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Selbstlosigkeit verfahren sind und immer nur das allgemeine Interesse der Ordnungsparteien im Auge gehabt haben. Unsre Parteigenossen werden gewiß das Gleiche thun, und so wird es gelingen, überall Candidaten zu finden, welchen von beiden Seiten so viel Vertrauen entgegenkommt, daß sie auf einen Wahlsieg hoffen können. 3. Die rechtzeitige energische Inangriff nahme und die unermüdliche Durchführung aller für die Wahlen nothwcndigen Vor bereitungen. Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß in diesem Punkte unsre Partei von manchen andern — befreundeten und feindlichen — bisher sich nicht selten hat überflügeln und beschämen lassen. Fassen wir jetzt, zur Jahreswende dieser .Zeit der zuteil Vorsätze", den festen Entschluß, daß dies ferner nicht mehr so sein soll! In manchen Reichstags wahlkreisen haben unsre dortigen Parteigenossen das löbliche Beispiel gegeben, entweder die bei den letzten Wahlen gebildeten Wahlvereine oder Wahlausschüsse aufrecht zu erhalten, oder doch schon jetzt, lange vor den Neuwahlen, solche aus dem Frischen zu bilden. Dieses Beispiel muß unverweilt in allen Wahlkreisen nachgeahmt werden! In einzelnen Wahlkreisen (z. B. Mittweida) ist eS gelungen, gemeinsame Wahlvereine aus Conservativen, National-Liberalen und solchen Männern des Fortschritts zu organisiren, welche in den großen nationalen Fragen mit uns gehen — gewiß ein mit Freuden zu begrüßendes Ergebniß! Wie immer aber auch dies und anderes am Besten, je nach den örtlichen Verhältnissen, geschehen mag — die Hauptsache ist, daß nur Etwas geschehe und bald geschehe! Der Vorstand des national-liberalen Vereins für Sachsen kann nicht Alles thun, noch weniger kann es die Centralleitung in Berlin ; jener wie diese können nur Anregungen geben und etwa im einzelnen Falle, wo es gewünscht wird, mit Rath und Thal einem Wahlkreise zu Hülfe kommen; das Beste muß die Selbstthätigkeit unserer Parteigenossen im Lande thun! An diese Selbstthätigkeit wenden wir uns in dieser ernsten Stunde, beim Beginn des Jahres, welches möglicherweise die wichtige, ja verhängnißvolle Ent scheidung bringen wird. Wir thun cs in dem sicheren Vertrauen, daß unsre Parteigenossen in den verschiede nen Wahlkreisen uns — nein, nicht uns, sondern die Sache der Partei, mehr noch, die gemeinsame Sache der Ordnungsparteien und das damit engver- knüpfte Gesanlmtinteresse des Reichs und der Nation nicht im Stiche lassen, vielmehr kräftigst, so viel an ihnen ist, unterstützen werden! Möge dieses Vertrauen uns nicht täuschen! Hagesgeschichle. — Zum Jahreswechsel. „Unser Leben führet schnell dahin, als flögen wir davon!" Die Wahrheit dieses Bibelwortes empfindet man recht eindringlich am Schluffe des alten und an der Schwelle des neuen Jahres. Schaut man zurück, so scheint es, als wäre die durchlebte Zeit eine kurze Spanne, ein Tropfen, der ins Meer der Ewigkeit versinkt. Und dennoch ist ein Jahr ein großer, nie wiederkehr ender Theil unseres Lebens. Blicken wir rückwärts in die Vergangenheit, so werden vergangene Leiden und Schmerzen noch einmal neu und vergangene Freuden erwachen wieder und lächeln uns zu. Viele Schmerzen hat das alte Jahr den Einzelnen wie dem ganzen Volke gebracht, das noch immer trauert um den Tod zweier leuchtender Herrschergestalten! Aber auch Freude hat es uns bescheert, indem wir in Kaiser Wilhelm II. einen neuen Hoffnungsstern an Deutsch lands Himmel aufgehen sahen. Doch, was das Jahr uns auch beschieden hat, wir scheiden mit Wehmuth von ihm, wie von einem alten Freunde. Und wir schauen vorwärts in die Zukunft, bangend und zagend, zweifelnd und hoffend. Die Jungen möchten unge duldig den Vorhang von der Zukunft heben, die Alten haben es gelernt, geduldig zu warten und demüthig zu hoffen. Ganz wunschlos sind nur wenige, die Uebersättigten und die Unglückliche», die alles Hoffen verlernt haben. Wohl dem, der noch hoffen kann, der nicht allein steht am Anfang des neuen Jahres, der in treue Augen blicken und liebe Hände fassen kann! Gesegnet der, der ohne Reue zurück schauen kann und Glaube, Liebe und Hoffnung auch in das neue Jahr sich hinüber rettet! - Wer aber beim Nahen des neuen Jahres einsam und allein ist, wer nicht wagt, zu »euem Hoffen sich aufzuschwingcn, der beherzige das Dichterwort: „Und ob auch manchmal blinken Die Blitze grell zu Thal, Laß d'rum die Hand nicht sinken, Es trifft nicht jeder Strahl! Schlag' frisch Dich durch Berderben, Durch Unrecht, Schmach und Spott — Es ging das Jahr zu sterben, Doch lebt Dein alter Gott!" - — Wie der „Hamb. Res." aus FriedrichSruh gemeldet wird, hat der Reichskanzler vom Kaiser Wilhelin und der Kaiserin Augusta zum Weihnachts fest kostbare Geschenke erhalten, die von eigenhändigen Glückwunschschreiben begleitet waren. Die Nachrich ten über das Befinden des Reichskanzler» lauten fort während günstig. — Sicherem Vernehmen nach ist, wie die „Köln. Ztg." aus Berlin erfährt, von der Einbringung einer Rachtragsforderung für militärische Zwecke Ab stand genommen worden. — Dem Reichstag ist die übliche Jahresübersicht über die HeereSergänzung für das Jahr 1837 mitgetheilt worden. Daraus ergiebt sich, daß im Jahre 1887 181,575 Mann von den Dienstpflichtigen theils ausgehoben wurden, theilS freiwillig eingetreten sind. Im Vorjahr 1886 betrug diese Zahl 182,261. Dagegen belief sich diese Zahl für 1885 nur auf 163,437. — Oesterreich-Ungarn. Bekanntlich soll da« „Eiserne Thor" regulirt werden, welches die Donau schifffahrt sehr beengt und sogar zeitweise reckt ge fährlich macht. Nach dieser Regulirung aber könnten nicht nur die mächtigen Handelsdampfer, sondern auch kleinere Kriegsschiffe bequem den Strom be fahren. Um sich von dieser Seite gegen feindliche Angriffe zu schützen, hat die österreichisch-ungarische Regierung den Bau einer Donauflotttlle beschlossen, welche aus zwölf Monitors bestehen soll. Auch von Befestigungsarbeiten ist die Rede. — Rußland. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, bereitet sich im Innern Rußland« ein politischer Umschwung vor. Es soll eine vollständige Um bildung der Provinzialverwaltungen im freiheitlicheren Sinne angebahnt und die Anregung dazu vom Czaren selbst ausgegangen sein. Man verspricht sich davon eine bedeutende Entwickelung der geistigen und materi ellen Kräfte des Riesenreiches. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheiderhammer. Unter der schon bekannten und bewährten Oberleitung finden nächsten Freitag, von Abends 7 Uhr ab und Sonntag, den 6. Januar, von Nachmittag 2 Uhr ab auf dem schön und zugfrei gelegene» Hammer-Teiche Eis- Concerte statt. Wir verfehlen nicht. Alledem ge sunden Eissport Huldigende auf diese den Körper wohlthuende angenehme Anregung hiermit aufmerksam zu machen (siehe heutiges Inserat). Zur Verschöner ung des Freitag Abend wird wesentlich beigetragen werden, wenn Fahrer sich mit Lampions versehen. — Schönheide. Der hiesige „Obstbauverein" hielt am vergangenen Sonnabend im Rathhause eine Generalversammlung ab. Zunächst wurde der Ver sammlung durch den Vereinsvorsteher mitgetheilt, daß im vergangenen Jahre ungefähr 260 Obst- und Nutz bäume für den hiesigen Ort durch den Verein beschafft worden sind, daß die Mitgliederzahl gegenwärtig 64 beträgt und daß die Kasse z. Z. über kinen Bestand von ca. 140 Mark verfügt. Hierauf faßte der Verein Beschluß, im Jahre 1889 — wie in den vorherge- gangcnen Jahren — an jedes Vereinsmitglied 2 Obstbäume zur Vertheilung gelangen zu lassen. Bei der nun vorgenommenen Neuwahl des Vorstandes wurde der zeithcrige Vorstand wiedergewählt. Ein zum Schluß gegebenes Referat über Obstbaumkultur (vom hiesigen Straßcnaufseher) bot der Versammlung viel Interessantes, besonders deshalb, weil in dem selben die hiesigen Boden- re. Verhältnisse eingehende Berücksichtigung fanden. — Dresden. Ihre Königlichen Majestäten nahmen Dienstag früh in Ihren Gemächern des Re- sidenzschlosscs die Glückwünsche der Prinz Georg'schen Familie entgegen. Darauf brachten die Leibärzte, die katholische Geistlichkeit unter Führung des Herrn Bischof 1>r. Bernert, die Herren Staatsminister und die höchsten Hofchargen ihre Glückwünsche dar. Mit tags 1 Uhr versammelten sich die Herren vom diplo matischen Corps und die am Hofe vorgestellten frem den Kavaliere im Banketsaale. Darauf folgten die einheimischen Herren vom Civil, sowie die Herren Militärs z. D. und a. D., darauf die Generalität und das aktive Offizier-Corps. Se. Majestät der König nahm im Thronsaale, vor dem goldenen Throne stehend, die durch Verbeugung auszudrückende Beglückwünschung huldvoll entgegen, während Ihre Majestät die Königin durch ein leichtes Unwohlsein behindert war, an der Gratulations-Cour persönlich theilzunehmen. Gegen halb 3 Uhr war die Beglückwünschung beendigt. — Aus Dresden, 29. December, wird dem „Leipz. Tgbl." geschrieben: „Von zuständiger Stelle ist den Redaktionen hiesiger Blätter neuerdings wie derholt zu erkennen gegeben worden; daß Mittheil ungen über bevorstehende Hofjagden und sonstige Ausflüge Ihrer königlichen Majestäten, sowie der Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses — vorgekommener gewisser Unzuträglichkeiten wegen — nicht erwünscht seien. Diesem Allerhöchsten und höchsten Wunsche haben die hiesigen Zeitungen ent sprechen zu sollen geglaubt." — Dresden. Se. König!. Hoheit Feldmarschall Prinz Georg begab sich Montag Nachmittag in seiner Eigenschaft al« commandirender General der Königl. sächs. Armee nach Berlin, um Namen« der selben die Neujahrsgratulation dem obersten deutschen Kriegsherrn, Kaiser Wilhelm II., darzubringen. — Dresden. Der erste Monat de« neuen Jahre» bringt für ganz Deutschland einen hohen Festtag: den Geburtstag Sr. Maj. de- Kaiser», welcher am 27. Januar das 30. Lebensjahr vollendet. Der hiesige konservative Verein veranstaltet am Abend vorher eine solenne Festfeier in den Sälen des Ge- werbchause«, bei welcher Herr Oberstaatsanwalt und Reichstagsabgcordneter I)s. Hartmann au» Plauen i.V. den Festvortrag halten wird. Prolog, Vokal- und Instrumentalmusik, insbesondere der Vortrag patriot ischer Lieder durch den „Männergesangvercin" unter Leitung des Herrn Dir. Jüngst werden den künstler ischen Schmuck des Festes bilden. — Am Mittwoch fand aufMügeln-Sporbitzer Revier die sogenannte Oberforstmeisterjagd statt, an welcher sich Se. Majestät der König und Königl. Hoheiten Prinz Georg und Friedrich August nebst Adjutanten und die in Dresden anwesenden Ober forstmeister bctheiligten. — Leipzig. Das „Leipz. Tagebl." schreibt: Mit dem Abschluffe dieses Jahres endet für unsere Stadt eine lange und oft schicksalsreiche Epoche: denn das alte Leipzig hört auf zu bestehen und ein neues, ver größertes Leipzig tritt an seine Stelle. Es ist dies ein hochbedeutsamer Act, der sich heute im Rath hause zu Reudnitz vollzieht, denn die Einverleibung von Reudnitz (und im Anschluß hieran diejenige der Gemeinde Anger-Crottendorf), welche dort in entsprech ender Weise zum öffentlichen Ausdruck gelangt, be deutet für unser Leipzig den ersten Schritt auf dem Wege zu einer Großstadt im vollen Sinne des Wortes. Die Wichtigkeit dieses Vorganges wird daher auch in den weitesten Kreisen unserer Stadt sowohl, als auch der zunächst bctheiligten Gemeinden empfunden und allgemein fühlt man es, daß die Stadt Leipzig in ihrer vergrößerten Gestaltung, so wie solche nach Aufnahme sämmtlicher Vororte vom nächsten Jahr zehnt an zu erwarten ist, einer ebenso weisen, als auch starken und zielbewußten Leitung bedarf, wenn sie ein ihrem Range entsprechendes Ansehen in wirth- fchaftlicher und politischer Hinsicht behalten und er ringen foll. Was zunächst unfere Stadt in ihrem bisherigen Umfange anbelangt, so ist dieselbe, bei aller Arbeitsamkeit der Bewohner, dennoch vorwieg end eine Handelsstadt gewesen. Allerdings ist auch die Industrie im gesammten Leipziger Kreise stark vertrete», allein dieselbe hat sich mehr an den Vor orten als in der Stadt concentrirt. So besaß bereits vor mehreren Jahren der Leipziger Landkreis eben so viel fabrikmäßige Betriebe, als die Stadt Leipzig, und die Zahl der Dampfmaschinen betrug im Land kreise sogar 329, gegen 192 in der Stadt Leipzig. Seitdem (Ende 1885) hat sich dieses Verhältniß noch bedeutend mehr zu Ungunsten der Stadt, so wie sie bis jetzt bestand, verändert. Im künftigen Leipzig nun werden Handel und Industrie in noch nie da gewesenem Zustande vereinigt sein. Unter diesem Ge sichtspunkte wird die Leipziger Verwaltung für die Zukunft zu gestalten sein und es ist die Aufgabe der selben, diese neben der Wissenschaft beiden mächtigsten Factoren für unsere Stadt, Handel und Industrie, dauernd an dieselbe zu fesseln und nach bester Mög lichkeit ihnen zur Blüthe zu verhelfen. — Plauen. Bei Vollendung seines 100. Jahr ganges am Sonntag, dem 30. Dezbr. 1888 veran staltete der „Vogtl. Anzeiger" die Herausgabe eines Gevenkblattcs, welches eine Uebersicht über die inne ren und äußeren Verhältnisse genannter Zeitung wäh rend ihres hundertjährigen Bestehens giebt. Tags vorher fand aus Anlaß dieses Jubiläums eine Feier lichkeit statt. Das gesammtc Geschäftspersonal ver sammelte sich im Setzersaale um seine Prinzipale. Zugleich erschien Oberbürgermeister Kuntze und beglück wünschte im Namen des Stadtraths Moritz Wieprccht und dessen beide Söhne, ihnen eine schöne ausgcführte Anerkennungsurkunde einhändigend. Hierauf wandte sich Oberbürgermeister Kuntze an das versammelte Arbeiterpersonal, betonte die Treue und Gewissen haftigkeit, mit welcher die Arbeiter stets ihres ersprieß lichen Amtes gewaltet, und händigte zwei derselben, dem Schriftsetzer Carl Künzel und dem Drucker Julius Rascher, von welchen Ersterer 44 Jahre und Letzterer '42 Jahre im Geschäft von Wieprecht thätig ist, im Auftrage des königl. Ministeriums des Innern die große silberne Medaille für Treue in der Arbeit nebst hierauf bezüglichem Diplom ein. Nachdem sodann Redakteur Major z. D. Franke die Chefs in herzlichen Worten beglückwünscht hatte, that dies namens des Geschäftspersonals Künzel nicht minder herzlich. Es folgte nun die Uebergabe der Gaben seitens des Ge schäftspersonals an ihre Chefs. Gerührt dankte wie derholt Moritz Wieprecht und brachte ein dreimaliges begeistert wiederholtes Hoch aus auf Se. Majestät König Albert. — An na berg. Um der hiesigen Einwohner schaft den Bezug von Gas aus der städtischen Gas anstalt zu erleichtern, hat der Stadtrath bestimmt, die Zuleitungen vom Hauptrohrstrang zu den Gebäuden bis zu 6 Meter immer auf Kosten der Gasanstalt und bei größerer Ausdehnung auch dann noch legen zu lassen, wenn auf jedes Meter Zuleitung mindestens eine Flamme, entfällt, weiter hat er sich erboten, den Abnehmern miethweise Gasmesser zu liefern, welche nach zehnjähriger Benutzung gegen Leihgebühr in das Eigenthum der Miether« übergehen. — Zur Warnung sei folgender trauriger Vorfall mitgetheilt. Ein Bürger der Stadt Meißen beab sichtigte, seinen Kindern, wie üblich, eine Weihnachts freude zu machen, indem er sich in einen umgekehr-