hier. Eheschließungen: 62) Der Sergeant bei der 1. Komp, des König!. Sächs. Train-Bataillons Nr. 12 Carl Eduard Wagner in Dresden mit der Wirthschaftsgehilfin Olga Seidel in Neu heide. 63) Der Wirthschastsgehilse Franz Hermann Meinhold m Oberstützcngriin mit der Bürsteneinzieherin Marie Auguste Mothes hier Nr. 219. Gestorben: 196) Des Eisenhüttcnarbeiters Friedrich Max Lempe hier Nr. 13 Sohn, William Felix Hugo, 4 I. 28 T. alt. 197) Die Bürsteneinzieherin Christiane Wilhelmine verw. Fuchs geb. Auerswald hier Nr. 92, 70 I. 22 T. alt. empfiehlt in großer Auswahl billigst 6. I'rivärlvL. Karpfen «. 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