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der .Red Star", .White Star" und der .Hamburg- Amerikanischen Linie" als Steward. Staudt hat hier in dem Hotel zu den vier Jahreszeiten eine Braut, welche eine Photographie desselben besaß. Durch diese wurde konstatirt, daß er den Zug 10 Uhr 14 Min. Vormittags benutzt hat, um nach Amsterdam zu reisen. Er war der Einzige, der zu diesem Zuge ein Billet nach Amsterdam gelöst hat. Kriminalbeamte wurden bereits 2 Uhr Nachmittags von hier nach London, Harwich, Vlissingen, Bremen und Amsterdam entsandt. Ebenso wurde der Telegraph nach allen Himmels richtungen in Bewegung gesetzt. — Pest, 24. Novbr. Die an der russischen Anleihe betheiligten Berliner Bankiers lnden meh rere ihrer hiesigen befreundeten Häuser zur Betei ligung ein, unter der Angabe, die Anleihe gewähre sicheren und ausreichenden Gewinn. Die hiesigen Firmen haben jedoch die Aufforderung rundweg ab gelehnt mit der Begründung, Ungarn habe kein Zu trauen zu den friedlichen Zusicherungen Rußlands. — Frankreich. Die Patriotenliga beschloß, dem Czaren Alexander und seiner Gemahlin aus An laß des Unfalles bei Borki ein Glückwunschtelegramm zu senden. Die Glückwünscheudcn sind zum großen Theil die nämlichen Leute, welche vor Jahren durch lärmende Kundgebungen verhinderten, daß der Nihi list Hartmann, der geständig war, durch Unterminir- ung einer vom Czaren Alexander ll benutzten Bahn strecke einen Mordversuch gegen denselben verübt zu haben, als politischer Verbrecher ausgeliefcrt wurde. Die Zeiten ändern sich, die Menschen auch. Sächsische Nachrichten. — Dresden. Jene großen Herbstübungen, welche bei dem XII. Armeekorps schon im laufenden Jahre stattfinden sollten, scheinen nun für nächstes oder übernächstes Jahr beabsichtigt zu sein, wenigstens weist der Reichshaushaltsetat pro 89/90, wie schon erwähnt wurde, einen diesbezügliche» Posten in Höhe von 482,140 M. auf. Bisher bat an den beiden großen Hcrbstübungen der Sachsen, welche nach dem Kriege gegen Frankreich bei uns stattgefunden haben, stets der deutsche Kaiser beigcwohnt. 1876 bei Leip zig-Merseburg und 1882 bei Riesa-Dresden. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, daß das dies jährige bereits ausgearbeitet gewesene Projekt großer Manöver der sächsischen Truppen bei Chemnitz unter den Augen des Kaisers nun 1889 oder 1890 zur Ausführung kommen und es dann sächsische Kaisertage auch in Chemnitz rind Umgegend einmal gebe» wird. — Leipzig. Am 2. Dezember wird, wie bereits gemeldet, in dem benachbarten Dorfe Eutritzsch das 150jährige Jubiläum der Einführung der Gose festlich begangen. Dem Festausschuß, welcher aus angesehenen Ortscinwohucrn besteht, sind seitens der Döllnitzer Gosenbrauerei nicht weniger als 7000 Frei gosen und ein größerer Geldbetrag zur Verfügung gestellt worden, damit eine würdige Begehung dieses Volksfestes ermöglicht werde. — Chemnitz. Bei den hiesigen Stadtver ordnetenwahlen haben die Nationalliberalen und Konservativen, welche auch diesmal wieder über eine gemeinsame Liste der Kandidaten sich ohne Wei teres verständigt hatten, wiederum einen vollständigen Sieg davon getragen. Die Wahlen sind insofern bemerkcnswerth, als sie abermals ein beträchtliches Anwachsen der für die Liste der Kartcllparteien ab gegebenen Stimmen erkennen lassen, während die Trümmer der einst hier herrschend gewesenen deutsch freisinnigen Partei diesmal in Anbetracht der bis herigen Mißerfolge zum ersten Male auf die Auf stellung einer Kandidatenliste verzichtet hatten, die Sozialisten aber trotz besonderer Anstrengungen keine Vermehrung, sondern eher eine Abnahme ihrer Stim- menzahl zu verzeichnen hatten und bei 3600 Abstim- mcnden nur 450 Wähler für ihre Liste auftrieben. — Meißen. Eine reizende Soldatcn-Ge- schichte, welche den Vorzug hat wahr zu sein, erzählte neulich ein Meißner Bürger an seinem Stammtisch wie folgt: „Als wir 1864 in Schleswig- Holstein waren, stand ich beim 13. Infanterie-Ba taillon und unser Standquartier war in der Nähe von Segeberg in Holstein. Wir fühlten uns soweit ganz wohl, denn außer guter Verpflegung hatte unser Bataillons - Commandcur nichts auftreibcn können, nicht ein Mal einen Exerzierplatz. DaS Letztere war natürlich für uns ein Gandiuin, an langsamen Schritt war unter solchen Verhältnissen nicht zu denken. Doch es dauerte nicht lange, da wurden wir eines Anderen belehrt, unser Commandeur hatte so und soviel Scheffel Land von einem Bauer crpachtct, war aber über den Preis noch nicht einig. Doch so etwas schadet bei Soldaten nicbts; 110 Mann unter einem Lieutenant erhielten Befehl, den neuen Exerzierplatz „abzulesen". Wir bekanien Jeder einen Kartoffelkorb und marschirten zum Steineeinlesen. Unser Lieutenant schimpfte draußen vor dem Dorfe, wo es der gestrenge Commandeur nicht hören konnte, ganz gehörig über sein Commando. „Er trüge des Königs Schwert nicht, um Steine lesen zu lassen" u. s. f. Aber da nützte Alles nichts, wir begannen eben unsere Arbeit und schafften mächtig große Haufen Steine am Wege zusammen, wobei uns das Bäuerlein schmunzelnd zuschaute. Am nächsten Morgen stellten wir zum Bataillons-Exerzieren und als wir an den abgelesenen Exerzierplatz kamen, o Schreck — da hatte der Bauer acht Geschirre angespannt und pflügte unfern Exerzier platz um! Unser Commandeur war natürlich wüthend und wir — wir lachten in den Tournister des Vorder manns hinein. Unserm Major half aber kein Gott los, der Bauer hatte noch nicht unterschrieben und wir rückten wieder ab. Auf dem Marsche wurden natürlich alle möglichen Witze gemacht und auf ein Mal sang das ganze Bataillon im Marschtempo: „In Segeberg ist'« schön gewesen. Da Ham mer müssen Sterne lesen, Doch der Bauer war nicht dumm. Der riß den Exerzierplatz um. Trallala, trallala, tralla, tralla, trallala." Ein Witzkopf hatte dieses herrliche Lied gedichtet und die Komposition machten wir selber. Doch wir hatten die Rechnung ohne den Wirth gemacht, kaum im Dorfe angekommen, ließ unser Commandeur die Ge wehre zusammenstellen, Tornister und Seitengewehre ablegen, stellte eine Wache aus und kommandirte „Rechts umkehrt! Marsch!" Eine fürchterliche Rache sollte den Bauer ereilen. Am Exerzierplatz angekom men, ertönte das Kommando: „Auseinanderschwärmen, die Steine wieder dorthin legen, wo ihr sie herge nommen habt!" Und unter allgemeinem Hurrah geschah dies. Das kluge Bäuerlein aber wetterte und schimpfte wie am Tage vorher der Herr Lieute nant. Als dann endlich ein Exerzierplatz crpachtct worden war, durften wir die Steine erst nach der Unterschrift des Bauern lesen. — Herr Commerzienrath Ginsberg in Zittau theit den „Dr. N." mit, daß die der „Reichenberger Zeitung" entnommene Notiz, der Hauptgewinn der Landeslotterie sei auf sein Loos allein gefallen, auf Jrrthum beruht. Nur der bei weitem kleinste Theil des Gewinnes sei auf seinen Loosantheil gekommen und auch dieser Theil sei in andere Hände gelangt, da er das Originalloos verschenkt habe. — In Reudnitz war in letzter Zeit eine Anzahl Knaben recht eifrig beim Kirchenbesuche — freilich mit schlimmen Gedanken. Es war ihnen weniger um Gottes-Wort als um den Gottes-Kasten zu thun. Diesen letzteren haben sie denn auch wiederholt mittelst Nachschlüssels geöffnet, seines Inhalts beraubt und denselben unter sich getheilt. Am Sonnabend gelang es, die kleinen Kirchenräuber zu fasten. Sitzung -cs Sczirksausschujsks der Königlichen Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, am 21. November 1888. t) Nach anderweit abgesetztem öffentlich mündlichem Verfahren wird das Gesuch Friedrich Traugott Weigel's in Grün- städtel, die Verlegung und Verlängerung eines Wässerungs grabens betr., unter Verweisung der von Neubert und Gen. dagegen erhobenen Widersprüche auf den Rechtsweg be dingungsweise genehmigt. S) Der Bezirksausschuß genehmigt a. den von Eduard Wussing in Obersachsenfeld be wirkten Einbau eines Schützens in dem Betriebs graben Nr. 5ö des Flurbuches für diesen Ort und Anlegung eines Bctriebsgrabens nach Zurücknahme des von dem Fabrikarbeiter Epperlein inObersachsen- feld dagegen erhobenen Widerspruches nachträglich und b. das Gesuch der Firma I>r. Geitners Argentanfabrik in Auerhammcr um Anbringung eines beweglichen Wehraussatzes auf ihrem in der Mulde befindlichen Wehre, bedingungsweise. S) ist a. mit den Vorschlägen zur Wahl von Vertrauens männern für die Feststellung der Urlisten und Wahl von Schöffen zu bildenden Ausschuß, sowie I>. mit der aufgestellten Vorschlagsliste, die Wahl von Sachverständigen zur Ermittelung der Entschädig ungen für wegen Seuchen getödteten Thiere betr., einverstanden. 4) beschließt das Wcgeproject Schwarzenberg-Bockau angesichts der hierbei zu Tage getretenen Schwierigkeiten bis zu wei terer Anregung nicht weiter zu verfolgen, 5) genehmigt einen Nachtrag zur Hausordnung der Bezirks armenanstalt Grünhain, 6) beschließt Zufertigung der gegen die ortsstatutarischen Be schlüsse der Gemeinde Lauter, die Zusammensetzung des Gemeinderathes betreffend, gezogenen Erinnerungen an die Genieinde, 7) lehnt zur Zeit die Befürwortung des Gesuchs des Ge meinderathes zu Auerhammer, die Gemeindevorstandswahl daselbst betreffend, ab, 8) genehmigt die Gesuche a. Carl August Hecker's in Bernsbach um Uebertragung der seinem Vater ertheilten Erlaubniß zum Bier- und Vranntweinschank auf seine Person, d. Olga verehel. Gerber in Carlsfeld um Uebertragung der Hermann Seidel daselbst ertheilten Srlaubniß zum Schankbetriebe und zur Abhaltung öffentlicher Tanzbelustigungen aus ihre Person, und o. Conrad Paul Tauscher's in Niederaffalter um Ueber- tragung der seinem verstorbenen Vater zugestandenen Berechtigung zum Gasthossbetriebe, sowie zum Ab halten öffentlicher Tanzbelustigungen auf seine Person, letztere beiden Gesuche bedingungsweise, und 9) ertheilt zu den von ». Carl Heinrich Schneider'» in Zelle, d. Friedrich Wilhelm Hunger'n in Zschorlau und c. Carl Gottlob Berger'n in Schönheide nachgesuchten Grundstücksabtrennungen Genehmigung. Die Pflegekinder des Commerzienraths. Novelle von Carl Hartmann-Plön. (1«. Fortsetzung.) „O doch — die ultim» rutio der Hoffnungslosig keit entspringt immer noch einer Hoffnung, der letzten, traurigen: dem Jammer dieser Hoffnungslosigkeit zu .das und erfre selbe: fast der! woje über letzte, leitui vora» einer Jv I» so fe: eine Auge Sch« lichei hatte Will! Falle den ! er w mehr Hein besch trete, den der liebe, erst : und i gegen ein a licher er st aus dahir zu a, stelle, wart« schwe Walt Um und rbens mußt doch Jntri vorhi Jemo llm i gann sagte Herr spiele stelle Sie cs II nutz: muß nicht weit Berj Schc fehlt des! in d: der l schon prob sproc heit I er ai sie a kehre den! völlij die Z bei i sondl fort, Onkt geka. entfliehen, um der schwer bedrückten Seele für immer Ruhe zu verschaffen." Es trat eine kleine Pause ei», in der der Graf sich nachdenklich mit der Hand über die Augen strich. Darauf sagte er: „Unbegreiflich ist mir aber doch, Herr Willhöft, wie Sie zu dem vorhin gebrauchten Ausdrucke kommen können: „Das sind meine Hoff nungen, ein schwacher, kleiner Schimmer! Wenn einer berechtigt ist, von der Zukunft vieles, ja Alles zu er hoffen, so sind Sie eS doch! Sie sind gesund, kräftig, wohlgebildet an Geist und Körper, Sie haben eine sorgenfreie Existenz — woran fehlt es denn noch?" „Sie haben im Allgemeinen Recht und ich bin aucb dem Schicksale dankbar für das, was eS mir in so reichem Maße beschicken hat. Aber an diese Dinge gewöhnt man sich, man nimmt sie hin, als etwas Selbstverständliches und doch sollte man sich täglich immer wieder aufs Neue klar machen, wie reichlich man bedacht ist. Man würde erst zum Bewußtsein dessen, was man besessen, kommen, wenn es einem plötzlich genommen wird. Jedoch, ob arm oder reich, fast jeder Mensch trägt in seinem Herzen eine beson dere, eine große Hoffnung und muß er sich auch bis weilen sagen, daß es Thorheit sei, sie zu hegen und zu pflegen, so glaubt er doch nicht leben zu können ohne sie und erweist sie sich schließlich als trügerisch, als unerfüllbar, so bleibt eine unheilbare Wunde zu rück und sein Lebensglück ist zerstört. Warum soll ich cs leugnen, vaß auch meine Brust von einein großen Wunsche beseelt ist! Aber es ist nur ein kleiner, schwacher Schimmer von Hoffnung vorhanden, daß er sich jemals erfüllen werde." „So will ich Ihnen wünschen," sagte Waldsee, „daß dieser kleine, schwache Schimmer sich von Tag zu Tag vergrößere und zu einem Glanze entwickele, der Ihre Erwartungen noch übertrifft." „Wenn das geschehen sollte, dann hätte ich keinen Wunsch mehr, keinen, als nur den, daß mir das Er reichte erhalten bleiben möge." „Apropos! Was waren es denn für Schopen- haucrsche Paradoxa, über die Sic mit meiner Tochter auf Hohenfels sich unterhalten haben?" „Es waren deren mehrere. Schopenhauer sagt z. B. in seinen Lichtstrahlen: „Glänzende Eigenschaften des Geistes erwerben Bewunderung, aber nicht Zu neigung ; diese bleibt den moralischen, den Eigenschaf ten des Charakters Vorbehalten." So gewiß wohl die moralischen Eigenschaften des Charakters, also Herz und Gemüth, im Stande sind, bei vielen in erster Reihe, ohne Berücksichtigung der Geistesqualitä ten, Liebe zu erwecken — es giebt ja Beispiele genug, daß bedeutende Männer aus Liebe unbedeutende Frauen geheirathet haben und umgekehrt, — so falsch ist es, wenn er in so überzeugender Weise sagt, vaß glänz ende Eigenschaften des Geistes nur Bewunderung, aber keine Zuneigung erwerben. Ich habe an mir selbst die Erfahrung gemacht, daß ich, von Bewunder ung über vorhabende glänzende Eigenschaften des Geistes hingerissen, ohne noch zu wissen, ob der Cha rakter mit letzterem auf gleicher Höhe stand, eine tiefernste Zuneigung empfand und als ich mich bald darauf davon überzeugte, da war wohl die Zuneig ung eine um so größere noch, aber sie war doch schon vorher dagewesen." „Ei, ei!" dachte der Graf, „mir scheint, es be rechtigt doch zu sonderbaren Schlüffen, wenn zwei junge Leute auf einer einsamen Anhöhe beim Monden scheine sich über Liebe und Zuneigung unterhalten haben und welche Eigenschaften sie Hervorrufen." „Und als zufällig," fuhr Heinrich fort, „das Ge spräch sich auf das innige Verhältniß zwischen deni Grafen Hohenfels und seiner Gemahlin lenkte und ich erfuhr, daß die Gräfin ein armes adeliges Fräu lein gewesen und die Ehe aus Neigung geschlossen sei, geriethen wir auf den mehr als unbegreiflichen Ausspruch Schopenhauers, daß die aus Liebe geschlos senen Ehen in der Regel unglücklich ausfallen." Der Graf sprach zu sich selbst: „Und aus solche Gespräche hat meine Tochter sich eingelassen? Das ist ebenfalls unbegreiflich!" Laut sagte er: „DaS ist dummes Zeug! So wie eS Konvenicnzehen giebt, die später sehr glücklich werden, so kann eine Neig ungsehe unter Umständen das Gegentheil werden, wenn einer der beiden Gatten, oder beide gegenseitig, hinterher die bittere Entdeckung machen, daß sie sich in ihren Gefühlen getäuscht; aber die Regel ist eS gottlob nicht, daher rathe ich Jedem getrost bet der Wabl eines Gatten keine anderen Rücksichten walten zu lassen, als die Liebe, denn nur die Liebe ist das Fundament einer glücklichen Ehe! Ihr Schopenhauer mit seinem Pessimismus ist überhaupt nicht mein Geschmack!" Und leise fügte er hinzu: „Der junge Mann gefällt mir!" Heinrich wandte sich an Isabella: „Darf ich mir die Frage erlauben, Komtesse, ob Sie und die Frau Gräfin Scheck glücklich Ihre Reise hierher zurückge legt haben?" Isabella blickte von ihrer Stickerei auf und erwi derte: „Gottlob, ohne jeden Unfall! Sie waren noch einige Tage länger dort, wie haben Sie den Onkel und die Tante verlassen?" „Sehr wohl, nur die Frau Gräfin war von den anhaltenden gesellschaftlichen Strapazen etwa» ange griffen."