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die persönliche Bekanntschaft der Czarcwna machen wird. Mit der Kaiserin Viktoria Augusta zugleich, oder doch bald nach ihrer Abreise, soll, dem Vernehmen nach, die russische Kaiserin dann beabsichtigen, die Fahrt nach Berlin und Potsdam anzutreten, um auch ihrerseits dem deutschen Hofe einen Besuch abzustatten. — Hannover, 15. Septbr. Bei dem gestrigen Diner der Provinzialstände toastete Graf Münster auf das Kaiserpaar und hob hervor, daß die Hanno veraner stets treue Untcrthanen und gute Soldaten und Patrioten gewesen seien. Ihr Vaterland sei größer geworden, ebenso auch ihre Pflichten. Die Hannoveraner würden treu dem Rufe ihres Kaisers folgen, im Frieden wie im Kriege. Der Kaiser dankte, indem er hervorhob, er betrachte in dem schönen, tapferen Ulauenregimeute, dessen Uniform er heute trage, die Kardinaltugenden der Provinz Hannover verkörpert. Felsenfeste Königstreue, Adel der Ge sinnung, Vornehmheit der Denkweise, opferfreudiger Patriotismus, eine bis zum Aeußersten fähige Macht, die einmal Ergriffenes nie losläßt. Er trinke auf das Blühen und Gedeihen der Provinz auö dem selben Glase, woraus sein Großvater 1874 das Wohl der Provinz ausbrachte. — Der „Post" wird aus Hannover unterm 17. ds. gemeldet: Das heutige Kavalleriemanöver ist unter der Leitung Sr. Maj. des Kaisers glänzend verlaufen. Der markirte Feind stand unter der Führ ung des Generallieutenants v. Krosigk, Chef des Militärreitinstitutes zu Hannover, und bestand aus 32 Schwadronen, 8 Bataillonen und vier Batterien. Geuerallieutenant v. Krosigk hielt mit der Arriere- garde die Linie Esbeck-Eime besetzt. Se. Maj. der Kaiser entwickelte beide Kavalleriedivisionen gleichzeitig gegen den Feind. Die Division Versen ging über die Thuester Berge, die Division Planitz über den Südabhang des Osterwaldes vor, um den Feind zu attackiren. Das gleichmäßige Vorgehen und Zusam menwirken beider Divisionen wurde meisterhaft aus geführt. Es wurden auf die zwischen Esbeck und Delmissen marschircnde Kavalleriedivision glänzende Attacken geritten. Danach nahm Se. Majestät der Kaiser auf der Höhe westlich Eime sämmtliche 70 Schwadronen zusammen, um sie im Parademarsch den versammelten hohen fürstlichen Gästen vorzuführen. — Oesterreich. Die Augen Oesterreichs sind jetzt auf Prag gerichtet. Dort entscheidet sich in den nächsten Tagen, ob der Zwist zwischen Deut schen und Czechen friedlich beendet unv ob der Kaiser von Oesterreich als König von Böhmen gekrönt wird oder nicht. Vorläufig sei nur folgendes Thatsächliche bemerkt: Der Großgrundbesitz Böhmens soll als Brücke zu den aus dem Prager Landtage vertriebenen Deutschen benutzt werden. Der deutsche Fürst Alexander Schönburg ist mit dem czechisiben Fürsten Lobkowitz dahin einig geworden, gewisse Vor schläge des czechischen Adels dem Vollzugsausschüsse der deutschen Landtagsabgeordneten vorzulegen. Diese sind alle in Prag erschienen, darunter der Vertrauens mann unserer Brüder in Böhmen, Or. Schmeykal. Die Verhandlungen haben begonnen. Die Deutschen sollen die Bedingungen nennen, unter denen sie in den Prager Landtag wieder eintreten wollen. Das deutsche Volk Böhmens lebt der festen Ueberzeugung, daß seine Vertreter auf ihren Forderungen zum Schutze ihrer Nationalität vollinhaltlich bestehen wer den. Sollten ihnen die Czechen diese billigen Zuge ständnisse machen, so würde die Wiener Regierung dieselben gutheißen. Dann würde es wohl zur böhmischen Königskrönung kommen können. Ohne den Eintritt der Deutschen ist sie rein unmöglich. Wenn zwei Fünftel der Bewohner Böhmens grollend seitabstehen, so gäbe Das ja nur die Krönuug eines czechischen, nicht eines böhmischen Königs. Aber die Krönung eines böhmischen Königs, soll sie nicht ein leeres Prunkstück sein, zieht tiefgreifende staatsrecht liche Folgen nach sich. Bereits jetzt kündigen die Ungarn lebhaften Widerspruch dagegen an. Sie wollen von einer Ersetzung des Dualismus durch den Trialismus Oesterreich-Ungarns Nichts wissen. Die Angelegenheit hat auch für Deutschland das höchste Interesse. DaS will aber im Zusammenhang dar gelegt sein. Zunächst kommt Alles darauf an, wie sich der nationale Generalstab der Deutschen in Prag dazu stellt. — DaS österreichische Handelsministerium hat beschlossen, die Landbriefträger, welche oft be deutende Werthe mit sich führen, mit Revolvern zu bewaffnen. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 17. Septbr. Am vorigen Sonn tage feierte der Verein zur Förderung der christlichen Liebeswerke, welchem die Gemeinden Eibenstock, Schönheide, Stützengrün, Carlsfeld und Sosa angehören, sein Jahres fest, und zwar galt dieses dem Werke der sächs. Hauptbibelgesellschaft. Eingeleitet wurde das Fest durch einen Nachmittags 3 Uhr in hiesiger Kirche stattgefundencn Gottesdienst, für welchen Herr l'. 1-ic. tkeol. 7>r. Hartung, Pfarrer der Pcterskirche zu Leipzig, die Predigt gütigst übernommen hatte. In feindurchdachter und geist voller, erweckender und erbauender Weise predigte er über JesaiaS 44, 5: Wessen freut sich eine deutsche christliche Gemeinde an ihrem Bibelfeste? s) ihrer Bibel, denn sie ist Gottes Wort; b) ihrer Bibelüber setzung, denn sie ist gewirkt durch Gotte« Geist; c) ihrer Bibelgesellschaft, denn auf ihr ruht Gottes Segen. Der Sängerchor des Schneeberger Gymnasiums, wel cher den Gottesdienst durch Aufführung zweier Mo tetten hatte wollen verschönern helfen, war leider durch die Ungunst der Witterung am Erscheinen verhindert worden. Die am Schluffe des Gottesdienstes ver anstaltete Collecte ergab einen Betrag von 53 Mark. Die weitere Fortsetzung des Festes bildete eine im Saale der „Union" abgehaltene Nachversammlung, welche leider nur schwach besucht war. Nach Eröff nung derselben durch Gesang und ein von Herrn ?. Bretsch neider gesprochenes Gebet gab der Vor sitzende des Vereins, Herr ?. Böttrich einen ge schichtlichen Ueberblick über die Entstehung und Thä- tigkeit der sächs. Hauptbibelgesellschaft, welche in die sem Jahre auf ein 75jährigeS gesegnetes Wirken zu rückschauen darf, und berichtete über die Thätigkeit des nun 7 Jahre bestehenden Vereins. Herr Bürger meister Löscher erstattete als Kassirer den Kassen bericht. Demzufolge hat der Verein während seines siebenjährigen Bestehens die Summe von 3572 Bk. 53 Pf. aufgebracht. Die Erträge der Sammlungen in den einzelnen Jahren sind folgende: 1882: 401 M. 65 Pf. 1886: 413 M. 10 1883: 490 „ 96 „ 1887: 432 „ 13 1884:408 „77 „ 1888: 448 „ 90 1885: 410 „ 99 „ 1889: 566 „ 03 Von dieser letzten Summe kommen auf die zelnen Gemeinden als Beiträge: Eibenstock: 253 M. 90 Pf. Schönheide: 108 „ 60 „ Stützengrün: 100 „ - „ Carlsfeld: 30 „ - „ Sosa: 20 „ 53 „ Ertrag der Collecte: 53 „ — „ Bezüglich deS AntheilS, der von dieser Summe der Gustav-Adolf-Stiftung zukommt, wurde beschlossen, daß das eine Dritttheil der Gemeinde Brüx in Böh men zu Gute komme, für das zweite Dritttheil wurde die Gemeinde Rumburg vorgeschlagen, das dritte Dritttheil wurde zur sofortigen Verwendung bestimmt. — Bor dem Schluffe richtete noch der Herr Festpredigcr eine kurze Ansprache an die Versamm lung, in der er zu kräftiger Mitarbeit eines jeden Christen ain Werke der inneren Mission mahnte. Nach Abstattung des Dankes au die Gemeinden und den Herrn Festprediger wurde die Versammlung mit Gesang und Gebet geschlossen. Möge Gottes Segen auch in der Zukunft auf der Thätigkeit des Vereins ruhen! — Dresden. Aus den Dresdener Kaiser tagen erzählt »ach dem „Herforder Kreisblatt" eine junge Dame aus Herford, die gegenwärtig in Dresden bei einer Freundin weilt, in einem au ihre Eltern gerichteten Briefe folgenden Vorfall: „Sonntag hatten Grete (die Dresdener Freundin der jungen Herforderin) und ich etwas geplant, was über Er warten prächtig verlaufen ist. Gretens kleines reizen des Töchterchen sollte dem Kaiser auf seiner Fahrt zum Feldgottesdicust einen Rosenstrauß mit Schleife überreichen. Auf der Schleife stand: „Was soll ich Dir sagen, was soll ich Dir geben, Ich hab' ein so kleines, so junges Leben, Ich hab' ein Herzchen, das denkt und spricht: Ich habe Dich lieb, mehr weiß ich nicht. Die kleine Grete." Pünktlich war der Kaiser zur Stelle. Ein uns be freundeter Herr trat auf den Damm und hob das weißgekleidete Kind empor; mit huldvollem Lächeln nahm der Kaiser den Strauß entgegen, wobei er „Wie reizend" sagte. Der Kaiser war sichtlich erfreut und wir verblieben nach seiner Abfahrt in gehoben ster Stimmung. Mit einem Male ertönte die Haus glocke. Der Oberst der Schutzmannschaft kam im Allerhöchsten Auftrage zurück, überbrachte des Kaisers Gruß und Dank und schrieb die Adresse auf. Bei der Abfahrt sah der Kaiser, als er bei unserem Hause vorbeifuhr, sofort zu unserem Fenster hinauf und grüßte und nickte uns wiederholt freundlich zu. Am anderen Tage erhielten wir den Besuch eines Herrn, der sich als CabinetSsecretär Sr. Majestät vorstellte. Derselbe brachte der kleinen Grete eine goldene Kette mit Kreuz; in dem letzteren befindet sich ein herr licher Brillant." — Die Einverleibun g der nachstehenden Vor orte in die Stadt Leipzig soll in folgenden Terminen vorgenommen werden: am 1. Januar 1890 werden einbezirkt: VolkmarSdorf, Neuschönefeld, Neu stadt, Alt- und Neusellerhausen, Thonberg und Neu- reudnitz; am 1. Januar 1891: Altschönefeld, Eutritzsch, Gohlis und Möckern; am 1. Januar 1892: Leutzsch, Lindenau, Plagwitz, Kleinzschocher und Schleußig (nebst Neuschleußig), am 1. Januar 1893: Connewitz, Lösnig und Stötteritz. — Der Kirchenvorstand zu Elsterberg hat beschlossen, dem von der Diözesanversammlung in Plauen ausgestellten Lokalstatute, bezüglich der Wahl der Pathen bei Taufen von unehelichen Kin dern, beizutrcten. Nach diesem Statute dürfen vom 1. Okt. d. I. an Mütter unehelicher Kinder zu Pa then derselben Personen ledigen Standes vor Erfüll ung des 25. Lebensjahres init Ausnahme der Ge schwister und verschwägerten Personen von der Mutter des Täuflings nicht wählen. Die Zahl der Tauf zeugen darf die Zahl „drei" nicht übersteigen. Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen hat der Pfarrer das Recht und die Pflicht, ledige Per sonen, die das gedachte Alter noch nicht erreicht haben, sowie Ueberzählige zurückzuweisen und aus die Wahl anderer Personen zu dringen. — Die zurEntlassung gekommenen Mann schaften seien hierdurch auf die Verpflichtung auf merksam gemacht, sich innerhalb 14 Tagest bet deni Landwehrbureau anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung zieht empfindliche Strafe nach sich. Zur Disposition beurlaubte Mannschaften haben vor jedem Wechsel des Aufenthaltsortes die Erlaubniß hierzu beim Bezirksfeldwebel einzuholen; im Falle sie dieser Bestimmung nicht nachkommen, haben sie sofortige Wiedereinberufung zu gewärtigen. Militärschriftliche Meldungen der Landwehrmänuer und Reservisten an das vorgesetzte Bezirks-Kommando bez. Feldwebel werden von der Post portofrei befördert, wenn die Briefe mit dem Vermerk „Militaria" versehen unv offen (unverschlossen) eingeliefert werden. Erfolgt die Einlieferung zur Post mit verschlossenem Umschlag, so genügt die Bezeichnung „Militaria" allein nicht, sondern der Brief muß einen Siegel- oder Stempel abdruck bez. Marke einer öffentlichen Behörde tragen, z. B. des Stadtrathes, Gemeindevorstandes rc.; fehlt dieser, so wird der Brief als unfrankirt von der Post aus taxirt, und da die Militärbehörden die Annahme von mit Porto belasteten Briefen in den meisten Fällen verweigern, so kommt der Brief nach etlichen Tagen wieder an den Absender zurück, und der Zweck ist verfehlt, ja in vielen Fällen erwachsen schwere Unannehmlichkeiten daraus. Portofreiheiten genießen Briefe nach dem eigenen Orts- oder Landbestellbezirke überhaupt nicht. — Für dieChokolade-Automaten verhäng- nißvoll ist ein Urtheil, welches das Reichsgericht neulich gefällt hat. Nach demselben enthält der Ver kauf von Maaren in Ueberraschungspaketen, wobei es vom Zufall abhängig, ob der Käufer für den Preis eine mehr- oder minderwerthige Waare erhält, eine unerlaubte Ausspielung und ist »ach 8 286 des Strafgesetzbuches strafbar (mit Gefängniß bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 3000 Mk.) Den Lotterien sind öffentlich veranstaltete Ausspielungen beweglicher oder unbeweglicher Sachen gleich zu achten. Reisen — welche Lust. Humoreske von Maximilian Schmidt. (3. Fortsetzung.) „Ich nahm schnell die rettende Mixtur und lief hinter der Frau die Treppe hinab. Ich wollte ge radenwegs in die Wohnung Deiner Mutter. Da zog mich die Nachbarin in ihr Haus und es zeigte sich, daß Mitzi nichts als eine häßliche Katze war. Du kannst Dir denken, wie ich mich darüber geärgert habe, daß mein Schrecken und meine Angst umsonst gewesen. Vielleicht ist eS auch bei Dir so der Fall." „Nein, er ist sicher auf der Eisenbahn verunglückt," jammerte Mechtildis. Der Alte aber schien sie nicht zu hören. Er schwelgte in Erinnerung. „Kurze Zeit darauf," erzählte er weiter, — „ich saß eben am Schreibtisch und kritzelte ein Rezept — kam wieder jemand in's Zimmer gelaufen und rief: „Herr Doktor, kommen Sie schnell! Mitzi hat sich den Fuß gebrochen." Ich dachte, es sei die Nach barin und es handle sich wieder um ihre Katze, während sich diesmal Deine Mutter, meine Braut durch einen Fall auf der Stiege den Fuß luxirte. Ich sagte ärgerlich, ohne aufzublickcn: Einen Stein um den Hals und in's Wasser mit ihr oder gleich todtschlagen; ich weiß keine bessere Kur dafür." „Sie gewissenloser Mensch! ich werde es auSrichten," schrie die Person und war verschwunden. Und mein Rezept ward meiner Braut getreulich ausgerichtet, ich aber als der größte Flegel vom Platze verschrieen. Verlobung und Hochzeit drohten zurückzugehen, wenn nicht schließlich mein Mißverständniß an den Tag gekommen wäre. Es kam dann wieder alles in'S richtige Geleise und so wird es auch in concreto gehen." „Ach, damals gab es keine Eisenbahn, auf der man verunglücken konnte!" seufzte Mechtildis. „Sagte ich's nicht vorhin, daß die Eisenbahn nur Unglück bringen werde," entgegnete der Veterinär. „Nicht allein die Thierärzte werden brodloS, nein, unsere Kinder werden durch sie Wittwen und unsere Frauen Waisen. Und dazu haben sie den Dampf gebraucht!" Frau Thiernagel trat jetzt wieder in die Stube. „Der Herr Doktor folgt mir auf dem Fuße," sagte sie. „DaS ganze Städtchen ist in Aufregung. Bor dem Hause unten stehen eine Menge Leute, welche wissen wollen, was das Telegramm enthält." „Ja, wenn wir das selber wüßten!" meinte Thier nagel. Jetzt trat der Doktor ein. „Wo fehlt es? Wer ist krank?" fragte der schon bejahrte Herr, Hut und Stock weglcgend.