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em und sah zu seinem Erstaunen bei dem schwachen Lichte Constanze bewußtlos auf dem Boden liegen. 18. Kapitel. Ein entsetzlicher Rath. Robert Asch konnte nicht umhin, zuweilen an Doktor SansomS Worte zu denken: „Wenn Sie ver nünftig sind, werden Sie wie die übrige Welt glauben, daß Constanze todt ist." Er wagte es nicht, Alice seinen Argwohn mitzutheilen, doch er fühlte, daß Constanze noch lebe — in einer der Zellen des Irrenhauses der Samaritaner eingeschlossen — lebendig begraben, und daß er von dem intriguantcn Vorsteher betrogen worden war. Sollte er der Sache kühn ins Gesicht sehen, Constanze freilassen und Doktor Sansom ins Zucht haus schicken, wohin er gehörte? Das wäre eine edle und muthige That. Seine bessere Natur rieth ihm dazu, allein sein Gewissen erhob sich, um ihn anzuklagen und machte ihn feige, denn es flüsterte ihm zu, daß im Anfänge sein Verhalten noch straf barer gewesen war, als selbst das des Doktor San som, da er sie im vollen Besitze ihrer geistigen Fähig keiten in da« Irrenhaus geschickt. Wenn er es unternahm, Sansom zu bestrafen, so würde dieser würdige Mann die Sachlage vor der Welt enthüllen, und wie konnte Robert Asch, welcher gerade in den Direktionsrath einer großen Eisenbahn gewählt worden war, sich einer solchen Bloßstellung aussetzen? Er kämpfte schwer, um seinen Kummer vor Alices Blicken zu verbergen, doch die Qual, die an seinem Herzen nagte, stand deutlich auf seinem Gesicht ge schrieben, und oft fragte seine Frau ihn um die Ur sache seiner Traurigkeit. „Was Du für Traurigkeit hältst, ist einfach Ge- schäftsllbermüdung. Meine Wahl zum Mitdirektor der Erie-Eisenbahn legt mir große Verantwortlichkeiten auf, diese haben ohne Zweifel sichtbare Wirkungen." Dann blickte sie ihn wohl manchmal durchdringend an, doch von keiner Seite wurde ein Wort über Con stanze gesprochen. ES war wie ein stillschweigendes Einverständniß, daß ihr Name nie mehr zwischen ihnen genannt wurde. Alice glaubte, wenn sie ihres Gatten bleiche Wangen und sein tiefsinniges Wesen gewahrte, daß er dem früheren Kummer nachhänge. „Ich hoffe nur, lieber Rohert, daß Dich nichts Tieferes und Ernsteres drückt, als bloße Geschäfts schwierigkeiten," bemerkte sie eines Abends, al« sie seine Zerstreuung gewahrte und schon einige Zeit beobachtet hatte. „Nichts, Alice, durchaus nichts. Aber ich habe ernsthaft daran gedacht, Ashby zu verlassen. Meine Stellung bei der Eisenbahn wird meine Abwesenheit in Newhork jetzt sehr oft nöthig machen, und da Du den Wunsch ausgedrückt hast, daß Du ganz dort wohnen möchtest, scheint mir, als ob jetzt die richtige Zeit wäre, die Veränderung vorzunehmen." Alice war entzückt. In Newhork zu leben, war, so dachte sie, das geeignetste Mittel, ihren Gatten früheren Erinnerungen zu entfremden, und sie malte sich es herrlich aus, in der Stadt zu wohnen. „Doch glaubst Du, diese Besitzung verkaufen zu können?" fragte sic. „Vielleicht kann ich sie nicht gleich verkaufen, aber ich kann warten, und wir müssen sie ja auch durchaus nicht verkaufen, um fortzuziehen," erwiderte er. Bei Robert Asch war Denken und Handeln eins. Er miethete ohne Zeitverlust eine schöne Wohnung in einer der feinsten Gegenden Newyorks und die Bewohner Ashbh's, die ihn für einen vom Glücke begünstigten, nicht gerade sehr gewissenhaften Menschen hielten, erfuhren nicht früher etwas davon, bis das imposante Gebäude geschlossen wurde. Ihre neue Wohnung war, als sie in der Stadt ankamen, schon vollkommen zu ihrem Empfange vor bereitet und Alice von allem entzückt, was ihr vor sorglicher Gatte angeordnet hatte. Die kleine Edith war ganz betäubt von dem An blick und dem Geräusch der großen Stadt und die arme Mrs. Selwin, welche so an die Stille des ruhigen, alten Ashbh gewöhnt war, fühlte sich in der Riesenmengc, welche durch die Straßen wogte, sehr vereinsamt. James, der in seiner Jugend in der Stadt gelebt hatte, freute sich sehr über die Ver änderung; kurz, die Familie war schnell gewöhnt und Robert Asch vergaß vollständig das Geheimniß, das er in Ashbh begraben hatte. Man la« seinen Namen oft in Verbindung mit den großen Eisenbahndeschästen in den Zeitungen und er wurde im Allgemeinen al« ein sehr tüchtiger Ge schäftsmann betrachtet. Deshalb war eS nicht zu verwundern, daß, als der Präsident der neuen Eisen bahn starb und unter großen Ehrenbezeugungen zu Grabe getragen worden war, Robert Asch zum Präsi denten diese« bedeutenden Unternehmen« gewählt wurde. Da« war ein glücklicher Tag für ihn. Er liebte Macht und Stellung, und jetzt stand er an der Spitze einer der größten Unternehmungen de« Lande«. Al« er Abends nach Haufe zurückkehrte, ohnehin in freudiger Stimmung über die Ereignisse de« Tages, begegnete ihm Mr. Selwin mit frohem Gesicht an der Thür und sagte: „Mr. Asch, erlauben Sie mir. Ihnen zu dem glück lichen Ereigniß meine besten Wünsche darzubringen." Mr. Asch glaubte, daß die gute Frau ihm zu seiner Erwählung gratulirc und wunderte sich, woher sie das erfahren. Doch er befand sich in bester Laune und entgegnete: „Ich danke Ihnen, Mr«. Selwin. Da« Beste ist, daß e« so'plötzlich kam." „Run, das gerade nicht. Es war nicht so plötz lich, als zu wünschen gewesen wäre," bemerkte Mrs. Selwin, und fügte zu dem größten Erstaunen Vir. Asch's hinzu: „Sie hat viel gelitten, und einmal waren wir schon aus dem Punkte, Sie holen zu lassen. Aber sie ist so muthig und geduldig, und jetzt, wo eS vorüber ist, lächelt sie wie ein Maimorgen und wünscht nichts sehnlicher, als Sie zu sehen. Sie hat schon mehrere Male gefragt, ob Sie noch nicht zu rückgekehrt seien." „Was in aller Welt meinen Sie denn eigent lich?" fragte Mr. Asch in größter Verwunderung. „Nun — daß Sie Vater eines prächtigen Knaben sind." Diese Anzeige machte Robert Asch überglücklich. „Ein doppelt glücklicher Tag!" rief er aus. „Ich bin Präsident geworden und habe einen Sohn be kommen. Gratuliren Sie mir noch einmal, Airs. Selwin!" „O, Herr, ich freue mich innig über Ihr Glück, doch Mrs. Asch ist so ungeduldig, Sie zu sehen, möchten Sie nicht zu ihr hinaufgehen?" Als er dies gerade thun wollte, kam die kleine Edith ins Zimmer gehüpft und ihr Erscheinen dämpfte etwas die Freude ihres Vaters. Es erinnerte ihn an Ashby — an Constanze — an das Irrenhaus der Samaritaner — an Sansom — und an viele andere unangenehme Dinge. „Weshalb haben Sie Edith noch nicht zu Bett gebracht, Mrs. Selwin?" fragte er stirnrunzelnd. „O, Papa, ich wollte gern aufbleibe», um Dir zu sagen, daß ich einen kleinen Bruder habe," rief das Kind, indem es zu ihm lief, um ihn zu küssen. Doch sein Kuß war kalt, sein Schritt war schwerer, als bevor die kleine Edith ihm begegnet war; und das Kind, welches seiner eigenen Mutter beraubt worden war, fühlte, daß es auch in dem Herzen seines Vaters nicht mehr den früheren Platz hatte. Es peinigte Robert Asch, daß er jetzt Alice und ihrem Kinde mit dem alten Kummer im Herzen und dem Argwohn nahen mußte, daß Constanze, seine erste Frau nicht todt sei. Weßhalb mußte Edith seinen Pfad kreuzen? Er bemühte sich, dieses Gefühl abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht und verdarb alle seine Freude. Allein bei Alice schien er glücklich; er war zärtlich und theilnehmeud, als sie mit dem Stolze einer jungen Mutter auf die verhüllte Wiege deutete, die ihren Erstgebornen enthielt. „Wir sind heute Beide glücklich gewesen," sagte er, sie küssend. „Ich bin einstimmig zum Präsidenten unserer Bahn erwählt, und Du bist Mutter eines Knaben geworden. „O, Robert, wie glücklich sind wir!" Während Robert und Alice noch sprachen, kam Mrs. Selwin leise ins Zimmer und flüsterte ihm zu, daß ein Herr unten sei, welcher durchaus nicht fort gehen wollte, ohne ihn gesprochen zu haben. „Sagen Sie ihm, daß ich jetzt nicht zu sprechen bin." „Ich sagte es ihm, Herr, doch er antwortete, cs handle sich um Leben und Tod, und er ginge nicht fort, ohne Sie gesprochen zu haben." „Wer ist denn der Mensch?" „Das wollte er mir nicht sagen." „Ich werde selbst gehen und sehen, was der un verschämte Mensch will!" Dann fügte er zu Alice gewandt, hinzn: „Ich komme in wenigen Minuten zurück." Als Robert Asch ins Wohnzimmer trat, erschrak er heftig, da er sah, daß sein Besucher kein anderer sei, al« Doktor Sansom. „Was bringt Sie denn jetzt hierher?" rief er ihm entgegen. „Ich hoffte. Sie niemals mehr in meinem Leben zu sehen." „Ich bedauere, daß meine Gegenwart Ihnen lästig ist, sagte Sansom mit sardonischem Lächeln, „doch ich wäre sicher nicht hier, wenn mich nicht wichtige Gc- schäftsangelegenheiten dazu zwängen." „Dann sagen Sie mir schnell, was Sie wollen, meine Zeit ist gemessen." „ES wird der Mühe werth sein, mich anzuhören." „Also vorwärts! Daß Ihre Nachricht keine gute ist, kann ich mir denken." „Ich bedauere lebhaft, daß sie nicht besser. Wohlan denn, um zum Geschäftlichen überzugehen, ich bin hier, um Ihnen zu sagen, daß wir entdeckt sind. Dieser verwünschte Redakteur des „Herald" hat mir eine Falle gestellt, aus der ich nicht heraus kann. Er hat in Erfahrung gebracht, daß Constanze noch lebt und die Polizei aufgefordert, sie zu befreien. (Fortsetzung folgt.) Warme Getränke. Kaffee, Thee und Chokolade wurden früher viel fach als LuxuSgetränke ohne besonderen Nährwerth angesehen, eS hat sich aber herausgestellt, daß dieselben blutbildende 'Nahrungsmittel sind. Die Kaffeebohnen, welche ihre ursprüngliche Heimath in Arabien haben, enthalten vier wesentliche Bestandtheile zur Förderung des allgemeinen Wohlbefindens, nämlich: ein flüchtiges Oel, das sich beim Rösten entwickelt, Gerbsäure, Koffein und Kleber. Das flüchtige Oel erregt, mäßig genossen, in angenehmer Weise die Gehirnthätigkeit und befördert die Hautausdünstung, würde aber bei starkem Kaffee einen Blutandrang nach dem Kopfe verursachen und Schlaflosigkeit zur Folge haben. Wichtiger noch ist das Koffein, welches sehr stickstoff reich und deshalb blutbildend ist. Der nahrhafte Kleher ist zn 13—14"/„ in der Bohne enthalten, und die Gerbsäure trägt mit zum guten Geschmack des Kaffees hei. Die Aufgabe der Hausfrau ist nun, diese werthvollen Bestandtheile der Kaffeebohnen in das heiße Wasser übergehen zu lassen, und dabei liegt uns der Gedanke nahe, dies würde man am besten durch Auskochen bewerkstelligen; die Erfahrung lehrt indes, daß dadurch der Kaffee zu sehr verliert. Denn einestheils entweicht beim Kochen das Aroma, andern- theilS nimmt er einen bitteren Geschmack an. Es ist deshalb besser, den Kaffee bloß mit kochendem Wasser zu überbrühen. Man lasse die gemahlenen Bohnen nicht lange offen stehen, sondern gieße die nöthige Quantität stark kochenden Wassers gleich hinzu, einige Tassen heraus uud wieder in die Kanne nnd stelle solche einige Minuten oder vielmehr so lange auf eine heiße Platte, bis er Blasen wirft. Hat sich der Kaffee gesenkt und ist klar, so kann nian ihn in eine andere, durch heißes Wasser vorher gewärmte Kanne gießen. Auf diese Weise sind die angenehmen Bestandtheile herausgezogen, nur der Kleber löst sich nicht auf, und dadurch bleibt also eine wichtige nahr hafte Substanz unbenutzt. So kommt es, daß der Kaffeesatz für arme Leute, die denselben auskochen, immerhin noch ein 'Nahrungsmittel ist. Nun hat man beobachtet, daß in Bädern, wie Karlsbad und Teplitz, wo die Brunnen kohlensaures 'Natronsalz enthalten, der Kaffee weit besser schmeckt, uud deshalb nehme» die Holländer auch viele deutsche Mineralwasser zum Kaffeekochen. Es bedarf dessen nicht einmal, denn ein Zusatz von etwas doppelkohlen saurem Natron thut dieselben Dienste. Schütten wir nun den gemahlenen Kaffee mit dem 'Natron auf ein Filtrirsieb und gießen das kochende Wasser über, wonach das Sieb jedesmal zugedcckt wird: so gewin nen wir alle Bestandtheile, (da die Kohlensäure den Kleber leicht auflöst), ohne durch AuSkochen die bitteren Stoffe herauszuziehen. Mit dem Thee, der ursprünglich aus China stammt, verhält es sich ähnlich wie mit dem Kaffee. Auch er besitzt ein flüchtiges aromatisches Oel, eine stickstoff reiche Substanz, das Theln, ein bedeutendes Quan tum Kleber und Gerbsäure. Daraus geht hervor, daß der Thee dieselbe Behandlung verdient, wie der Kaffee. Auch wird er durch eine Messerspitze von doppelkohlensaurem Natron zu einem nahrhafteren Getränk. Die Theesorten sind sehr verschieden, und jeder folgt gern darin seinem Geschmack; aber wir machen darauf ausnierksam, daß der schwarze Thee viel gesünder ist als der grüne. Und doch können beide Sorten auf demselben Strauche gewachsen sein. Der Unterschied der Farbe rührt nämlich davon her, daß die Blätcr in ihrem Urzustände sorgfältiger be handelt, öfter geröstet und gerollt werden und dadurch eine schwarze Farbe annehmcn, während die andern nur wenig von den giftigen Eigenschaften ihres frischen Zustandes abgeben und grün bleiben. Der grüne Thee übt deshalb einen schädlichen, höchst aufregenden Einfluß auf das Nervensystem aus, obgleich nicht zu leugnen ist, daß er mehr Aroma hat. Als die beste Sorte des schwarzen Thees ist der Pecco zu empfehlen. Je mehr weiße Spitzen (Herzblätter) darin enthalten sind, desto besser ist die Qualität. Nahrhafter als Kaffee und Thee ist übrigens die Chokolade, denn die Kakaobohne, die Frucht des in Süd-Amerika wachsenden Kakaobaumes, enthält außer dem Kleber noch Fett, Stärke und Zucker. Sie würde sogar unverdaulich sein, wenn sie nicht für den gewöhnlichen Gebrauch noch mit Mehl und Zucker vermischt würde. So aber ist sie nicht nur ein nahr haftes und verdauliches, sondern anch ein angenehmes und belebendes Getränk, und Moleschott sagt, daß der Kardinal Richelieu dem Genuß der Chokolade in späteren Jahren seine Gesundheit und Munterkeit zngeschrieben habe. Da nun bei den Hausfrauen „probiren über studiren" geht, so möge jede in ihrer eigenen Wirt schaft die geeigneten Versuche mit den warmen Ge tränken anstellen. Druck und Vertag von <t. Hannedotzn in ikldenftock.