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aus der geistreichen Feder Victorien Sardou'S. — Etwas zuin Lobe des Stückes zu sagen, wäre über flüssig, nachdem dasselbe längst auf allen Stadt- und Hostheatern die Feuerprobe bestanden und unzählige Aufführungen erlebte. Es erübrigt uns nur noch darauf hinzuweiscn, daß die weibliche Hauptrolle „Ch- prienne" von Frl. Frieda Schmid als Gast dargestellt wird, und so ist zu hoffen, daß soviel Anstrengungen seitens der Direktion durch ein volles HauS belohnt werden. — Schönheide, 28. August. Am vergangenen Montag wurde von Passanten der Rautenkranzer Straße im Silberbache ein weiblicher Leichnam aufgefunden, in welchem man die aus Schnarr tanne stammende ca. 40 Jahre alte, ledige G. er kannte. Die G. war geistig sehr beschränkt und soll schon längere Zeit mit dem Gedanken an Selbstmord umgegangen sein. Sie hatte sich schon am Sonntage aus ihrer elterlichen Wohnung entfernt und soll bei ihrem Fortgehen geäußert haben, daß sie nicht wieder nach Hause kommen werde. — Schönheide, 28. August. Aus der kürzlich im Druck erschienenen Uebersicht über den Güter und Personenverkehr auf den unter Königl. Sächs. Staatsverwaltung stehende» Eisenbahnen im Jahre 1888 ist zu ersehen, daß an der allgemein zu constatirenden Verkehrszunahme auch die Station Schönheide nicht nnbetheiligt ist. So stellte sich bei dieser Station das Gesammtgewicht der Verkehrs güter auf 31,586 Tonnen (ä 20 Centner), gegen 25,967 Tonnen im Jahre 1887, während die Gesammt- einnahme im Güterverkehre, die 1887 113,647 Mark betrug, auf 133,370 Mark gestiegen ist. Die Zahl der expedirten Frachtbriefsendungen belief sich auf 42,325 gegen 40,718 im Jahre 1887. Von den 439 Bahnstationen des ganzen Landes nahm Schön heide bezüglich der Bedeutung im Güterverkehre die 125. Stelle und nach dem Antheile an der Einnahme im Güterverkehre berechnet,-sogar die 107. (im Jahre 1887 noch die 137. bez. 129.) Stelle ein. Um die Bedeutung dieser Rangstufe unserer Bahnstation zu erkennen, dürfte es genügen, darauf hinzuweisen, daß im Jahre 1888 im Güterverkehre die Bahnstation Kirch berg mit 30,630 Tonnen die 127., die Bahnstation Eibenstock mit 20,061 Tonnen die 172. Stelle ein genommen haben. Im Personenverkehre hat sich die Zahl der abgegangenen und angekommenen Personen im Jahre 1888 in Schönheide (bei 28,590 Mark Einnahme) auf 68,550 gegen 66,753 im Vor jahre, in Eibenstock auf 38,299 gegen 36,233 im Vorjahre, belaufen und nahmen hierbei Schönheide die 179., Eibenstock die 260. Stelle ein. Hinsichtlich des Telegraphenverkehres ist ebenfalls eine erhebliche Zunahme zu konstatiren und ist Schönheide unter 209 Verkchrsstationen aus der 21., die es im Jahre 1887 eiunahm, im Jahre 1888 in die 18. Stelle aufgerückt. Die Zahl der 1888 expedirten Privattelegramme betrug 1790 gegen 1347 im Jahre 1887. Im Jahre 1888 stellte sich bei der Bahn station Schönheide gegenüber dem Vorjahre das Mehr wie folgt: 5619 Tonnen (ä 20 Centner) Güter, 1607 Frachtbriefsendungen, 19,723 Mark Güterfrachtein nahme, 1803 Personen, 655 Mark Fahrgeldeinnahme und 443 Privattelegramme. — Schönheide. Das Gewitter, das sich am 19. ds. Akts, in den Morgenstunden über die hiesige Gegend entlud, konnte leicht einer Anzahl Waldarbeitern verhängnißvoll werden. Dieselben waren auf einem Holzschlage am „Heckcrhannesberg" be schäftigt und suchten vor dem strömenden Regen Schutz unter einer hohen Fichte. Als sie hier ihr Frühstück verzehrten, schlug plötzlich in ihrer nächsten Nähe ein Blitzstrahl in einen andern hohen Baum, denselben theilweise zersplitternd. Die Arbeiter sind hierbei so erschrocken, daß einige von ihnen mehrere Tage krank und ein anderer nicht zu bewegen war, in der Nähe jener verhängnißvollen Stelle wieder zu arbeiten. Ein merkwürdiges Zusammentreffen ist eS, daß in der Nähe jener Stelle vor einigen Jahren ein Waldar beiter, der sich ebenfalls unter einen hohen Baum geflüchtet hatte, vom Blitze erschlagen worden ist. Man ersieht hieraus, wie gefährlich bei einem Gewitter der Aufenthalt unter hohen Bäumen ist. Jeder, der im Walde vom Gewitter überrascht wird, sollte ent weder das freie Feld oder wenigstens niederes Busch werk zu erreichen suchen. — Johanngeorgenstadt, 27. August. Bei dem am vorigen Freitag herrschenden Sturme wurde die 9 Meter lange Flaggenstange am Carola- Thurm abgebrochen und heruntergeschleudert. — In der Nacht vom Sonntag zum Montag wurde von ruchloser Hand die von dem hiesigen Erzgebirgs verein am Bahnhofsteige angebrachte Ruhebank aus der Erde gerissen und theilweise zertrümmert. Der Vorstand hat laut Inserat des Lokalblattes auf die Ermittelung des ThäterS eine Belohnung von 20 Mark gesetzt. — Dresden. Die Huldigung, welche die Dresdener Bürgerschaft unter Führung ihres Stadt- ratheS dem deutschen Kaiser bei dessen Anwesen heit in Dresden bringen wird, verspricht großartig zu werden und wird in keinem Stücke hinter ähnlichen festlichen Veranstaltungen, wie sie Kaiser Wilhelm so eben in den Reichslanden und in Westfalen erlebt hat, zurückstehen. Bereit- jetzt ist die Theilnahme von etwa 8000 Mann an dem Fackelzuge gesichert. Der HuldigungSzug wird voraussichtlich Sonnabend den 7. September vor sich gehen, also an einem anderen Abende, als an welchem der große Zapfenstreich statt findet. Der Zug wird an der Spitze die Gesang vereine, nach dem innern Schloßhofe marschiren, dort werden die Sänger eine Serenade aufführen, woran sich seitens der Stadt die Huldigung Sr. Maj. des Kaisers schließt. Die Sängerschaft wird geleitet von Turnern, welche Fackeln tragen. ES sind nur WachS- fackeln, keine Harz- oder Pechfackeln in Aussicht ge nommen; die Stadt liefert die Fackeln, ebenso die Lampions für die sich an die Sängerschaar anschließ enden Zugtheilnehmer. — Dresden. Wie verlautet, hätte Feldmarschall Graf Moltke, der ebenfalls eine Einladung zu dem sächsischen CorpSmanövcr erhalten hatte, Kaiser Wilhelm gern begleitet, doch lehnte er dankend mit der Motivirung ab, daß er bei seinem hohen Alter kein Pferd mehr besteigen könne, was vor 7 Jahren bei seinem Besuche aus gleichem Anlasse in Dresden noch möglich gewesen wäre. — Ueber die am 6. September bei Naundorf stattfindende Parade sind folgende Befehle erlassen worden: Die Parade beginnt früh 10 Uhr, ist in zwei Treffen aufgestellt und wird vom kommandirenden General, Sr. kgl. Hoheit Prinz Georg, kommandirt. Die Bataillone stehen in Doppelkolonnen, die Untcr- offizierschule ist als Bataillon zu zwei Kompagnien formirt. Kavallerie in Kolonne in Escadrons. Ar tillerie in Linie. Das Trainbataillon mit zwei Fahr zeugen Tiefe in drei Kompagnien neben einander. Bei Annäherung der Majestäten präsentiren die Trup pen, die Tambours schlagen, die Musikchöre blasen die Regimentspräsentirmärsche. Unmittelbar nach Aus führung des Griffs wird von allen Truppen drei Mal laut „Hurrah" gerufen. Der Uebergang in die Kö- nigshhmne („Den König segne Gott") erfolgt, sobald Se. Maj. der Kaiser sich der Musik des betreffenden Truppentheils nähert. Nach Abnahme der Treffen findet ein zweimaliger Vorbeimarsch statt, die Infan terie in Kompagniefront, die Unteroffiziersschule mit BataillonSabstand, die Kavallerie in halber Escadrons- front, die Artillerie in Battcriefront, das Trainba taillon mit sechs, bezw. neun Fahrzeugen. Beim 2. Vorbeimarsch defilirt die Infanterie in Regiments kolonne, die Kavallerie in Escadronfront im Trabe, die Artillerie in Batteriefront im Trabe, der Train wie beim ersten Vorbeimarsch im Trabe. Die Ka detten und Unteroffizierschlller nehmen am 2. Vor beimarsch nicht theil, sondern stellen sich rechts neben den königlichen Wagen auf. Die Zahl der an der Parade theilnehmenden Truppen dürfte ungefähr 42,000 Mann betragen. — Stollberg. Unser Industriegebiet hat sich erfreulicher Weise nach und nach in stetiger Weise erweitert; auch ist man mit dem Geschäfts gänge im Ganzen genommen zufrieden. Die Strnmpf- waaren-, Webwaaren-, Filzwaaren- und Cigarren- Fabrikation geht, mit Aufträgen versehen, ihren ruhigen Gang. In der großen Woller'schcn Strumpf- waarenfabrik wird von früh 6 bis Abends 6 Uhr, mit Ausnahme der Mittagsstunde, gearbeitet. Rur der Strumpfmaschinenbau leidet noch an Mangel an Aufträgen, während die Strumpfwirkerei von Stahl knecht, die in den neuesten, vom Werkmeister Herrn Riedel ersonnenen Mustern arbeitet, kaum der Menge der Aufträge gerechnet werden kann, so daß man ge- nöthigt ist, mit Ueberstunden zu arbeiten. Die immer größere Vervollkommnung der Maschinen bewirkte, daß die Hausindustrie fast auf Null herabgcsunken. Während früher die Fabrikarbeitersehefrau und die Kinder zu Hause durch Strumpftheilezusammennähen immer noch einige Groschen die Woche hindurch ver dienten, macht das alles jetzt die Maschine; selbst das sogenannte Tapcsiren oder Einsticken verschiedener künstlicher Figuren in die Strümpfe, was lohnend war, bedarf nicht mehr der menschlichen Hand. Die Maschine macht es ebenso schön und viel schneller. — Einige Kalender künden irrthümlicherweise den Beginn der Leipziger Messe auf den 23. Sept, an, so daß die Vor- oder EngroSwoche auf den 16. September fallen würde, während der offizielle An fang auf den 30. September und derjenige der Vor woche auf den 23. September fällt. Aus schweren Tagen. Eine Erzählung aus der Zeit Napoleons I. von Rudolf Lossen. 28. Fortsetzung. «Nachdruck »rrdoleu.» Aber eine treffliche Trösterin hatten er und seine Frau in Nanettle. Sie, die den kaum gewonnenen Verlobten hatte wieder wcggeben müssen in den Krieg, sie war voll freudiger Fassung. Ihrem Herzen war ein Glück geworden, auf das sie nie mehr gehofft hatte, und mit der fröhlichsten Zuversicht sprach sie den trauernden Eltern zu. Sie wußte, daß sie, — selbst wenn Samuel fallen sollte, — bis an ihren Tod Gott banken würde für das ihr geschenkte Her zensglück. So war sie der Sonnenschein des Hause«; die Sorgen, die sie nm den Geliebten trug, barg sie in stiller Brust, und nur von Richard sprach sie zu weilen mit bangem Schmerz, was wohl aus ihm möchte geworden sein. Zwei Briefe, die in längerer Frist nach einander von Samuel einliefen, zeigten den ganzen Ernst des neuen Feldzug«. In dem ersten hieß eS: „Am 3. Akai kamen wir auf dem Schlachtfeld von Lützen an, das noch von verwundeten Preußen und Russen bedeckt, war, die noch keinen Verband hatten. Unsre Aerzte verbanden viele. Welcher Jammer! — Aber das ist anders noch als 1809: Ich habe verwundete Franzosen gesprochen, die nicht genug davon sagen konnten, mit welcher Wuth und welcher Todesverach tung die Preußen auf sie loSgestllrzt seien; eS habe jeder der erste sein wollen am Feind, und wenn die vorderen Reihen gefallen seien, hätten sich die Hinteren förmlich vorgedrängt ins Feuer. Ja, das Volk ist aufgestanden, und wir werden eS spüren." — In dem zweiten Briefe berichtet Samuel: „Am 21. Mai haben wir die furchtbare Schlacht bei Bautzen mitgemacht. Während auf den Flügeln die Schlacht vom Morgen an tobte, mußten wir Württemberger im Centrum stille halten. Um Mittag aber führte man uns zum Sturm gegen die Kreckwitzer Höhe, die der General Blücher vertheidigt hat. Das war ein Sturm im verheerendsten Gewehr- und Kanonen feuer! Die Preußen standen wie Manern. Aber auch unsere Schwaben sind auf die Höhe im zer- störcndsten Feuer, das Gewehr im Arm, mit der größten Ruhe und in der schönsten Haltung, los marschiert. Als es dann zum Bajonnetangriff kam, zogen sich die Preußen langsam und fest zurück. Ich kann mich nicht genug wundern, wie unsre jungen Soldaten, die zum ersten Male ins Feuer kamen, gestanden sind! Wir haben aber auch furchtbar viel Leute verloren, über 1200 Mann. Unfern Regiments- Kommandeur hat vor unserer Front eine Kanonen kugel vom Pferde gerissen. Die Preußen und Russen haben das Schlachtfeld geräumt, aber in fester Hal tung. Dieser Krieg wird noch viele Menschen kosten." — * * ES ist gegen Abend *6 Uhr. Dorf Rohrbeck, zwischen Jüterbog und Dennewitz, steht in Hellen Flammen. Unweit desselben, in Reihe und Glied zwischen seinen schwarzen Jägern, deren Reihen schon sehr gelichtet sind, steht Samuel Schalter düsteren Antlitzes. Die Schlacht des 6. September ist verloren. Von den leichten sandigen Höhen jenseits des Dorfes, von denen die Preußen den Marschall Ney mit seinen Franzosen und Württembergern herabgeworfen haben nach Rohrbeck hinein, donnert nun die preußische Artillerie. An den Dorfausgängen ficht das 10. Regiment, um sich den Rückzug gegen die wüthend nachdringenden Feinde zu erkämpfen. Samuel sieht wohl, wie überall die Reihen zu weichen beginnen. Noch feuert er aus den Reihen der Kanieraden auf die siegestrunkenen Gegner, die drüben über den Sümpfen des Ahebachs heranstürmen und Stellen zum Uebergang suchen. DaS württembergische Geschütz ist schon abgefahren. Um so zerstörender wirkt das feindliche. Ueberall wanktS. Die Franzosen neben ihnen sieht Samuel in vollem Rückzug. „Wir werden aufgeopfert! Wir sind verloren!" hört Samuel die Kameraden rufen. Aus dem brennenden Dorfe eilen die Reste des 10. Regiments zurück, und aus dem Dorfe hervor folgen ihnen auf dem Fuße die Preußen, schwärmen aus und nähern sich unter stetem Feuer den zer rissenen Reihen der Württemberger. Jetzt hört Samuel zur Seite einen heftigen Wort wechsel in französischer Sprache. Es ist Delort, der Generalstabschef des Marschall Ney, der dem württembergische» General Franquemont zuruft: „GölSdorf und Dennewitz sind vom Feind genommen! Der Rückzug geht auf Torgau! Die württembergische Division hat den Rückzug zu decken!" „Wie?" entgegnete Franquemont, „sollen denn meine Württemberger immer und immer exponirt und aufgeopfert werden? Es ist ein Unrecht, meine Leute immer wieder an die gefährlichsten Stellen vorzu schieben!" „Darauf müßt Ihr gefaßt sein!" schreit wüthend Delort, „eS ist unser Vortheil, wenn Ihr alle umkommt, ehe Ihr am Ende die Waffen gegen uns kehrt!" DaS war französischer Dank für deutsche KnechteS- dienste! Franquemont sprengt zurück und im dichtesten Kugelregen unter die Reste seiner Regimenter. „Kinder," ruft er, „haltet fest zusammen! Um mich sammelt Euch, damit wir die Waldhöhe dort erreichen; sonst sind sie alle verloren!" Ueberall schreien die Offiziere: „Zusammen halten! Im Glied bleiben!" Im Eilmarsch geht- rückwärts. Nur die hinter sten Abteilungen, bei denen auch Samuel ist, sollen noch einmal Front machen gegen den Feind. Die Offiziere springen vor die Front: „Stand gehalten! Feuer!" Noch einmal stehen die Württemberger. Aber welch' ein Anblick. Nicht die Sümpfe am Ahebach halten den glühenden SiegeSmuth der Preußen mehr auf; in Haufen waten sie, tief einsinkend, die Lebens gefahr nicht achtend, hindurch und stürzen zur Ber-