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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 14.11.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-188911142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18891114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18891114
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1889
-
Monat
1889-11
- Tag 1889-11-14
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Monat
1889-11
-
Jahr
1889
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die Aufmerksamkeit der Gendarmen in Einsiedel und Burkhardtsdorf bei dem um 10 Uhr iu letztgenanntem Orte eintreffenden Personenzuge aus einem Coups herauSgcholt, verhaftet und daraus der Kgl. Staats anwaltschaft zugeführt. In dem Verhafteten wurde ein in Verdacht gezogener Handarbeiter, welcher, wie allgemein verlautet, Johann Schneeberger heißt und im Jahre 1846 in WeSka in Böhmen geboren sein soll, erkannt. Schneeberger hat nut dem Ermordeten zusammen gearbeitet, hat gewußt, daß derselbe des Sonnabends den Lohn auf irgend einen Neubau trügt, und es ist so bei ihm der Entschluß gereift, den Burschen zu berauben und, weil er von dem Beraubten gekannt war, ihn auch zu ermorden, um nicht verrathen zu werden. Man erzählt, daß der Mörder sein Opfer abgelanert, den Burschen in der ClauSstraße in Gablenz noch mit in einen Material- waarenladen genommen und ihm Branntwein gekauft habe. Da der Mörder nicht wagte, mit der Bahn abzureisen, so war er nach der That mit einer Droschke nach Einsiedel gefahren, war dort in einem Gasthofe über Nacht geblieben, hatte am anderen Morgen die von dem Morde noch etwas blutigen Kleidungsstücke mit anderen vertauscht, war sodann nach DitterSvorf zu Fuß gegangen und hatte dort erst eine Fahrkarte nach Adorf gelöst. Hiernach hatte er den vor 10 Uhr eintreffcnden Zug bestiegen, wurde aber aus demselben bald wieder durch die ihm auf den Fersen folgende Gendarmerie herausgeholt und verhaftet. — Außer dem wird hierüber noch berichtet: Um sich von der richtigen Ausführung dieses Auftrags zu überzeugen, sandte der Baumeister gleichzeitig einen Schulknaben dem Lehrling nach, und diesein Umstande ist cs haupt sächlich mit zu danken, daß den Behörden ein Finger zeig wurde, welcher eifrigst weiter in Verfolgung ge nommen werden konnte. Der Knabe sah den Lehr ling mit einem Arbeiter mit schwarzem Barte gehen, sowie auf der ClauSstraße, in Nähe des Exerzier platzes, mit einander, wie er glaubte, sich daselbst balgen, »vorauf der Arbeiter über den Exerzierplatz entfloh, während der Knabe wohl den Lehrling fallen sah, doch in Angst, daß ihm ein Gleiches begegnen könnte, davon lief. Der Mörder ist, wie bereits er wähnt, ein böhmischer Arbeiter Namens Schneeberger und soll bereits Zuchthaus verbüßt haben. — Planen. Der „Bogtl. Anz." schreibt: Die am 11. November als dem „Martinstage" in vielen Gegenden Deutschlands und namentlich auch im Vogt lande herrschende Sitte, ein sogenanntes Martins horn, ei» Backwerk in Hufeisenform, den Kindern (in Plauen auch den Lehrern) als glückverheißende Festgabe zu reichen, ist der Rest eines heidnischen Wodankultus. Die Martinshörner verdrängten die Opferzeicheu der Pferdehufe, unter welchen einst un sere Vorfahren ihr den Göttern dargebrachtes Opfer verspeisten, denn das Pferdeopfer galt unfern Vor fahren, denen daö Roß heilig war, als das vornehmste und feierlichste aller Thicropfer. Auf dieser alten Sitte, dem Wodan, welcher vielfach auch als reitender Gott gedacht wurde, Pferdeopfcr darzubringcn, beruht nun auch der Volksglaube von der glückbringenden Kraft des Hufeisens, das man als Heilszcichen häufig ans Haus- und Zimmerschwellen genagelt findet. Der im Vogtland«: allgemein verbreitete Aberglaube: Ein gefundenes Huf- oder Stiefeleisen bedeutet Glück — geht ebenso wie die Ueberreichung des h iseisenförmigcn Gebäckes auf die oben beschriebene uralte Sitte zurück, die sich Jahrhunderte hindurch äußerlich und innerlich im Gedächtniß unseres Volkes erhalten hat. — Plauen. Wenn man jetzt die Stadt durch wandert, sieht man in allen Straßen Braunkohlen abladen, Steinkohlen fast gar nicht. Vor wenigen Monaten noch hätte kein Mensch geglaubt, daß jemals die Brannkohlenbezügc so riesige werden würden, wie sie zur Zeit in der That sind. DaS sind die Folgen, der über alle Maßen cingetretcnen Vertheuerung der Steinkohlen. — In Penig wurde kürzlich über ein Mitglied des dortigen Militarvereins die Strafe des Ausschlusses verhängt, weil derselbe eine Versammlung cinbernfen hatte, in welcher der sozialdemokratische Landtagskan didat Stolle-Meerane sein Programm zu entwickeln beabsichtigte. — Vom Schwurgericht zu Zwickau wurde der Amtsgcrichtskontroleur Vieweg aus Schwarzenberg wegen Unterschlagung im Amte in Höhe von 1258 Mark 7b Pf. zu 2'/, Jahren Zuchthaus verurtheilt. 7. Ziehung 5. klaffe 116. Sgl. Sachs. Landes-Lotterie, gezogen am 11. November 1889. 30,000 Mark aus Nr. 43173 62743. 5000 Mark aus Nr. 44376. 3000 Mark auf Nr. 1105 6038 7011 8615 10888 15305 17788 17553 22413 23532 26644 30058 32541 33407 34650 38571 38523 38856 40878 43812 44317 44189 45220 47388 47960 50614 54579 55863 66255 67398 68154 70348 70I0I 86116 76079 77035 82672 84214 86611 86929 86874 80865 90052 93576 97984. 1000 Mark auf Nr. 498 1209 3798 3738 3166 3746 4725 5073 5508 10719 11246 II581 13920 17546 202II 23994 25217 29078 30677 30377 31264 36136 38017 45647 46473 59445 60679 61351 63646 66912 68568 75780 76801 82784 82462 83422 84967 85948 88633 89567 89917 89539 91384 92087 92002 96802 99839 99868. 500 Mark auf Nr. 682 5744 16751 24551 27613 29075 29188 30301 30799 34975 34843 36725 36883 393II 41191 42036 44669 46078 46073 47233 48305 48163 50457 52933 52275 53951 54387 55934 55601 55769 62628 63914 65715 «5836 66903 66451 67984 71980 71772 76110 77460 78122 78242 78237 84973 86027 88635 88816'88616 90186 93130 97589. 300 Mark aus Nr. 2037 3414 3694 4305 5165 5194 7077 8410 10313 12502 13553 13817 14370 151,4 16093 I6I28 18544 21020 22765 24780 25148 25123 27487 28895 28677 29656 30836 30781 34622 36104 37686 37014 37615 39283 39351 39545 39274 40817 42494 43190 45643 45781 45467 46064 46565 48494 48300 48722 50430 50673 50780 53153 53292 55894 55902 56726 56580 57745 57354 59774 62650 62'53 62885 64985 65697 66265 66890 66025 67170 67349 69922 69676 69145 70093 71272 71008 71630 72574 73407 75269 76237 77116 78331 79709 80647 82740 84690 85982 85068 86949 86006 86131 87096 88497 89313 89846 90581 90619 91551 91208 92332 92646 93073 93764 97814 97887 97657 98743 99330. 8. Ziehung, gezogen am 12. November 1889. 40,000 Mark auf Nr. 55177. 5000 Mark auf Nr. 14224 46413 93366. 3000 Mark aus Nr. 2717 5750 10155 10678 I708I 19498 23665 26707 27009 29070 30075 33555 35179 35346 39629 44413 48740 52862 54442 55933 60706 61848 61071 63220 63246 63999 64399 65506 67272 68977 68953 66756 69847 73616 74199 74201 82332 89502 91110 94612 98596. 1000 Mark auf Nr. 53948 56037 57058 62151 63400 66681 67115 89448 70070 71562 7I75I 75242 77618 81805 83167 83674 84630 84664 89975 90507 93829 96740 97446 97045 99212 10002 I54L9 16632 21223 32856 38902 41079 43370 45483 47956 49369. 500 Mark auf Nr. 3160 4861 5013 14572 14682 19047 21783 25297 25537 25385 28488 26778 26028 27975 28590 29773 36368 37646 38150'42006 43421 48367 51474 5I97I 55213 59099 61909 6I32I 63774 64946 66901 67465 67549 67216 67690 89261 74577 76740 78900 78866 79966 80555 80328 82699 90575 92644 93917 95924 95912 98201. 300 Mark aus Nr. 341 1213 2741 3809 3803 3085 4486 5709 5927 8298 9393 9562 II690 U2I3 1215' 13844 I407I 14556 15458 I506I 15267 15664 16932 17730 17715 19558 19403 20920 21645 21567 22719 22457 23941 24048 25749 26589 26696 30904 31327 31592 32621 33023 33449 3321I 35837 37138 39136 40696 41804 44001 45024 47182 48443 48567 49583 49818 50108 50547 51855 52098 53813 54862 57664 57533 60215 60328 6II54 62816 62315 65274 65206 68694 68282 68219 68882 72174 73039 73051 73884 74006 76770 76678 78844 79323 80364 83520 83371 84215 84297 84733 85473 85759 88194 89934 90567 9N32 94715 94064 95035 96206 96241 97911 98274 98622 99683 99585 99047. Pie Schwarze Uande in England. (Schluß.) Musik erfreut des Menschen Herz, so dachte der Schuh machermeister Kummer, der neben seinem Gewerbe, wie der Altmeister Hans Sachs, noch ein anderes Geschäft betrieb. Hans Sachs war ein Dichter neben seiner schusterischen Be schäftigung. Kummer war ein Schlittenfahrer, der außer Stiefeln noch allerlei geschobene Sachen verkaufte. Eines Tages las er die Anzeige eines Orgelbauers in einer deutschen Zeitung, er glaubte, es handele sich um Drehorgeln. Er setzte sich mit dem guten Mann in Verbindung und beehrte ihn mit einem Auftrag. Einst in des Morgens frühester Stunde zog Jemand die Klingel vor Kummer's Haus (nahe am Finsbury Square), und als dieser ans Fenster eilte, be merkte er sechs Vollwagen, mit Orgelpfeifen, Pedalen, Blase bälgen und andern zum Orgelbau nothwendigen Sachen be laden. Kummer war erstaunt; er hatte einen Leierkasten er wartet, und man sandte ihm eine Orgel, 800 Pfund Werth, ins Haus. Er wußte nicht, was er thun sollte, dachte aber die Orgel noch vor Anbruch des Abends zu verkaufen. Der Mensch denkt und der Orgelbauer lenkt. Die deutsche Firma hatte nämlich ihre Monteure mitgesandt, die sich bei Kummer erkundigten, wo denn eigentlich die Orgel ausgestellt werden sollte, und dabei durchblicken ließen: Zahlung müsse erst ge leistet werden, ehe die Leute ihre Arbeit beginnen könnten. Dies war dem Schuhmacher und Schlittenfahrer Kummer sehr unangenehm. Er erzählte den Leuten eine lange Geschichte und suchte sie zu veranlassen, die Orgel in einen, Waarenhaus vorläufig zu lagern. Die Monteure, die ihre Anweisungen erhalten, weigerten sich dieses zu thun und fuhren mit ihren Wagen ab. Die Orgel ging wieder zurück nach Deutschland. Da hier von einem Schuhmacher die Rede ist, so dürfte die folgende Anekdote willkommen sein. Die Firma Baxter hatte einen Wiener Schuhfabrikauten um Muster gebeten, die dieser auch unbeanstandet sandte. Er gebrauchte aber die Vorsicht, nur rechte Stiefel zu senden und vornehmlich auch nur Kinderschuhe. Baxter u. Co. wußten sich trotzdem zu helfen, sie sandte» einen ihrer gewiegtesten Vertreter mit den rechten Schuhen nach den hiesigen Clubs. Dort angelangt zeigte dieser die Muster umher und bot sie zum Verkauf an ; er hatte auch einige linke Schuhe mitgebracht, so daß die Ge schichte den Käufern nicht auffiel. Bald sanden sich auch einige Kunden, sie bezahlten den verlangten billigen Preis und Baxter's Vertreter packte ihnen die Schube ein, sich darauf sofort aus den. Staube machend. Als die Käufer später ihren Kindern die Schuhe anprobiren wollten, fanden sie, daß sic zwei gleiche hatten, und das verausgabte Geld war daher fortgeworfcn. Einer andern Schlittenfahrer-Firma, welche von einem Fabrikanten in Westfalen Wurstwaaren zu erhalten suchte, ging es sehr eigenthümlich. Diese Leute hatten von irgendwo die Preisliste des Fabrikanten erhalten. Sie schrieben an diesen und baten um Muster und Ausfuhrpreise. Die Muster kamen an und wurden für gut befunden, was Wohl auch ge schehen wäre, selbst wenn sie schlecht gewesen wären. Die Firma bestellte darauf einen gehörigen Poften von Fleisch- waaren und gab ihre Referenzen an, die wie immer recht zufriedenstellend waren. Der Fabrikant antwortete darauf, die Waare würde angesertigt und sei in wenigen Tagen fertig; er habe zufälligerweise eine Anzahl schöner westfälischer Schinken aus Lager, und cs würde ihm sehr lieb sein, zu hören, ob er dieselben der Sendung beigebc» könne. Die Schlittensahrer jubelten; so etwas war ihnen in ihrer ganzen Geschäftslaus bahn noch niemals vrcgckommcn. Sie nahnien die Offerte dankend an und ersuchten nur um schleunige Ausführung, da die Waare bereits verlaust sei. Die Sachen langten aber noch immer nicht an; anstatt derselben lief ein neues Schreiben des Westfalen ein, der in demselben eine Anzahl halb ge räucherter Schweine anbot und um die Erlaubniß bat, die selben mit den in den nächsten Tagen abzusendenden Gütern schicken zu dürfen. Auch das acceptirten die Schlittensahrer. Die Waare kam dennoch nicht an, und die Londoner wurden ungeduldig. Da lies eines schönen Morgens noch ein Schreiben ein, das ungefähr wie folgt lautete: „Meine Herren, der Waggon Waare, welche Sic bei mir gütigst bestellten, ist nicht ganz gestillt. Es ist noch Platz für ein halbes Pfund Salami; dürste ich dasselbe mistenden? Hochachtungsvoll u.s.w." Der Schlittensahrer, welcher mir diese Geschichte erzählte, bemerkte: wie wir diesen Bries erhielten, fiel es unS erst ein, daß uns Fritz Jürgen nur die ganze Zeit geutzt hatte und überhaupt niemals daran dachte, auch nur eine Unze Wurst hierher zu senden. Der Kerl ist ein iamoser Witzbold. Heute wissen wir auch, weshalb er die Wurst nicht sandte. Wir hatten ihm als Referenz einen Restaurant-Besitzer nahe der Bank, der uns immer geschobene Butter abnahm, angegeben. Wir fragten bei dem Restaurateur an. ob wir ihn als Referenz angeben dürsten, und er sagte ja. Denken Sie sich 'mal an, sprach mein Gewährsmann erregt, was für eine Auskunft der Schuft über uns gegeben. Er schrieb: „In Beantwortung Ihres Geehrten kann ich Ihnen nur sagen, daß ich den Leute» nichts schulde: ich zahle ihnen baar, ob dieselben aber Andere baar bezahlen, kann ich Ihnen nicht sagen." Deshalb, schloß mein Gewährsmann seine lange Erzählung, haben wir keine Wurst erhalten. Eine andere Auskunft, welche der Restaurant- Besitzer über dieselbe Firma crtheilte, lautete: „Ich weiß von den Leuten nur, daß ich ihnen nichts schuldig bin." Auch auf diese Auskunft hin erhielten sie keine Waare und hörte» dann auf, sich aus den Auskunftgeber zu beziehen. Wie wenig wählerisch die Schlittenfahrer in ihrem Schwindel sind, zeigt die Firma C. H. Baxter. Dieselbe entnahm fröhlich von einer Berliner Firma für mehrere hundert Mark Sarg beschläge. Damit war natürlich weiter nichts zu machen, als daß man sie als altes Metall verkaufte. Dies geschah, und die Beschläge brachten auch nicht den dreihundertsten Theil ihres Werthes ein. Der Berliner Lieferant erhielt natürlich niemals Zahlung. Eine der großartigsten Schiebereien, welche in England jemals gemacht wurden, war die Erschwindelung einer aus nicht weniger als 400 Hammeln bestehenden Heerde. Die Schlittenfahrer, welche sich diese zu verschaffen wußten, hatten als ihre Adresse ein Wirthshaus in Brunsville Row, City Road, angegeben. Dort saßen sie auch eines Morgens in süßer Eintracht zusammen und tranken so viel, wie sie nur vertragen konnte». Die Schlittensahrer lieben nämlich den Trank der Labe zu allen Stunden. Als die Seligkeit den höchsten Grad erreicht hatte, tönte von draußen das Blöken der Hammel, die früh Morgens von Deutschland angekommen waren und den langen Weg von Deptford Cattle Market, ohne Frühstück, angetretcn hatten, was auch einen Hammel mißstimmt und zu Klagctöncn veranlaßt. Einer der Treiber klopfte hierauf an die Thüre und fragte, ob Mr. So und So dort wohne, er bringe die Hammel aus Deutschland. Wohin sollten dieselben gebracht werden? Da war guter Rath theuer. Auf Hammel waren die Schlittenfahrer eben nicht eingerichtet. Sie hielten einen Kriegsrath und ließen schließlich die Heerde nach dem Viehmarkt in der Caledonian Road treiben, wo die selbe mit Hilfe eines Agenten auch verkauft wurde. Die Schlittenfahrer hatten ein wundervolles Geschäft gemacht; sie lebte» wochenlang einen guten Tag und die ausländischen Kaufleute hatten Ruhe, bis das Geld zu Ende war. Die Schlittenfahrer verschwanden darauf aus Brundsville Row für längere Zeit und lassen sich erst seit wenigen Wochen dort wieder sehen. Sollte der Geprellte diese Zeilen lesen, so rathc ich ihm, auf die Bande tüchtig auspassen zu lasten. Er mag am Ende doch ein Mal einen Theil des eingebüßtcn Betrages zurückerhalten. Ein ebenso verächtliches Gewerbe, wie die edele Schlitten fahrt, ist die sogen. Wechselschieberei, die, seitdem den Schlitten fahrern auf dem Waarenmarkt das Handwerk etwas gelegt wurde, in vielen Fällen den Platz der Schlittenfahrt einge nommen hat. Wiegroßartig dies Geschäft hier beirieben wird, läßt sich aus der folgenden Thatsache ersehen. Vor mir liegt eine Liste, welche die Namen von 80 Firmen enthält, die hier Kellerwechsel, mit allerlei Unterschriften, Giros und Accepten versehen und angeblich aus aller Herren Länder stammen, anfertigen lassen und nach Deutschland, der Schweiz, Rußland, Dänemark, Norwegen und Schweden gegen 1 Proccnt Courtage verkaufen. Anscheinend ist dies nicht viel; wenn man aber berücksichtigt, daß einige dieser Häuser bis 5000 Pfund Keller wechsel wöchentlich absetzcn, die auch von den Käufern in den meisten Fällen honorirt werden, so bedeutet dies einen ganz hübschen Verdienst. Das Kellerwechselgcschäft wird in der folgenden Weise betrieben. Deutsche Leser haben vielleicht dann und wann eine in den folgenden Worten gehaltene Anzeige gelesen: „Wechselgeschäfte werden-unter größter Dis kretion vermittelt." Das heißt auf gut Deutsch: „Hier kann man Kellerwechsel erhalten." Ausländische Häuser (die Eng länder fallen nicht auf den faulen Zauber herein), die sich in Schwulitäten befinden, setzten sich sehr oft mit solchen Firmen in Verbindung. Sie erhalten von diesen die Wechsel, welche sie im eigenen Lande discontiren lassen und dann in Umlaus setzen. Diese Wechsel sind immer bei einer englischen Bank zahlbar gemacht. Die Käufer, die inzwischen zu Geld gekom men sind, senden der Bank vor dem Verfalltage die Beträge ein, und Niemand wird klug aus der Geschichte. Das be deutendste dieser Schiebergeschäfte befindet sich in King Street, Finsbury. Der Inhaber, ein gewisser de Tolly, »lins Schuber, beschäftigt drei Buchhalter. Von diesem Manne, welcher an- gicbt, ein Neffe des russischen Generals Barclay de Tolly zu sein, kann man allerlei Wechsel auf Bestellung erhalten. Sie werden alle in London fabricirt, sehe» aber so aus, als ob sie aus der Provinz, Indien, China, Kanada, Capctown oder aus Australien herstammten. De Tolly beschäftigt sehr tüchtige Kräfte, welche einem jeden Fälschungsinstitute zur Ehre gereichen würden. Mitunter erlaubt er aber auch Liebhabern, ihre Talente zu zeigen. So gelang es ihm vor einiger Zeit, einen gewissen Freidank zu bewegen, einen Wechsel von 800 Pfund Sterl. zu acceptiren. Dann reichte er ihm 2 Shilling und 6 Pence für seine Bemühungen; aber das paßte den, Freidank nicht, welcher mindestens 400 Psd. an dem Geschäft zu ver dienen gedachte; er schlug einen fürchterlichen Lärm und hätte beinahe de Tolly's Geschäft vollständig verdorben. Unter den Wechselfabrikanten sind noch die folgenden zu erwähnen: Mazel u. Co., Bishopsgate Street Without; Haus, Farringdon Street E. C. Ewer; Wilson u. Co., Bishopsgate Street Mithin und ein gewisser Bischoffsheim. Der Letztere ist bereits niit 18 Monaten Gefängnis; für Wechsclschieberei bestraft. Mazel u. Co. erhielt vor einiger Zeit von einem deutschen Hause 200 Psd. Sterl. zur Deckung eines Wechsels. Er steckte in aller Ge- müthsruhc 120 Psd. in die Tasche und schrieb dem Betreffenden, der Wechsel könne erst eingelöst werden, nachdem die 120 Psd. eingcsandt seien, da er diese Summe für sich verbraucht habe. Der Deutsche war gezwungen, wollte er nicht als Wechsel schieber gebrandmarkt werden, das Geld einzusenden. DaS ist der Fluch der bösen That. Uebcr dieses Wechselgeschäft könnte ich Bände schreiben; ich muß mich jedoch für heute mit dem Angeführten begnügen. Man wird daraus ersehen haben, daß, obgleich die Schlitten fahrt nicht mehr so blüht wie früher, dieselbe dennoch immer hin ein sehr anständiges Leben fristet. Dem ausländischen Kaufmann dräuen hier noch immer scharfe und vernichtende Klippen, und er muß die außerordentlichstc Vorsicht gebrauchen, wenn er sein Schiss unbeschädigt hindurch zu steuern wünfcht. Die Wechselschiebcr sind deshalb doppelt gefährlich, weil die meisten dieser Herren noch nebenbei die Schlittenfahrt betreiben. Deshalb aufgepaßt. Rollo.
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