Volltext Seite (XML)
Bei einer Gruppe schöner Buchen stand der För ster, in Gala-Uniform gekleidet, die Büchse in der Hand, ehrfurchtsvoll mit abgezogenem Hut vor einem stattlichen älteren Offizier in prächtiger goldgestickter Uniform. Aufnicrksam lauschte derselbe auf des För sters Worte und warf dabei scharfe Blicke hinüber zu dem in einiger Entfernung harrenden Samuel Schalter. Der Förster hatte einst als Soldat diesem Offizier in einem Gefecht das Leben gerettet und hoffte daher, daß derselbe ihm seine Bitte gewähren werde. Der Förster hatte ausgeredet. Der Offizier winkte Samuel. Dieser nahte mit einer tiefen Verbeugung. „Ich will thun, was ich kann", sagte der Offizier; „zeigen Sie die nöthige Devotion und machen Sie'S kurz! Folgen Sie mir!" Es war in der Jagd eine Pause eingetreten. Samuel sah, dem Offizier folgend, in einer Wald lichtung eine große Anzahl uniformirter Herren ver sammelt, offenbar sämmtlich hohe Herrschaften. Auf gedeckten Tischen waren Speisen und Getränke aufge stellt und eine herrliche Waldhornmusick ertönte. Der Offizier wandte sich seitwärts und mit einem Male sah Samuel etwas entfernt von der übrigen Jagdgesellschaft auf einer mit einem Teppich bedekten Rasenbank einen Herrn sitzen, hoch gewachsen, stark und korpulent; ein Jupitcrkopf mit Augen stolzen, gebieten den, blitzenden Blickes, — das war der König! Der Offizier gab Samuel ein Zeichen zurückzn- bleiben und trat mit einer tiefen Verbeugung zum König. Dieser lächelte, schien wohl gelaunt und Samuel ward schon das Herz ein wenig leichter. Er lauschte. Der König schien zu fragen, ob der Offizier viel ge schossen habe. „Majestät", hörte Samuel deutlich den Offizier sagen, „ich habe sogar einen Menschen gefangen." „Wieso?" „Da ist ein junger Mensch, ein Prachtkerl, den haben unsere Doktoren als schwindsüchtig vom Mili tär freigesprochcn; der ist aber wieder kerngesund und will nun partout schwarzer Jäger werden. Er hat sich mir vorgestellt. „Recht so! Das ist selten! Er soll sich nur beim Kommando melden." „Majestät, er möchte sich gern Seinem Allerhöch sten Kriegsherrn selbst vorstellen; dort steht er." „Was?" — Und mit einem Male fiel das blitzende Auge des Königs auf Samuel, der sich tief verneigte. Jetzt war der entscheidende Augenblick da. Wies ihn der König ab, so war das Opfer umsonst gebracht. „Er soll Herkommen", sprach der König. Im Nu stand Samuel vor ihm. Ja, in der That, das gah einen Soldaten von seltener Schönheit! „Hat der junge Mann irgend einen Wunsch be züglich des Bataillons oder der Compagnie oder sonst?" fragte wohlwollend der König den Offizier. „Majestät, er hat allerdings auch einen Wunsch. Er möchte Eurer Majestät als Soldat dienen und bittet, daß seinem Vater dafür von Eurer Majestät Gnade zu Theil werde." In diesem Augenblicke fiel Samuel auf die Kniee und hielt ein Schriftstück flehend zum Könige empor. Dieser schien einen Augenblick unwillig über die unerwartete Wendung. Dann aber ergriff er das Papier, las und rief: Schalter von X.! — Ich weiß schon alles. — Hat ein freches Maul. — Wurde gestern abgeführt. — Braver Sohn! — Es wird dem Alten eine Warnung sein. — Er ist begnadigt! — Der Sohn soll seinen Dank durch treuen Dienst bei Unfern Fahnen beweisen." Der König stand auf. Samuel wollte in Dankes- worte ausbrechen. Aber der Offizier winkte ihm, sich zurückzuziehen. Halb betäubt von der Aufregung des Augenblicks ging Samuel durch den Wald, da faßte ihn eine Hand an der Schulter; er blickte auf — es war der Förster. „Nun, wie ist's gegangen?" fragte er in höchster Spannung. „Mein Vater ist begnadigt und ich bin Soldat!" sprach Samuel; „der König war freundlich." „Sie sind ein treuer Sohn", sagte der Förster bewegt, „und Sie werden den Segen davon haben." „Ihnen verdanke ich's", erwiderte Samuel, „daß ich meinen Vater retten konnte." „Unsinn! Was habe denn ich gethan? — Aber horch, da erschallen die Hornsignale. Ich muß fort zur Jagd. Aber ich sehe Sie noch, ehe Sie die Uniform tragen. — Und dort seh' ich auch einen, mit dem ich noch ein Hühnchen zu pflücken habe. Das will ich nicht versäumen. Leben Sie wohl!" Samuel bemerkte noch im Weggehen, daß es der junge Bogel war, auf welchen der Förster zuging. Richard Vogel wollte zuerst erschrocken dem Förster auSweichen. Als ihm das aber nicht mehr möglich war, sah er ihn frech und unverschämt an. „Auch hiesig, Herr Förster?" fragte er. „Richard", sagte dieser leise und scharf, „ich habe jetzt genügende Beweise gegen Dich, um Dich wegen Wilderei verhaften zu lassen. Wie das derzeit bestraft wird, weißt Du. Aber im Andenken an alte Zeiten will ich Dir einen Rath geben: geh sogleich freiwillig zum Militär, stark genug bist Du dazu. Nur bei den schwarzen Jägern darfst Du Dich nicht melden, hörst Du? Da hab' ich gute Freunde und Du bist mein Freund nicht mehr. Also: binnen acht Tagen bist Du entweder in der Kaserne oder im Thurm!" Er ging weg und ließ den erblaßten Richard stehen. Die Strafen für Wilderer waren furchtbar, das wußte Richard wohl. Aber die Behandlung der Soldaten war auch keine sachte, nach diesen Prügeln hatte er auch kein Verlangen. Doch was blieb ihm übrig? Seiner Schuld war er sich wohl bewußt. Er ließ den Kopf hängen und ging fluchend heim. * * * Der Posthalter war wieder frei. Es war ihm eröffnet worden, daß er mit seinen aufrührerischen Reden gegen die königliche Regierung und ihren hohen Verbündeten, den Kaiser der Franzosen, schwere Strafe verwirkt habe, daß ihn aber der König mit Rücksicht aus seinen braven Sohn, der sich freiwillig zu den schwarzen Jägern gestellt habe, begnadigt habe. Aber von seiner Stadtrathsstelle mußte er abtrcten. Das war ein Wiedersehen in der Heimath! Nach der ersten Umarmung seiner Lieben begann der Post halter wohl zu schelten und zu klagen: „Samuel, Samuel, warum hast Du mich nicht meine Strafe absitzen lassen? — aber die bleichen eingefallenen Wangen, die er von den wenigen Tagen Kerkerhaft her mitbrachte, straften die Antwort Samuels nicht Lügen: „Vater, Du hättest's nicht überlebt!" * * * In der engen Kammer neben der Stube lag Otto Vogel, der vormalige Kaiserwirth, auf dem letzten Lager, aus das ihn sein unordentliches Leben vor der Zeit geworfen hatte. „Daß mir der Spitzbub, der Richard, zum Mili tär davonlaufen muß!" sagte er mit schwacher Stimme zu Nanettle, die ihm gerade einen Trank gereicht hatte. „Gerade jetzt, wo Du mich Pflegen mußt und nicht viel nähen kannst, hätte er wohl etwas für uns ver dienen können." „O Vater, sei doch froh!" sagte Nanettle, „ich meine, das war sein erster guter Gedanke; nun kommt er doch in eine Zucht. Er hat ja nie etwas heim gebracht von seinem Verdienste und hat doch an unserm Tisch mitgegessen. Mn ist er aufgehoben und wir müssen nicht mehr Sorge haben, wo er sich herum treibt." Was Nanettle hier vom Bruder klagte, hätte alles auch wohl auf den Vater gepaßt; aber Nanettle machte dem Vater mit keinem Worte Borwürfe, son dern that ihm mit kindlicher Treue alle Liebe, immer mit der stillen Hoffnung, daß er doch vor seinem Tod noch werde anders werden. „Fast hätte ich vergessen", fuhr Nanettle fort, „Dir zu sagen, was ich heute bei meinem Ausgang hörte. Aber Du schliefst gerade, als ich heimkann Denke nur, der Posthalter Schalter ist schon wieder frei geworden und heimgekommen. Alle Leute wundern sich. Der König selbst habe Befehl gegeben, ihn frei zulassen." (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Liegnitz. Ein Liegnitzer Schuhmachermeister war angezeigt worden, weil er seinen Leuten des Abends zum Schlafengehen eine Lampe, natürlich mit Zylinder versehen, mit nach der Bodenkammer zu nehmen gestattete, in der Meinung, eine solche Lampe sei kein „unverwahrtes Licht." Das Schöffengericht verurtheilte ihn und sprach dadurch aus, daß als un verwahrtes Licht nur eine Laterne gelten kann. Dies sei zur Vermeidung von Strafmandaten allseitiger Beachtung empfohlen. — Warnung vor giftigen Pilzen. Neu erdings ist mehrfach festgestellt worden, daß als „ge trocknete Morcheln" vielfach nicht echte Morcheln, son dern die äußerlich ähnlichen, bisweilen auch in ihrer Wirkung verdächtigen Lorcheln feilgehalten werden, deren Genuß, ganz besonders, wenn denselben alte ausgewachsene wurmstichige und faule Exemplare bei gemengt sind, leicht für die Gesundheit gefährliche Folgen haben kann. Ebenso werden als „getrocknete Champignons" außerordentlich häufig nicht diese, son dern die zerschnittenen Stiele u. Hüte des Steinpilzes nach Entfernung der Röhrenlamellen verkauft, welchen gelegentlich auch giftige Pilze, wie der Hörnling, der Knollenblätterschwamm u. a. beigemengt find. Es wird daher die größte Vorsicht nicht nur beim Ein sammeln, wobei alle verdorbenen u. schädlichen Exem plare fern zu halten sind, sondern auch für den Ge nuß derartiger Pilze anzuwenden sein, nnd empfiehlt es sich, die frischen, wie die getrockneten Pilze vor der Zubereitung durch kochendes und kalte» Wasser zu reinigen und bezw. aufzufrischen, um alsdann alle ungesund aussehenden Stücke zu entfernen. Hierbei sei bemerkt, daß das Fleisch des eßbaren SteinpilzeS nach dem Trocknen weiß bleibt, während seine gefähr lichen Nebenarten blau zu werden pflegen. — Einige AnstandSregeln aus dem 1b. Jahr hundert, die in einem alten Komplimentirbuch ent halten sind, lauten wie folgt: „Wenn Du zu einer Herrentafel gehst, so sollst Du vor Allem Deine Hände und Deine Nägel rein haben, das sollst Du aber nicht bei Tische machen, sondern wenn Du allein bist. — Wenn Du trinkst, so hebe den Becher mit beiden Händen empor, Du sollst nicht trinken mit einer Hand, wie ein Fuhrmann, wenn er den Wagen schmiert. Ferner sollst Du nicht in den Becher husten und nicht trinken, wenn Du noch Speise in dem Munde hast, gleich dem Rind, noch mit Geräusch trinken, wie ein Ochs, auch sollst Du die Nase und den Mund abwaschen, wenn Du getrunken hast. — Du sollst den Knocken nicht abnagen, wie ein Hund, noch das Mark aus den Knochen saugen. — Einen Apfel iß nicht allein, sondern schneide ihn durch und gieb Deinem Nachbar ein Stück. — Willst Du eine Birne schälen, so mußt Du beim Stiel anfangen, beim Apfel beginne bei der Blume. — Die Butter streich nie mit dem Daumen auf das Brot. — Die Suppe trinke nicht vom Teller, sondern iß sie mit dem Löffel, und sollst Du dabei nicht laut schlürfen, wie ein Kalb." — „Karo, paß' auf!" Auf einem Spazier gange im Gehölz an der Oberspree wandelte den bei den Töchtern eines Fabrik-Inspektors die Lust an, an der einsamen Stelle zu baden. Sie stellten den sie begleitenden „Karo" als Wachtposten bei der abge legten Garderobe auf und stiegen in die kühle Fluth. Karo jedoch mochte wohl besser wissen, an welchen Ort die Kleidungsstücke seiner Herrinnen gehörten und einem innern Drange zur Ordnungsliebe folgend, erfaßte er einen Theil der Kleider und trabte damit wohlgemuth der unfern liegenden Wohnung seiner Herrschaft zu. Im Schlafzimmer legte er seinen Raub ab und entführte auf dieselbe Weise den noch zurückgebliebenen Garderobenrest der Badenden, bis auf Stiefel und Sonnenschirm. Der Schreck der Damen war nicht gering, als sie die traurigen Ueber- reste ihrer Toilette gewahrten, bei denen sich Karo freudig wedelnd aufgestellt hatte. Die Geängstigten suchten eifrigst, jedoch vergeblich. Rathlos und halb verzweifelt kauerten sie unter einem Baum, bis die Dunkelheit hereinbrach und sie das schützende Dach aufsuchen konnten, allwo Karo ihnen als Beweis sei ner Treue die vermißten Kleider zu Füßen legte und so die Sache zur allgemeinen Erheiterung aufklärte. — Auch eine Folge der Dienstboten no t h. In verschiedenen Theilen Australiens ist die Dienstbotennoth so groß geworden, daß eine Frau in einer westaustralischen Zeitung ganz ernsthaft den Vorschlag gemacht hat, einem Manne solle gestattet sein, zwei Frauen zu heirathen, damit dieselben sich in der Führung der Wirthschast gegenseitig unter stützen können. — Immer höflich. In einem Gasthause auf der Andrassystraße zu Pest pflegt ein Abgeordneter seit langer Zeit regelmäßig sein Mittagsmahl einzu nehmen. Die Kellner kennen und schätzen seine Ge wohnheiten; doch dieser Tage war ein neuer Kellner eingetreten, der die Eigenheiten des Abgeordneten noch nicht kannte. „Darf ich ein Glas Bier oder Wein bringen?" fragte der neue Kellner, kaum daß der Ab geordnete Platz genommen. „Mein Lieber," erwiderte der Abgeordnete, „ich bin wie ein Ochs, zuerst esse ich und dann trinke ich erst." In diesem Augenblick eilte aber auch bereits der alte Kellner herbei. „Ver zeihen Sie," sagte er, auf den neuen Kellner deutend, „der kennt Euer Gnaden noch nicht." Alle Araueit koSen sie. Löbtau bei Dresden. Ge ehrter Herr! Bitte um Verzeihung, daß ich nicht schon längst meinen herzlichsten Dank und Nachricht von meinem Befinden eingesandt habe. Ich hatte vor zwei Jahren das Ncrvenfieber und konnte mich von dieser Krankheit nicht wieder richtig er holen, immer war Stuhlgang u. Blut noch nicht in Ordnung und Jeder sagte mir, ich hätte Zehrung. Da nahm ich mir vor, mit Apotheker Rich. Brandt'» Schweizerpillen einen Versuch zu machen und habe ich durch dieselben meine Gesundheit wieder erlangt. Dieses bescheinigt hiermit der Wahrheit gemäß. Frau Marie Lindner, (Unterschrift beglaubigt.) — Man sei stets vorsichtig, auch die ächten Apotheker Richard Brandt's Schwei zerpillen und keine Nachahmung zu empfangen. Standesamtliche Nachrichten von Schönheide vom 7. bis 13. Juli 1889. Geboren: Ein Sohn: dem Eisengießer Ernst Moritz Gropp hier Nr. 444; dem Fabriktischler Friedrich August Otto Mckel hier Nr. 178. Eine Tochter: der unverehel. Tambourirerin Minna Marie Schädlich hier Nr. 4: dem Guts besitzer Julius Ludwig Seidel hier Nr. 86; dem Holzschleiferei arbeiter Friedrich Wilhelm Schädlich hier Nr. 12. Eheschließung: der Kaufmann Eduard Emil Frenzel hier Nr. 308 mit der Anna Rosalie Sippach hier Nr. 409. Sterbcfälle: des Bürstcnpolirers Franz Oswald Leibner hier Nr. IS50 Sohn, Paul Emil, 1 I. 1 M. alt; der unver ehel. Dienstmagd Laura Vogel hier Nr. 289 Tochter, Marie Helene, S M. 28 T. alt; der unverehel. Tambourirerin Auguste Louise Männel hier Nr. 431 Sohn, Eurt Oskar, 2 M. alt; des Schneiders Franz Eduard Baumann hier Nr. 323 Tochter, Marie Alma, 3 M. alt. 8 2 2 8 7 7 8 7 7 8 7 Leu Stroh Kartoffeln Butter Chemnitzer Marktpreise vom 13. Juli 1889. Weizen ruff. Sorten 9 Mk. 80 Pf. bis 10 Mk. 30 Pf. pr. SO Kilo > sächf. gelb u.weiß9 Roggen, preußischer - sächsischer - fremder Braugerste, Gerste Hafer, sächsischer Kocherbsen Mahl- u. Futtererbsen » 15 » 8 9 - 75 - - 8 - » « 8 - 15 » » - 60 . . 7 . 75 - > - 75 - - 8 - — 8 8 - 10 . . 9 - 25 - » - 50 . . 8 - I5 « » - 65 » - 7 - 95 » « . 50 - - 9 - 75 - < . 15 . . 7 - 65 » - - 40 - , 5 - 50 - - - 20 - - « > SO - - - «0 - . s. — 8 8 - — r - 2 - 60 - - 1 -