Volltext Seite (XML)
zweifellos unantastbare Gründe dafür Vorgelegen haben. Jetzt ist die Enthaftung des Angeschuldigten erfolgt und der „Reichsanzeiger" veröffentlicht den betr. Be schluß mit seiner Begründung. Es wäre „begründeter Verdacht" vorhanden, daß der Angeschuldigte der Ver öffentliche des Tagebuches sei; es enthalte die Ver öffentlichung auch mehrfach (im Beschluß näher bezeichnete) Stellen, deren Bekanntgabe das Reichs interesse verletzt, aber dem Angeschuldigtcn sei nicht nachzuweisen gewesen, daß er das Bewußtsein gehabt habe, strafbar zu handeln. Sich aus deutschen Zeitungen ei» sachliches Urtheil zu bilde», ist nicht leicht möglich. Der eine , Theil der Presse will Gcffcken auf alle Fälle ver dammen, der andere ihn ebenso unbedingt freisprechen und ihn als bedaucrnswcrthen politischen Märtyrer erscheinen lassen. Daß aber ein Prozeß vermieden wurde, der in ähnlicher Weise wie der Arnim-Prozeß die Leiden schaften tief aufgewühlt hätte, kann nnr befriedigen. Es wären zweifellos Sachen zur Sprache gekommen, die am besten unbesprochen bleiben, da sie doch nicht gänzlich klargestellt werden können. Das Ausland allein hätte seine Freude an dem Skandal gehabt. Hagesgeschichle. — Deutschland. Kaiser Wilhelm wird in den Tagen vom 14. bis 17. ds. dem Fürsten von Schaumburg-Lippe einen Besuch abstatten, während dessen größere Hofjagden stattfinden sollen. — Wie berichtet wird, hat der Papst auf Wunsch der deutschen Regierung den deutschen kathol ischen Missionaren die Weisung zugehen lassen, sich fortan nicht mehr unter den Schutz des franzö sischen, sondern des deutschen Gesandten zu stellen. Es ist das zurückzuführen auf de» Ende vor igen Jahres zwischen Deutschland und China abge schlossenen Vertrag, demzufolge deutsche Missionare in China nur zugelassen werden sollen, wenn sie den Schutz des deutschen Gesandten in China nachgesucht und erhalten haben. In gleicher Weise hat bekannt lich auch die italienische Regierung die Missionare italienischer Abkunft der französischen Titel entzogen. — Nach amtlichen Meldungen aus Apia vom 28. v. wurde wegen Zerstörung deutschen Eigenthums seitens aufständischer Samoaner das Landungs korps „Olga" znr Begleitung des deutschen Konsuls auf den Kriegsschauplatz der Eingeborenen entsandt, wo der Konsul Verhandlungen Wege» Entwaffnung einleiten wollte. Auf dem Wege dorthin wurde die Truppe von den Aufständischen überraschend ange griffen. In einer darauf durch die Landungskorps „Olga", Kreuzer „Adler" und Kanonenboot „Eber" unternommenen siegreichen Landung wurden die Ein geborenen zurückgeworfen und einige am Strande ge legene Dörfer derselben zerstört. Leutnant Sieger und 1b Mann blieben todt, Leutnants Spengler und Burchardt, sowie 36 Mann wurden verwundet. Eine Verlustliste wird veröffentlicht werden, sobald die Na men der Gefallenen festgestcllt sind. — Sicherem Vernehmen der „Post" nach gehen in circa 8 Tagen auch von Kiel aus 2 — 300 Marine mannschaften zur Verstärkung nach Sansibar ab. — Einer aus Sansibar in Wilhelmshaven cingetroffcnen Nachricht zufolge ist, wie der „Post" von dort geschrieben wird, der Korvettenkapitän Albert Donner, erster Offizier des Flaggschiff des deut schen Blockadegeschwaders, Kreuzerfrcgatte „Leipzig", in Folge des Klimafiebers gestorben. H)ie Ablösung des Korvettenkapitäns Donner wurde bereits vor 3 Wochen auf Grund seiner Erkrankung angcordnet. Kapitän Donner, ein energischer und tüchtiger See offizier, diente der Marine seit dem 15. April 1867 und wurde am 17. Dezember 1887 zum Korvetten kapitän befördert. Korvettenkapitän Donner war kom- mandirt worden, gegen die Insurgenten an der festen Küste vorzugehen und muß mit großer Umsicht und Geschicklichkeit operirt haben, da Se. Maj. der Kaiser ihm nach dieser Affaire den Kronenorden 3. Klasse mit Schwertern verliehen hat. Von dieser Auszeich nung wird Kapitän Donner vielleicht gar nicht einmal inchr erfahren haben. Kapitän Donner war erst 38 Jahre alt. — Oesterreich-Ungarn. Die demokrat ische „N. Fr. Pr." schreibt über den Ausgang der G c f f ck e n - Affaire: „Heute, da die Entscheidung erfolgt ist, darf man wohl sagen, daß die Schädigung der Reichsinteressen durch die Veröffentlichung des Tagesbuches immerhin vorhanden und daß es au« diesem Gesichtspunkte begreiflich war, wenn Fürst Bismarck, dem die Wahrung der ReichSintcressen obliegt und sicher auch die feinste Empfindung für die Integrität derselben nicht abzusprechen ist, darauf drang, daß der Urheber der Veröffentlichung ermittelt und zur gerichtlichen Verantwortung gezogen werde. Daß die Richter nicht fanden, was der Kanzler zu finden glaubte, beweist nichts gegen die Statthaftig keit der Gründe, welche den Kanzler leiteten, und Fürst Bismarck wird zweifellos der letzte sein, der die Entscheidung der Richter bemakelt." — London, 6. Jan. Das Lager der Heils armee ist voll Leid und Wehklagen, denn die Frau deS Anführers und Stifters der Armee „General" Booth leidet seit längerer Zeit am Krebs und die Krank heit ist augenblicklich in die Stufe getreten, wo nach dem Ausspruch der Aerzte jeden Augenblick der Tod etntreten kann. Frau Booth, das gesteht der „General" sowohl wie die ganze Arnice ein, ist von jeher die Seele der ganzen Organisation gewesen. Sie war eS, die zuerst vor vielen Jahren als Kanzelrednerin in den Badeplätzen die Aufmerksamkeit der Welt auf sich und ihren Mann zog, denn Frau Booth verfügt über seltene Rednergaben und hat durch die Macht ihres Wortes allein viele der bemitteltsten Anhänger der Armee zum Anschluß bewogen. Locale und sächsisch« Nachrichten. — Dresden. In den letzten Tagen ist von Amsterdam aus unsere Stadt mit einer in Tausenden von Exemplaren als Drucksache zur Versendung ge langten anonymen Broschüre förmlich überschwemmt worden. Alle der besseren Gesellschaft angehörigen Familien Dresdens haben die Druckschrift unter ge nau geschriebener Adresse zugesendet erhalten. Die selbe trägt den Titel: „George David's Sang" und richtet sich gegen eine aus Holland nach Dresden verzogene Familie, welcher die Verbrechen des Mordes, der Fälschung und Bigamie zur Last gelegt werden. Die Wohnung (Straße und Hausnummer) der Be schuldigten ist genau angegeben. Die Anschuldigungen in der Druckschrift sind so ungeheuerliche, daß der Staatsanwalt wohl Veranlassung haben wird, der Angelegenheit näher zu treten. — Leipzig. Das letzte noch vorhandene Weich bild Leipzigs, die steinerne Säule vor Connewitz, zugleich ein historisch merkwürdiges Erinnerungs zeichen, begeht dieser Tage sein 350jährigcs Jubi läum. Hn'M Georg der Bärtige, ein heftiger Gegner der neuen Lehre, ließ sie im Jahre 1539 aufstellen. Er hatte die Absicht, sein Land nicht an seinen Bruder, Herzog Heinrich, einen eifrigen Anhänger der Refor mation, sondern an den Kaiser Karl und dessen Bru der Ferdinand zu bringen, fo lange, bis der Herzog oder seine Erben sich wieder zum alten Glauben be kennen würden. Deshalb findet man an der Säule bei Connewitz außer dem Bilde des gekreuzigten Hei landes auch das burgundische Kreuz, als Hinweisung auf das Haus Burgnnd, aus welchem der Kaiser entsprossen war. Gleiche Säulen standen vor dem Halle'schen Thore und bei Lindenau, die im vorigen Jahrhundert abgebrochen wurden. Herzog Georg starb indessen am 17. April 1539, sieben Wochen nach seines einzigen Sohnes und letzten Kindes Hin scheiden, eines schnellen Todes, und so kam die kaiser liche Vererbung nicht zur Ausführung. — Das Landgericht verurtheilte am Freitag zwei in Dörfern bei Wurzen wohnhafte Butter händlerinnen wegen Betrugs zu 1 Monat, bez. 6 Wochen Gcfängniß. Diese Händlerinnen hatten einfach Margarine in Stückchenformcn gepreßt und diese dann als gute Landbutter verkauft. Diesen Betrug hatten sie längere Zeit fortgesetzt, ehe sie die rächende Nemesis erreichte. — Freiberg. In dem zwischen hier und Nossen gelegenen Orte Großvoigtsberg hat sich in der ersten Stunde dieses Jahres ein Un glücksfall ereignet. Der dortige Gesangverein hatte sein Sylvesterkränzchen gefeiert und nahm »ach 12 Uhr die Versteigerung der den Christbaum schmück enden Gegenstände vor. Als der unter dem Kron leuchter ans einem Stuhle stehende Auktionator einem Mitgliede den erstandenen Gegenstand znwcrfen wollte, traf er dabei einen Arm des Kronleuchters, worauf ein Ballon explodirte und das brennende Petroleum sich über die drei zunächst befindlichen Personen ergoß. Auf's Fürchterlichste erschreckt, drängte Alles dem Ausgange zu, doch ermannten sich einige der Anwe senden, rasch ihre Ueberzieher über die brennenden Personen zu werfen und die Flammen zu ersticken. Am schwersten verletzt erwies sich ein Fräulein Weihe, die schwere Brandwunden am Kopf, an den Armen und am Oberleib erlitt; Günther wurden die Haare, Arm und Brust, dem Vereinsvorstand, Tischlermeister Schaal, beide Hände arg verbrannt. Andere Per sonen zogen sich beim Löschen leichtere Verletzungen zu. Die Verwundeten wurden mittelst Wagens in ihre Wohnung gebracht. — Im Hinblick auf die ablehnende Stellung, welche die sächsische Regierung im BundeSrath gegen über den Reichstagsbeschlüssen wegen Einschränkung der Frauen- und Kinderarbeit eingenommen hat, erscheint es besonders beachtenswerth, daß un längst die königl. „Leipz. Ztg." einem langjährigen aufmerksamen Beobachter der Arbeiterverhältnisse zu Plauen i. V. ihre Spalten geöffnet hat, der, nach durchaus objektiver Darstellung deS ThatbestandeS, zu folgendem Schluffe gelangt: „Die aufreibende fabrik mäßige Frauen- und Kinderarbeit ist wider die Natur, sie erzeugt allmählich ein entnervtes Geschlecht und fordert zahlreiche Opfer an Menschenglück. Sie läßt die Betheiligten wichtige, nämlich geistige und wirth- schaftliche Bedürfnisse vernachlässigen und durchbricht die heilsamen Schranken der christlichen Sittlichkeit. Sie eröffnet somit trübe Aussichten in die Zukunft einer solchen Bevölkerung, denn sie schädigt nicht allein die Familie, sondern auch die Gemeinde und den Staat. — ES dürfte wenig bekannt sein, daß die Eisen- bahnverwaltung bemüht ist, bei UnglückSsällen sofort noch vor Ankunft deS Arztes Hilfe zu schaffen, und zwar durch ihre eigenen Beamten. Jährlich ein mal unterweisen die Bahnärzte die Zug- und Sta tionsbeamten eingehend über .die nächsten Verhalt ungsmaßregeln, welche bei Verletzten vor Ankunft des Arztes zu beobachten sind", und für die theoretische Belehrung sorgt eine besondere Anweisung. Alle zur ersten Hilfeleistung erforderlichen Gegenstände sind in Rettungskästen enthalten. In jedem Packwagen be findet sich ein kleines, auf jeder Station und Halte stelle ein großes Exemplar. Die Belehrung erstreckt sich auf Behandlung von Wunden im Allgemeinen, Stillung starker Blutungen, Verhalten bei einfachen und komplizirten Knochenbrüchen, bei Verrenkungen und Verstauchungen, bei Bewußtlosigkeit, Ohnmacht, Scheintod, bei Bluthusten lind Blutbrechen, bei Ver brennungen und Verbrühungen. Man sieht also, daß die vorgeschriebenen Maßregeln von vornherein eine geeignete Behandlung der bei Eisenbahnunfällcn er littenen Verletzungen sichern, und gerade die erste Hilfeleistung ist bei äußeren Schäden oft die wichtigste. 1. Ziehung l. klaffe »3. Kgl. Sachs. Landes-Lotterie, gezogen am 7. Januar 1889. 30,000 Mart auf Nr. 85633. 25,000 Mark auf Nr. 38658. 20,000 Mark auf Nr. 30647. 5000 Mark auf Nr. 17389 59068 59985. 3000 Mark auf Nr. 62247 66248. 1000 Mark auf Nr. 3113 22717 28922 37859 64301 75938 76480 77185 97451. 500 Mark auf Nr. 2107 13539 21698 22784 22714 23273 39974 50866 54409 57428 77908 79845 80771 82441 83491 83134 84485 85113 85596 88756 97977. 300 Mark auf Nr. 1035 3073 5082 5710 9638 13804 15086 17958 17048 18610 I9O5I 20601 21674 23865 24245 24382 25311 26281 30089 32838 32495 32817 32397 33431 34621 36039 38171 38274 41624 41080 43483 45502 50733 50409 51443 53857 53958 54940 57623 57903 57132 58153 60434 63562 83268 64481 68980 68735 70104 75457 76257 77779 81156 81552 81546 82017 82948 87871 96600 96774 97387 97749 98408. 2. Ziehung gezogen am 8. Januar 1889. 10,000 Mark aus Nr. 77326. 3000 Mark auf Nr. 42449 45178 50954. 1000 Mark aus Nr. 7560 10426 18916 19082 41713 45288 56380 59073 82168 88633 93069. 500 Mark auf Nr. 7713 7379 9111 9229 10659 13641 24619 33I1I 4>735 41233 42238 78919 83106 92932 95640 95236 97285 98304 99677. 300 Mark auf Nr. 430 8028 8621 9808 11052 11475 17847 18382 20753 22151 22160 28819 30323 32156 32523 34461 37466 37177 38044 40773 42503 43263 48154 50823 50085 51875 59674 68199 69391 69782 71848 75723 84II8 85740 88213 91326 98706. Amtliche Mittheilnngen aus -en kathssitzungen. Sitzung vom 6. Dezember 1888. 1) Dem Gesuche der Wittwe Nockstroh »m Erhöhung de« Wasserzinses für das aus ihren: Grundstück nach dem Postplatz geleitete Wasser wird in der Weise entsprochen, daß der Wasser zins von 45 Mark auf 55 Mark erhöht wird. Das Stadt- verordnetencollegium ist hierzu um seine Mitentschließung zu ersuchen. 2) Die Vorschläge des Arnien - Ausschusses betreffs der Vertheilung der Zinsen von den in diesem Jahre von einem nicht genannt sein wollenden edlen Geber gestifteten 3000 Rk. finden die Billigung des Stadtraths. 3) Die Gesuche zweier Besitzer von mit Sparkaffenhypo- theken belasteten Grundstücken um Entlassung verkaufter Theile derselben aus dem Pfandverbande werden genehmigt. 4) Das zufolge der Aufnahme der landwirthschastlichen Arbeiter in die Krankenkasse veränderte Statut der Ortskranken kaffe für das Handwerk und sonstigen Gewerbebetrieb beschließt man der Königlichen Kreishauptmannschaft zur Genehmigung vorzulegen. Sitzung vom 13. Dezember 1888. 1) Von den vom Stadtverordnetencollegium in seiner Sitz ung vom II. Dezember 1888 gefaßten Beschlüssen wird Kennt- niß genommen. Die hiernach genehmigten Rathsvorlagen sind nunmehr zur weiteren Erledigung zu bringen. 2) Nach einer Mittheilung der Königl. Amtshauptmann schaft Schwarzenberg hat das Königl. hohe Finanzministerium genehmigt, daß für den Fuß- und Karrenverkehr von Unter stützengrün nach dem Bahnhose Eibenstock ein entsprechender Weg feiten der Königl. Forstverwaltung hergestcllt werde; ferner zur Herstellung eines von der Muldenhammererstraße oberhalb der Muldenbrücke nach dem Bahnhose führenden Berbindungs- weges einen Beitrag in Aussicht gestellt, jedoch zunächst die Entschließung der Gemeinden Eibenstock und Muldenhammer bezüglich dieses Wegebaues erfordert. Der Stadtrath nimmt hiervon Kenntniß und beschließt, behuss Schaffung von Unterlagen für die zu fassende Ent schließung die Königl. Amtshauptmannschast um Vermittelung deS bereits über diesen Verbindungsweg aufgestellten Entwurfs zu ersuchen. 3) Zwei weitere Gesuche der Besitzer von mit Sparkassen hypotheken belasteten Grundstücken um Entlassung verlauster Theile aus dem Pfandverbande werden genehmigt. 4) Nachdem der Schulknabe Paul Otto Müller trotz der ertheilten Verwarnung die Schule wiederholt versäumt hat, wird deffen Unterbringung in eine Anstalt beschlossen. 5) Die Vorschläge des Abschätzungs-Ausschusses bezüglich der Festsetzung der OrtSschankgewerbesteuer und 6) der Antrag deS HauShaltplan-AusfchusseS auf Berath- ung deS HaushaltplaneS für 1889 in gemeinschaftlicher Sitzung werden genehmigt. Sitzung vom 20. Dezember 1888. 1) Der hiesige Kreuzbruderverein hat dem Stadtrath den Betrag der Einnahme einer von ihm abgehaltenen Vergnügens in Höhe von ISO Mark behufs dessen Vertheilung an die bei dem Brande des Lippold'schen HauseS zumeist betroffenen Fa milien überwiesen. Der Stadtrath nimmt hiervon Kenntniß unter dankender Anerkennung des von dem Vereine stets be wiesenen edlen Bestrebens, armen und nothleidenden Familien Hülfe und Unterstützung angedeihen zu lassen und beschließt die Vertheilung unter 7 Familien zu gleichen Theilen.