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gemacht werden, mit auf. I» Anbetracht der guten Sache wäre ein recht reger Besuch des angezeigten Vergnügens Wünschenswerth. — Hundshübel, 27. Oktober. Vergangenen Montag den 22. Oktober feierte die hiesige Gemeinde das Fest des 100jährigen Bestehens ihrer Kirche. Nachdem am frühen Morgen einige Choräle vom Thurmc geblasen worden, bewegte sich vom unteren Dorfe ein Fcstzug nach der Kirche, vor welcher im Freien unter Musikbegleitung „So kommet vor sein Angesicht" gesungen wurde. Nach kurzem Gebete öffnete der Ortsgeistlichc das mit Blumen und Guir- landcn sinnig geschmückte Gotteshaus, welches an läßlich des Jubiläums zwei werthvolle Geschenke er halten hatte: einen Altartcppich von Frau vcrw. Pastor Strubcll und eine prachtvolle rothe Kanzel- und Altarbcklciduug nebst einem Altartuch von der cv.-luth. Diakonissenanstalt zu Dresden. In dem überaus zahlreich besuchten Gottcshause trug der Gesangverein unter Leitung des Herrn Kirchschullchrers Läßig den 100. Psalm vor und der Ortsgeistlichc hielt die Fest predigt über 4. Mos. 6, 22—27 mit dem Thema: Unsere Freude am 100jährigen Kirchweihfest — eine Freude über die Kirche und die Stätte, da der Drei einige uns segnen will. 1. worin der Segen besteht; 2. wozu er uns verpflichtet. Möge der den kostbaren Kanzel- und Altarschmuck begleitende Wunsch, daß das Gotteshaus der Gemeinde immer lieber und der Dienst des Herrn eine immer größere Freude werde, in Erfüllung gehen. Das walte Gott! — Leipzig. Die große Ausstellung von schriftlichen und gedruckten Erzeugnissen aller Art, welche auf die Schleher'sche Weltsprache „Volapük" Bezug habe», findet hier im „Eldorado" statt und wird demnächst dem allgemeinen, unentgeltlichen Be suche geöffnet werden. Die Ausstellung ist von größter Reichhaltigkeit, auf nicht weniger denn 22 großen Tafeln sind die verschiedensten schriftlichen und ge druckten Erzeugnisse gruppirt: Briefe und Karten, Noten und Volapllkblätter, Zeitungen in ungcmessener Zahl und eine Literatur, welche selbst Diejenigen in Erstaunen setzen muß, die die Massenproduktion auf diesem Gebiete kennen. Es ist viel über Volapük geschrieben und fast noch mehr darüber gespottet worden, aber das Eine tritt mit der in Rede stehenden Ausstellung — die erste ihrer Art übrigens — doch wieder ganz besonders in die Erscheinung: Die Vola- pükisten haben in der Ausbreitung ihrer Jdealsprache da« Menschenmöglichste geleistet und hier eine Thätig- kcit entfaltet, die Jedermann überraschen wird. — Kirchberg, 30. Oktober. Den Bewohnern von Kirchberg u. Umgegend wird nächsten Sonntag als den 4. November Abends 7 Uhr dadurch ein Kunstgenuß geboten, daß Herr Kantor Ncubcrt mit dem erweiterten Kirchenchor ein Concert in der dasigen Kirche gicbt, bei welchem die durch ihre Kunst leistung bekannten Herren Organist Türke aus Zwickau, Kantor Frede Kreßuer aus Bockwa und Fräulein Helene Oberbeck, Kgl. Concert- u. Oratoriensängerin ans Berlin (diese Künstlerin hat in Zwickau vor 2 Jahren in einem Kammermusikabend mit großem Er folge gesungen) mitwirken. — Netzschkau. Der bei dem am Donnerstag Abend hier ausgcbrochenen Feuer verunglückte Feuer wehrmann Seifert ist an den durch Herabstürzen eines Balkens erlittenen Verletzungen am Sonnabend früh im elterlichen Hanse gestorben. Dieser Unfall wird allgemein bedauert. Seifert stand im 26. Lebens jahre und war nicht verheirathet. Das Bewußtsein hat der Verstorbene nicht wieder erlangt gehabt. — Seit einiger Zeit hält sich bekanntlich in Sachsen der weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Quellenfinder Joseph Beraz aus Mün chen auf. Die Anwesenheit des Genannten in Sachsen ist auf amtliche Veranlassung zurückzuführcn, und sie hat bereits für Roßwein und Hainichen, zwei an pein lichem Wassermangel leidende Städte unseres Vater landes, sehr tröstliche Aussichten eröffnet. Denn am 6. und 7. Oktober sind von Herrn Beraz genaue An gaben gemacht worden, wo man an ersterem Orte 22 Meter tief unter der Erde eine etwa 8 Centi- meter starke Quelle finden werde; weiter hat Herr Beraz prognostizirt, daß auch am zweiten Orte ein 28 bis 36 Meter tief liegender Wasserlauf von gleich falls mindestens 8 Centimeter Stärke zu finden sei. Die bezeichneten Stätten liegen so hoch, daß sich das gewonnene Wasser bequem nach den betreffenden Städten leiten läßt. — Am Sonntag hat sich Herr Beraz infolge behördlicher Einladung nach dem 670 Meter über dem Meere gelegenen Sayda im Erzge birge begeben, um da ebenfalls seine niit so vielen Erfolgen gekrönten Untersuchungen anzustcllen. Auch dort gelang es eine Wasserader zu finden, welche dem bisher bestandenen Wassermangel für die Stadt gründliche Abhilfe verspricht. — Die vogtländische Stickereiindustrie leidet bekanntlich seit Jahren unter der Ungunst der Mode. Die Damen tragen Kleider mit Halsbinden wie die Soldaten, von einem zierlichen Spitzenkragen wie sonst, ist keine Spur zu sehen, an dessen Stelle ist ein Sammetkragcu mit einer Perlenschnur oder der gleichen unechten Schmuck getreten. So lange noch diese Mode fortbesteht, ist an ein wirkliches Ausleben der Stickereiindustrie nicht zu denken. In den zunächst bctheiligten Kreisen geht man daher mit der Ab sicht um, bei unserer jungen, anmuthigen Kaiserin dahin vorstellig zu werden, Allerhöchstdieselbe wolle durch Einführung einer neuen Mode für die vogt ländische Industrie eine Lanze brechen. Die Damen würden in ausgeschnittenen und mit Spitzen verzier ten Kleidern gewiß noch anmuthiger aussehen als in ihrer jetzigen zugeknöpften „Uniform". — Wie es heißt, wird seit Kurzem an der sächsisch böhmischen Grenze den Radfahrern das Ueber- schrcitcn derselben durch strenge Maßregeln der öster reichischen Zollbeamten recht erschwert. Dieselben gestatten von Deutschland kommenden Fahrern den Uebcrtritt nach Böhmen nur nach Deponirung von 30 bis 50 Mark (je nach der Gattung oder dem Wcrthe des Fahrrades), zum Mindesten ist jedoch die Beibringung einer völlig zweifellosen Legitimation unerläßlich. Die österreichischen Grenzbeamten sehen nämlich in jedem Radfahrer einen Vclocipedschmuggler und es sind daher Auseinandersetzungen und Weit läufigkeiten an der Tagesordnung. Ämtlichc Mitthrilniigkii ans der !! öffentlichen Zitznnq des Sta-tveror-nctrn-Lonkginms am 23. Oktober 1888. Anwesend: 17 Mitglieder des Collegiums. Entschuldigt fehlten die Herren : Oskar Georgi, Louis Kühn, Richard Möckcl und Alban Meichsner. Seiten des Stadtrathes anwesend: Herr Bürgermeister Löscher. Der Vorsteher, Herr Kaufmann Karl Gottfried Dörffel, eröffnete die Sitzung und ging sofort zur Tagesordnung über. 1) Der Stadtrath hat beschlossen, von dem der Stadtge meinde Eibenstock zustchenden Rechte, alljährlich 20 Stück Gas anstalts-Aktien anzukausen, auch im Jahre 1880 wieder Ge brauch zu machen, und es erklärte das Collegium hierzu sein Einverständniß. 2) An der Hand der Akten legte der Herr Vorsitzende den Sachverhalt betreffs des aus dem Sophienstolln komm enden sog. Psarrwassers dar und bemerkte: Das fragliche Wasser fließe schon seit Jahrhunderten der Pfarre und bezieh endlich dem Nachhause zu und rühre ursprünglich von dem Sophienbrunnen bei der jetzigen Blechschmidts-Mühle her. Mitte des 17. Jahrhunderts sei aber in der Nähe dieses Brunnens der Sophienstolln getrieben und dabei das Wasser gezäpft worden. In Folge dessen sei dieses Wasser als Bergwaffer erklärt worden und cs habe das Bergamt seit den 1870er fahren einen Wasserzins von dem Psarrlehn hier verlangt, welcher auch bezahlt werde. Neuerdings habe nun das Berg amt Freiberg auch den übrigen Grundstücken, welchen das Wasser zufließe, einen Zins auferlegt und da das Rathhaus grundstück oder 4,„ Minuten — Liter erhält, von der Stadt gemeinde Eibenstock 2 Mark SO Pf. jährlichen Wasserzins be ansprucht. Die vom Stadtrathe mit den, Bergamt Freiberg eingehend gepflogenen Verhandlungen bewiesen, daß das Bergamt von seiner Ansicht, das fragliche Wasser sei Bergwasser und daher zinspflichtig, nicht abgehe und da sich hiergegen auch nicht weiter streiten lasse, das Wasser auch ein gutes aushaltendes sei, so habe der Stadtrath beschlossen, um fernere Ueberlaffung . des Wassers bei den: Bergamt Freiberg einzukommcn und den verlangten Zins an 2 Mark SO Pf. jährlich zu zahlen. Diesem Beschlüsse trat das Collegium allenthalben bei. 3) Von dem nicht genannt sein wollenden Herrn, welcher 3000 Mark zu den, Zwecke gestiftet bat, daß die Zinsen hier von alljährlich am 14. Dezember zur Unterstützung Armer ver- theilt werde», ist die Bedingung gestellt worden, daß alljähr lich mindestens 120 Mark zur Vertheilung kommen. Da aber die Zinsen dieses Kapitals den Betrag an 120 Mark jetzt nicht erreichen, so ist vom Stadtrathe beschlossen worden, den fehl enden Betrag, zur Zeit 22 Mark 50 Pf., alljährlich und so lange aus der Armenkasse zuzuschießen, bis durch eine bessere Anlegung des Stiftungskapitals die Zinsen 120 Mark jährlich betragen. Hiermit erklärte sich das Collegium einhellig einverstanden. 4) Die Wahl dreier Mitglieder bez. Stellvertreter für die Einkommensteuereinschätzungs-Commission auf die Jahre 1889 und 1890 wurde aus Antrag des Herrn Stadtverordneten Richard Hertel durch Zuruf vorgenommen und wurden wieder gewählt: als Mitglieder: Fuhrwcrksbesitzer Alban Meichsner, Uhrensabrikant William Lorenz, Tischlermeister Hermann Hagert; als Stellvertreter: Kaufmann Ludwig Gläß, - Bernhard Meischner, - Louis Kühn. 5) Ebenfalls durch Zuruf ward die Wahl dreier Wahl gehilfen für die diesjährige Stadtverordnetcn-Ergänzungswahl vorgenommen und sind wieder gewählt worden: Zinngießermeister Ernst Flach, Destillateur Albrecht Gnllchtcl, Kaufmann G. A. Nötzli. Dem Collegium lag hierbei die Wählerliste für die dies jährige Ergänzungswahl vor. 6) Das Collegium nahm Kenntniß ». von dem Ergcbniß der am 17. Oktober 1888 statt gehabten Revision der städtischen Kaffen, I-. davon, daß das Königliche Ministerium des Innern die nachgesuchte Genehmigung zur Verwendung des gcsammten bei der hiesigen Sparkasse im Jahre 1887 erzielten Reingewinns an 17,590 Mart 63 Pf. zu städtischen Zwecken ertheilt hat, sowie c. von der Gewährung einer Staatsbeihilfc zur Volks bibliothek in Höhe von 75 Mark für dieses Jahr. Die nach Erledigung der Tagesordnung von den Herren Stadtverordneten Theodor Schubart und bez. William Lorenz vorgebrachten Wünsche und zwar: I> auf Herstellung des in unwegsamem Zustande befind lichen sog. Diakonussteig, sowie 2) dahingehend, daß die Oellaterne bei der Nachdrücke in der Nähe der Zeitzerschen Schankwirthschaft auch an solchen Abenden und bez. Nächten angebrannt werde, an denen kalender mäßig Mondschein sein solle, weil dortselbst wegen des Mangels an Bachuserbarrieren der Verkehr bei Dunkelheit gefährdet sei, sind an den Stadtrath zur Kenntnißnahme und eventuell Be rücksichtigung abgegeben worden. Hieraus Schluß der Sitzung. Die Pflegekinder des Commerzienraths. Novell« von Carl Hartmann-Plön. (8. Fortsetzung.) „Dann ist sie ja wieder hier und sobald wir den Kauf der Villa fest abgeschlossen, kannst Du ja schon einen nachbarlichen Besuch dort machen." „DaS hätte ich auf alle Fälle doch schon morgen gethan, da ich von, Grafen Hohenfels nicht allein einen Gruß zu überbringen, sondern der Gräfin Isa bella auch ein Medaillon zu überreichen habe, welches sie dort im Parke verloren und das ich das seltene Glück hatte, am letzten Tage wiederzufinden." „Das nenne ich aber wirklich Glück!" „Es rechtfertigt wenigstens meinen sofortigen Besuch." „So wünsche ich Dir denn auch noch ferneres Glück, mein Sohn! Nur nicht verzagt, Du sollst sehen, es wird Alles einen glücklichen Verlauf nehmen." „Ist es Dir recht," fuhr er fort, „wenn wir einen kleinen Spaziergang machen? Etwas Bewegung in frischer Luft nach dem Essen kann nicht schaden, wir gehen durch die Parkstraße zurück, nehmen bei der Gelegenheit die Villa in Augenschein, schließen, wenn möglich, den Handel gleich ab und Du hast noch heute den Vortheil, bei Deiner Auserwählten eine Fensterpromenade zu machen und ich gehe mit." „Wohl der Gräfin Scheck wegen?" sagte Heinrich lächelnd. „Nichts weniger als das! Vor der habe ich eigent lich eine geheime Angst, ich habe sie oftmals gesehen, aber sie kann einen entsetzlich von oben herab ansehen." „Ich bin gern bereit, mitzugehen, will aber vor her meine Uniform mit einem Zivilanzuge vertauschen. Ich bitte daher, mich einen Augenblick zu entschuld igen. Stehen die Koffer, die ich von Hamburg aus hierherschickte, in meinem Schlafzimmer?" „Ja." „Dann werde ich mich beeilen." Heinrich entfernte sich in das Nebenzimmer und während dessen Abwesenheit wanderte der Commerzien- rath vergnügt lächelnd im Zimmer auf und ab, wobei ihm einzelne Worte, wie „herrlich, herrlich! — Onkel einer Gräfin! — Verwandt mit den Waldsees! — Vielleicht später geheimer Commerzienrath und ein kleines Bändchen im Knopfloche! — Prächtig!" laut entschlüpften. 'Nach etwa zehn Minuten kam Heinrich zurück. Der Commerzienrath dachte, als er ihn durch die Thür treten sah: „Wirklich, ein Aristokrat vom Kopf bis zum Fuß, es fehlt im weiter nichts, als der Titel." Und er hatte recht, alles an dem jungen Manne: das feine Gesicht, der hohe Wuchs, die Halt ung, die elastischen Bewegungen, — war nobel und in der That aristokratisch. Sie gingen zusammen ins Wohnzimmer zurück. Nachdem der Bankier eS ausgesprochen, daß sie beab sichtigten, einen Spaziergang zu machen, holte Katha rina sogleicb dessen Hut und Sommerpaletot und half ihm beim Anziehen des Letzteren. „Ich danke Dir, Käthe," sagte Heinrich, „für Deine freundliche Aufmerksamkeit." „Was meinst Du?" fragte sie. „Die hübsche Guirlande um meine Thür." „Du mußt schon daniit fürlieb nehmen, Heinrich," sagte sie lächelnd, aber durch ihre Worte klang wie derum ein leiser Spott hindurch, „ich hätte Dir so gern einen Lorbeerkranz gewunden, um Dich für Deine Kriegsthaten zu belohnen, aber von getrockneten Lor beerblättern geht es doch nicht und frische hatte ich nicht und da ich doch nicht Buchsbaum und Georginen Dir um das Haupt winden kann, so habe ich Deine Thür damit geziert." „Ich finde mich heute gar nicht in Dir zurecht, Käthe, — Du bist so ganz anders geworden." „Es wird doch auch Zeit, daß ich endlich einmal anders werde, ich bin im nächsten Monate achtzehn Jahre alt." „Oder bin ich Dir so fremd geworden? Ich habe doch den Leutnant ausgezogen." „Nein, Heinrich, Du hast ihn noch an." „Du scherzest." „Und wirst ihn auch nicht wieder auSziehen." „Hast Du denn eine Abneigung gegen das Militär?" Katharina beantwortete diese Frage nicht, sondern sagte im natürlichen Tone: „Wir haben uns in einem ganzen Jahre nicht gesehen, da wäre es im Grunde doch nicht so wunderbar, wenn wir gegenseitig Ver änderungen an uns wahrnehmen, die man nicht gleich versteht." „Hoffentlich werden wir uns bald wieder wie früher verstehen lernen." „Oder auch ganz neue Seiten an einander ent decken." „Wie Du das nun wieder sagst, Käthe!" „Wie sage ich e- denn? Ich weise ja nur auf die Möglichkeit hin." „Wann essen wir heute zu Mittag, Sophie?" fragte der Commerzienrath die Schwester. „Um fünf Uhr erst, vorher werdet ihr doch keinen Appetit haben." „Gut und nun komm', Heinrich!" Onkel und Neffe verabschiedeten sich und verließen da- Hau-.